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Rainer Maria Rilke ~ Die meisten Menschen wissen gar nicht


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Geschrieben am

Aus einem Brief von Rainer Maria Rilke an Helmuth Westhoff 1901

Die meisten Menschen wissen gar nicht, wie schön die Welt ist und wie viel Pracht in den kleinsten Dingen, in irgendeiner Blume, einem Stein, einer Baumrinde oder einem Birkenblatt sich offenbart. Die erwachsenen Menschen, die Geschäfte und Sorgen haben und sich mit lauter Kleinigkeiten quälen, verlieren allmählich ganz den Blick für diese Reichtümer, welche die Kinder, wenn sie aufmerksam und gut sind, bald bemerken und mit dem ganzen Herzen lieben. Und doch wäre es das Schönste, wenn alle Menschen in dieser Beziehung immer wie aufmerksame und gute Kinder bleiben wollten: einfältig und fromm im Gefühl – und wenn sie die Fähigkeit nicht verlieren würden, sich an einem Birkenblatt oder an der Feder eines Pfauen oder an der Schwinge einer Nebelkrähe so innig zu freuen wie an einem großen Gebirge oder an einem prächtigen Palast. Das Kleine ist ebenso wenig klein, als das Große groß ist. Es geht eine große und ewige Schönheit durch die ganze Welt, und diese ist gerecht über den kleinen und großen Dinge verstreut. Denn es gibt im Wichtigen und Wesentlichen keine Ungerechtigkeit auf der ganzen Erde.

Music: verbovets
Rezitation: Uschi Rischanek

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Geschrieben

@Herbert KaiserLieber Herbert, es stammt aus den Korrespondenzen mit seinem Schwager aus dem auch möglicherweise dies bekannt sein dürfte:

Man muß nie verzweifeln, wenn etwas verloren geht, ein Mensch oder eine Freude oder ein Glück; es kommt alles noch herrlicher wieder. Was abfallen muß, fällt ab; was zu uns gehört, bleibt bei uns, denn es geht alles nach Gesetzten vor sich, die größer als unsere Einsicht sind und mit denen wir uns scheinbar im Widerspruch stehen. Man muß in sich selber leben und an das ganze Leben denken, an alle seine Millionen Möglichkeiten, Weiten und Zukünften, denen gegenüber es nichts Vergangenes und Verlorenes gibt. (1904)

 

Ich freue mich, wenn ich einige dieser Texte ein kleinwenig näherzubringen vermag. Es muss nicht immer reimend sein und Rilke bietet da ein so breites Spektrum. Wer sich den Blick für all das Schöne bewahrt hat, sich die Zeit zu nehmen vermag um zumindest ab und an ein kleinwenig innezuhalten, der ist, denke ich auf dem richtigen Weg. Was kann es schaden sich ein kleinwenig Kindsein zu bewahren.

Ich freue mich sehr lieber Herbert wenn es dich angesprochen hat und schicke liebe Grüße in deinen Abend!
Uschi

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Geschrieben

Hallo Uschi,
leider haben Rilkes Erkenntnisse bei den meisten Menschen nicht zum Besseren geführt.
Umso wichtiger ist es, sie in Erinnerung zu behalten. Vielleicht sollten statt "Fake News" Rilkes Botschaften in die Welt gesendet werden, aber damit lassen sich keine Wähler verunsichern und Demokratien erschüttern.
Entschuldige, die harsche Wendung, aber manchmal ist es einfach schwer geduldig zu bleiben.
Danke fürs Teilhaben lassen und LG
Perry

  • Danke 1
Geschrieben

@PerryHallo Perry, erstmal sorry für die verspätete Beantwortung aber es werden mir, aus welchen Gründen auch immer, leider nicht alle Kommentare angezeigt.

Nun gerade diese Textpassage empfand ich als lesenwert um sie auch einzusprechen.
Ein bisschen sich das Kindliche zu bewahren, warum auch nicht, wenngleich, wie du richtig schreibst in Zeiten wie diesen und in all dem Rundumuns, uns oftmals so gar nicht der Sinn danach steht - nur allzu verständlich.

Stell dir vor, gerade bei diesem Beitrag wurde mir andernorts vorgeworfen ein Bild dazu ausgewählt zu haben, mit einer kindlichen Darstellung von William Adolphe Bouguereau betitelt: A cup of milk... die ich im Anschluss dazugebe und wo jemand meinte, es käme mit pädophile Zügen daher! Nun diejenige wurde zurechtgewiesen, es hat mir jedoch aufgezeigt, dass man mit so mancher Unvernunft oder Engstirnigkeit konfrontiert wird, wo man sich nach der Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns ernsthaft frägt!

Danke fürs Reflektieren!
LG Uschi

300418460_403145115252283_6170684532652803239_n.jpgWilliam Adolphe Bouguereau.jpg

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