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Das Boot

 

Rhythmisch peitschen sie, die Wellen,

gegen Rumpf und übers Steuer,

lassen Wasser überschwellen,

immer höher, immer wilder.

 

Im Gesicht und an den Armen,

sticht der Wind wie tausend Nadeln

und die Hand, an straffen Seilen,

springt im Takt und folgt den Segeln.

 

Lass es fliegen, lass es tanzen,

kleines Boot, du großes Reich,

mit den Wogen, hohen Schanzen,

federn wir so übern Teich.

 

Welche Freude, welche Lust,

ach, so schön ist diese Welt,

wildes Pochen in der Brust,

Glück wie dieses kauft kein Geld!

 

 

 

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Hallo Jacques,

 

wieder ein ansprechendes Thema, dieses Mal in vierhebigen Trochäen. Bevor es ganz in den Keller rutscht (die Kapazität der Kommentierwilligen ist nun mal begrenzt) noch kurz mein Eindruck:

 

Hier streiten sich zwei Gedichte um die Performance und das durchgereimte trägt schließlich den Sieg davon. Vielleicht magst du sie ja noch eine Weile reifen lassen und später nochmal separat bearbeiten. Besonders das reimlose fände ich interessant! Wenn du in den ersten beiden Strophen den einzigen Reim rausnehmen und die Strophen auflösen würdest, könnte ein ganz anderes, sprachlich wesentlich freieres Gedicht daraus werden.

 

Rhythmisch peitschen sie, die Wellen,

gegen Rumpf und übers Steuer,

lassen Wasser überschwellen,

immer höher, immer wilder.

Im Gesicht und an den Armen,

sticht der Wind wie tausend Nadeln

und die Hand, an straffen Seilen,

springt im Takt und folgt den Segeln.

 

Eine einleitende Strophe oder zwei für das Reimgedicht  wären sicherlich auch nicht schwierig zu ergänzen. Du kannst die Idee aber auch gerne einfach nur als Anregung für weitere Werke mitnehmen.

 

LG Claudi

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Hallo @Claudi,

 

Vielen Dank für diesen Eindruck. Mein erster Text, "Tänzer in meinem Garten", war reimlos und das Schreiben hatte mir sehr viel Freude bereitet. Doch dann war ich irgendwie verloren und dachte: "Was sind eigentlich die Regeln? Oder gibt es keine? Ist es eigentlich ein Gedicht wenn es nicht reimt?". Deshalb habe ich mich dann mal an den Reimen versucht, mit sehr großer Hilfe von dir, von Uwe ( @Stavanger ) und @Cornelius und anderen und ebenfalls vielen lieben LIKES die mir zu verstehen gaben ich sollte weiter üben. Beim "Das Boot" fand ich den Rhythmus der ersten Zeile ansprechend und habe versucht darauf aufzubauen. Ich fand dass der Rhythmus irgendwie bei die Freude dieser Bootsfahrt passte. Ich dachte auch dass wenn ich gleich mitten ins Geschehen eindringen würde, ohne große Einleitung, dass das den Leser gleich mitreißen könnte.

 

Aber du hasst recht, vielleicht könnte ich die Emotionen noch besser rüber bringen in einer reimlosen Form. Ich bin noch ganz am Anfang und muss noch viel lernen und ausprobieren. Es hilft mir sehr wenn ich Feedback bekomme wie der von dir. Es öffnet mir die Augen und gibt mir neue Perspektiven.

 

Liebe Grüsse, Jacques

 

 

 

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Zur Unterscheidung der Lyrikformen mal ganz grob: Es gibt gebundene und ungebundene Lyrik. Ich selbst schreibe und kommentiere nur taktgebundene, also metrisch in Verse gefasste Gedichte. Die können gereimt oder reimlos sein. Die gereimte Form ist gerade in Lyrikforen sehr beliebt, wird aber leider oft nicht beherrscht.

 

Zu den ungebundenen Formen gibt es einen recht informativen Artikel und zur Prosalyrik eine eher grobe Bescheibung bei Wikipedia unter folgenden Stichworten:

 

Freier Vers

Prosagedicht

 

Da kannst du dich erstmal etwas orientieren. Von ungebundener Lyrik verstehe ich nichts und kann da nur nach meinem Geschmack urteilen.

 

vor einer Stunde schrieb Jackybee:

Beim "Das Boot" fand ich den Rhythmus der ersten Zeile ansprechend und habe versucht darauf aufzubauen. Ich fand dass der Rhythmus irgendwie bei die Freude dieser Bootsfahrt passte. Ich dachte auch dass wenn ich gleich mitten ins Geschehen eindringen würde, ohne große Einleitung, dass das den Leser gleich mitreißen könnte.

 

Ja, finde ich auch. Und ich sehe, dass die reimlosen Verse dir liegen. Probiere ruhig mal aus, wie es läuft, wenn du zwar im Metrum bleibst, aber sprachlich mehr Freiheit hast. Auch die Kadenzen, also weibliche bzw. männliche Endungen der Verse, könntest du frei variieren. Die nicht in Strophen gegliederte Versform, bei der sich ein Vers an den nächsten reiht, nennt man übrigens stichisch. 

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Wieder eine sehr hilfreiche Erklärung, @Claudi. Super!

Danke auch für die Wikipedia Links, da schau ich doch gleich mal rein.

Jetzt versteh ich: die Regel (die mir auch einen Anhaltspunkt gibt) wäre dann das Metrum das man beibehält und welches dem Gedicht Struktur und Rhythmus gibt, ohne jedoch den Reim unbedingt zwingend zu machen. Sehr interessant!

Schon wieder was bei gelernt! Danke!

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Ach ja, es gibt auch ungereimte strophisch gegliederte Formen. Ich gebe dir mal ein längeres Beispiel aus Heinrich Heines Atta Troll. Da siehst du, dass er häufig am Versende auch Wörter verwendet, die einen Reim gar nicht möglich machen, aber sehr ausdrucksstark sind:

 

Rings umragt von dunklen Bergen,

Die sich trotzig übergipfeln,

Und von wilden Wasserstürzen

Eingelullet, wie ein Traumbild,

 

Liegt im Tal das elegante

Cauterets. Die weißen Häuschen

Mit Balkonen; schöne Damen

Stehn darauf und lachen herzlich.

 

Herzlich lachend schaun sie nieder

Auf den wimmelnd bunten Marktplatz,

Wo da tanzen Bär und Bärin

Bei des Dudelsackes Klängen.

 

Atta Troll und seine Gattin,

Die geheißen schwarze Mumma,

Sind die Tänzer, und es jubeln

Vor Bewundrung die Baskesen.

 

Steif und ernsthaft, mit Grandezza,

Tanzt der edle Atta Troll,

Doch der zott'gen Ehehälfte

Fehlt die Würde, fehlt der Anstand.

 

Ja, es will mich schier bedünken,

Daß sie manchmal cancaniere,

Und gemütlos frechen Steißwurfs

An die Grand'-Chaumière erinnre.
 

Auch der wackre Bärenführer,

Der sie an der Kette leitet,

Scheint die Immoralität

Ihres Tanzes zu bemerken.

 

Und er langt ihr manchmal über

Ein'ge Hiebe mit der Peitsche,

Und die schwarze Mumma heult dann,

Daß die Berge widerhallen.

 

Dieser Bärenführer trägt

Sechs Madonnen auf dem Spitzhut,

Die sein Haupt vor Feindeskugeln

Oder Läusen schützen sollen.

 

Über seine Schulter hängt

Eine bunte Altardecke,

Die als Mantel sich gebärdet;

Drunter lauscht Pistol und Messer.

 

War ein Mönch in seiner Jugend,

Später ward er Räuberhauptmann;

Beides zu verein'gen, nahm er

Endlich Dienste bei Don Carlos.

 

Als Don Carlos fliehen mußte

Mit der ganzen Tafelrunde,

Und die meisten Paladine

Nach honettem Handwerk griffen –

 

(Herr Schnapphahnski wurde Autor) –,

Da ward unser Glaubensritter

Bärenführer, zog durchs Land

Mit dem Atta Troll und Mumma.

 

Und er läßt die beiden tanzen

Vor dem Volke, auf den Märkten; –

Auf dem Markt von Cauterets

Tanzt gefesselt Atta Troll!

 

Atta Troll, der einst gehauset,

Wie ein stolzer Fürst der Wildnis,

Auf den freien Bergeshöhen,

Tanzt im Tal vor Menschenpöbel!

 

Und sogar für schnödes Geld

Muß er tanzen, er, der weiland,

In des Schreckens Majestät,

Sich so welterhaben fühlte!

 

Denkt er seiner Jugendtage,

Der verlornen Waldesherrschaft,

Dann erbrummen dunkle Laute

Aus der Seele Atta Trolls;

 

Finster schaut er wie ein schwarzer

Freiligräthscher Mohrenfürst,

Und wie dieser schlecht getrommelt,

Also tanzt er schlecht vor Ingrimm.

 

Doch statt Mitgefühl erregt er

Nur Gelächter. Selbst Juliette

Lacht herunter vom Balkone

Ob den Sprüngen der Verzweiflung. – –

 

Juliette hat im Busen

Kein Gemüt, sie ist Französin,

Lebt nach außen; doch ihr Äußres

Ist entzückend, ist bezaubernd.

 

Ihre Blicke sind ein süßes

Strahlennetz, in dessen Maschen

Unser Herz, gleich einem Fischlein,

Sich verfängt und zärtlich zappelt.

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Danke @Claudi für dieses sehr schöne Gedicht. Das öffnet mir jetzt wieder ganz neue Horizonte. Ich erkenne hier den gleichen Rhythmus wie in meinem Gedicht, und das passt auch gut bei den Tanz, aber Heine kann viel stärkere Wörter benutzen da der Reimzwang aufgehoben ist. Das gefällt mir!

Deine Hilfe ist unschätzbar!

LG, Jacques

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