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Geschrieben am

Die Geschichte ist frei erfunden. Im Gedenken an alle vermissten Kinder.

 

 

Das Sternenkind

 

Seit Freitagmorgen um 8.00 Uhr wird die zehnjährige Anika aus Gelsenkirchen vermisst. Ihre Eltern haben das Bett der Kleinen leer vorgefunden. Eine sofortige Suche nach dem autistischen Mädchen in Haus und Umfeld blieb ergebnislos.

 

Am Abend zuvor, ihrem Geburtstag, hatte ihr Oma ein Teleskop geschenkt. Es wurde sogleich im Kinderzimmer auf-gebaut. Ob die besondere Inselbegabung Anikas zu ihrem Verschwinden beigetragen hat? Seit geraumer Zeit war den Eltern bewusst, dass ihre Tochter mit einer besonderen Fähigkeit ausgestattet war. Sie zeichnete Motive, die sie lange Zeit zuvor beobachtete, unsagbar präzise und für ihr Alter beeindruckend in Form und Farbe. Dafür musste sie über ein fotografisches Gedächtnis verfügen. Jede Einzelheit wurde festgehalten. Von der Nachtigall bis zur Nebelkrähe konnte die Kleine nicht nur Vögel, sondern auch deren Umgebung eins zu eins wiedergeben. Und nicht nur das. Anika betrachtete gern den Sternenhimmel. Die Gestirne weckten ihr Interesse. Seit der letzten Sternschnuppe wünschte sie sich ein Teleskop, hatte sie später ihrer Oma anvertraut.

 

Jedwede Veränderungen und die damit verbundenen Aufregungen machten der Autistin aber schwer zu schaffen. Ihr Vorstellungsvermögen könnte ihr zum Verhängnis geworden sein. Oder war es vielleicht ihrem Bewegungsdrang zuzuschreiben, dass sie sich allein nachts aus dem Haus machte? Was auch immer. Anika war ganz allein da draußen und eine groß angelegte Suche begann. Nachbarn wurden aufgefordert überall nachzuschauen, ob sich das aschblonde kleine Mädchen eventuell auf deren Grundstück versteckt hielt. Die Polizei- und Hilfskräfte durchforsteten den nahegelegenen Wald. Eine unverzüglich angeforderte Hundestaffel bahnte sich ebenfalls ihren Weg durch das Unterholz. Zwei Tage vergingen und keine Spur von der einen Meter dreißig großen Zehnjährigen.

 

Anikas gemalte Bilder und Skizzen wurden auf Hinweise überprüft. Wo konnte sie nur sein? Es war bereits Herbst und die Nächte empfindlich kalt. Anika, offensichtlich nur mit ihrem hellblauen Nachthemd, einer schwarzen Strickjacke sowie blauen Hausschuhen mit gelben Sternen bekleidet, war bislang keinem aufgefallen. Auf drei ihrer Bilder hatte das Mädchen eine Gestalt im Hintergrund, allerdings nur als Umriss mit Bleistift gezeichnet. Das war auffällig: Eine Gestalt, nur ein Umriss, keine Details, warum? Hatte sie zu dieser Person Kontakt? Wer war es und wo war Anika? Wie kommt sie allein zurecht oder fahndet die Polizei nach einem toten Kind? Es wurde auch in und entlang der Emscher, dem Flusslauf in der Nähe, gesucht. Die Kleine könnte verletzt, in den Fluss oder einem Verbrechen zum Opfer gefallen sein. Die Presse gab Suchmeldungen mit Fotos des jungen Mädchens heraus.

 

Am 3. Tag der Suche fanden Polizisten in einer aus Ästen zusammengestellten Behausung im vier Kilometer entfernten Wald einen blauen Hausschuh mit gelben Sternen. Diente dieser Unterschlupf der Kleinen als Schutz oder einer Art Höhle, in die sie sich zurückgezogen hatte? War sie selbst überhaupt dazu in der Lage? Die Spurensuche arbeitete fieberhaft. Das Wissen um ihre besonderen Fähigkeiten könnte einen potentiellen Entführer daran hindern, sie laufen zu lassen. Wenn doch, würde sich Anika zu helfen wissen und wieder nach Hause finden? Fremde Menschen machten ihr Angst. Sie würde sich nicht mit der Bitte um Hilfe an ihr Unbekannte wenden.

 

Die Verzweiflung ihrer Eltern und Angehörigen wuchs von Stunde zu Stunde. Auch eine Vermutung der Oma, es handle sich bei der gezeichneten Gestalt um den Nachbarn, bestätigte sich nicht. Alle direkten Anwohner wurden befragt und hatten ein Alibi. Weiteren Hinweisen aus der Bevölkerung geht man nach, doch Anika bleibt seit Freitag, den 24. September 2021 verschwunden und am Himmel funkeln die Sterne.

 

 

 

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Geschrieben

Hallo Juls,

 

Deine Geschichte finde ich sehr gut und auch spannend geschrieben. Ich bin aber nicht sicher, ob ich den Schluss verstehe. Ist sie von den Sternen? Zu den Sternen? Weiter ungeklärt?

 

Ich würde sie ja gerne in Sicherheit wissen, aber diese Lösung werde ich kaum bekommen?! Die "Widmung" deutet auch darauf hin.

 

Schönen Gruß!

Uwe

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Geschrieben

@Darkjuls Hallo Juls, eine bedrückende Geschichte. Den Begriff Sternenkind kenne ich nur von Fehlgeburten, derer davon betroffene Eltern wuerdig gedenken wollen. Oder von sterbenskranken Kindern. Passt aber auch für die kleine Anika. LG Stephan

  • Danke 1
Geschrieben

Vielen Dank Stavanger und Wannovius für Eure Gedanken zu der Geschichte. Das Ende habe ich bewusst offen gelassen. Ob das vermisste Kind nun ein Sternenkind ist (tot und als Stern am Himmelszelt) bleibt ungeklärt. Schon allein diese Ungewissheit macht den Angehörigen schwer zu schaffen, denke ich. 

 

Danke für die Likes, sagt Juls.

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