Zum Inhalt springen

Tänzerin in Rot


Empfohlene Beiträge

Als weit der Ruf der Nebelwölfe schallte

– in jener Nacht, als sie beim Feuer tanzte

     und Sehnsucht in mich pflanzte –,

da dachte ich, dass droben Engel sängen!

Doch als ganz sacht das Liebeslied verhallte,

wo hoch empor die Chorschar sich verschanzte

     und Sternenlöcher stanzte,

da blieb nur sie, sich wiegend zu den Klängen

einer Sitar – bejubelt von den Mengen.

Ihr rotes Kleid erleuchtete im Schimmer

     der Flammen und noch immer

verbirgt ihr Bild sich tief in meinem Herzen,

wie einst bedacht von tausend weißen Kerzen!

 

Den Musen gleich (umhüllt von feinsten Stoffen)

bewegte sie galant im Takt die Hüfte.

     Der Hauch der Rosendüfte

schien Schritt für Schritt sie durch den Hag zu tragen,

bis dann ihr Blick den meinen hat getroffen

und Funken flogen durch die Abendlüfte –

     erhellt das Schwarz der Klüfte,

die wahres Glück den Liebenden versagen

aus jedem Grund, ringsum, an allen Tagen!

Sie drehte sich, bis ihre Hand mich streifte

     und die Begierde reifte,

mit ihr den Tanz zu wagen bis zum Morgen!

Doch dies hielt ich für mich allein verborgen...

 

O wollte mich ihr Wimpernschlag verführen?

Ich fürchtete, ich würde doch nur träumen,

     wo zwischen Zedernbäumen

der Sommermond ganz langsam graue Schatten

mit Licht vertrieb; und bald ließ er mich spüren,

dass am Gestad’ der Träume Wellen schäumen,

     wenn wir den Sprung versäumen

ins Meeresblau, wie’s ihre Augen hatten.

Ach, würde sie mir jenen Wunsch gestatten?

Fast stand ich auf und wollte zu ihr gehen

     mit sanft bedachtem Flehen,

ob sie mich ließ’ die zarte Hand erfassen,

von der ich dann nie wieder könnte lassen.

 

Bloß all mein Mut verschwand im Zauberreigen,

just als ihr Mund mit Lächeln mich verzückte

     und sie sich heimlich bückte,

um schnell am Fuß das Kettchen sich zu richten.

So konnte ich nur schauen und stillschweigen,

da sie mich doch mit ihrem Glast beglückte,

     der Hof und Garten schmückte

noch schöner als in Troubadourgeschichten

das Gold die Maid, die Ritter fromm bedichten.

Ihr blondes Haar umwehten kühle Winde

     – behutsam und gelinde –,

dass ab und an die Strähnen sich verirrten

und durchs Gesicht wie Schmetterlinge schwirrten.

 

Dann stimmte ein ins Lied der Musikanten

ein Altduett, der Rhythmus wurde schneller,

     der Sang der Knaben heller

und auch der Reihn der Tänzerin erglühte

durch frische Kraft im Schein, wo Fackeln brannten.

Ihr Lohenkranz ward rasch um vieles greller

     und wirkte kaum reeller

als erst mein Traum, in dem die Knospe blühte

der mir so heiß ersehnten Liebesgüte.

Sodann das Kleid – rubinbestickt – fast schwebte

     und diesen neu belebte

im süßen Schwung graziler Pirouetten,

da schien es mir, als fielen alle Ketten!

 

Noch nie konnt’ ich so ausgelassen lachen...

In dem Moment war jede Last vergessen,

     die mich fast aufgefressen

im Innersten, außerhalb dieser Mauern.

Drum mochte ich vom Sinnen nicht erwachen,

noch geh’n von hier, wo ich so weich gesessen.

     O war es denn vermessen

– noch nicht mal fort –, dem Mädchen nachzutrauern,

das Küsse schenkt, die alles überdauern?

So wollte ich sie nach denselben fragen

      (nicht noch einmal verzagen!)

und als mein Wort sie anhielt, konnt‘ ich spüren,

dass ihre mich in andre Welten führen.

 

Aus Angst wurd’ Lohn: Sie schmunzelte und sagte,

ich solle dann im Vorhof auf sie warten,

     wenn Pavillon und Garten

vom Publikum verlassen sind am Ende

der langen Nacht, die Sternenschnuppen jagte.

Beim Schlussgesang konnt’ ich es kaum erwarten,

     dass die, die lüstern starrten,

mit flinkem Schritt verschwänden vom Gelände

und endlich ich zu meiner Liebsten fände!

Der Sand jedoch im Uhrenglas floss träge

     und selbst die Zeigerschläge

am hohen Turm erklangen nur behäbig –

Auch Augenblicke dauern manchmal ewig!

 

Dann war’s so weit: Die letzten Schatten schwanden

und auch die Glut der Fackeln war verglommen.

     »Wann wird sie denn bloß kommen?«,

so hallte mir das Echo in Gedanken,

     bis ich durch Efeuranken

das Rot erblickt’, an dem die Seelen landen...

  • Gefällt mir 2
  • Schön 1
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

  • Antworten 0
  • Erstellt
  • Letzter Kommentar

aktivste Mitglieder in diesem Thema

Beliebte Tage

Erstelle ein Autorenkonto oder melde dich an, um zu kommentieren

Du musst ein Autorenkonto haben, um einen Kommentar verfassen zu können

Autorenkonto erstellen

Neues Autorenkonto für unsere Community erstellen.
Es ist ganz einfach!

Neues Autorenkonto erstellen

Anmelden

Du hast bereits ein Autorenkonto? Melde dich hier an.

Jetzt anmelden

×
×
  • Neu erstellen...

Wichtige Information

Community-Regeln
Datenschutzerklärung
Nutzungsbedingungen
Wir haben Cookies auf deinem Gerät platziert, um die Bedienung dieser Website zu verbessern. Du kannst deine Cookie-Einstellungen anpassen, andernfalls gehen wir davon aus, dass du damit einverstanden bist.