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Im Zimmer schwebt die Stille und die Wärme,
ganz wie ein Vogel in durchglühter Luft,
und auf dem schwarzen kleinen Tische
liegt still das Deckchen, dünn und zart wie Duft.
Das Glas mit klarem Wasser, wie ein Traum,
wacht, daß das Glöckchen neben ihm nicht lärme,
und wartet scheinbar auf die kleinen Fische.
Die rote Nelke dämmert in den Raum,
als wäre sie dort Königin.

Die ganze Stille scheint für sie zu sein,
und nur die Flasche mit dem süßen Wein
blinkt still und wie befehlend zu ihr hin.
Sie aber schwebt auf ihrem grünen Stengel,
dünn wie im Kindertraum das Kleid der Engel,
und ihr betäubend süßer Duft lullt ein,
als wollt' er aus dem Märchenschlaf Dornröschen rauben.

Die Fenster blicken auf die Straße und sie glauben,
daß dort sei alles nur für sie getan.
Der Spiegel glänzt und in ihm tickt die Uhr,
ganz weit im fernen Dorfe kräht ein Hahn,
und die Gardinen bändigt eine blaue Schnur.
Die Nelke mit den zarten roten Spitzen
harret des Sonnenstrahls, der durch die Ritzen
ihr heut ein Kleid aus Goldstaub angetan.
 

24.10.1939
Music: Jerome Chauvel
Bild: Dorota Piotrowiak

Rezitation: Uschi Rischanek

Marion Tauschwitz Selmas Biographin schreibt zur Richtigstellung des so oft fälschlich angegebenen Namens: "SELMA MERBAUM. Sie hatte bis 1940 nie einen anderen Namen! So erfuhr ich bei meinem Recherchen in der Ukraine, aus den Archiven und aus den jüdischen Geburtsregistern. Erst die Nazi-Schergen verpassten ihr den Doppelnamen… Geben wir Selma Merbaum ihren Namen zurück!"  -  Dazu will ich gerne meinen kleinen Teil beitragen!

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Hallo Uschi,
Momente der Stille können viel einfangen, weil sie die Umgebung in einer Art Zeitstillstand festhalten und betrachten.
Da werden Blumen, Einrichtungsstände, Räume und Ausblicke zu eigenen Geschichten.
Selma Merbaum hat dies alles in einem Gedicht eingefangen und zu einem wunderbaren Besinnungsbild zusammengefasst.
Danke fürs in Erinnerung bringen und LG
Perry
 

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@PerryHallo Perry, schön wenn auch du ihren Texten etwas abgewinnen kannst, mich beeindrucken sie, nicht nur ob der Geschichte ihres mehr als tragisch verlaufendem und so kurzen Lebens. Eine Nuance an Stimmungen die dem Leser ein Bild vor das auge zaubern in einer ganz besonderen Art und Weise.

Ich danke dir fürs Reflektieren! ebenso @Cornelius@Stavangerund @Zorri
LG Uschi

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