Die Inspiration hat mich mal wieder getroffen. Ein kleiner Einfall. Frei heraus. Viel Spaß :.
Der Stein
Ich sah drei Steine vor mir liegen. Der eine war klein und rund. Der andere mittlerer Größe mit einer Mulde. Der dritte war groß und an manchen Stellen kantig.
Alle drei nahm ich mit und legte sie in meinen Garten.
An Sommertagen blickte ich hinaus und sah wie alle drei sich wärmten. Im Herbst, wenn die Blätter von meinen Buchen fielen, waren die zwei kleineren bedeckt und nur der große schaute heraus. Im Winter verschwanden alle drei gänzlich. Nach und nach schmolz der Schnee. Während der große sich als erstes offenbarte und der kleine als letztes, verblieb in der Mulde des mittleren immer ein bisschen Winter übrig. Es war Schmelzwasser. Irgendwann kam dann der Frühling und brachte seine Blüte mit sich. Der große Stein ragte aus dem Blumenfeld hinaus. Der kantige schuf einen interessanten Kontrast zu den weichen Blumen. Mir fiel auf, dass unter dem kleinen Stein sogar einige Blumen hervorgingen. Die kleinen Gänseblümchen umrahmten den kleinen runden Stein. Sie waren nicht viel größer als er. Es sah aus als gehörte er dazu.
Steine. Was war an Steinen so besonders, dass ich sie mitnehmen wollte? So besonders, dass ich ihnen zuschaute?
Sie waren in diesen Augenblicken wie Menschen.
Sie nahmen Teil am Leben. Sie waren da. Und dann wieder nicht. Ihre Umwelt verhielt sich anders zu ihnen. Sie sahen anders aus. Sie waren einerseits so schön und grausam. Sie waren aber nie aufgebracht. Die pure Stille umgab sie, während sie sich dem Leben hingaben. Sie waren so gelassen, wie ich es mir für mich gewünscht hätte. Sie waren von Natur aus das, was ich immer sein wollte, beständig. Ich habe ihnen zugeschaut wie sie erodierten. Ich habe zugesehen wie sie Risse bekamen. Ich habe zugesehen wie sie bedeckt wurden. Sich zusammenzogen. Wenn nichts war. Sie standen.
So kam es, dass sie auseinanderfielen. Erst der große. Es folgten die anderen beiden. Was ich realisierte war, dass sie nicht fort sind. Es waren nur nicht mehr drei. Jetzt waren es viele. Sie haben ihre Gestalt verändert. Ihre Namen.
Und wenn sie zerfallen zu ihren kleinsten Teilen, nachdem ich schon lange zerfallen sein werde, werden sie noch da sein.
Der Stein trotzt und zerfällt in seine Kerne. Diese Kerne verbleiben. Mein Leib wird verdorren, aber meine Seele nicht.