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Das kleine Buch des Lebens

 

Als deine Leerheit Überdruss dir brachte

(der weite Raum in gleicher Förmigkeit),

entstand ganz still und sachte,

in lastend Abgesondertheit,

die dieses Nichts dir machte,

die Stunde heller Göttlichkeit.

 

Der Funken deines Glanzes

schuf Welten die das Nichts dir füllten:

ins Licht floss groß ein Ganzes,

in Weiten, die dein Angesicht verhüllten.

 

Als du das All mit goldnem Keim begonnen,

zu Stillen deinen dürstend Geist,

ward Zeitlichkeit und Raum gewonnen:

All und Welt, so weit in uns gereist,

 

um aus dem Sein heraus zu falten,

bewußtes Schaun und Stimme:

Im Erdengrund geronnen die Gestalten

und waren Leben und Gewinne:

Sie wurden groß und tief geschaffen,

aus deines Schoßes Göttlichkeit,

in einem Augenblick gesponn´ner Zeit.

 

Und alles was der Welt entsprossen,

in seiner bunten Reichlichkeit,

war aus dem Schlummer ausgeflossen:

und fruchtend Erde war bereit,

zu breiten auf des Lebens Schwingen,

so viel Geschöpfe, Strauch und Stein;

- nach Zeiten wollte dann gelingen

aus Leibeshülle unser Menschensein.

 

Und diese unsere Gestalt,

in all ihrer Gediegenheit,

gestellt vor unsrer Augen Spalt,

prägt Schein der Unauflöslichkeit.

Doch lässt ein Etwas diese Welt bestehen,

in all dem breit und rund Geschehen,

das in sich trägt das Allumfaßte -

und wirft es in die Ferne…

Wenn ich auf diesen Wegen taste,

denk ich mich an den Rand der Sterne.

 

Hat Gott sich in uns reduziert,

um durch uns dieses weite All zu leben?

Hat unser Leben ausprobiert,

zu ernten unsre reichen Reben?

Dann ist er in uns eingegossen,

würd draußen ewig ruhn,

hätt unser buntes Bild genossen

und wär gefüllt in seinem Tun.

 

Wenn dann und wann ein Menschenkind,

nach einem ewiglichem Ringen,

die Nähe hohen Seins gewinnt,

sich hat befreit aus Weltenschlingen,

um einzutauchen in das Licht,

das innen glüht, das immer war,

hat dieses Menschgesicht

geschaut, wo es schon immer war.

 

Auf unsrem Erdenball gehalten,

möcht jeder seine Hände falten

und diesen Lebensfluss genießen:

Wenn ihm die Türe aufgehalten,

sollt Herzensfülle sich erschließen.

 

Habe oft darüber nachgedacht,

ob ein Plan in Weisen festgemacht,

daß ich in mir in einer Art erscheine,

gleich Tropfen aus dem Wolkenmeer,

die immerfort, jeweils alleine,

spielen: Das Lied von ewiger Wiederkehr.

 

Und wäre darin Sinn zu finden,

uns in diesem Kreis zu drehen,

in abfallender Art von Rinden

in wechselnd Licht zu stehen ?

Dann wären wir in füllend Weise

auf einer ewig während Reise,

ein dürstend Sein zu tränken:

um Es in weitre Höhn zu lenken.

 

Und so fühl ich, wenn die

Gedanken zum Stillstand kommen,

diese heilige Nähe wie nie;

wenn ich Weiten hab erklommen,

fall ich vor Großem auf die Knie.

 

Wenn mein Denken mir verspricht,

dass ich wohl kann was ich auch will,

doch tritt die Frage in das Licht,

wer hat gewollt was ich dann will ?

Ist mir ein Schatten aus dem Nichts gesandt,

Tiefen, welche den Rand der sagbaren Dinge streifen,

glühn in dir, zu zelebriern ein großes Reifen,

um so lauschend mit Unsagbarem zu verschmelzen,

worin sich Wellen hohen Seins breit wälzen.

 

Steht er am Weltenhang

der ewig ruhend mich bestimmt?

Der seiend ist im göttlich Land

und mich in Traumes Welten nimmt?

 

Als ich einst in den Armen meines

weiten Ichs geborgen war,

und fühlte einen lichten Rand,

war in mir blühend Reines,

das zögernd ausgebreitet ward;

doch zerrann mir sein Gewahr wie Sand

in meinen armen Händen,

ich verlor in mir sein Land -

war wieder in den Wänden,

wo vorher ich in Sehnsucht stand.

 

Wenn Einsicht die Erfahrung währen lässt,

dann spricht Bedingung für Erfahrung -,

so ist dies Wissen und der ganze Rest

den Menschen denkend Offenbarung.

Doch ist dem Mensch die Welt verengt,

wenn´s Wellenteil das Denken sprengt,

das, vor dem Auge anerkannt.

die Bögen in die Ferne spannt.

Drum sei das Feld der Möglichkeit gepriesen,

das immerwährend neu sich staltet -,

der Lauf des Lebens hat bewiesen,

daß unser Geist es selbst entfaltet.

Dazu sich Zeit und Raum einstellt:

so wird dem Sein in unsrer Welt,

dem still Erwartung innewohnt,

der strebend Weltverlauf betont.

 

Wie sanft die Dinge in die Zeit getrieben

werden, durch diesen stetig dienend Fluß

und wenn sich Samenkörner schieben,

und treibend steigen bis zum Schluß,

sind sie gestellt ins Wundersame,

das seine Kräfte fließen lässt,

zu schaffen Pflanze, Kind (das Warme),

und sanft verklingt in ihrem Rest.

 

Als ich in Zimmers Stille saß

und sich die große Frage in mir regte,

was sei des Lebens Sinnesmaß,

warum seit Zeiten alles strebte,

befand ich in den Tiefen meiner Hülle,

wo ich einst fand mein Selbst,

welches, ganz abseits der Gedanken Fülle,

in wartend Sehnsucht ist dortselbst:

Wem diese Bindung ist vollbracht,

- es mag sein erst nach Äonen -

für den ist´s göttlich Bett gemacht,

dem wird sich heil'ger Klang betonen.

 

Und wenn es dann am End´erlischt,

das bunt-erfüllte Erdenleben,

hat uns der Tod herausgefischt,

aus unsrem hiesig Streben:

war ständig dort in unsrer Mitte,

wie eine traurig leise Bitte.

Wir waren bang von ihm gefangen,

auf allen Wegen die wir gangen

und können doch nicht sagen,

ob wir ihn lieben oder hassen sollen:

Uns fehlt das Wissen über diese Wund´.

So bleibt die Hoffnung, dass von Erdenschollen

wir gleiten in ein seelig Himmelsrund.

 

***

 

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