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Auf du und du

 

Ach, was machen wir nicht alles, wenn wir jung sind, da trauen wir uns noch etwas zu und sind so herrlich unbedarft. Nun ja, mir ging es nicht anders, als ich in die Lehre kam. Wenn ich heute so zurückdenke, habe ich wirklich vieles für das Leben gelernt in dieser Zeit.

 

Aber fange ich vorn an. Wir waren nur drei Mädels im Ausbildungsbetrieb der Landwirtschaft. Wo die anderen Zwei an diesem Willkommensabend  abgeblieben sind, kann ich gar nicht mehr sagen. Jedenfalls war ich allein unter Männern, die alle mit der jungen Auszubildenden beim geselligen Beisammensein Brüderschaft trinken wollten. Vor den kleinen Gläschen Apfellikör war mir nicht bange, eher vor dem freundschaftlichen Küsschen für jeden danach. Nunja, ich war halt schüchtern. Im Laufe des besagten Abends wurde ich dann lockerer. Ich hatte schon ein, zwei neue Freunde und Gläschen Likör intus, als ich mich weigerte, weiter das süße Zeug zu mir zu nehmen. Es schmeckte mir einfach nicht. Welch große

Enttäuschung unter den Kollegen, aber Abhilfe war nahe.

 

Ich schwenkte um auf die Erdbeerbowle, die ein älterer Arbeitskollege selbst liebevoll zubereitet hatte, wie er mir schmunzelnd versicherte. So eine Früchtemischung kann ja nur lecker sein, dachte ich. Nach dem Probieren wusste ich allerdings, dass dieses Getränk aus weit weniger Mineralwasser als purem Alkohol bestand. Doch mir kam da eine zündende Idee, wie ich weniger trinken und dennoch keine Spaßbremse sein konnte.

 

Ich fischte mir nur die Früchte aus der Bowle. Udos und Jochens Blicke, als sie mich dabei beobachteten, waren mir zwar etwas unheimlich, aber scheinbar bewahrten sie vor den anderen Gästen, die sich im Haus des älteren Kollegen verteilt hatten, Stillschweigen bezüglich meiner Taktik.

 

Nach einer Weile hatte ich doch etwas Schädelbasisbrummen und wollte kurz vor die Tür zum Luftschnappen. Udo ließ sich einfach nicht davon abbringen, mich dorthin zu begleiten. Wie fürsorglich von ihm. Vielleicht befürchtete er aber auch, ich wollte soetwas wie die Zeche prellen und abhauen. Was soll ich sagen, irgendwie kam ich nicht mehr bis zur Tür. Als ich nämlich vom Sessel aufstand, kam mir der Raum doch unendlich groß vor und meine Beine wollten mir nicht mehr gehorchen. Ich nahm das Zimmer kreuz und quer Maß und Udo mich schließlich am Arm mit den Worten: "Komm, ich bringe dich zur Toilette!" Das verstand ich in diesem Moment nicht, denn ich wollte doch an die frische Luft und musste nicht aufs Klo.

 

Dort angekommen sagte Udo ziemlich bestimmend: "Du steckst dir jetzt am besten den Finger in den Hals!" Ich schüttelte energisch den Kopf und meinte abwehrend: "Davon wird mir schlecht." Udo hielt mich immer noch an der Schulter fest und antwortete: "Das ist ja der Sinn der Sache, Mädchen. Wenn du dich erst übergeben hast, geht es dir besser." Das glaubte ich ihm nicht und überhaupt wollte ich jetzt zurück ins Wohnheim, denn mir war inzwischen doch ziemlich flau in der Magengegend.

 

Zu meiner Überraschung war nun auch Jochen vor Ort. Beide redeten mit Engelszungen auf mich ein, doch ich weigerte mich hartnäckig, mir meinen oder irgendeinen Finger in den Hals zu schieben. Ich ließ mir die Sache nicht noch einmal durch den Kopf gehen, soviel war sicher.

 

Wie ich an diesem Abend ins Wohnheim zurückgekommen bin und ob ich mich nicht doch noch übergeben habe, weiß ich bis heute nicht, denn als ich vor die Tür trat, traf mich ein gewaltiger Hammer mit anschließendem Filmriss. Am nächsten Morgen wachte ich dann in meinem Bett vom Weckerklingeln auf und genoss zum Frühstück sogar ein Ei unter den ungläubigen Blicken der anderen Azubis. Auch Udo und Jochen konnten gar nicht fassen, dass es mir relativ gut ging. "Ha, von wegen Finger in den Hals und so...", tönte ich großspurig herum.

 

Da ich aber ungern die Kontrolle verlor, habe ich vom Alkohol, sprich besonders von den Früchten einer Bowle, allerdings seit damals die Finger gelassen. Der süffige Apfellikör war und ist mir sowieso zuwider, da greife ich seither lieber zum Apfel pur.

 

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