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Shakespeares Werke, leicht gekürzt: Hamlet


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Es ragt im Staate Dänemark

in einem schönen Rotwildpark

Schloss Helsingör in alter Pracht.

Beim Anbruch jeder dritten Nacht

 

erscheint ein Geist auf hohen Zinnen.

Sein Anblick lässt das Blut gerinnen

den dort vereinten Partygästen,

die sich auf Staates Kosten mästen.

 

Dass jüngst der König starb: Beim Essen

ist solch ein Vorfall schnell vergessen.

Der neue König Claudius

macht zügig mit der Trübsal Schluss

 

und rockt mit seiner Frau Gertrude

die moosverzierte Schimmelbude.

Nur jener Geist vermag zu dämpfen

die Lust an Wein und Ritterkämpfen.

 

Prinz Hamlet, jenes Geistes Sohn,

begehrt wohl heimlich selbst den Thron.

Sein Vater, sagt man, starb beim Golfen.

Er ahnt: Da wurde nachgeholfen.

 

Wer möchte es ihm da verübeln,

dem Sein und Nichtsein nachzugrübeln?

Ein Thema, das ihn sehr geniert,

da er in Wittenberg studiert.

 

Der Geist erscheint ihm gegenüber,

der Bart ergraut, der Blick noch trüber,

um von den Dachterrassenstufen

den Sohn zur Rache aufzurufen.

 

Der wandelt selbst nun wie ein Geist,

so jung und schon mental vergreist,

lässt sich bei Tage selten sehen,

auch, mit Verlaub, ein wenig gehen.

 

Die Schuhe trägt er ohne Socken

und unfrisiert sind seine Locken.

Den Vater Stief und auch die Mutter

beäugt er schief, zitiert Herrn Luther,

 

um abends beim feudalen Tafeln

noch mehr verquastes Zeug zu schwafeln.

Das Herrscherpaar ist bald schon müde

der aufgesetzten Attitüde.

 

Nun schreibt er auch noch Operetten,

wo Herrscher sich auf Rasen betten,

um meuchlings massakriert zu werden.

Nur langsam mit den jungen Pferden!

 

Selbst seine Braut Ophelia

kommt ihrem Liebsten nicht mehr nah.

Er pflaumt sie an: "Du fade Poster-

Ikone! Schleich dich fort ins Kloster!"

 

Worauf sie sich, zutiefst gekränkt,

im Park im Badeteich ertränkt.

Als dies geschieht, ist schon vor Wochen

der Königssohn in See gestochen.

 

Bald kehrt er heimwärts als der Gleiche,

nicht, wie geplant, als kalte Leiche.

Denn Rosenkranz und Güldenstern,

begleitend, trauten gar zu gern

 

auf sich und den Uriasbrief.

Doch leider lief der Anschlag schief.

Seit Claudius' Flucht vom Hoftheater

weiß Hamlet immerhin: Sein Vater

 

ward Opfer eines feigen Mords

und keineswegs des edlen Sports.

So löst sich denn nach langem Kampf

der peinliche Gedankenkrampf.

 

Der Prinz traf reisend Fortinbras,

der riet ihm: "Hamlet, nun gib Gas!"

Derselbe will nach langem Zagen

nun endlich männlich etwas wagen.

 

Genug, dass er Polonius,

den Kämmerer, erstechen muss,

dies, zugegeben, aus Versehen.

Das kann im Eifer leicht geschehen.

 

Was lauscht der auch so angespannt

wie ein Verschwörer an der Wand,

derweil der König im Gebet

zum Himmel um Vergebung fleht?

 

Der Mörder sollte reuig sterben?

Da wär für Hamlet nichts zu erben.

Das Trauerspiel ist fast zu Ende.

Man hofft auf die finale Wende.

 

Da naht mit Humba und Trara

der Bruder der Ophelia:

Laertes, welcher unbeordert

Vergeltung für die Schwester fordert.

 

Schnell reift ein Plan: Man präpariere

den Duellanten die Rapiere,

dass die in Gift getauchte Spitze

den Königssohn recht tödlich ritze.

 

Das heißt, so gut es ausgedacht,

die Rechnung ohne Wirt gemacht.

Das Schicksal greift auf seine Weise

in jene hoch erlauchten Kreise,

 

dreht mehrmals rasch die Spieße um.

Zum Schluss sind alle tot und stumm.

Nur Hamlet darf sich noch verneigen

und spricht: "Lebt wohl! Der Rest ist Schweigen."

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Hallo Cornelius,

 

Deine längeren (Nach-) Erzählwerke überfliege ich immer zunächst kurz und gucke sie mir später noch mal genauer an.

Hier gefällt mir auf den ersten sowie auf den zweiten Blick besonders der "Vater Stief".

Und der ganze Rest natürlich sowieso!

 

Wieder einmal elegant und originell erzählt.

 

Findet, mit Gruß:

Uwe

 

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