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Amphetamin [Ein Sommermärchen]


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 Amphetamin

 

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Mein Stern stieg auf im Blau, doch schon verglomm er,
als ich ihn sah in angehauchter Nacht.
Jedoch ihr wisst es selbst, wie lang ein Sommer
dir in der Blüte deiner Jugend lacht.

Wenn sich die goldnen Ährenfelder wiegen
im Mittagswind, mit dem die Grillen sirrn,
wenn lautres Glück und Hoffnungen obsiegen
und Blumenkränze schmücken Haupt und Stirn.

Wenn jener hehren Gottheit Gunst und Güte
vor deinem oberflächlichem Gemüt
sich offenbart, das aller Groll sich hüte,
dein Licht zu löschen, das im Lied erglüht.

Und von hienieden, in der großen Ferne,
den Blick so weit gestreut als wie ich konnt,
da sah ich blinzelnd nicken tausend Sterne
am dämmerfahlen Abendhorizont.

Ein jeder war für eine Nacht, die brausend
verflog in Nächten, die nichts halten soll, -
so flohen sie, ich unter ihnen hausend,
von Mond und Sternenglanz die Augen voll.

Und nicht ein Hauch von Müdigkeit bestrich mich,
das sieche Herz pulsiert wie ein Vulkan,
der Schatten einer Melodie umschlich mich,
gewirkt aus Lethargie und nacktem Wahn.

Was drang, Erinnerungen auszuspühlen,
den Mühlstrom ohne Rückblick immerfort,
das was da lag am Grund nicht aufzuwühlen
und trägt uns hin mit jedem neuen Wort.

Gesäumt von Blumen ruhen meine Pfade
umschäumt von sinnbetäubend scharfem Duft
und jeder Auswuchs einer Eskapade
verschafft so der Gewöhnung etwas Luft.

Der Freudentaumel und das Lachen übt sich
zur Etikette dieser großen Schau.
Kein Vorwärtsdrängen und kein Himmel trübt sich
vor grimmer Wolkenmasse fahlem Grau.

Und immer grüßt ein Stückchen Unbehagen
dem Selbstgefallen meiner Gangart nach,
bei allem, was ich tu, an meinen Tagen,
bis mich der Stachel bittren Zweifels stach.

Ich weiß noch wohl, wie heiß die Sonnen glühten,
wie lang ein Tag sich mit den Stunden zog;
im Auftakt eines irren Traums versprühten
Gitarren einen zauberhaften Sog.

Und wieder tut sich eine Symphonie auf
aus Zimt und Farben, Duft und allerlei.
Nur irgendwann hört selbst die Euphorie auf,
doch noch ist dieser Sommer nicht vorbei.

||

So viele Sommer, die mir einstmals kamen
gelöst von Strenge, Disziplin und Norm,
ganz unbefleckt von Ideal und Namen
und passten auch in keine feste Form.

Ich nahm und griff sie mir zu meinem Spaße
und pfiff ein Lied so fröhlich vor mir her
und ging voll Seligkeit die lange Straße
mit unbeschwertem Schritt - und sie war leer.

17.08.17

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Ich weiß, du bist ein Meister des Wortklangs und der Sprachmelodie, lieber Terry,

 

und dieses Gedicht hier beweist das wieder einmal vortrefflich! Ich könnte mich in den Klang der Strophen hineinlegen...so schön sind sie dir gelungen!

Die Länge und das Überbordende des Gedichts sollen mit großer Sicherheit den Titel - und somit eigentlichen Inhalt - des Gedichts unterstreichen. Darauf muss man sich erst einmal einlassen, aber dann klappt das für mich jedenfalls sehr gut. 

Das Sich-Berauschen und den ewigen Sommer zu feiern kann niemand auf die Dauer durchhalten - Freudentaumeln kostet einfach Energie und deren Vorrat ist selbst bei den aller"fröhlichsten" begrenzt. Es ist - wie bei allem - eine Frage des richtigen Maßes und der "Echtheit". Schön, dass das LyrIch keinen Total-Crash hinlegt und zur rechten Zeit ins Grübeln gelangt...

 

vor einer Stunde schrieb Terrapin:

Gesäumt von Blumen ruhen meine Pfade
umschäumt von sinnbetäubend scharfem Duft
und jeder Auswuchs einer Eskapade
verschafft so der Gewöhnung etwas Luft.

Der Freudentaumel und das Lachen übt sich
zur Etikette dieser großen Schau.
Kein Vorwärtsdrängen und kein Himmel trübt sich
vor grimmer Wolkenmasse fahlem Grau.

Und immer grüßt ein Stückchen Unbehagen
dem Selbstgefallen meiner Gangart nach,
bei allem, was ich tu, an meinen Tagen,
bis mich der Stachel bittren Zweifels stach.

 

Dann die richtige Erkenntnis zu erlangen, ist ein Schritt vorwärts im eigenen Sein und in der Selbsterkenntnis. Und dann braucht man auch keine "Schau" mehr und findet Glück und Unbeschwertheit aus seinem Innern heraus. Sehr schön beschrieben! Stilistisch dem Schwelgen und Ausufernden und zuletzt auch dem Zur-Ruhe-Kommen gerecht werdend! Gefällt mir wirklich sehr! 

 

Lieben Gruß,

fee

 

 

EDIT: Strophe 7: auszuspülen übrigens ohne stummes "h"

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