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Der Anschlag

 

Es ist so außerordentlich grauenhaft. Da besuchen friedlich gestimmte Menschen einen Weihnachtsmarkt, lassen es sich gut gehen, Kinder sitzen mit leuchtenden Augen auf kleinen Holzpferden, die Karussells rotieren, das Riesenrad bewegt sich majestätisch langsam, das Essen ist teuer, aber lecker, der Glühwein tut sein übriges...

Man freut sich allgemein auf das Fest. Doch dann geschieht das Drama. Ein Wahnsinniger fährt mit einem Auto heran, gibt nochmal kräftig Gas und rast in die Menschenmenge. Panik und Entsetzen überall. Mehrere finden den Tod, an die hundert werden verletzt, teils schwer. Mein erster Gedanke: „Wie entsetzlich, die armen Opfer, so kurz vor Weihnachten!!!“ Doch schon der zweite: „Wenn das jetzt ein Ausländer war, ist das neues Wasser auf die Mühlen der unsäglichen AfD.“

Ich kann es verstehen, wenn als Folge der Einzeltat, noch mal, es war ein einzelner Mensch, viele Menschen Wut und Hass empfinden. Mich machte es und macht es nach wie vor fassungslos, wenn so ein Individuum es plant, durchführt, Unschuldige ermordet, Menschen, die diesem nichts getan haben. Wenn dann aber schon wieder die altbekannten „Ausländer raus“-Rufe ertönen, ist es irgendwo verständlich, denn es ist unsagbar schwer, in solchen Momenten des Grauens und dem Wunsch nach Vergeltung zu versuchen, sich nicht auch in diese Spirale des Hasses zu begeben. Ich persönlich sehe mich als Kosmopoliten, als Weltbürger, und nicht primär als Deutscher, aber da ist jeder anders, und das darf auch so sein. Und der Gedanke daran, wie ich empfinden würde, wenn dort ein Mensch, den ich liebe, ums Leben gekommen wäre, erzeugt in mir Unsicherheit und tiefes Bedauern.

Aber dieser Attentäter war ein einzelner, zwar Ausländer, aber durchaus ein Anhänger der AfD und kein Islam-Fanatiker, wie kurz nach dem Anschlag bekannt wurde. Er hätte sogar ein Projekt zwischen seinem Heimatland und der deutschen Hasspartei ins Leben rufen wollen.

Das wird dann in den vielen, vielen Internet-Kommentaren gern mal übergangen. Jetzt kommt der Gedanke ins Spiel, der mich diese Zeilen schreiben lässt. Einer meiner besten Freunde ist Afrikaner und arbeitet in Deutschland als Krankenpfleger. Ich habe von ihm gehört, dass ein Großteil seiner Mitarbeiter aus dem Ausland stammt. So ist es auch in vielen anderen sozialen Bereichen. Ohne diese Unterstützung, dieses Engagement, würde das Pflegesystem hier völlig zusammenbrechen. Mein Freund studierte in der Ukraine und ist als Kriegsflüchtling zu uns gekommen. Nie habe ich von ihm auch nur ein Wort des Hasses gegenüber den russischen Aggressoren mitbekommen. Er opfert sich hier auf, um Menschen zu helfen, die Hilfe brauchen. Ich will damit sagen, dass Pauschalurteile über Taten, seien sie auch noch so grausam, nicht der Weg sein können, der uns alle zum Besseren führt. Einem Menschen zu vergeben, der Hass in einem auslöst, ist eine der größtmöglichen Herausforderungen. Aber es existiert, zumindest für mich, nur dieser eine Pfad, der beschritten werden kann, wenn wir wollen, dass diese Menschenwelt eine bessere wird. JEDES Volk hat oder hatte in der Geschichte eine finstere Epoche, es gibt keine völlig unschuldigen Gruppen. Industrieller Massenmord ist Teil der deutschen Historie, der nicht auf keinen Fall verharmlost werden darf. Der Weg zum Frieden ist der Weg zum Glück. Und das haben alle Menschen gemeinsam. Sie möchten glücklich sein.

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