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Shakespeares Werke, leicht gekürzt: Der Kaufmann von Venedig


Empfohlene Beiträge

(Für Donna, von einem ihrer Kommentare angeregt - und für alle Shakespeare-Fans...)

 

Die schöne Portia zu erringen

erfordert eins vor allen Dingen:

Ein gut gefülltes Portemonnaie,

sonst wird der Bräutigam in spe

 

bereits am Eingang abgewimmelt -

er möge schmachten, bis er schimmelt.

Auch Herr Bassanio bliebe ledig,

wenn nicht Antonio aus Venedig

 

in dieser schwersten aller Nöte

die Freundeshand ihm selbstlos böte.

Es tanzen viele Karavellen

des Kaufmanns auf den Meereswellen.

 

Das blinde Schicksal freilich winkt

im Unmut, und die Flotte sinkt.

Die Mitgift dennoch zu besorgen,

muss nun Antonio selber borgen.

 

Der reiche Jude Shylock leiht

die Summe auf bestimmte Zeit.

Vollendet sich der fixe Tag

und fließt der fällige Betrag

 

in Shylocks Börse nicht zurück,

so darf er sich, ein Pfund am Stück,

Filet aus seinem Schuldner schnetzeln

(aufs Risiko, ihn hinzumetzeln),

 

zunächst dem Herzen, wie gewachsen. -

Der Jüngling schwingt beseelt die Haxen

sogleich zu seiner Liebsten Haus.

Dort löst er unter viel Applaus

 

ein Rätsel um drei Kästchen klein.

In einem mag der Schlüssel sein

zu Portias Herz und ihrer Hand.

Er hat Gefühl, dazu Verstand.

 

Im Unterschied zu andern Freiern

errät er: Jener Schrein, der bleiern,

nicht der, der silbern oder golden,

enthält das Bildnis seiner Holden,

 

die ohnehin nur ihn erkor. -

Die Kunde dringt an Shylocks Ohr

von Don Antonios jüngster Pleite.

Er ruft ihn vor Gericht zum Streite,

 

erscheint mit Messerblock und Waage,

dass er sein Pfund nach Hause trage.

Bassanio mag ihm nun versprechen,

die Summe doppelt gleich zu blechen,

 

vor Publikum, wie sich gebührt -

der Wucherer bleibt ungerührt.

Vom Dogen, welcher präsidiert,

wird stante pede her zitiert

 

ein Rechtsgelehrter zwecks Entscheidung.

(Es ist die Portia in Verkleidung.)

So spricht der kundige Dottore

erhaben von der Holzempore:

 

"Der Kläger mag sein Recht genießen,

doch wird ein Tröpfchen Blutes fließen,

so ist der ganze Handel nichtig,

er selbst dem Staate zahlungspflichtig.

 

Für eines Venezianers Leben

muss er dann selbst das seine geben."

Der Spruch wird demgemäß gesprochen.

Das Herz des Klägers ist gebrochen.

 

Der Richterhammer saust hernieder

und Shylock senkt die Augenlider.

Nun wird er selber angeklagt:

Er habe es fürwahr gewagt,

 

nach eines Menschen Fleisch zu trachten.

Man wird dafür sein Sparschwein schlachten.

Antonio darf aus dessen Magen

die Hälfte dann nach Hause tragen.

 

Er will es nicht für sich behalten.

Getreulich will er es verwalten

als Mitgift für des Juden Tochter,

die kürzlich ein ganz ausgekochter

 

Filou (ein jeder Vater kennt so

ein Wesen wie den Herrn Lorenzo),

zu dem sie freilich Liebe spürte,

dem elterlichen Haus entführte.

 

So fügt sich alles, wie es sollte.

Antonio, dem Fortuna schmollte,

wird endlich auch ein wenig munter:

Nicht alle Schiffe gingen unter.

 

 

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