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Geschrieben am

(Aus dem Fundus, ca. 2020. Allen Bibelkennern und Heinrich-Heine-Verehrern gewidmet)

 

Babel, Mittelpunkt der Welt,

schlummert unterm Sternenzelt.

Was Belsazars Untertanen

wohl in ihren Träumen ahnen:

 

Liegen sie in ihrem Bett,

gibt der König ein Bankett,

wenn der Mond am Himmel schleicht.

Bald ist Mitternacht erreicht.

 

Schwere, volle Becher klingen.

Um das Fest in Schwung zu bringen,

trägt ein Diener mit Geklirr

flugs das heilige Geschirr,

 

aus Jehovas Haus gestohlen,

wie der Herrscher es befohlen,

in den großen Speisesaal,

füllt mit Wein den Goldpokal.

 

Bald entfacht des Trankes Glut

hell des Königs Übermut:

"Sieh, Jehova, wenn du kannst,

wie mein Volk hier singt und tanzt!

 

Jener Stamm, den du erwählt,

sieht sich hier als Knecht gequält,

weil er blindlings dir vertraute,

dich von Angesicht nie schaute.

 

Unsre Götter sind da netter.

Sie sind Helfer und Erretter.

Doch von allen bin der Größte

ich, der ich mein Volk erlöste

 

von des Krieges Schreckensnacht

nur durch meines Sieges Macht.

Darum sag ich dir zum Spott:

Hier in Babel bin ich Gott!"

 

Kaum ist dieses Wort gesprochen,

kommt ihm Furcht ins Herz gekrochen.

Er betastet seine Wangen

und er fühlt, wie ihm vor Bangen

 

sich die Nackenhaare kräuseln.

Plötzlich, bei des Nachtwinds Säuseln,

formt sich eine Flammenhand,

schreibt an kalte, weiße Wand

 

glühende, geheime Zeichen,

welche nichts Bekanntem gleichen.

Dann vergeht die Hand in Rauch.

Flau wird's in des Königs Bauch.

 

Zitternd wie der Espe Laub

kniet er in des Bodens Staub.

Auch die Treuen, die ihm dienen,

stehen mit erstarrten Mienen.

 

Auf des Königs schwachen Wink

nähert sich gleich wieselflink

seiner Astrologen Meute,

dass sie diese Schrift ihm deute.

 

Kaum versteht er, was sie tuscheln

und in ihre Bärte nuscheln.

Endlich müssen sie gestehen,

keinen Sinn in ihr zu sehen,

 

und Belsazar muss mit blassem

Antlitz alle Mann entlassen.

Seine Mutter darf es wagen,

einen Rat ihm vorzuschlagen:

 

"Daniel ist ein weiser Mann,

der die Schrift wohl deuten kann.

Lass ihn holen, eh es tagt,

und vernimm, was er dir sagt."

 

Daniel wird hereingeführt,

neigt sich, wie es sich gebührt,

sieht der Zeichen weiße Glut,

spricht sodann mit festem Mut:

 

"König, hier durch meinen Mund

gibt es dir der Himmel kund:

'Mene tekel u-parsin'

schrieb die Feuerhand dorthin.

 

In den glühend heißen sieben

Silben steht dein Los geschrieben:

Wohl gezählt sind deine Tage,

denn auf Jahs gerechter Waage

 

wurdest du zu leicht befunden.

Dies sind deine letzten Stunden,

denn es sind dein Reich und Leben

in der Perser Hand gegeben."

 

Schwer beginnt der Herr zu wanken.

Er will gern dem Deuter danken,

aber der empfiehlt sich schon

und will weder Dank noch Lohn.

 

Bald im jungen Morgenrot

liegt Belsazar starr und tot

in dem leeren Königssaal,

in der Brust den blanken Stahl.

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Geschrieben

Lieber Cornelius,

 

das Gedicht ist recht lang, aber originell.

 

Inhaltlich hält es sich enger als Heine (der Daniel nicht erwähnt) an die Bibel. Der panische Schreck angesichts des Mentekels kommt ähnlich gut wie bei Rembrandt zum Ausdruck.  

 

Originell, witzig und sprechend finde ich manche Reime (kräuseln/säuseln und tuscheln/nuscheln), Worte (wieselflink, Meute) und Vergleiche (Zitternd wie der Espe Laub/kniet er in des Bodens Staub).

 

Sehr gern gelesen.

Gruß von gummibaum

  • Danke 1
Geschrieben

Lieber Herbert, lieber Nebiros, lieber Gummibaum,

 

Danke euch für eure schönen Kommentare.

 

Hätte nicht gedacht, dass meine Version im Vergleich mit Heine so gut abschneiden würde...Ich habe sie aus einem Ordner mit Balladen nach biblischen Geschichten gefischt, die für gesellige Abende im Wohnzimmer einer befreundeten bibellesenden Familie entstanden sind. Dieses Gedicht ist eines der kürzeren aus dem Zyklus - das längste ("Joseph in Ägypten") umfasst 45 Strophen, wobei die überarbeitete Fassung schon um ein Viertel gekürzt ist. Vielleicht stelle ich sie tatsächlich mal ein...

 

Danke fürs Lesen und Grüße

Cornelius

Geschrieben
vor 16 Stunden schrieb Cornelius:

Dieses Gedicht ist eines der kürzeren aus dem Zyklus - das längste ("Joseph in Ägypten") umfasst 45 Strophen, wobei die überarbeitete Fassung schon um ein Viertel gekürzt ist. Vielleicht stelle ich sie tatsächlich mal ein...

Ich bitte darum, lieber @Cornelius. Obwohl ich mich als gläubigen Menschen bezeichne, habe ich bibelinhaltlich einiges dazu gelernt.

 

Melda-Sabine

  • in Love 1
Geschrieben

Liebe Melda-Sabine,

 

gerne möchte ich noch weitere biblische Balladen beisteuern, aber ich muss mich ein wenig gedulden, bis jemand anderes etwas Religiöses oder Mythisches gepostet hat. Zwei unmittelbar aufeinanderfolgende Beiträge desselben Autors innerhalb derselben Rubrik sind ja laut Forenregeln nicht erlaubt, wenn ich das richtig verstanden habe. Leider kommen gerade in dieser Rubrik vergleichsweise selten neue Werke hinzu...

 

Hast du vielleicht ein Gedicht über die Bergpredigt oder die Irrfahrten des Odysseus auf Lager? 

 

Gruß

Cornelius

Geschrieben

@Cornelius

 

Quatsch mit Soße! 

Natürlich darfst du da mehrere Beiträge nacheinander haben! 

Hier... nimm mein Brillenputztuch! Dann nochmal die Forenregeln GENAU lesen! 

Nicht ins blaue hinein vermuten! 

 

Was man nicht darf, ist zwei Kommentare nacheinander setzen. Und auch nicht als erster sein eigenes Werk kommentieren. Das meintest du vielleicht. Kommentare sind keine Themen. 

 

Ich hoffe ich konnte Aufklärung bringen? 

 

mfG 

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