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~ " Held außer Betrieb " ~

 

    Es ist mal wieder einer dieser Tage, an dem der Körper nicht zu Heldentaten bereit ist, geschweige den gewillt wäre. Und doch, er muss weit über sich selbst hinaus wachsen. Ob er nun will oder nicht. Er muss gehorchen. Er darf nicht jammern oder klein beigeben. Augen zu und durch. Einfach weghören, wenn er ruft: "Warum nur, was habe ich dir getan? Gibt es den kein anderen Weg? Lieber morgen, anstelle von heute!"... und ich weiß, so wird es den ganzen Tag gehen. Ich werde spüren, wie sich mein Leib biegt und dehnt, knackt und keucht. Doch es wird ihm nichts nützen.  Selbst den Toilettengang möchte er mir verweigern, ganz gleich ob "die Ladung" in die Hose gesetzt werden würde, oder ich nur erleben müsste, wie die "Tröpfchenbildung" meine Hose, leicht bis mäßig, benetzen würde. 

   Es ist egal, wie sehr er sich aufbäumt, seine letzten Kräfte mobilisiert, ich muss, also auch er, aufstehen. Also schleiche ich mich schleppend in die Küche zur Kaffeemaschine und fülle Wasser in den Wassertank. Meine Gedanken schweifen zu den Erledigungen, die ich heute machen muss, zu den Arbeiten, die erledigt werden sollen. Und wärend ich so vor mich hin sinniere, läuft der Wassertank über; zum Glück in die Spüle. Gebannt schaue ich dem Wasser nach, wie er sich, zum Abfluss hin, als Rinnsal bildet. Ich überlege mir, wie das Wasser wohl durch die Leitung vom Haus zur Straße hin rinnt und welche Kurven er wohl zu bewältigen hat. Auch dem Wasser bleibt nichts anderes übrig und muss... muss fließen, tropfen, laufen..."Ach, was soll´s", denke ich mir und alles im leben muss, ist ein muss. Ehe etwas kann, muss es erst; genauso ist es wie mit der Kraft. Alles was im Leben geschieht, setzt voraus, das erst einmal Kraft eingesetzt werden muss. Kraft gleich Gewalt? Gewalt gibt es ja in vielerlei Form. Nicht nur die Zerstörerische Gewalt, auch die schaffende Gewalt, die wir jeden Tag nutzen, begleitet uns immerzu. Blättern wir eine Seite um, setzen wir in unserem Gehirn Elektronen frei, die unsere Muskeln bewegen und so Kraft erzeugen, um "gewalttätig" eine Seite zu blättern. 

    Und so setze ich jetzt ganz freiwillig Gewalt frei, um mir einen Kaffee zu machen. Jeden Morgen den gleichen Ablauf, Kaffeemaschine aktivieren, Tasse mit Zucker und Milch vorbereiten; nicht zu vergessen unsere kleinen "Familienmitgliedern" das täglich Futter zuzubereiten. Backofen anschalten, damit die vorgebackenen Brötchen schön knusprig den Frühstückstisch gestalten. ich nehme die Marmelade, die Erdnussbutter und was wir alles brauchen aus dem Kühlschrank und stapel, mitsamt Tellern und Messern, alles aufs Tablett. 

    Und wieder der "Ruf" meines Körpers. "Lass es, bitte. Setz dich einfach auf das Bett und lass es einfach sein". Aber es geht nicht. Wie soll das den gehen? Von mir und meiner täglichen Leistung sind Menschen abhängig. Welch ein Chaos entstehen würde, wenn ich einfach mal auf "krank" machen würde. Zumal die Arbeit niemand anderer machen wird und ich so doppelt so hart arbeiten müsste. Also den inneren Ruf ignorieren und tapfer das Frühstück vorbereiten.

    Als ich den Tisch decke, wird meine frau wach und lächelt erfreut über meine arbeit. "Danke, du bist ein wahrer Schatz. Dafür liebe ich dich". Wenn sie wüsste, dass das rein gar nichts mit Liebe oder "Freude machen" zu tun hat, würde sie dann anders reagieren? Wohl kaum, den sie weiß nur zu gut, wie ich mich täglich bemühe, mein gewisses Maß an Soll zu erfüllen. Gleich welch gewaltigen Gegenkräfte mich davon abhalten wollen. Ich grinse ihr zu, drehe mich um und eile in die Küche, weil ich die Brötchen im Ofen vergessen habe. Zum Glück sind sie noch nicht zu dunkel, gerade so im Grenzbereich. Ich bringe die Brötchen auf den Tisch, setze mich zu meinem braunen Koffeeingetränkten Sud, probiere den ersten Schluck und stelle nicht gerade "Amüsement" fest, wenn der Tag so wird, wie der Kaffee gerade schmeckt, na dann Prost und Helau. Meine Frau senkt den Kopf leicht zur Seite als sie mich beobachtet und schenkt mir erst einmal einen  langen und ausgiebigen Kuss.. "Du bist echt mein Held, unser Held. Den größten Helden den es gibt. Ich sehe, wie du jeden Tag für uns kämpfst, trotz den Problemen, die du gerade mit der Wohnung und allem hast".

    Oh, die Wohnung. Zu früh ist das Wort gefallen. Die Erinnerungen springen auf, und ich sehe wieder das eine große Problem, warum sich mein Körper wirklich heute wehrt. Spüre, wie mein Körper mich auslacht und meint: Na siehst du jetzt, warum ich nicht will, das Du etwas tust? - Aber ohne Gegenwehr, wird sich das Problem nicht von alleine lösen, denke ich laut vor mich hin. Und zeitgleich spiegelt die Erinnerung die letzten Wochen und Monate vor meinem geistigen Auge, merke, wie ich immer schwerer atme und wenig Kraft habe, mich zu "aktivieren".  Ich frage mich längst nicht mehr, warum all das geschieht, oder ob "dahinter" ein verborgener Grund liegt. Schicksalhafte Fügung? Oder ist es Karma? Obgleich ich immer versuche und meist mit erfolg, dem Karma ein "Gutes Gesicht" zu geben. Längst habe ich verstanden, dass das erfragen nach einem Grund mich nur aufhält und nicht förderlich ist. Nicht bei dem, was ich zu bekämpfen habe. Und die Götter wissen, wie hart ich kämpfe und alles daran setze, diesem Leben etwas gutes abzugewinnen. Naja, das Leben hat wohl nichts gemein, mit dem, was wir gerade bewältigen müssen. Warum weiter kämpfen, wen man doch einfach aufgeben und Neu beginnen kann? Ja, wenn...ich habe aber nicht diese Option. Ich habe mich vor Jahren entschieden, ein Leben zu leben, das nun einmal öfters bedeutet kämpfen zu müssen. Zumal ich aufgeben nicht gelernt habe. In all den Jahren ging es immer irgendwie weiter, insofern ich aufstand und weiter machte. Und so verlernte ich das aufgeben. Ich jagte immer wieder Zukunftsträumen nach und lernte welche Wege dazu erforderlich waren. Boxte mich im wahrsten Sinne durch und irgendwie gewann ich am Ende, mal mehr mal weniger.

    Aber heute ist heute und heute ist verdammt schwer. Wie gern würde ich alles hinwerfen und alles hinter mir lassen. Aber was wäre dann? Und mir folgt das Wissen auf dem Fuße, das ich gar nicht aufgeben kann. das wäre nur möglich, wenn ich eine neue Wohnung finden würde, und neu beginnen könnte. Aber genau da hängt der Haken; Finde ich eine Wohnung, kann ich wieder weiter kämpfen. Nur dann mit weit besserem Ausgangspunkt als jetzt. Also muss ich weitermachen, wie in den letzten Monaten und den scheinbar endlosen Kampf gegen die Windmühlen weiter führen, in der Hoffnung, das irgendetwas eine Wendung bringt. Und die kann nur kommen, wenn man eben nicht auf seinen Körper und Geist hört, sondern tapfer aufsteht und den Kopf nach vorne streckt, in den Wind, und sich erinnert, besinnt, das man diesen Kampf nicht alleine führt, sondern meine Liebste, mit, im Boot sitzend, mir diesen Kampf kämpft. Wir sind ein tolles Team, das an vielen Fronten zeitgleich agiert und uns gegenseitig den Rücken stärkt. Und so sitzen wir nebeneinander beim frühstück, schauen uns kauend an, und lächeln uns verliebt an, weil wir wissen das auch heute wieder ein Tag sein wird, an dem "Der Held außer Betrieb" nicht zum Einsatz kommen wird. 

 

JSH Juni 2024

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Geschrieben

Guten Morgen @Die Traube

Ja, das sind die Herausforderung des Alltag…

Auch für einen Held nicht immer leicht zu ertragen…(und ausgerechnet dann, wenn die Welt droht, auseinander zu fliegen, liegt das Superman-Kostüm in der Wäsche)

 

Schön!

 

LG Guenk

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Geschrieben
Am 22.6.2024 um 08:14 schrieb Guenk:

Guten Morgen @Die Traube

Ja, das sind die Herausforderung des Alltag…

Auch für einen Held nicht immer leicht zu ertragen…(und ausgerechnet dann, wenn die Welt droht, auseinander zu fliegen, liegt das Superman-Kostüm in der Wäsche)

 

Schön!

 

LG Guenk

 

Hallo!

Jaaa, genau das sind diese eine Momente, diese Augenblicke.. und das Kostüm liegt in der Wäsche .. ohja..

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