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Max Hayek ~ Der Weg


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Geschrieben am

Eh' ich in dieses Leben trat,
Wies mir ein Engel jegliches Geschehen:
Er ließ mich alle meine Wunden sehen
Und alle meine Missetat,
Er ließ mich alle meine Sünden wissen
Und alles Leiden, das ich tragen müsste,
Die liebeleere, hassdurchtobte Wüste,
Die Stundenzahl voll Schmerz und Finsternissen —

 

Auch wies er mir die trunknen Seligkeiten
Die ich, gleich einem Gott, durchfühlen würde,
Das Äthersein, darin ich ohne Bürde
Im Lichte schwebte über Dunkelheiten,
Ließ er verheißend durch das Herz mir rinnen. —
Der Liebe ungemessne Wonnen
Erschauernd bebten alle meine Sinnen
Und mich umstrahlten tausend Himmelssonnen!

 

Und als er so, den Weg mir vorgewiesen
Mit seinen Prächten und den Düsterkeiten,
Mit seinen Höllen und den Paradiesen,
Sprach ernst der Engel: „Willst du ihn beschreiten?“
Und langsam sagte ich nach einer Stille:
„Ich will es — ja — der Weg, er ist mein Wille!
Und alle seine Lust und Qual
Sei mir Erfüllung freigewollter Wahl!“

 

So trat ich in das Leben ein,
Ein Mensch, umspielt von Schein und Sein,
Dem hellen Tag, der dunklen Nacht geweiht
Und bald versunken in die Ewigkeit!


Max Hayek ~ 1916

Bild: Dorota Piotrowiak

Music: verbovets 'goodbye'

Rezitation: Uschi Rischanek

  • in Love 1
  • Schön 1
Geschrieben

Hallo Uschi,
das Thema eines selbstgewählten Lebenswegs scheint Max Hayek öfter beschäftigt zu haben.  😉
Ich denke, auch ohne zu wissen was einen im Leben erwartet kann man diesem viel abgewinnen, manchmal ist es vielleicht sogar besser nicht zu wissen was die Zukunft bringt und den Augenblick zu genießen. 
Gern deinem Vortrag gelauscht und LG
Perry

  • Danke 1
Geschrieben

@PerryHallo Perry, ja gerade mit diesen Themen befasst er sich häufig und vermutlich hast du auch recht, dass es manchmal wirklich besser ist, nicht zu wissen was auf einen zukommt. In seinem Fall jedenfalls, durch sein so tragisches Ende denke ich. Und trotzdem vermochte dieser Poet so derartig tiefgehende und nennen wir es einmal inhaltsschwere Texte zu verfassen. Ich habe mir eine Neuauflage aus 2019 seiner Werke bestellt, das im Internet gefundene Original aus 1930 hätte es wohl bei einem Antiquariat gegeben, doch 150,- Euro, zwar mit Widmung und in Erstauflage waren mir dann doch ein kleinwenig zuviel. Zudem sind diese alten Bücher allesammt in Fraktur gedruckt, zwar lesbar für mich, dennoch bevorzuge ich einen etwas moderneren Druck.

Dir ein herzliches Dankeschön fürs Lauschen!

LG Uschi

 

Danke auch dem Zuspruch lieber @Wolfgang und @JoVo!

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