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Geschrieben am

Zerfallen ist die alte Brücke,

die mich mit meinem Sein verband.

Ich stehe lahm und ohne Krücke

erwartungsvoll am Lethestrand.

 

Ein Klagen schwebt in schweren Lüften.

Das Wasser wälzt sich zäh und still

wie Sirup zwischen Felsenklüften.

Kein Stern, der sich drin spiegeln will.

 

Ein Schwan dreht einsam seine Runden.

Im Nebel leiert lang und bang

schon seit gefühlten sieben Stunden

sein mixolydischer Gesang.

 

Wo gleitet er im schwarzen Nachen,

der Fährmann, der hier kommen muss?

Ich wanke zwischen Traum und Wachen.

Am Gaumen klebt der Obolus.

 

Zum Henker mit den Schwanenarien!

Mir wäre lieber was in Dur

von schönen gelben Harzkanarien.

Von Charon weiter keine Spur.

 

Wann kommt er, um mich einzutüten?

Wann findet meine Seele Ruh?

Der Teufel hole alle Mythen

und Gustav Schwab gleich mit dazu!

 

  • Gefällt mir 6
Geschrieben

Hallo Cornelius,
dem Tod nahe geht einem so manches durch den Kopf.
Ich wünsche mir als letzte Begleitmusik "Camille Saint-Saëns - Danse Macabre."
Dass Gustav Schwab sich seinerzeit (Mitte des 18. Jh.) "antisemitisch" geäußert hat ist aus heutiger Sicht sicher inkorrekt, ist aber wie so vieles Geschichte aus der man leider nichts gelernt hat.
LG
Perry

  • Gefällt mir 1
Geschrieben

Lieber Cornelius,

eine schöne Satire auf die Unzuverlässigkeit mythologischer Versprechungen. Das LI gerät aus Enttäuschung und Zorn vom hohen (wanke) ins niedrige (einzutüten) Sprachregister.

Das Bild der zerbrochenen Seins-Brücke verweist aber auch auf die Exklusion des Todes aus dem heutigen Bewusstsein.  

Reizvoll finde ich zudem die intertextuellen Verweise/die Vernetzung mit diversen Bereichen: dem christlichen (myxolodisch, Obolus, sieben), musikalischen (leiert, Arien), dichterischen (Heines lang und bang, Schwabs Sagen des klassischen Altertums), ornithologischen (Kanarien), zur Gewässerverseuchung (Sirup wie bei einer Ölpest).

 

Sehr gern gelesen.

Grüße von gummibaum     

 

  • Gefällt mir 2

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