Zum Inhalt springen

Empfohlene Beiträge

Geschrieben am

Frutzel - Pilze, Perücken und ein Spanferkel

(Frutzels Chroniken - IV)

 

Die Nacht war jung, und der Palast von Asmodeus erstrahlte in einem glutroten Licht. Diener eilten umher, brachten die letzten Speisen und Getränke, während eine feine Gesellschaft von Dämonen sich auf den Höhepunkt des Festes vorbereitete. Asmodeus, bekannt für seine extravaganten Feierlichkeiten, hatte auch dieses Mal keine Kosten gescheut, um seine Gäste zu beeindrucken. Doch keiner ahnte, dass unter den Neuankömmlingen ein berüchtigter Unruhestifter lauerte.

 

Frutzel hatte bereits einen Plan geschmiedet, bevor er den Palast erreichte. In einem der frisch gelieferten Weinfässer kauernd, hatte er die Reise durch die Höllengassen bis in die Küchen des Palastes überstanden. Die Diener bemerkten nicht, dass das Fass einen ständigen leisen Kicherlaut von sich gab und bei der Ankunft bereits halb leer getrunken war. Als das Fass endlich abgestellt wurde, hob Frutzel vorsichtig den Deckel, schaute sich um und schlüpfte unbemerkt hinaus.

 

Ein abgetragener Umhang, den er aus einer Ecke aufgriff, und ein Tablett in der Hand genügten, um Frutzel als Diener auszugeben. Er bewegte sich geschickt durch die Menge, nickte hier, verbeugte sich dort und sammelte dabei mit einer Mischung aus Neugier und Bosheit Informationen. Sein Ziel war klar: Asmodeus sollte an diesem Abend ein Spektakel liefern, das die Dämonen noch lange in Erinnerung behalten würden.

Während die Feier ihren Lauf nahm, schlich sich Frutzel in die Küche. Dort wusste er von einem Körbchen voller magischer Pilze, die unter gewöhnlichen Umständen streng bewacht wurden. Doch heute Nacht war das Küchenpersonal abgelenkt. Frutzel zerkleinerte die Pilze und mischte sie in die feinsten Gerichte – Speisen, die ausschließlich für Asmodeus reserviert waren.

 

Zurück in der Festhalle wartete Frutzel geduldig, während Asmodeus, stolz und arrogant, sich an den gedeckten Tisch setzte. Mit königlicher Geste griff der Fürst nach den vergifteten Speisen und begann zu essen. Es dauerte nicht lange, bis die Wirkung der Pilze einsetzte. Die Augen von Asmodeus weiteten sich, und ein unheimliches Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Er sah Farben, die nicht existierten, und hörte Geräusche, die niemand anderes wahrnahm.

Frutzel nutzte diesen Moment. Er stahl einer Dämonin mit prachtvoller Erscheinung ihre Perücke – ein kunstvolles Gebilde aus pechschwarzen Strähnen und feurigen Schmuckstücken – und setzte sie sich selbst auf. Mit gespielter Anmut und einer täuschend weiblichen Stimme stellte er sich vor Asmodeus. 

 

„Bruder! Erkennst du mich nicht? Ich bin es, deine lange verschollene Schwester Frutzilda!“

Asmodeus, gefangen in seinem Rausch, starrte Frutzel an und nickte ehrfürchtig. „Frutzilda! Ich habe dich so vermisst!“

„Natürlich hast du das, Bruder,“ sagte Frutzel mit einem übertriebenen Lächeln. „Doch ich bin hier, um dein Fest zu bereichern. Es ist an der Zeit, dass du den Gästen zeigst, was für ein großzügiger und liebenswerter Gastgeber du bist!“

 

Asmodeus wollte seiner verschollenen Schwester am Tage ihrer Rückkehr keinen Wunsch ausschlagen. Auf Frutzels Befehl begann er, mit einem Spanferkel aus der Mitte der Tafel einen liebreizenden Tanz aufzuführen. Die Gäste hielten inne, zunächst verwirrt, dann zunehmend belustigt, als der mächtige Fürst der Wollust mit dem Spanferkel wie ein verliebter Tänzer durch den Saal wirbelte.

„Und nun,“ sagte Frutzel mit vorgetäuschter Ernsthaftigkeit, „musst du diesem wunderbaren Wesen deine Liebe gestehen und es heiraten. Es wäre ein Skandal, dies nicht zu tun!“

Ohne zu zögern kniete Asmodeus vor dem Spanferkel nieder, sprach feierliche Worte der Hingabe und küsste es auf die Schnauze, was unter den Gästen für tosenden Applaus sorgte.

 

Doch Frutzel war noch nicht fertig. „Bruder,“ begann er, „jetzt, da du ein verheirateter Mann bist, solltest du dich befreien von allen weltlichen Lasten! Lege deine Kleider ab und zeige deinem Reich deine wahre Natur!“

Asmodeus zögerte nicht. Er streifte seine prächtigen Gewänder ab und rannte splitterfasernackt durch die Halle, laut gackernd wie ein Huhn. Die Gäste brachen in schallendes Gelächter aus, einige fielen von ihren Stühlen.

„Schneller, Bruder!“ rief Frutzel, während Asmodeus in die dunklen Gassen der Hölle verschwand, immer noch gackernd und vor sich hin trellernd.

 

Zurück in der Halle stieg Frutzel auf die Tafel und hielt eine feierliche Rede: „Verehrte Dämoninnen und Dämonen, ich hoffe, ihr hattet so viel Vergnügen wie ich! Möge dies eine Nacht sein, die wir niemals vergessen!“

Die Gäste jubelten ihm zu, manche warfen ihm ihre Kelche zu, andere schlugen ihm auf die Schulter. Frutzel, der Unruhestifter, war für diesen Abend der unangefochtene Star der Feier. Mit einem selbstgefälligen Grinsen lehnte er sich zurück, nahm einen tiefen Schluck Wein und genoss sein Werk.

  • Schön 1
  • Antworten 1
  • Erstellt
  • Letzter Kommentar

aktivste Mitglieder in diesem Thema

Beliebte Tage

Geschrieben

hallo isi,

 

jau, so stelle ich mir den frutzel vor, in seiner ganzen *pracht*. 😄

 

diesmal hast du mich wieder vollständig mitgenommen auf die höllenreise. ich begegne einem frutzel, wie ich ihn mag und wie er mich zu überzeugen weiß: schlau und fies, gewitzt und niederträchtig. 

 

so wie frutzel sein werk genoss, so habe ich dein werk genossen. 🙂

 

liebe  grüße

sofakatze

 

 

  • Gefällt mir 1

Erstelle ein Autorenkonto oder melde dich an, um zu kommentieren

Du musst ein Autorenkonto haben, um einen Kommentar verfassen zu können

Autorenkonto erstellen

Neues Autorenkonto für unsere Community erstellen.
Es ist ganz einfach!

Neues Autorenkonto erstellen

Anmelden

Du hast bereits ein Autorenkonto? Melde dich hier an.

Jetzt anmelden

×
×
  • Neu erstellen...

Wichtige Information

Community-Regeln
Datenschutzerklärung
Nutzungsbedingungen
Wir haben Cookies auf deinem Gerät platziert, um die Bedienung dieser Website zu verbessern. Du kannst deine Cookie-Einstellungen anpassen, andernfalls gehen wir davon aus, dass du damit einverstanden bist.