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21.03.2005

Zum Zweiten

 

Ich kann Dich kommen sehen,

zutiefst bin ich berührt,

kann ich auch nichts verstehen

von dem, was hier passiert.

 

Doch. Da ist eine Quelle,

aus der geheimnisvoll

nach ihrer Wohlgefälle

ein Leben werden soll!

 

Nur, Deine Lebenswürde

bezweifelte die Welt

und hat als große Bürde

die Last auf uns gestellt.

 

Das Risiko vermeiden

vor Deinem Menschensein,

das sollten wir bescheiden

den anderen allein.

 

Den Schöpfer abzuzocken,

ob uns das wohl gebührt?

Dein Down-Syndrom, erschrocken

hat's uns durchaus, schockiert.

 

Für mich hab' ich beschlossen,

was immer auch geschieht,

ich nehm' Dich unverdrossen,

wenn Dir Dein Leben blüht.

 

Du bist zwar nicht vollkommen.

Auf wen schon trifft das zu?

Dein Vater, unbenommen,

bin ich! Mein Kind bist Du.

 

Sie nehmen Dich und legen

Dich mir in meinen Arm.

Wie kannst Du mich bewegen

mit Deinem süßen Charme.

 

Ein Wunder ist geschehen,

das mich in Atem hält.

Ich lass' Dich nicht mehr gehen.

Willkommen auf der Welt!

 

S. Athmos Welakis

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@Pegasus

 

Liebe Pegasus,

 

das Gedicht beschreibt die Geburt unseres zweiten Kindes und die Gedanken die mir durch den Kopf gingen.

Die gesamte Schwangerschaft war schwierig, aber nicht im biologischen Sinn. Ständig wurde meine Frau von ihrem Arzt bedrängt nach dem Feinultraschall weitere Untersuchungen durchführen zu lassen, weil der eine Wahrscheinichkeit erbrachte, dass der Embryo Trisomie 21 hat, die er mit 4% einschätzte. Der psychische Druck wurde andauernd aufrecht erhalten, obwohl wir beschlossen hatten, dass keine Abtreibung und deshalb auch keine weiteren diesbezüglichen Untersuchungen infrage kommen. Unser Beschluss hatte 2 Gründe:

1. Eine Fruchtwasserbiopsie ist nicht risikolos, und wir kennen Fälle, in denen sich herausstellte, das das Kind "gesund" war, aber die Frauen es anschließend verloren. Die persönlichen Schuldgefühle hatten sie danach zugrunde gerichtet. Genauso bedrückend ist auch die Entscheidung für eine Abtreibung. Wenn ein Kind im Mutterleib sterben sollte, weil es zu stark "behindert" ist, dann ist das natürlich auch sehr schlimm, aber als Betroffene müssen wir daran keine persönliche Schuld tragen.

2. Die Wahrscheinlichkeit erschien uns zu gering, als dass daraus überhaupt eine Konsequenz abzuleiten wäre. Allerdings denke ich im Nachhinein, dass die Wahrscheinlichkeit eine "politische" Angabe war, die der Arzt wählte, um nicht haftbar gemacht werden zu können.

Alle unsere Entscheidungen haben wir in dieser Zeit gemeinsam getroffen, und mir war dabei wichtig, dass meine Frau stets das letzte Wort dazu hatte. Meine Aufgabe sah ich darin, sie nach Möglichkeit zu unterstützen. Der Druck des Arztes hörte erst auf, nachdem wir ihn nach Kräften "zusammengestaucht" hatten (ja, es wurde sehr laut ...), worauf er darauf hinwies, dass er gesetzlich dazu angehalten sei beizutragen, dass keine behinderten Menschen geboren werden.

Wir haben unsere Entscheidung nie bereut. Ein Kind mit Trisomie 21 erfordert natürlich eine sehr hohe Aufmerksamkeit und eine intensive Gesundheitssorge. Das ist vor allem am Anfang sehr wichtig. Andererseits, wenn ich erlebe, wie unbefangen unser Sohn auf Menschen zugehen und sie in seinen Bann ziehen kann, habe ich mich schon oft gefragt wer von uns beiden der eigentlich Behinderte ist.

 

Dank auch an @Cornelius @JoVo @sofakatze für die Likes.

 

Liebe Grüße,

Athmos

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