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Geschrieben am

Das Gedicht von Herbert Kaiser „Dein Nein zum Leben“ weckte Erinnerungen in mir.

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Suizid – Erinnerungen (Drabble)

 

2019 - ein paar Tage vor Weihnachten. Spätabends ein Anruf: „Frau B. könnten Sie bitte nochmal in die Firma kommen?“ „Was ist denn passiert?“ „Nicht am Telefon, können Sie kommen?“

 

Auf dem Weg zur Firma schossen mir tausend Gedanken durch den Kopf. Ob vielleicht schon wieder ein LKW vom Firmengelände gestohlen wurde?

 

Viele Menschen vor Ort – Seniorenchefs, Angehörige, Polizei. Der Juniorchef erhängte sich im Rohbaugebäude des neuen Bürokomplexes. Fassungslosigkeit, ich weine. Nachmittags unterhielten wir uns noch.

 

Einen Tag später befinde ich mich auf der Rettungsstation. Verdacht auf Herzinfarkt. Diagnose: Broken-Heart-Syndrom. Ich mochte meinen Juniorchef. Er wurde nur 50 Jahre alt.

  • in Love 1
  • Traurig 6
Geschrieben

Hallo Moni

 

Wie man sieht, schreibt das Leben solche Gruselgeschichten. Die genauen Gründe für die Verzweiflung wird man meist nicht erfahren. Man bleibt mit seinen Fragen und dem Schmerz in der Brust hilflos zurück. 

 

Ich hoffe,  dass du den Schock überwunden hast und das Leben wieder seinen normalen Weg gehen kann. 

 

LG HERBERT 

  • Danke 1
  • in Love 1
Geschrieben

@Herbert Kaiser Hallo Herbert,

 

mich hat es damals sehr belastet und ich brauchte eine Weile, um darüber hinweg zu kommen. Ich musste ein paar Tage im Krankenhaus bleiben und war aber froh, dass ich Weihnachten zu Hause im Kreise meiner Familie verbringen konnte.

 

Am 5.11.2024 um 23:10 schrieb Herbert Kaiser:

Die genauen Gründe für die Verzweiflung wird man meist nicht erfahren.

 

Fragen konnte ihn keiner mehr. Sein Suizid warf jedoch viele Fragen auf. Z.B: Warum erhängte er sich ausgerechnet in seiner eigenen Firma? Keiner wusste es aber ahnen konnte man so Einiges …

 

Am 5.11.2024 um 23:10 schrieb Herbert Kaiser:

Ich hoffe,  dass du den Schock überwunden hast und das Leben wieder seinen normalen Weg gehen kann.

 

Es ist fast 5 Jahre her und der Schock ist längst überwunden, was nicht heißt, dass ich nicht mehr daran denke.

Mein damaliger Kollege, der ihn erhängt gefunden hat, wird wohl dieses Bild nie wieder vergessen können.

 

LG

Moni

  • in Love 3
Geschrieben

Hallo zusammen, der Freitod ist vielleicht das letzte Tabu. 

Alles wird öffentlich beredet und zerredet, doch darüber schweigen die Medien fast immer. Es wird wohl ein Nachahmereffekt befürchtet. Denn viele Menschen fuehlen sich in auswegsloser Lage. 

Falls das Thema wie beim Suizid Prominenter dennoch aufgegriffen wird, werden Notrufnummern für etwaige Suizidgefährdete abgedruckt bzw. eingeblendet. 

Ich selbst mache mir Vorwürfe, dass ich einen vereinsamten an Parkinson erkrankten ehemaligen Kollegen im Gegensatz zu anderen, die das weiter schafften, zuletzt nicht mehr besucht hatte. Aber haette ich verhindern können, dass er sich vor die S-Bahn warf? In der Todesanzeige schrieb seine Schwester sinngemäß: Das Dümmste, was ein Mensch tun könne, sei, Hand an sich zu legen. 

Jetzt kommen viele Erinnerungen hoch - auch an andere, die ich kannte und doch so wenig (er)kannte. 

In gemeinsamer trauriger Verbundenheit

Stephan

 

 

 

 

 

Geschrieben

Hallo @Moni,

 

da ich der Reihe nach meine Hausaufgaben mache, lese ich deinen Post zuerst

und weiß somit, dass noch ein trauriger Text folgen wird.

 

Sich selbst das Leben zu nehmen ist ein Schritt, den zu gehen man sich nicht vorstellen kann

wenn man ein stabiler Mensch ist und sich fragt, wenn es plötzlich in seinem Umfeld einen Suizid gibt:

wieso habe ich DAS nicht gemerkt? Wieso hat er/sie nichts gesagt? Das sind Fragen auf die man nie eine Antwort bekommt

und manchmal sind Menschen mit suizidalen Gedanken sehr gute Schauspieler.

 

MfG

Monolith

  • Gefällt mir 2
Geschrieben
Am 2024-11-6 um 17:45 schrieb Monolith:

Hallo @Moni,

 

Sich selbst das Leben zu nehmen ist ein Schritt, den zu gehen man sich nicht vorstellen kann

wenn man ein stabiler Mensch ist und sich fragt, wenn es plötzlich in seinem Umfeld einen Suizid gibt:

wieso habe ich DAS nicht gemerkt? Wieso hat er/sie nichts gesagt? Das sind Fragen auf die man nie eine Antwort bekommt

und manchmal sind Menschen mit suizidalen Gedanken sehr gute Schauspieler.

Liebe Ella/@Monolith, selbst wenn suizidale Absichten geäußert werden, werden sie vom Umfeld oft als momentane Stimmungsschwankungen oder "dummes Gerede" abgetan. Motto: Hunde, die hellen, beissen nicht. 

 

LG Stephan

 

 

 

Geschrieben

Hallo @Wannovius  lieber Stephan,

 

ich glaube, dass würde auf den Kontext, das Gespräch ankommen.

Es sagt ja keiner einfach so aus heiterem Himmel dass er sich umbringt.

Und wenn es so wäre, würde das Gegenüber nicht nachhaken? Da reichte ja ein: Warum?

So empathielos kann ein Mensch ja gar nicht sein um den bellenden Hund zu überhören.

 

MfG

Monolith

  • Danke 1
Geschrieben

@Monolith Hallo Ella (darf ich dich so nennen?)

@Wannovius Hallo Stephan,

 

viel möchte ich über dieses Ereignis nicht öffentlich preisgeben, nur so viel, wie ich es moralisch vertreten kann. Manchmal ist es eine Kurzschlussreaktion. Aber ich denke, dass die meisten Menschen, die die Absicht haben, sich umzubringen, sich schon lange mit dem Gedanken vertraut gemacht haben. Diese Menschen kann man auch nicht mehr davon abhalten. Da müsste schon ein Wunder geschehen oder es müssten schlagartig Veränderungen stattfinden, die das Leben dieser Menschen wieder lebenswert machen.

 

Wenn ich an den Moment zurückdenke, als ich ihn am Nachmittag das letzte Mal lebend sah, bekomme ich jetzt noch eine Gänsehaut. Nichts war ihm anzumerken, als er sich verabschiedete. Vorher trank er noch mit Kollegen in der Halle Kaffee. Es muss seinerseits alles bis ins kleinste Detail geplant gewesen sein. Ich war die Letzte im Büro und schloss alles ab. Mein Mann holte mich von der Arbeit ab und half mir noch die Schranken zu schließen. M. muss es beobachtet haben und wartete so lange, bis sich niemand mehr auf dem Firmengelände befand.

 

Gefunden wurde er am selben Abend nur deshalb, weil er seinen Arzttermin nicht wahrnahm und telefonisch nicht erreichbar war. Sein Vater bat einen Kollegen, der in der Nähe von der Firma wohnte, zu schauen, ob M. evtl. noch in der Firma ist. Ansonsten hätten ihn seine Eltern, die immer zuerst in der Firma waren, am nächsten Morgen gefunden …

 

Liebe Grüße

Moni

  • Gefällt mir 1
  • Traurig 1
Geschrieben

Hallo @Moni,

 

ich gebe dir recht, dass der Mensch seinen suizidalen Gedanken oft schon über einen längeren Zeitraum mit sich trägt,

vielleicht sogar jahrelang, bis der finale Tag gekommen ist. Und ich bin auch der Meinung, dass der einmal gefasste Gedanke nicht umkehrbar ist.

 

Am 6.11.2024 um 12:36 schrieb Moni:

Hallo Ella (darf ich dich so nennen?)

 

Selbstverständlich - das darf jeder hier in dem Forum. So stellte ich mich seinerzeit hier vor.

Das ich ausschließlich mit Monolith einen Beitrag anschließe oder so mein Copyright ohne dem Ella setze

soll euch nicht daran hindern mich mit meinem Taufnamen zu grüßen/anzuschreiben.

 

MfG

Monolith

  • Gefällt mir 1
Geschrieben

Liebe Moni, in den vorangegangenen Kommentaren ist dieses sehr ernste und traurige Thema bereits ausführlich beschrieben worden und insgesamt stimme ich Allem zu. Beinahe jeder Mensch hat Erfahrungen im Familien- oder Bekanntenkreis machen müssen, wo es einen Freitod gab. Deine Gefühle kann ich so gut nachvollziehen, denn als mein Zwillingsbruder diesen Abschied wählte, konnte ich das lange nicht begreifen und habe mich immer wieder gefragt, warum hast du seine Seelenqualen nicht bemerkt? Jetzt sind schon viele Jahre vergangen und immer noch bleibt dieses WARUM?

Liebe Grüße von Rosa 🌹

Geschrieben

Liebe Moni,

 

es bleibt das Ereignis an sich, egal dabei wer ihn gefunden hat, wären es die Eltern gewesen, wäre es noch viel dramatischer abgegangen...

Solche Situationen sind immer für alle in der Umgebung befindlichen Menschen überaus belastend und man vergisst auch nicht was da passiert ist.

Ich habe im guten Bekanntenkreis einen Poetenfreund, dessen Sohn sich erhängt hat...
Viele Abende habe ich ihm beim Weinen zusehen müssen, hilflos und auch fassungslos.

LG Uschi

Geschrieben

@Rosa Liebe Rosa,

 

einen Zwillingsbruder auf diese Weise zu verlieren stelle ich mir besonders tragisch vor.

 

Am 6.11.2024 um 14:56 schrieb Rosa:

denn als mein Zwillingsbruder diesen Abschied wählte, konnte ich das lange nicht begreifen und habe mich immer wieder gefragt, warum hast du seine Seelenqualen nicht bemerkt?

 

Wie soll man es bemerken, wenn der Betroffene nicht darüber spricht und die Probleme mit sich selbst ausmacht? Niemand ist in der Lage Gedanken zu lesen. Obwohl man weiß, dass man auf das WARUM keine Antwort bekommt, wird einem wohl trotzdem diese Frage ein Leben lang beschäftigen. Das kann ich gut nachvollziehen.

 

Liebe Grüße

Moni

 

@Uschi Rischanek Liebe Uschi,

 

Am 6.11.2024 um 20:08 schrieb Uschi Rischanek:

es bleibt das Ereignis an sich, egal dabei wer ihn gefunden hat, wären es die Eltern gewesen, wäre es noch viel dramatischer abgegangen...

 

Dazu möchte ich mich nicht weiter äußern. Ich weiß nur, dass mein Juniorchef auf keinen Fall gewollt hätte, dass sein Mitarbeiter, mit dem er privat auch befreundet war, ihn so findet. Da bin ich mir ziemlich sicher.

 

Am 6.11.2024 um 20:08 schrieb Uschi Rischanek:

Ich habe im guten Bekanntenkreis einen Poetenfreund, dessen Sohn sich erhängt hat...

 

Wenn man bedenkt, dass hier in diesem kleinen Rahmen schon Einige auf diese Weise Menschen verloren haben, möchte ich nicht wissen wie hoch die Dunkelziffer ist.

Traurig, sehr traurig … 

 

Liebe Grüße

Moni

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