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feedback jeder art Mein Beitrag zum Wettbewerb " Ein Tag in NRW im Jahr 2100" : Wie ein Käfer auf der Haut
Anna Werre kommentierte Anna Werre's Thema in der Kategorie Erzählungen & Kurzgeschichten
Danke, Mike, für deinen Kommentar! Über die Sache mit den Gefühlen und ihrer Beschreibung mußte ich intensiv nachdenken, das hat etwas zu tun mit der immer immer emotionsloser werdenden oder Emotionen weniger zulassenden Welt, wie ich sie empfinde. Ein spannendes Thema, das mich gerade sehr umtreibt. Liebe Grüße Anna -
feedback jeder art Mein Beitrag zum Wettbewerb " Ein Tag in NRW im Jahr 2100" : Wie ein Käfer auf der Haut
Anna Werre veröffentlichte ein Thema in der Kategorie Erzählungen & Kurzgeschichten
Wie ein Käfer auf der Haut Als Ness aus dem Monocab stieg, schnaufte er erstmal durch, der letzte Teil des Weges, bergauf und zu Fuß, würde nochmal anstrengend werden in der spätherbstlichen Wärme. In seiner Heimat, dem südlichen Norwegen, war es zu dieser Jahreszeit schon deutlich angenehmer als hier. Er war froh, die Stelle bei der nordeuropäischen Regulierungsbehörde bekommen zu haben, die Arbeit im Bereich der Rohstoffzuteilung war angenehm. Nun war er auf dem Weg nach Lyon, Nord- und Südeuropa wollten endlich eine gemeinsame Behörde schaffen, und er war auserwählt, ausnahmsweise in Präsenz bei der ersten Sitzung der Gründungskommission anwesend sein zu dürfen. Er hatte entschieden, sich einen kleinen Abstecher in die Heimat seiner Vorfahren zu gönnen, vom schönen Lippe hatte er in alten Büchern gelesen, die deutsche Sprache war ihm durch seine Großeltern noch gut vertraut. Gerade hatte er unterwegs Lemgo passiert, den Ort, von dem damals die Monocabs ihren Siegeszug in die ganze nördliche Hemisphäre antraten. Jetzt war er auf den letzten Metern nach Lage-Hörste, um zu schauen, wie der ehemalige Hof seiner Vorfahren jetzt wohl aussah. „Hörste mein leises Rufen?“, so hatte sein Opa immer gescherzt, wenn man darüber sprach, mit Verbitterung dachte Ness: passender wäre jetzt „Hörste das leise Klickern des Geigerzählers?“ Eine kurze Kontrolle desselben beruhigte ihn aber, die Gegend war vom großen Fallout vor über 70 Jahren nicht zu stark betroffen, als damals in den späten Zwanzigern des letzten Jahrhunderts die französischen Kernkraftwerke durch Cyberangriffe reihenweise innerhalb weniger Tage nicht mehr gekühlt werden konnten, und sich in Mitteleuropa ein schreckliches Szenario abspielte. Niemand war darauf wirklich vorbereitet gewesen, doch Ness wollte sich jetzt gedanklich damit nicht befassen. Er genoss die Aussicht über die braungrünen Hügel und kleinen Berge, während er den alten Hof betrat. Die nicht allzu starke Verstrahlung ließ es zu, dass hier noch eine bewohnbare Zone mit ausreichend Infrastruktur war, trotzdem schien der Hof unbewohnt. Einen Moment lang überlegte er, wie es wäre, hier mit Nike zu wohnen, dann aber stach ihm plötzlich etwas Schillerndes ins Auge, und mit seinem Fuß schob er den Sand etwas zur Seite, um zu sehen, was ihn da angeblitzt hatte. Er war überrascht, ein altes Bügelschloss aus Metall kam zum Vorschein, er hob es auf und kratzte vorsichtig mit dem Fingernagel einen Schriftzug frei. „Nadine und Lukas, Weihnachten 2022“ stand darauf. Für bald 78 Jahre war es gut erhalten. Ness schmunzelte, Nadine musste seine Urgroßmutter gewesen sein! Lukas, der Name sagte ihm dagegen nichts. Neugierig grub er weiter, da war doch noch ein metallener Gegenstand zu sehen! Mit einiger Mühe legte er aufgeregt eine kleine Schatulle frei. Nachdem er mit einem Stein etwas Rost entfernt hatte, klappte er den Deckel des Behältnisses hoch und fand eine Art Plastikbeutel mit einem kleinen Büchlein darin sowie- unglaublich- einen dieser früher beliebten privaten Informatoren, Smartphones wurden sie damals wohl genannt, das hatte er in der Schule gehört! In jener Zeit hatte fast jeder so ein Gerät, unvorstellbar, welche Rohstoffmengen dafür benötigt worden waren, Ness zwang den Teil seines Gehirnes, der für den Beruf zuständig war, keine Umrechnungen anzustellen über seltene Erden, Energieaufwand und ähnliches, er staunte nur. Der Bildschirm war gesprungen, die Rückseite war offen und ein Akkumulator scheinbar entfernt worden. Ness staunte und berührte vorsichtig und mit Bewunderung das zerstörte Gerät. Das eigentlich Interessante war jedoch das kleine Büchlein. „Nadines Blog“ stand drauf, und kleine gekritzelte Herzen verrieten, dass es hier bestimmt auch um Privates ging. Einen kurzen Moment zögerte Ness, doch die Neugier siegte. Er suchte sich ein schattiges Plätzchen unter einem Baum und fing an zu blättern. Ein ihm völlig fremde Welt war das früher, nach dem, was Ness sich zusammenreimen konnte aus den Aufzeichnungen seiner Urgroßmutter. Zum Teil, denn das, was sie über Lukas schrieb, in den sie sehr verliebt gewesen sein musste, konnte Ness gut nachvollziehen, und er glaubte zu wissen, dass Verliebtheit, Eifersucht und Liebeskummer sich über die Jahrhunderte und Jahrtausende sicher nicht geändert hatten. Was ihn jedoch sehr betroffen machte, waren die Schilderungen aus dem alltäglichen Leben, offenbar hatte damals fast jeder Erwachsene einen eigenen Informator ständig dabei und ließ sich dominieren, beeinflussen und unbemerkt manipulieren. „Handy“ sagte man damals wohl auch in Deutschland, eine drollige Wortschöpfung. Er entnahm den Zeilen, dass Urgroßmutter Nadine auf verschiedenste Weise mit anderen Menschen über das Gerät verknüpft war, allerdings größtenteils auf schriftlicher Ebene. Bis zu dreihundert Mal am Tag, so schrieb sie, kamen geschriebene, selten mal gesprochene Nachrichten, mit Zeichen versehen, die Gefühlszustände darstellen sollten und häufig falsch interpretiert wurden. Langsam verstand Ness, dass sich daraus fast eine Abhängigkeit entwickelte, ständig kontrollierte Nadine wohl, wer ihre Nachrichten gelesen hatte, ob sie richtig verstanden wurden, und ob eine Richtigstellung oder ein Kommentar nötig waren. Es schien, als sei sie gefangen in dieser Welt der reduzierten und doch so aufgeblähten Kommunikation. Irgendwas daran hatte die Menschen fast süchtig gemacht und ihnen ihre eigene Kreativität und vielleicht auch innere Lebendigkeit geraubt. Ness legte den Blog, heute würde man wieder Diarium sagen wie Jahrzehnte vor Nadines Zeit, zur Seite und atmete tief. Das war er las, hatte sie scheinbar auch in die Welt hinausgeschickt, damit es Menschen lesen sollten, die Nadine selbst nicht einmal kannte! Zwischen den Zeilen las er immer wieder, dass seine Urgroßmutter selbst Zweifel hatte an diesen, wie sie sie manchmal bezeichnete, „unsozialen Medien“ und deren Zukunft. Ahnend, dass es für spätere Generationen interessant sein könnte, was sich um 2023 abgespielt hatte, war Nadine so schlau gewesen, ihr Diarium auf Papier gedruckt der Nachwelt zu hinterlassen. Ness war plötzlich ein bisschen stolz auf sie. Aber er empfand Trauer beim Lesen, als er zu dem Kapitel kam, wie Lukas und Nadine sich entzweit hatten. Das war während einer Dienstreise von Lukas entstanden, weil sie Nachrichten zu kurz oder falsch formuliert hatten, Missverständnisse sich häuften, bemühte Erklärungsversuche alles noch schlimmer machten, und zuletzt technische Pannen es so aussehen ließen, als hätte man kein Interesse mehr am anderen. Aber da Nadine danach Ness´ Uropa kennengelernt hatte, hatte das Schicksal wohl doch noch einen guten Lauf genommen. Ness war froh, dass nach dem großen Fallout die Regulierungsbehörden entstanden waren. Die Cyberangriffe auf die Kraftwerke hatten ungeahnte Folgen für Mensch und Natur, Millionen Tote zählte man, Unruhen und blutige Auseinandersetzungen folgten, wirkliche Ruhe kehrte erst nach Jahrzehnten wieder ein. Umwälzende Ereignisse fanden in Europa statt, das sich momentan in Nord und Süd aufteilte, der Osten war noch uneins. Das Internet wurde extrem auf das Nötigste zusammengeschrumpft, die Rechner wurden streng in Ihrer Anzahl kontrolliert und der allergrößte Teil der privaten Geräte einem Zwangsrecycling zugeführt. Man sah die Auswirkungen der Rohstoffkrise nur zu deutlich. Was vom Digitalen blieb, waren zahlreiche öffentlich zugängliche Informatoren, die alles erledigen konnten und über alles Auskunft geben konnten, was den Menschen zugestanden wurde, von Berechnungen über das Wetter sowie zu kontrollierenden elektronischen Briefen bis hin zu umfassenden Lexika, Abfrage des eigenen Rohstoffverbrauchsbudgets und so weiter, kaum jemand vermisste etwas. Diese Informatoren standen zum Beispiel in Schulen, Einkaufszentren, oder einfach an Straßenecken wie noch vor Nadines Zeit die amüsanten gelben Telefonhäuschen. Erlaubt waren für Ness zur privaten Kommunikation ausschließlich Telefone, man hielt jetzt einen Lebensstandard wie zu Zeiten der 1950er Jahre für angemessen und dauerhaft vertretbar. Manche waren damit nicht einverstanden, aber die große Not nach dem Fallout hatte in den Menschen eine seltsame Einigkeit entstehen lassen, sorgsam mit allem umzugehen. Ness beobachtete aber, wie das Pendel wieder in die andere Richtung zu schwingen begann. Mit Sorge nahm er dies wahr, und eine Ahnung kam in ihm auf, dass der Mensch soweit Teil der Natur sei, dass auch er sich vor sich wiederholenden Zyklen nicht ausnehmen könne. Zwischendurch dachte er kurz an seine Freundin Nike und freute sich darauf, sie in wenigen Tagen wieder anrufen zu können. Eigentlich tat ihm der Abstand mal ganz gut, dachte er. Er suchte sich eine geschützte Stelle und legte sich ein bisschen hin, wie von selbst glitt seine Hand zum Geigerzähler, alles war im Toleranzbereich, und er schlummerte einige Zeit. Ein grünschillernder Käfer näherte sich und flog ihm summend auf den Unterarm, davon erwachte Ness. Er zog den Arm zu sich hin und konnte die Spezies nicht identifizieren, möglicherweise eine neue Mutation, die Evolution machte seltsame Sprünge in der letzten Zeit. Er versuchte weiter zu dösen, im Halbschlaf überlegte er, ob es schön wäre, jetzt einen dieser alten Informatoren zu haben, auf dem Nike ihm schreiben könnte, dass sie ihn liebte. Aber er erinnerte sich an die Erlebnisse seiner Urgroßmutter und befand, dass es zwar schön wäre, so etwas von Nike zu lesen, aber er wusste nun, was zwischen den Menschen passierte, wenn sie sich von der Technik so in die Hand nehmen ließen. Da verspürte er doch lieber etwas Sehnsucht. Er schloss die Augen, atmete tief und fühlte, wie sich ein zweites Insekt auf seinem anderen Arm niederließ. Er machte sich nicht die Mühe, zu sehen, ob es eine ihm bekannte Art war, er war nur froh, etwas Lebendiges auf seiner Haut zu spüren. Man merkte neuerdings deutlich, dass sich die Insektenbestände in der letzten Zeit erholt hatten. Aus irgendeinem Grund fiel ihm der alte Spruch ein: der Mensch braucht die Natur, aber die Natur braucht den Menschen nicht. Er wusste nicht, ob er den Spruch schön fand oder nicht. Er philosophierte ein bisschen darüber, dass jede Generation ihre eigenen Fehler macht, dass das wohl so sein muss, und er dachte sich: die Welt hat sich schnell geändert. Der Mensch ändert sich nicht. Oder zumindest nicht so schnell. Und etwas Sehnsucht zu haben, kribbelt ein bisschen im Herz wie ein Käfer auf der Haut . . -
Lippisches Herbstgedicht Herbst wird´s in Detmold, Barntrup, Hagen, da woll´n wir ´nen Spaziergang wagen. die Luft scheint rein, wenn auch recht kühl, mir kommt das "Sonntag-raus!- Gefühl". Ich freu´mich auf die gute Luft, jedoch, recht bald ist dies verpufft, das Heizen ist ja wirklich teuer, da riecht man hie und da ein Feuer. Es ist so viel aus Öl gemacht, hat sich der Lipper grad gedacht, den Wertstoffsack, mit froher Miene, leert er bei sich in dem Kamine. Die alte Tür, in grünen Lack, gesellt sich zu dem gelben Sack. Es ist ja sicher trocknes Holz, nur rein damit, es wärmt, was soll´s! Was kümmern uns denn die Toxine, Benzol, Furane, Dioxine, in andern Ländern brennt noch mehr, und Gas ist teuer, wirklich, sehr! Auch mein Kamin lässt manche Winde, doch ist es immer trockne Rinde, die qualmt fast CO2-neutral, naja- ich hoff´s zumindest mal. Es gab mir wer ´nen guten Rat: es reichen meistens achtzehn Grad, man lebe nur in einem Raum! Was manchmal geht- doch im Vertraun´: Ich muß dann öfters vor die Türe, damit des Herbstes Luft ich spüre. Doch atmen will ich dabei frei- und ohne Plastik-Schweinerei! © Anna Werre
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