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Am prächtigen Fluss

( Splendid River )

 

Erinnere Dich, wie wir am Ufer des prächtigen Flusses entlang spazierten,

an die vielen Stunden, die wir regelmäßig so verbracht haben,

nur um ihm beim Fließen zuzusehen.

Wir führten dabei unsere üblichen Debatten... über was wir lieben und was wir

hassen... Religion, Politik und so weiter eben... und natürlich über Erich Fromms

Buch vom Lieben... aber nichts, überhaupt nichts davon nahm uns

so sehr ein wie dieser prächtige Fluss.

 

Erinnerst Du Dich, wie Du mir dabei sagtest, dass alle Poesie versagen muss

gegenüber der unbeschriebenen, freien Wahrnehmung der Wirklichkeit ? Ja...

Du hast über meine Versuche gelacht, und mich danach verschämt gefragt, ob wir

trotzdem Freunde wären... „Vielleicht hast Du ja Recht“, hab ich gesagt,

„aber es ist sicher kein Fehler, es probiert zu haben !“, und dann haben wir

zusammen gelacht. Du wusstest ja schon damals, dass ich’s doch wieder versuchen

werde, spätestens, wenn Du den prächtigen Fluss verlassen haben würdest.

 

Refrain:

„Wo gehst Du hin ? Weißt Du’s auch mit Sicherheit ? Werden Dir die Dinge,

die Du haben willst, auch gefallen, wenn Du sie bekommen hast ?

Wirst Du etwa die Hoffnung verlieren,

wenn Du sie doch wieder weggeben musst ?“

Kannst Du den prächtigen Fluss noch immer so ( gut ) betrachten wie damals ?

 

Erinnere Dich, die Tage wurden rar für uns zwei, als dann Deine erste Liebe

auftauchte... Ich begann, mich daran zu gewöhnen, alleine am Flussufer entlang

zu laufen und versuchte, meine Eifersucht unter Kontrolle zu bekommen,

denn viel Zeit hattest Du nicht mehr für mich übrig... aber als sie Schluss machte,

wie froh warst Du doch über den Freund, den Du noch hattest...

es fiel Dir ausnahmsweise gar nicht schwer, es zuzugeben, doch sie sollten trotzdem

nicht mehr dieselben sein wie vorher... unsere Tage am prächtigen Fluss...

 

Erinnerst Du Dich eigentlich noch an Monika ? Sie hielt mich für was ganz

Besonderes... und ich hab diese Chance einfach verspielt, weil ich spürte, wie sehr

Du mich zu der Zeit gebraucht hast, aber ich wette, Du weißt nicht mal mehr,

wer sie war. Ich kann trotzdem nicht sagen, dass ich da was bereue,

bin ja sowieso immer derselbe Einzelgänger geblieben...

aber als ich dieses Opfer gebracht hatte, war’s nicht mehr lange hin

und Du hast ihn dann doch verlassen... diesen prächtigen Fluss...

 

Refrain:

 

Seit einiger Zeit frag ich mich, was wohl passiert sein muss, während die Jahre

vergingen. Manchmal reibe ich mir die Augen, um diese Art Fragen wieder aus dem

Kopf zu bekommen... und versuche einfach, dem Fluss zuzuschauen, ohne mich

weiter mit ihnen zu quälen... wo’s mit mancher Freundschaft hingeht zum Beispiel,

aber vor allem unter welchem Etikett Du mich heute wohl ablegst...

als Verlierer etwa ? Ich befürchte es ja fast, aber wenn’s wirklich stimmt, ist’s sicher,

dass wir beide es waren, damals schon... am prächtigen Fluss...

 

Du hast ja dann eine steile Karriere gemacht, vielleicht zu steil für meine Augen...

sagtest mit einem mal, dass Dich nichts mehr hier hält, und ich

wollte es ja dann auch nicht mehr versuchen, nein, ich zählte lieber auf Dein Wort:

Du würdest nicht vergessen, woher Du kommst... nicht vergessen... meine

Telefonnummer hat sich nicht geändert, und vielleicht rufst Du eines Tags ja doch

wieder an... rufst mich an... aber es ist nun schon so verdammt lange her,

dass Du unseren prächtigen Fluss verlassen hast...

 

Refrain:

 

Rupert 2007, Übersetzung am 23. März 2011

Anmerkung des Autors:

Der Refrain beginnt mit der Rezitation „gemeinsamer“ Fragen,

die zuallererst, beim Betrachten des Flusses, vom Angesprochenen gestellt wurden,

dann, bei dessen Abschied, von der erzählenden Hauptperson, deshalb die

„Anführungszeichen“ !

 

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Ein persönlicher Kommentar des Autors zu „Am prächtigen Fluss“.

 

Bisher hab ich diesen Song nur ein Mal jemandem vorgespielt, meiner Freundin Angie,

und zwar gleich, nachdem ich ihn 2007 geschrieben hatte.

Es ist ein sehr „folkiger“ Song und ich erinnere mich, dass es einer der wenigen war,

die sie nicht mochte. Vielleicht wegen der schieren Masse an Text,

die es schwer macht, die Spannung musikalisch zu halten, vielleicht

wegen der melancholischen Stimmung, die er hat...

ich hab ja auch selber kaum Lust drauf, ihn zu singen...

aber auf den Text bin ich sehr stolz.

Deswegen habe ich ihn im März 2011 "Eins zu Eins" ins Deutsche übersetzt.

Er ist nicht autobiographisch, aber es kommt eine Menge „von mir drin vor“...

und als ich ihn fertig hatte, wurde mir bewusst, dass ich in ihm – auf andere Weise –

eigentlich dasselbe erzähle wie Robert Heaton und Justin Sullivan

( New Model Army ) in „Green and Grey“... nur eben “von einem anderen Ort aus”...

statt den „grünen und grauen Tälern“ ist es hier der „prächtige Fluss“.

Die Charaktere der zwei zentralen Protagonisten, ihre Beweggründe und Lebenswege

ähneln sich jedenfalls sehr. Nun, wenn so was „von selbst passiert“,

dann ist es hoffentlich nicht so schlimm.

Ich hätte auch was Autobiographisches schreiben können,

um die Dinge zum Ausdruck zu bringen, um die’s mir hier geht,

aber das wäre mir dann doch zu persönlich geworden und vielleicht auch viel

zu nahe gegangen. Und gedacht hatte ich viel mehr an Springsteen als an NMA.

Nein, nicht an „The River“, obwohl ich dann beim „Fluss hängen blieb“, sondern an

„No Surrender“ – ich wollte ein „trauriges Gegenstück“ dazu schreiben,

sicher ist auch „Green and Grey“ ein solches... aber ich hatte genügend eigene,

innere Anlässe dazu, weil ich mehrfach Freundschaften hilflos enden lassen musste...

eine schmerzhafte Sache, wenn es welche sind, die Jahre des Lebens „kosteten“,

und man dann irgendwie das Gefühl hat, diese Jahre werden innerhalb kürzester Zeit

aus den bescheuertsten oder perfidesten Gründen heraus gewaltsam entwertet !

Aber manchmal hat man wegen eben dieser Gründe gar keine andere Wahl, als es „geschehen zu lassen“...

und zwar dann, wenn man sich nicht „mitverirren will“ und vor allem, wenn’s perfide wird,

wenn beim Gegenüber kein Maß mehr vorhanden ist.

Das Loch, das einem dabei und dadurch "in die Seele gerissen wird“,

ist genau die Grausamkeit, die ein Mensch sich selber antut, wenn er

– blind für die Werte, die er als nunmehr gewohnheitsmäßig empfangender Nutznießer zurücklässt,

weil er sich mit aufgeblähtem Ego selbst als maßgebend sieht –

eine echte Freundschaft „verrät“.

Nur dass der „Verräter“ dieses „Loch in der Seele“ weiter mit sich rumschleppt

und deshalb verdrängen muss, während der so Alleingelassene den Schmerz

unmittelbar empfängt und dann, ohne ihn zu verdrängen, besser tragen kann,

bis seine Wunde heilt. Da hilft die Zeit, das kann ich bezeugen.

Es sollte aber nicht zu oft und schnell hintereinander passieren, sonst kann es einen

auch dauerhaft krank machen, wenn man sich gar nichts vorzuwerfen hat.

Wenn man dazu neigt, die „Schuld“ zuerst bei sich zu suchen,

was ja einen guten Charakter auszeichnet, kann man sich dann vor Schmerzen selbst zerfleischen.

Und wenn man dabei dann keinen klaren Gedanken mehr fassen kann,

sollte man professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Es ist wichtig, räsonieren zu können.

Manche Dinge sind, wenn man im Schmerz gefangen ist, zu kompliziert dazu.

Und das, was ich hier schreibe, hab ich schließlich selbst erfahren.

In „Splendid River“ ist’s ja nicht genau das selbe, der „Verrat“ ist ja für den

Verlassenen nur eine Mutmaßung, keine Tatsache, er klagt

nur über sein Befinden, aber er klagt nicht an.

Er tut diesen letzten, logischen Schritt nicht, obwohl alles darauf hindeutet, dass

der Andere es verdient hätte. Er ist allein mit seinen Idealen.

Manchmal ist es auch ein Einzelner, der den Schlussstrich zieht, und mehrere

alleine lässt, die sich seiner Ansicht nach zu weit entfernen von den ursprünglich gemeinsamen Idealen,

da sieht’s dann wieder anders aus, weil es einfacher ist, etwas gemeinsam innerhalb eines Kollektivs zu verdrängen...

auch wenn es dann irgendwann im Einzelnen zwangsweise dann doch wieder hoch kommt.

„Splendid River“ soll also eine interessante Geschichte sein.

Man kann ganze Bücher füllen mit solchen Geschichten,

während einem beim Aufzählen der Ideale und Erinnerungen an allein Positives

irgendwann dann doch schnell die Worte ausgehen... umso besser, wenn es dann so gelingt,

wie es Springsteen gelungen ist. Ich liebe „No Surrender“ sehr. Nicht nur wegen dem Text.

Der Song ist eine der perfektesten „3 Akkord-Nummern“, die mir einfällt.

Ich liebe aber auch meinen Text zu „Splendid River“, die deutsche Übersetzung

ist fast besser geworden als das Original, nur nicht auf die Musik singbar... ich

hoffe, es gefällt Euch auch... diese Art, Humanität darzustellen, bis sie fühlbar wird

vor allem... egal, wie sehr die Story aus meiner persönlichen Realität hier von mir

abstrahiert wurde, es ist noch immer zu 100 % realistisch.

Da hin muss man als Texter erst mal kommen. Es kann lange Jahre dauern,

auch wenn man noch so gut mit Worten umgehen kann.

Und es hat lange Jahre gedauert bei mir.

 

Rupi

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