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Der Medikamentenakzessist - Ein Drama

Akt 1 – Der Abendmonolog

 

„Ich kannte die Gründe der Lehre.
Ich schätzte die Mittel und Kraut.
Auch wenn ich das Heilen beschere.
So war ich dem Heilen vertraut.
Ich schätzte die Kräuter und Wiesen.
Die Eibisch und Salbei dazu.
Verdankte den Säften ich diesen.
Der feinsten der Mutternatur.
Ich mochte nur heilen und lehren.
Und schien mir die Krafte verbraucht.
Ich mochte mir Frieden begehren.
Die Ruhe im Abend, durchlaucht.
Wie viele die Lehre verkannten.
Und wurde mir Sorge auch groß.
Ich suchte den Frieden genannten.
Doch ließen die Geister nicht los.
Ich las und erkannte die Schriften.
Auf Griechisch. Und Tschechisch. Latein.
Und schienen die Wörter vergiften.
Und wogen und säumten mich ein.
Bereu‘ ich das Lehreverwerfen.
Sodass ich den Drogen verfiel.
Und scheint das Opium schärfen.
Die Sinne vergess‘ ich als Ziel.

Ich schätze den Rausche als Norme.
Sodass ich dem Leben entflieh‘.
Ein Hauch vom süß‘ Chloroforme.
Durch ihn ich die Kräfte bezieh‘.
Ich brauche und hasse die Mittel.
Und scheint mir das alles bedacht.
Ich hasse das Blute am Kittel.
Vergess‘ ich nicht Gródek bei Nacht.
Das Schreien der Raben und Männer.
Und waren selbst Herzen gestillt.
Erstarrten die Länder seit Jänner.
Um Blute des Leidens im Bild.
Ertönten am Abend die Haine.
Im Herbste das Sterben gelegt.
Die Waffen zum Töten alleine.
Die Krieger versterben entwegt.
Das Golde erstrahlte mir eben.
Sodass auch die Sonne ertrinkt.
Im Morgen und Seen im Leben.
Bevor auch der Letzte versinkt.
Bevor hier nicht alle erbleichen.
Und sammelt die Toten der Grund.
Die rötlichen Wolken verstreichen.
Zerbrochene Wogen im Mund.
Man könnte die Spuren hier lesen.
Durch Blute und Kühle vom Mond.
Die Straßen erscheinen verwesen.
Durch Morden, das unser belohnt.
Und während ich leide und schweige.
Verfallen die Sterne im Gold.
Verhängen die Erde die Zweige.
Bekommt man fürs Töten den Sold.
Und glichen die Schatten der Schwester.

Und zogen durch schweigendes Feld.
Die Gruben und Waffen noch fester.
Und ändern den Blick auf die Welt.
Verneigten die Pfade die Träge.
Wie schienen die Orte hier klamm?
Verstarben und bluteten Wege.
Und weinte und rannte der Schlamm.
Wie grüßen die Geister die Helden.
Die Kugeln zerschlagen das Haupt.
Es gibt keine Güte zu melden.
Wir scheinen den Enkeln beraubt.
Wir sind nur die Mörder, die kamen.
Und stahlen dem Säer das Brot.
Auch wenn wir die Weizen dann nahmen.
So brachten wir Menschen den Tod.“

 

Ende des ersten Aktes.




Der Medikamentenakzessist - Ein Drama

Akt 2 – Die Gehängten

 

Durchdrangen die Stille die Schreie.
Und barsten die Kugeln im Herz.
Erstürmte das Zimmer ein Laie.
Verzog ihm Gesichte der Schmerz.
Er kannte und wusste das Leiden.
Gar dieses, das Trakl befiel.
Der Junge erschien ihn zu meiden.
Da Trakl dem Kummer verfiel.
Zwei Tage und Nächte er suchte.
Zu retten Soldaten im Schein.
Sodass er im Zorne verfluchte.
Den Oberst, er ließ ihn allein.
Er wollte die Männer versorgen.
Doch fehlte gewiss der Verband.
So starben die Krieger im Morgen.
Im Mittag und Abend. Im Land.
Den Raume bedrängte ein Schimmer.
Und sprach dann der Junge erpicht:
„Der Kriege und Kampfe wird schlimmer.
Und enden wird dieser auch nicht.“
„Mir fehlen zum Heilen die Mittel.
Und endet die Drogenration.
Erst heute verstarb mir ein Drittel.
Und sterben mir weitere schon.

Der Kriege, er kennt nichts gerechte.
Und ist er wohl auch kein Bukett.
Ich kenne das Leben, das echte.
Und nennt man den Ort ‚Lazarett‘.“
„Ich schätze das Ihre Bemühen…“
„Obwohl auch das Mühen nichts bringt?“
„Sie nähten mein Arme im Frühen…“
„Wobei es nicht immer gelingt.
So bist du gekommen, was schiene.
Ich brauche und schätze kein Dank.
So ist halt die Arbeit, ich diene.
Verwerf‘ ich das Sterben und Krank.
So bist du mir einfach erschienen.
Ich brauche und schätze kein Lohn.
Ich sehe seit Stunden nur Mienen.
Die bluten und weinen mir schon.
Ich sehe das Flehen und Bitten.
Auch wenn es beim Bitten verbleibt.
Die Tode erscheinen beschritten.
So bin ich, der Tote beschreibt.
Ich müde davor es zu schreiben.
Des Zeitpunkt des Sterbens? Motiv?
Erschossen? Verhungert im Treiben?
Warum mir der Manne entschlief…?“
„Ich wollte und muss Ihnen zeigen.
Den Schrecken, der Wälder befiel.
Inmitten von Hainen und Zweigen.
Das wahrlich‘ abscheuliche Spiel.“

Trakl und der Laie verließen das Zimmer
und betraten den Wald. Der Laie zeigte
mit seinem Finger auf die Bäume.

„Wie sehen Sie Schrecken in Bäumen?
Man hat hier die Menschen gehängt.
Ich konnte vom Unheil nicht träumen.
Das Gute, es scheint hier verdrängt.
Der Kriege, er kennt nicht mal Gutes.
Man tötet und mordet im Drang.
Die Böden, sie nähren des Mutes.
Und scheinen die Nächte mir lang.“
So hingen die Toten an Ästen.
Und wehte der Winde durchs Haar.
Die Schreie der Raben aus Westen.
Was Zähren in Augen gebar.
„Wie hängen die Toten im Bunden.
So grausig erscheint hier die Kunst.
Laut Flecken, sie hängen seit Stunden.
Durchnässte die Häute der Dunst.
Wie hängen die Todesgequälten.
Im Grame der Stille, du siehst.
Auch wenn wir die Sünde erwählten.
So bleibt auch der Mensche ein Biest.
Wie säumen die Menschen die Krone.
Die Augen durch Krähen zerpickt.
Und hängen die Ärmsten wohl ohne…“
Die Stimme des Dichters erstickt.
Dem Manne, ihm kamen die Tränen.
Als sah er ihm Baume den Tod.
Es waren die einsten Ruthenen.
Gar welchen das Sterben gebot.

 

Trakl erlitt an dieser Stelle einen
Nervenzusammenbruch und verschwand
in einem höllischen Anfall wieder in seinem
Raum. Dort zog er aus seinem Schreibtisch
einen geladenen Revolver, den er aus
Verzweiflung, Selbsthass und einem Hauch von
Ermüdung an seine Schläfe setzte, die Waffe durchlud
und seine Wort sprach.

 

„Nun bist du Zeit mir gleich vorüber.
Ich bin es leid, ein Mensch zu sein.
Ich seh‘ die Freude immer trüber.
Durch sterben, weichen und den Pein.
Ich bin erschöpft dem Land zu dienen.
Leb‘ wohl, du Ungarn-Österreich.
Der Tage ist mir auch erschienen.
Leb‘ wohl, ich weiche dir wohl gleich.
Leb‘ wohl du Schwester, liebste Grete.
Wer nimmt der Sünde unser Schuld?
Mein Mädchen bist du, der ich flehte.
Dass du umarmst die liebste Huld.
Mein Mädchen warst, das mir verflogen.
So bleibt mir nichts. Als jener Hauch.
Du gabst mir Halt in schweren Wogen.
Ich seichten Zeiten du mir auch.
Und küsst der Tode mir die Lippen.
Oh, fürchte dich, mein Engel, nicht.
Inmitten Toten und Gerippen.
Vollbring‘ und leite ich das Licht!“

 

In diesem Moment wurde die Tür unverhofft
aufgerissen und Trakls Kameraden stürmten
beim Anblick das Zimmer und verhinderten
seinen Selbstmord. Er wurde noch in derselben
Nacht ins Krakauer Militärhospital gebracht.

 

Ende des zweiten Aktes.




Der Medikamentenakzessist - Ein Drama

Akt 3 – Das Kokain

 

Die Ruhe umsäumte die Erne.
Und lagen die Stunden gesenkt.
Im Himmel verblinkten die Sterne.
Sodass sich das Bilde verhängt.
Inmitten vom Leidengefilde.
Da wachte der Manne im Bett.
Die Augen verlogen die Milde.
In Lampen verbrannte das Fett.
Die Blicke, sie suchten, belauschten.
Die Stille der Wande zur Wand.
Er wollte, dass Sinne berauschten.
Wobei er die Droge nicht fand.
Versank er im wahrlichen Zittern.
Und tobte und tobte sein Haupt.
Die Stunde, sie mochten verbittern.
So wurd‘ er dem Rausche beraubt.
Auch schien er eilend zu denken.
Und hat er Gedanken verdacht.
Er wollte Betäubung sich schenken.
Sein Zimmer erschien nicht bewacht.

 

Trakl öffnete seine Zimmertür und
verließ das Krankenzimmer unbemerkt.

 

Erschien auch der Manne verstreichen.
Und eilte und eilte verlegt.
Die Schritte, sie glichen dem Schleichen.
Sein Herze. Und trieb es erregt.

 

Der Mann erreichte den Raum, im
welchen Medikamente gelagert wurden.
Er schaute sich ängstlich um und seufzte.

 

Er mochte im Drange verharren.
Sodass ihm die Suchte vertrieb.
Die Glieder, sie wollten erstarren.
Und wurde der Dichter zum Dieb.
So stand er vor diesigem Zimmer.
Wo wurden die Mittel bewahrt.
Zerbrach er die Tür im Gewimmer.
Sodass er auch dieses betrat.
Er mochte nun beten im Danke.
Und auch er die Arme erhob.
Empfing ihn der offene Schranke.
Sodass er Phiole sich schob.
So hat auch er diese umgriffen.
Und leerte sie wahrlich im Zug.
Das Herze versagte bekniffen.
Somit auch die Flasche zerschlug.
Das Sterben nicht friedvoll erschiene.
Sodass er dem Rausche erlag.
Es war wohl das reinst‘ Kokaine.
Was kostet vom Herze den Schlag.

 

Ende des dritten Aktes.


Bei Pruggern begonnen, bei Erfurt beendet.
Am 28.08.2024 geschrieben.
Aus: "Zwischen Thermen und Vogelschwärmen"

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