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Geschrieben am

DER WOLFSWITWER (ODER: VEUF DE LOUP)
Akt 2. Die Entwicklung
Zum ersten Teil: Hier

Magnolienblätter. Sie rauschten wie Regen.
Und fielen zu Boden. Wie Tränen geweiht.
Die Kirchen und Länder, sie wollten verlegen.
Doch schwand in dem Orte gewisslich die Zeit.
Auch ruhte die Bode vielleicht mit Bedrücken.
Vertiefte sich alles. Im Herbst und Geklang.
Erschien wohl das Sterben auch näher zu rücken.
Weil scheinbar der Winde ein Sterbenslied sang.

Wie hauchte der Winde. Vielleicht was von Liebe.
Doch passte die Liebe. Nicht sehr in das Bild.
Denn schien es verlassen. Kein Mensche verbliebe.
Und trotzdem war alles. Im Grunde gestillt.
Versank auch im Trüben. Recht schwer die Gemeine.
Wie glomm in dem Nebel. Der Turme. Der sprach.
Verschlang dieser Dunste. Die Kirche alleine.
Sodass wohl der Glauben vielleicht auch zerbrach.

So schlugen die Glocken. Und trieb so die Note.
Verneigte die Stille. Und bebte sie schwach.
Verfielen die Blätter. Sie schwiegen wie Tote.
Und glänzten so goldig. Selbst Tage danach.
Es war doch, als wär‘ schon das Blattgold gefallen.
So glomm es doch gütig. Vielleicht in dem Schein.
So schien auch die Altstadt. Darin sich zu malen.
Und wog sich das Leben. Vielleicht auch allein.

So standen die Häuser. Recht Mauer an Mauer.
Im Grunde auch. Lieblich. Fassadengeengt.
Verhing und verblühte die Freude durch Trauer.
So war auch das Leben im Leben ertränkt.
So stand auch ein Hause. Im Grunde verlassen.
Die Fenster zerbrochen. Durch Zeiten und Flug.
Seit Jahren es stand. Und schien zu verblassen.
Sodass selbst der Efeu den Stein wie beschlug.
 
Doch hingen an Fenstern vielleicht die Gardienen.
Mit Flecken bedeckt. Durchlöchert. Und blass.
Die Möbel zerfleddert. Wie diese auch schienen.
Sodass man das Leben hier wahrlich vergaß.
Die Standuhr, sie wurde. So scheinbar zerbrochen.
Im Raume, da lagen bloß Scherben. Verwegt.
Wie drückte die Stille. Man hat nicht gesprochen.
So hatt‘ sich der Schimmel schlussendlich gelegt.

Und hingen Tapeten an Decken und Wänden.
Der Putze zerfiel. So trostlos und kalt.
Es gab hier bloß Kälte. So wahr in Beständen.
Wie saß dort im Stuhle. Ein Mann. Die Gestalt.

Gehüllt in den Leinen. Was ihm bloß verbleibe.
Inmitten von Leere. Er saß bloß recht stumm.
So saß er inmitten. Von Schutt und Geschiebe.
Zerbrochen. Vermodert. War alles herum.

So war auch das Bette. Vom Schimmel befallen.
Und Maden, sie krochen. Sie nährte sein Blut.
Dann seufzte der Alte. Und stöhnte durch Hallen. 
So lag in dem Zimmer. Der Tod wie der Sud.
Die Dunkelheit kroch. Um Licht auch zu nehmen.
Die Schwärze, sie griff. Und nahm jedes Sein.
Sie löschte, verschlang. Ganz ohne Beschämen.
Und ließ dann zurück. Im Raum wilden Wein.

So dienten die Reben und Beeren als Gesten.
Bekam er vom Tode ein Setzling geschenkt.
Und wenn er verstirbt. Bekommt er die nächsten.
Damit doch sein Sohne dem Vater gedenkt.
Verstarb seine Frau. Bekam er die Samen.
Die schienen durchs Fenster am Ende geweht.
Benannt‘ er die Pflanze nach ihrigem Namen.
Doch ist das die Liebe, die niemand versteht.
 
Er dachte, es sei bloß. Ein Beistand zur Beute.
Die Nachsicht des Todes. Dass er sie bloß nahm.
Die Nachsicht des Todes, dass er das bereute.
Dass er doch so tückisch ins Leben wohl kam.
Als zeigte der Tode schlussendlich die Reue.
Als ob er bereute. Was schließlich er tat.
So schenkte er scheinbar die Beeren. So bleue.
Und wünschte Vergebung mit diesiger Saat.

So saß dieser Mann im Stuhle recht trunken.
Recht bieder erschien er. Und fürchterlich schwach.
So war er wohl auch. Im Halbschlaf versunken.
Da war er die Tage. Und Nächte schier wach.
Verlor‘ er so spärlich tagtäglich schein Leben.
Denn war er doch leider. Im Grunde dement.  
Doch fehlte dem Greiße auch recht das Bestreben.
Und merkte er gar nicht. Sein Herze verbrennt.

Er wusste und kannte. Die Frau war verblichen.
Vergaß er das täglich. Zum Abend. Und Nacht.
Er hatt‘ sich erhoben. Und ist dann geschlichen.
Und hatt‘ seiner Frau. Das Essen gemacht.
Dann lief er so träge. Zur ihr in das Zimmer.
Und stellte der Blinde. Das Essen auch ab.
Doch, was er nicht sah. Im trostlosen Schimmer.
Dass wurde das Bette zu spärlichen Grab.

Da lag seine Frau. Verstorben. Im Kissen.
Verweste die Arme. Und wurde zersetzt.
Und wurde die Haut vielleicht so zerrissen.
Gerann auch das Blute. Durch Leiden verletzt.
Wie wurde die Haute an Stellen zerfressen.
Von Maden und Würmern, die trieben betucht.
Es glänzten die Knochen mit ihrem Bemessen.
So wurde das Leben inzwischen verflucht.

Die Motten verflogen. Und Käfer. Sie trieben.
Der Schädel. Er glänzte. Zum Teil das Gebiss.
Durch Flecken erschien die Haut wie beschrieben.
Sodass das Entweichen die Haare auch riss.
Die Augen, sie starrten. Im Scheine verblichen.
So trüblich und weiß. Sie blickten zur Wand.
So war dieses Leben. Ihr schaurig entwichen.
Sodass auch ihr Manne sie leider nicht fand.

Er dachte, sie lebe. Und schlief‘ bloß mit Tiefe.
Doch wegen der Blindheit. Er leider nichts sah.
So dachte er wirklich. Sie unentwegt schliefe.
So bittertief ruhig. Und lieblich. Wohl klar.
Wie stehen auch die Teller. So Reihe in Reihe.
Verweste das Essen. Bereits wohl auch hier.
Es gab weder Hoffnung im Sterben. Noch Weihe.
Doch brachte das Leben das Unheil so schier.

„Ich brachte dir Essen. Mein Mädchen. Du Liebe.
Und schläfst du noch weiter. Ich halte die Wacht.
Ich kenne die Treue. Mein Engel. Und Triebe.
Ich bleib‘ für immer. Am Tag und die Nacht.
So bleiben wir ewig. Im Grunde. Für immer.
Ich weiß, dass du lebst. Uns trennt nur der Tod.
Mein Mädchen. Wie schläfst in diesigem Zimmer.
Ich halt‘ das Versprechen. Mein Liebes. Gebot.“

Der Manne, er ging. Mit schwankendem Schritte.
Und setzte sich nieder. Und seufzte vertraut.
Doch niemand erhörte. Das Flehen. Trotz Bitte.
Und ächzte und ächzte. Erneut ziemlich laut.
Nicht weit von dem Hause. Erschien jener Manne.
Und lief durch den Regen. Der setzte wohl ein.
Er stieg auch soeben. Recht rasch aus der Bahne.
Er schaute und schaute. Erkannte sein Heim.

Dann lief er auch weiter. Vom Mantel umschlungen.
So prallten die Perlen vom Leder auch ab.
Wie sind seine Schritte durch Regen verklungen.    
Verstarben die Straßen. Und glichen dem Grab.
In jeglicher Ferne. Dort bellten bloß Hunde.
Und jaulten vor Schmerzen. Getrieben in Pein.
Als nannte den Namen des Peiners der Munde.
Verklang doch dann alles. So wog ihn der Schein.

So kam dieser Manne dem Hause recht näher.
Verschwammen die Straßen wie Tinte so nass.
Er schaute und schaute. Als wär‘ er ein Späher.
Und klopfte aufs Holze der Türe recht blass.
Bemerkte er schließlich. Die Türe stand offen.
Sodass er das Zimmer mit Zögern betrat.
Versank nun der Sohne in Reue. Und Hoffen.
Erblickte den Vater. Schwer atmend. Im Bad.

Der Vater, er hörte das Knirschen der Schritte.
Er schaute sich um. Verblieb‘ wie erstarrt.
Ihm fiel von den Lippen die herzlichste Bitte.
Er blickte und blickte. So reglos verharrt.
„Ist nun mein Sohne nach Hause gekommen?
Das nach den Jahren. Und das nach der Zeit?
Hab‘ ich die Schritte vertraut recht vernommen.
Tut mir der Fehde mit dir schließlich leid.

Ist diese Schulde. Ich schwöre. Schwer meine.
Hab‘ ich die Aufsicht und Pflicht so verletzt.
Starb wegen mir. Die Tochter wohl deine.
Hab‘ ich die Enkelin. Ich denke geschätzt.
Starb wegen mir. Die Enkelin im Becken.
Starb wegen mir das deine Vertrauen.
Kann ich die Tränen jetzt nicht mehr verstecken.
Kann ich in Augen, die deine nicht schauen.

Ist wegen Nachsicht und Dummheit ertrunken.
War ich so dumm und hab’s nicht bemerkt.
Ist auch mit ihr mein Herz auch versunken.
War sie das Mädchen, das hat mich bestärkt.
Gab‘ sie mir Treue und Beistand und Wärme.
Gab‘ sie mir immer ein Lächeln und Grund.
War sie die Süße… Von der ich so schwärme.
Bleibt auch mein Leben. So triste. Und wund.

Bringen die Klagen ihr auch doch kein Leben.
Starben wir alle. Durch mich an dem Tag.
Willst du mein Sohne? Mir einfach vergeben?
Da weiß ich nun einfach, dass ich bloß versag.
Ich glaube, du bist nicht da. Hier im Raume.
Ich bilde dein Dasein. Ich denke nur ein.
Ich glaube, ich rede. Verwirrt wie im Traume.
Denn bin ich im Hause. Ich schätze allein.

Er hat keinen Vater. Und ich keinen Sohne.
Ich hab‘ auch kein Leben und Sinne, der gibt.
Ich wünschte, das Schicksal mich einmal verschone.
Denn hab‘ ich die Tochter. Die Enkelin geliebt.“
Versanken die Erden so scheinbar noch trüber.
Denn ließ dieser Sohne den Vater in Stich.
Er lief und auch eilte. An ihm still vorüber.
Sodass er behände. Ins Zimmer auch schlich.

Er sah seine Mutter. Im Bette schlicht schlafen.
Er suchte im Dunkeln so blind jenen Schrank.
So fand er auch diesen. Und griff nach den Waffen.
Die er dann so prüfend in Händen auch schwang.
Er steckte in Taschen die Waffen und Dinge.
Und lief dann zur Toten. Sein Haupte geneigt.
Und küsste mit Ehrfurcht den schäbigen Ringe.
Der hing an dem Finger. Und Leben verschweigt.

Er sah seine Mutter. – Die sterbliche Kranke.
Und küssten den Ringe aus Liebe erneut.
Erhob sich der Junge. Und flüsterte: „Danke.“
Wodurch sich sein Herze. Das Kalte erfreut.
Verließ er das Zimmer. Mit jenem Beschleichen.
Betrat er den Raume. Wo Vater auch saß.
Der Manne begann sein Kinne zu streichen.
Ertrank er auch sichtbar in Rache und Hass.

Er sah diese Schwärze. Ein Schatten erschiene.
Aus Ziegeln errichtet. Gebaut nach dem Maß.
Der Manne, er hockte bereits vorm Kamine.
Und ließ dann entweichen. Das tödliche Gas.
Wie eilte der Junge. Im Grunde verhohlen.
Er stand an der Türe. Und rannte hinaus.
Er hat‘ seinen Vater. Den Vater bestohlen.
Und ließ als Versöhnung das Gase auch raus. 

Dann rannte er weiter. Die Schritte verliefen.
Und klatschten und küssten den nassen Asphalt.
Die Linden. Sie standen. Und mochten vertiefen.
So stand auch die Kirche. In müder Gestalt.
Erreichte er schließlich. Vielleicht ein Gebäude.
Und lief dann im Grunde. In dieses hinein.
Bedeckte seine Herze. Vielleicht eine Freude.
Denn konnte er schließlich in diesem auch sein.

Er schaute sich um. Und sah. Wohl das gerne.
Er hörte in Stille. Ein Mädchen, das sprach.
So stand dieses Mädchen. Mit Lehrer im Erne.
Und sagte der Lehrer mit Kummer danach.
„Im Walde, da wurde ein Manne erschossen.
Und du hast das Ganze. Im Grunde gesehen?“
„Es wurde das Blute. Vom Manne vergossen.
So kann ich den Grunde. Gewiss nicht verstehen.“

„Ich glaub‘, ich verstehe die Sorgen und Noten.
Warum es dir wirklich so schlechte nun geht.
Du sahst einen Mörder. Und letztlich ein Toten.
Das hat auch das Leiden ins Herz dir gesät.
Ich bin für dich da. Du Mädchen. Und Liebe.

Doch sahst du den Mörder? Das seine Gesicht?
So ist das ein Punkte, der uns wohl verbliebe.
Damit er dann landet. Recht früh vors Gericht.“

Der Manne. Er hörte. Mit Angst und Erregen.
Und griff in die Jacke. Und zog rasch die Glock.
Er mochte dann schließlich den Schlitten bewegen.
Und schoss in den Lehrer. Der starb in dem Schock.
Durchbrach dann beim Schießen am Ende der Schädel.
Der Täter. Er lief dann. Zum Mädchen geeilt.
Umgriff er die Hände. Und sprach mit dem Mädel.
Die Stimme. Sie knarzte. Und raute geteilt.

„Saßest du beim Töten im Wald mein Gesichte?“
„Nein, sah ich nichts.“ Sie hauchte das leer.
„Sah ich dort nur… – Die Leiche im Lichte.
Ich sah die Tote. Und dann wohl nichts mehr.“
„Weiß ich den Freimut. – Am Ende zu lieben.
Und Asche zu Asche. Und Erde zu Staub.
Ich schätze die Jugend. Ich bleibe getrieben.
Es tut mir so leid. Weil ich dir auch glaub‘.

Erde und Wahrheit. Das wirst du begrüßen.
Gibt es kein Leben. Gewiss ohne Raub.
Lag dir dein Leben. Vielleicht so zu Füßen.
Es tut mir so leid. Weil ich dir auch glaub‘…“
Nahm er die Waffe. Und schoss in die Stirne.
Sie fiel dann zu Boden. Gekleidet in Blut.
Erloschen die Augen. Mit ihr auch die Dirne.
Sodass sie dann lag. Am Boden. Im Sud.

Er griff nach dem Mädchen, das hat er geschändet.
Und riss von der Bruste die Kette. Die hing.
Doch hatt‘ er das Ganze vielleicht nicht beendet.
Sodass an der Leiche. Er sich dann verging…  

Berlin Biesdorf-Süd;
01.11.2024 / 02.11.2024

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Geschrieben

Hallo, Marc Donis

am Anfang der Geschichte dachte ich zuerst, an eine Begebenheit die sich kurz nach dem Krieg abspielt, den Untergang. Doch es handelte sich um Schuldgefühle, Rache, Schändung, Mord.
Um diese Fortsetzung weiterzulesen braucht man schon starke Nerven.

Sehr spannend geschrieben.
H.G
Josina

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