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Die autoritäre Erziehung der Jugend, wie sie in der Zeit von Preußens Glanz und Gloria praktiziert wurde, ist heute zum Glück überholt und abzulehnen. Dennoch sind die „preußischen Tugenden“ wie Fleiß, Ordnung, Sauberkeit, Disziplin, Ehrlichkeit, Sparsamkeit und Zuverlässigkeit nach wie vor wichtige, den Kindern zu vermittelnde Charakterzüge. Ob die seit den siebziger Jahren gehandhabte antiautoritäre Erziehung dabei den richtigen Weg zeigt, ist Grundlage vieler Diskussionen.

Wir leben schon lange Zeit in einem Dorf nahe der Ostsee. Seit einigen Jahren unterliegt es einer stetigen Expansion in Richtung Kleinstadt. Die Gartenanlage direkt hinter unserem Grundstück beherbergt eine Familie mit drei entzückend lebendigen, aber ebenso unfolgsamen Kindern. Die Eltern beherrschen meisterlich die Fäkalsprache und die Kleinen sind begierig dabei, dieses Wissen für kommende Generationen zu erhalten. Verbale Überlieferungen bezeugen, dass sie auf eine Weise schlau sind, die wir nicht verstehen. In puncto Kindererziehung sind sie auf dem allerneuesten Stand antiautoritärer Erziehung.

So führt die Aussage der, über ausreichendes Sitzfleisch verfügenden Mutter „Fritzi, du könntest bitte mal herkommen.“, nach mehrfacher Wiederholung der Nichtbeachtung, zur Umwandlung in die Frage „Fritzi, würdest du bitte mal herkommen?“. In Folge dieses vehement unbeachteten, gebetsmühlenhaft wiederholten Wortlautes, ändert sich die Formulierung in die nett artikulierte, mit nicht zu autoritärem Ausdruck belegten Aufforderung „Fritzi, komm doch bitte her!“. Aber diese, ebenfalls nicht minder zu Gehör gebrachte Petition endet in einem erziehungstechnisch unautoritären Fehlschlag, in dessen Folge andere Seiten in Form des nicht zu autokratischen dennoch ein wenig forscher formulierten Aufrufes „Fritzi, wenn du nicht sofort herkommst!!“, aufgezogen werden.

Aber Fritzi ist mitnichten geneigt, dieser dann doch etwas strenger artikulierten Bitte Folge zu leisten und erwartet die nächste Steigerung des vorgetragenen Anliegens. Jetzt werden weitaus schwerere Geschütze aufgefahren, „Fritzi, wenn du nicht kommst, dann gibt es heute keine Schokolade mehr.“. Doch diese, gleichermaßen vehement wiederholte Formulierung eines angedachten Vorganges bringt ebenfalls nicht den erhofften Erfolg. Fritzi schaut in den Spiegel, sieht ihren von besagter Köstlichkeit verschmierten Mund und grinst. Ein Ende dieser Farce wird womöglich erst mit dem Aussprechen der multifunktionalen Drohung in Verbindung mit einer in Aussicht gestellten Bedrohung durch den Einsatz des Vaters „Fritzi, wenn du nicht sofort herkommst, dann sage ich das Vati, es gibt keine Schokolade mehr und du darfst heute auch nicht mehr am Computer spielen!!!“, eingeleitet und damit ist die Wahrscheinlichkeit zunächst gegeben, das ein Schlusspunkt zumindest in Aussicht steht, - oder nicht.
Nur zwei Generationen zuvor, genauer gesagt in meiner Kindheit, hätte dieser Monolog einen anderen Verlauf genommen. Nach von mir unbeachteter Ansage der Mutter „Junge, komm bitte her.“, wäre in Folge des ersten, erfolglosen Verbalisierens dieses Wunsches ein erzürnter Blick in Richtung des Uneinsichtigen geflogen und als unabänderliches Fazit hätte beim zweiten, sagen wir dritten Anlauf der Griff zum Kochlöffel das Problem kurzerhand beendet.
Mein Vater dagegen wurde in seiner Jugend um einiges strenger, in preußischem Sinne erzogen, da wurde dieser Prozess nochmals um wenigstens einen Schritt verkürzt. Ein leicht zu übersehendes, knappes, seitliches nicken mit dem Kopf, komplettiert durch einen der Situation angepassten Augenaufschlag, ersetzte damals so manche Diskussion.
Die Folge: Ich liebe meine Eltern über alles, war stets ein folgsamer, netter und hilfsbereiter, die meisten Menschen ehrender, in der Straßenbahn für ältere und bedürftige Personen platzmachender und dafür hoffentlich allseits geliebter Erdenbürger.
Kochlöffel gibt es nicht mehr, die heutige Welt ist eine andere.

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Geschrieben

Hallo Axel-Gerd, 

 

vor einer Stunde schrieb Axel-Gerd:

Nach von mir unbeachteter Ansage der Mutter „Junge, komm bitte her.“, wäre in Folge des ersten, erfolglosen Verbalisierens dieses Wunsches ein erzürnter Blick in Richtung des Uneinsichtigen geflogen und als unabänderliches Fazit hätte beim zweiten, sagen wir dritten Anlauf der Griff zum Kochlöffel das Problem kurzerhand beendet.

Sicher doch. Seine Kinder zu verprügeln ist ein sehr kluge Idee. Würde ich auch machen wenn ich welche hätte. Geschadet hat es sicherlich noch keinem. Ein paar blaue Flecken hier, ein gebrochener Finger dort, wächst wieder zusammen. 🫡

 

vor einer Stunde schrieb Axel-Gerd:

in preußischem Sinne erzogen

Gute alte Militärerziehung. Sollte man heute auch wieder einführen. Sowie Eisbaden im Winter als Abhärtung oder Granatenwerfen im Sportunterricht. Man kann ja nie wissen wann der nächste Weltkrieg kommt. 

 

vor einer Stunde schrieb Axel-Gerd:

Kochlöffel gibt es nicht mehr, die heutige Welt ist halt eine andere.

War gerade in der Küche und hab nachgesehen. Doch die gibt´s noch immer! ☝️

 

 

JC

 

 

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Geschrieben

Hallo @Axel-Gerd,

 

die Erziehung eines Menschen ist eine Gradwanderung mit einem zweischneidigen Schwert.

Dabei kann ein Kochlöffel von schon von Nutzen sein. Mit ihm kann man im Pool der Erziehungsmethoden herumrühren, im Gegensatz zu früher als es nur die eine wahre, wegweisende Richtung zur Beugung des Kindes gab.

 

Du hast ein excellentes Beispiel der Hilflosigkeit und Überforderung angeführt, nämlich die Alltagsgeschichte einer überforderten Mutter und ihres Kindes das den Bogen weit spannen kann. Beim Lesen musste ich grinsen und fand ganz schnell den Grund des gehörgeschädigten Kindes. Es ist das unscheibare Wörtchen bitte. Hätte die Mutter dies weggelassen, in Anbetracht der fäkalierten Sprache der sie mächtig ist, hätte der Junge vielleicht die Ohren gespitzt - aber auch nur vielleicht.

 

 

MfG

Monolith

Geschrieben

Liebe Leser, liebe Kritiker meiner Kurzgeschichte über Fritzi, einem Kind der Gegenwart. Vielen Dank für die Reaktionen, welche ja der Sinn unserer Zusammenkunft sind. Wer die, in Teilen fiktive Geschichte aufmerksam gelesen hat, der wird an keiner Stelle auch nur den Ansatz eines Aufrufes zur körperlichen Züchtigung in der Zeit des Erziehungsprozesses von Kindern gefunden haben. Ich lehne solche Methoden generell ab und dies nicht nur bei Kindern. Meine Frau und ich haben drei Kindern den Weg in das Leben erfolgreich geebnet, ohne, ich betone ohne jegliche körperliche Züchtigung. Dennoch, wir waren und sind Eltern, Erziehungsberechtigte, besser gesagt Erziehungsverpflichtete und haben damit die Aufgabe, unseren Kindern das Rüstzeug für ein Leben des gegenseitigen Respektes, der Würde und des Anstandes in der Gesellschaft zu vermitteln. Ein der Situation angepasster, sich vom Rest des Lebens abhebender, wohlartikulierter, eindeutig in seinem Pegel hervorgehobener Ton, gepaart mit dem Gesichtsausdruck des Missfallens bei der Auswertung von Verfehlungen schadet keinem Kind. Zu unserer Zeit (ja, ein blöder Ausdruck den die Alten schon immer gerne benutzten) gab es nachweislich keine Gaststätte, die Kindern den Zugang wegen potenzieller Disziplinlosigkeit generell verwehrte, eine Entwicklung in letzter Zeit, welche ich persönlich strikt ablehne. Wir müssen nicht darüber reden, dass es immer Ausnahmen in jeglicher Beziehung gab und gibt.
So, nun ist diese Erklärung auch schon wieder fast eine Kurzgeschichte. Ich wünsche allen Lesern eine gute Zeit, bleiben sie gesund.

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