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Max Hayek ~ Der Gefangene


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Geschrieben am

Der Gefangene

Nicht hinter Stäben saß der, den ich meine:

Er ging so frei wie ihr im Sonnenscheine

Und sah die Wolken so wie ihr im Blauen -

Hinschweben und erfreute sich am Schauen!

 

Die Blumen und die Farben und die Sterne

Die hatt' er, wie nicht jeder von euch, gerne,

Und wußte auch dem Leide zu begegnen

Und blinde Torheit einsichtsvoll zu segnen.

Das war es nicht: er fand, es wär' die Erde.

 

Max Hayek (1914)

Music: Olegg Kyrylkovv

Bild/Rezitation: Uschi Rischanek

  • Gefällt mir 1
Geschrieben

Hallo Uschi,
es gibt viele Arten von Gefangenschaften, aber solange man nicht die Freiheit verliert sich an "Blumen und Sternen" zu erfreuen und sei es nur in der Erinnerung, bleibt einem die Erde als Heimat.
Berührender Text, danke fürs Nahebringen und LG
Perry

  • Danke 1
Geschrieben

Liebe Uschi 

 

vor 6 Stunden schrieb Uschi Rischanek:

Nicht hinter Stäben saß der, den ich meine:

Er ging so frei wie ihr im Sonnenscheine

Und sah die Wolken so wie ihr im Blauen -

Hinschweben und erfreute sich am Schauen!

 

Das heißt für mich: Er war wie ich und Du, ein freier Mensch und doch irgendwie gefangen, wie der Titel des Gedichtes zeigt. Gefangen vermutlich in der Zeit, in der Vergänglichkeit. 

vor 6 Stunden schrieb Uschi Rischanek:

Die Blumen und die Farben und die Sterne

Die hatt' er, wie nicht jeder von euch, gerne,

Und wußte auch dem Leide zu begegnen

Und blinde Torheit einsichtsvoll zu segnen.

Er kennt die Schönheit der Welt, hat Wünsche und Hoffnungen,  kennt die Höhen und Tiefen des Lebens und macht sich Gedanken. 

vor 6 Stunden schrieb Uschi Rischanek:

Das war es nicht: er fand, es wär' die Erde.

Der zentrale Punkt, die Conclusio. Aber was ist damit gemeint? Das Erdenbürgersein, unser Gastspiel auf Erden?

 

Sehr schöner Text, der mir doch ein Rätsel aufgibt. 

 

LG Herbert 

  • Danke 1
Geschrieben

@PerryHallo Perry, ich habe ja schon einiges von diesem Poeten hier veröffentlicht. Dieser Text war aus einer möglicherweise unbestimmten Sehnsucht, wonach auch immer, entstanden. Er war 32 Jahre alt, wenn ich mich nicht verrechnet habe, als er das schrieb. Ich finde sein Leben, seine ganze Lebensgeschichte so be- und anrührend.  Habe dieser Tage das kleine Büchlein aus der Reihe 'Europa 2go' bekommen, wo seine Texte, Betrachtungen, Parabeln aber auch Gedichte unter dem Titel 'Reisen wir nach Utopia' vom Anthea Verlag neu veröffentlicht wurden. Er war, wie viele andere seiner Zeit ebenso, ein Visionär und im Denken schon weit voraus, entgegen aller Konventionen aber auch Empfehlungen.
Danke fürs Reflektieren!


@Herbert KaiserLieber Herbert, ein Kurzabriss seiner Bio: Max Hayek wurde 1882 in Birnbaum bei Lundenburg als Kind von Leopold und Ernestine Hayek geboren. Er studierte in Wien und war später als Korrespondent für englische und französische Zeitungen tätig. Von 1918 bis 1923 war er mit der Malerin und Grafikerin Sascha Kronburg verheiratet. Während des Zweiten Weltkrieges war er in der Kaserne Dossin in Belgien inhaftiert und wurde laut einer Deportationsliste am 19. Mai 1944 mit dem Transport XXV von Malines nach Auschwitz-Birkenau deportiert.
Im ersten Vers, erinnerte es mich an Rilkes 'Panther' oder Grete Weissmanns 'Der Gorilla', sein Gefühl des Gefangenseins, auf welche Art und Weise auch immer, ist recht deutlich reflektiert wie du ganz richtig bemerktest.
Im zweiten Vers mit den Blumen und der Schönheit und dem Gedanken - blinde Torheit einsichtsvoll zu segnen - vielleicht eine Art 'Abrechnung' mit wem auch immer.

Am 11.April diesen Jahres, ist ein Buch in englischer Sprache erschienen, dass 9 Gefangene Poeten, zum Inhalt hat. Max Hayek ist einer von ihnen. Der Titel ist, 'Nine Holocaust Poets' features the work of both Christian and Jewish poets whose lives were severely impacted by the Holocaust either through imprisonment in ghettos or concentration camps, or being forced into exile due to their political or religious beliefs. The author's featured in this work are Dietrich Bonhoeffer (1906-1945), *Max Hayek (1882-1944)*, Max Herrmann-Neiße (1886-1941), Gertrud Kolmar (1894-1943), Else Lasker-Schüler (1869–1945), Selma Meerbaum-Eisinger (1924-1942), Miklós Radnóti (1909-1944), Marianne Dora Rein (1911-1942), and Ilse Weber (1903-1944). Several of them were able to write specifically about their experiences while imprisoned, while others did not have that opportunity. These poets capture the meaning of the difficult times they lived in words that are still worth reading, and offer readers a warning to guard and protect their freedoms in difficult political times.

Die letzte Zeile dieses Gedichtes ist die Quintessenz von alledem, sein ganz persönliches Reflektieren - schon damals!
Der liebe Max Hayek, als hätte er es schon 1914 geahnt oder kommen sehen.

Danke für dein Befassen lieber Herbert!
PS: Es war lediglich ein Vorschlag meinerseits einer möglichen Symbiose, ich habe dies schon einigemale mit lieben Poetenfreunden gestaltet. Alles kann, nichts muss!🌹

Dankeschön auch dir und schönen Wochenstart!

 

Ebenso ein Danke @Guenkfürs Hiersein - die Alten Meister sind mitunter auch ein wenig anspruchsvoll, daher freut es mich immer ganz besonders, wenn auch ihnen ein kleines bisschen an Beachtung geschenkt wird. 😉 
LG Uschi

  • in Love 1

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