Zum Inhalt springen

Empfohlene Beiträge

Geschrieben am

„Hoch auf dem Berge steht mein Thron,

wo ich mich gern am Rauch erfreue.

Dort opferst du mir deinen Sohn“,

sprach Gott, „so will es deine Treue.“

 

„Komm, Isaak“, rief Abraham.

„Du nimmst das Holz und ich das Feuer.“

Der Junge sah, es gab kein Lamm.

Der Aufstieg schien ihm nicht geheuer.

 

„Wo ist es?“, rief er voller Angst.

Sein Vater durfte nichts erzählen:      

„Vertrau auf Gott, sobald du bangst.

Er wird gewiss ein Lamm sich wählen.“

 

Und Isaak ging, wie er war,

beklommen, doch zu Mut verpflichtet,  

zum Gipfel, schaute den Altar

des Vaters, bald mit Holz beschichtet.

 

Nun kamen weder Gott noch Lamm.

Doch jemand riss ihn plötzlich nieder.

Schon fesselte ihm Abraham,

sein Vater, hinterrücks die Glieder.

 

Dann lag er auf dem Feuerholz

als Opfer, dass sie gläubig brächten,

am Hals des Vaters kalten Stolz,

die scharfe Klinge, ihn zu schächten.

 

Da flüsterte, schon fast zu spät,

ein alter Widder, müd zu siechen:    

„Nimm mich, denn Gott ist auf Diät

und kann kein Menschenfleisch mehr riechen…“

  • Gefällt mir 8
  • Lustig 1
  • Traurig 1
Geschrieben

Lieber Gummibaum,

 

großartig!

 

Diese Geschichte hatte ich auch auf dem Zettel, habe die dichterische Auseinandersetzung mit ihr aber immer wieder aufgeschoben, weil ich andere biblische Stoffe anziehender fand. Hauptgrund: Ich wusste nie so recht, was ich davon halten sollte, dass Vater Abraham ohne mit der Wimper zu zucken bereit war, auf Gottes Befehl hin seinen Sohn zu schlachten, und dass Isaak sich ebenso unerschrocken hinmetzeln lassen wollte - bevor beide die finale Auflösung kannten. Was uns diese Geschichte eigentlich mitteilen will, hast du mit der Schlusspointe sehr schön erhellt. 

 

Die Nachdichtung dieses heiklen Stoffes ist dir in jeder Hinsicht exzellent gelungen. Mittels deiner Verse wird er im wahrsten Sinne des Wortes genießbar.

 

Gruß

Cornelius

  • Gefällt mir 1
Geschrieben

Besten Dank für eure Likes. Ich freue mich.

 

Danke, lieber Cornelius, für dein Lob.  Ja, kein schönes Thema, aber ein interessantes.

 

Danke, liebe Angie, für deine positive Bewertung.

 

Was uns heutzutage befremdet, war in der Antike durchaus üblich. Der Erstgeborene gehörte Gott. Die Tat Abrahams berichtet uns vom Übergang zum Tieropfer.

Abraham ist eine wichtige Leitfigur in der Bibel und im Koran (geb. 1948 nach der Weltschöpfung), Isaak war sein Erstgeborener (geb. 100 Jahre nach seinem Vater,  d.h. 1912 Jahre vor Chr. nach Luthers Berechnung).

Das Christentum greift das Menschenopfer bei Jesus (Lamm Gottes) wieder auf. Engel und Widder bei Isaak, Engel und Auferstehung bei Jesus: solche Narrative sollen das Brutale in Gnadenakte umdeuten.

 

Opfer sind Unterwerfungsakte, nutzen das Schulgefühl, wachsen sich zu  Religion und Moral aus, kanalisieren die Angst und sichern den Bestand der Gesellschaft.

 

Liebe Grüße von gummibaum

  • Gefällt mir 1
Geschrieben

Hmmm, mir ist die Aussage dieses Gedichts nicht ganz klar, lieber @gummibaum. Ist es Religionskritik? Dann verfehlt sie ihr Ziel, denn die angestaubte Geschichte Abrahams hat längst nichts mehr mit aktuell praktizierter Religion zu tun. In solcher Form werden keine Glaubensbeweise mehr eingefordert.

Oder ist es doch vielmehr eine Metaher, dass wir unsere Liebsten nicht für Gützenbilder opfern sollten? Ich könnte meinen Sohn "opfern" und in antreiben immer besser in der Schule zu werden, um das BSP irgendwann noch mehr zu steigern...

Oder wolltest du dir bloß einen Spaß mit einer alten Geschichte erlauben?

Geschrieben

 

Hallo Patrick,

 

die Aussage des Gedichts ist das Gedicht. Sollten Dich Gedichte weniger interessieren als religiöse Inhalte, solltest Du vielleicht lieber dem Prediger Deines Vertrauens lauschen. Sicher gibt es auch Seiten, auf denen man dem Argument Religion ist scheiße mit dem Argument Religion ist toll begegnen kann. Eine schöne Sache für alle Beteiligten. Hier indes geht es (wenn ich das richtig verstanden habe) um Poesie.

 

Grüßend

 

E.

 

Geschrieben

Lieber gummibaum,

 

ich staune immer wieder, wieviel Anregungen die Geschichten der Bibel bereithalten, um von Unseresgleichen in poetische Verse umgewandelt zu werden. Außerdem liebe ich es, wenn Gedichte zum Schluss mit einer unerwarteten oder humorigen Pointe enden.

 

Sehr gerne mit Bewunderung gelesen.

LG Sid

Erstelle ein Autorenkonto oder melde dich an, um zu kommentieren

Du musst ein Autorenkonto haben, um einen Kommentar verfassen zu können

Autorenkonto erstellen

Neues Autorenkonto für unsere Community erstellen.
Es ist ganz einfach!

Neues Autorenkonto erstellen

Anmelden

Du hast bereits ein Autorenkonto? Melde dich hier an.

Jetzt anmelden
×
×
  • Neu erstellen...

Wichtige Information

Community-Regeln
Datenschutzerklärung
Nutzungsbedingungen
Wir haben Cookies auf deinem Gerät platziert, um die Bedienung dieser Website zu verbessern. Du kannst deine Cookie-Einstellungen anpassen, andernfalls gehen wir davon aus, dass du damit einverstanden bist.