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Axel

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Alle erstellten Inhalte von Axel

  1. Guten Morgen Ich bin ein bisschen verwundert über eine Regel, die mir ein Danke verbietet und ein Emoji erlaubt. Ich verstehe auch nicht, wo das Problem ist. ??? Wo steht diese Regel? MfG Hallo Für mich ist ein Danke persönlicher, als ein Emoji und ersetzt es nicht. Aber Danke für den Hinweis MfG
  2. Hallo Für mich ist ein Danke persönlicher, als ein Emoji und ersetzt es nicht. Aber Danke für den Hinweis MfG
  3. Axel

    Papier

    Papier Ich sehe mich wieder da sitzen. An Deinem Bett. Deine Haut ist dünn, wie Papier. So, wie die Zeit. Ich schneide mich an ihr. Schläuche sind in Deinem Körper. Ich kann nicht denken und nicht schlafen. Ich bin ein Stuhl. Ein Tisch. Ein Ding. Drei Jahre Hoffnung. Drei Jahre, wie das Meer. Ein Schiff, dass untergeht. Eine Welle, die mich hinabzieht. Ein Leben, dass einfach weggespült wird. Ein verlorenes Buch. Wir haben die leeren Seiten mit Liebe gefüllt. Sätze und Geschichten aus Kindertagen. Der Punkt am Ende des Satzes. Der Schluss. Die Zeit ist ein Fluss. Ich kann nicht schwimmen. Die Schläuche sind in Dir. Sie sind da. Dein Körper ist in diesem Bett. …........................................................…..............und du bist fort. 09.06.2024 von Axel Bruss
  4. Axel

    Der Totschläger

    Der Totschläger Er bestand aus einem, mit Leder umwickelten Hartgummistab. Am unteren Ende befand sich eine Schlaufe und am Oberen eine etwa Golfball große Metallkugel, die ebenfalls in glattem Leder eingenäht und fest ummantelt war. Er konnte für verschiedene Dinge benutzt werden. Zum Betäuben von Fischen, um etwas in die richtige Form zu bringen oder um Menschen gefügig zu machen. d Bruno trug einen schwarzen, maßgeschneiderten Anzug. Immer. Die Hose besaß eine messerscharfe Falte an jedem Bein. Die Jacke, tailliert, hatte vorn zwei Brusttaschen, mit silbernen Druckknöpfen, die brüllende Löwen zeigte. Der Kragen, kurz und aufgestellt, gab ihm den Anschein von Korrektheit. Das schwarze Seidenhemd ließ er sich aus China kommen. Die dunkelblaue Krawatte mit den goldenen Lilien, sollte seine angebliche Verbindung zur französischen Monarchie zeigen. Er achtete grundsätzlich auf schwarze Socken und blankpolierte Schuhe, die, wie sollte es anders sein, schwarz sein mussten. Ein breiter, zusätzlicher Gürtel enthielt allerlei Gerätschaften: {} Handschellen, glänzend und silbern. {} Ein kleines Etui mit einer Lederschlinge. {} Einen engmaschigen Stoffsack, zusammengerollt. {} Ein Stab aus Ebenholz. Sein Kerbholz, mit fünf Markierungen. {} Und eben jener Totschläger. Bruno achtete auf seinen Körper und die entsprechende Hygiene. Er legte großen Wert darauf gut zu riechen. Sein rasiertes, markantes Kinn zierte eine kleine Narbe, die er sich, laut eigener Aussage, bei einem Hahnenkampf zugezogen hatte. Das diskutierten wir einige Tage, kamen aber auf keine Lösung. War er der Hahn? Schiedsrichter? Veranstalter? Oder lag es an einer Prügelei, mit dem Buchmacher, wegen verlorener Wetten? Hahnenkämpfe unterlagen seit einigen Jahren einem Verbot durch die Regierung, hatten aber sicher ihren Reiz, wenn man schwitzende, schreiende Männer die fiebernd und sabbernd um einen kleinen Pferch herumstanden, um ihr sauer verdientes Geld zu verlieren, mochte. Manche trugen kleine Messer. Andere Macheten. Die feineren Herren wurden von ihren Leibwächtern begleitet. Die nicht so Feinen von Flöhen und Kakerlaken. Der fürchterliche Gestank von Pferde Dung und das Schreien trächtiger Schweine gehörte ebenso dazu, wie das verrückte Lachen von Cotton Eye Joe. Ein missgestalteter Zwerg der aus Südamerika, mit einer Schauspieltruppe, eingereist war und hier vergessen wurde. Und alle hatten nur ein Ziel >>>>>>>>>>>>>>>>> Reich zu werden!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Gewalt beherrschte diesen Mikrokosmos in dem sich die komplette Gesellschaft der Menschheit widerspiegelte. Die Dummen. Die Hässlichen. Die Schlauen. Die mit und ohne Frauen und der Abschaum. Die Übergänge waren natürlich fließend und auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Es gab durchaus Jene, die nach außen hin ganz vornehm taten, aber innerlich total verfault waren. Da standen sie, ganz dicht gedrängt in zittriger Erwartung und wenn die Hähne endlich aufeinander losgelassen wurden, war es als würden die Männer miteinander kämpfen und ihr Blut und Leben lassen. Wir gestanden Bruno jede Art Gemeinheit zu, denn er war der Teufel in Menschengestalt. Die reine Bosheit und ein Schweinepriester erster Güte. Nichts war diesem Mann heilig und er kannte keine Grenzen. Von oben wurde er gedeckt und nach unten schlug und trat er, bis seine Schuhe blutig und verkrustet, vor die Tür zum Reinigen gestellt, am nächsten Morgen wieder sauber waren. d Wir lebten in einer fröhlichen, meist unbeschwerten Gemeinschaft. Unsere Gruppe bestand aus 6 Männern. Der 7te wurde vor 2 Tagen abgeholt, um einen vernünftigen Haarschnitt zu bekommen und ist bis jetzt nicht zurückgekehrt. Er hatte wahrhaftig lange Haare, aber ich muss bemerken, das dies absolut dem Schönheitsideal jener Zeit entsprach und er nicht der Einzige war, der aufgrund dessen von diesen finsteren Gesellen verschleppt wurde. Ich glaubte keine Sekunde an ein gutes Ende und es gab Gerüchte, die von einem dunklen Ort berichteten. Von Grausamkeiten wider der Natur. In der Nacht, wenn wir in unseren Betten lagen, hörten wir seltsame Geräusche. Ich wusste nicht, ob sie ob sie wahrhaftig erklangen oder meinem müden Geist entsprangen. Auch gab es auf dem großen Platz, gleich hinter den Bäumen ein Gebäude, das alle nur die Werkstatt nannten. Repariert und in Stand gehalten wurde dort nichts. Es passierten andere Dinge dort. Seltsame Dinge. Wie dem auch sei. Wir versuchten das Leben zu nehmen, wie das Leben eben war. Manchmal warst du oben. Manchmal warst du unten. Wir waren immer mittendrin. d Unsere Truppe saß im Erlebnisraum. Ein hübscher, viereckiger Kasten mit grellem Licht und nackten, gelben Wänden. Ich stellte mir immer vor, das es die Sonne wäre, dessen Schimmer sich im Kalk der Mauer brach und nicht das Neon Licht. Auch am Abend und in der Nacht, wenn die Wölfe ihr Unwesen in mir trieben. Das machte es mir leichter, zu vergessen, wo ich mich tatsächlich befand. Die staubblinden Fenster lagen hinter rostweißen Gittern, die innen und außen angebracht waren. Sie sollten Sicherheit vermitteln und das rechneten wir ihnen hoch an, denn Sicherheit war ja so wichtig. Zur Freude aller, wurden vor 3 Jahren Blumen angeschafft. Kakteen, Lilien, Farne und Disteln. Allesamt aus Plastik. Niemand durfte sie berühren und der Staub von 36 Monaten drückte ihre Blätter Richtung Boden. Der bestand aus Linoleum und zeigte ein Schachbrettmuster, auf dem die Könige und Bauern, am 1. Mai ihren Tanz vollführen durften. Gerade an diesem Tag dachte ich immer, das ich nur mit Idioten zusammen sei. Wir saßen also im Erlebnisraum und frönten einer unserer Leidenschaften. Dem Bleigießen. Allerdings ohne Blei, denn an dem herrschte Mangel. Doch davon ließen wir uns nicht beirren und versuchten es mit den verschiedensten, anderen Materialien: Stoff. Blätter. Sperma. Holz. Erde. Haarschuppen und die Haut von Egon. Nach diversen Experimenten fanden wir schließlich heraus, das es mit Kerzenwachs am besten ging. Egon stahl es, während des Küchendienstes, aus dem obersten Schrank. Gleich neben den abgezählten Nudeln und den nachgemachten Tomaten aus Holz. Die Arbeit in der Küche war bei allen beliebt, weil es dort am ehesten die Möglichkeit gab sich mal satt zu essen. Egon hatte das auch bitter nötig. Denn, obwohl er von den anderen nur PF, also Pommesfresse genannt wurde, verlor er wahnsinnig schnell an Gewicht, wenn er nichts aß. Seine 108 Kilo, bei einer Körperlänge von 1,48 waren Segen und Fluch zugleich. Natürlich versuchte er seine Masse zu halten und tat dies mit aller ihm zur Verfügung stehenden Schläue. Zugegebener Maßen war das nicht viel, denn seine Intelligenz stand in keinem Verhältnis zu seiner Körperfülle. Er schleppte einen riesigen, runden Bauch vor sich her und keuchte dabei wie eine liebestolle Dampflok. Seine viel zu kurzen, grauen Flanellhosen hielt er mit roten Hosenträgern an der richtigen Stelle. So knapp unter den Achseln. Damit machte er sich nicht nur innerlich sondern auch für jedermann sichtbar, zum Trottel. Nichts desto Trotz war Egon ein herzensguter Kerl mit braunen Augen, die keine Wimpern besaßen. Denn die rasierte er, genau wie die Brauen, immer mit einem blank geschliffenen Nagel ab. Er trug eine runde Brille. So, wie John Lennon, der Gitarrist der Beatles, in den 70ern. Egon`s schneeweißen, vollen Haare saßen wie eine Eins und waren akkurat an der Seite gescheitelt. Er hielt sie mit zahlreichen Kinderklemmen, die Marienkäfer und Hummeln obenauf hatten, an der richtigen Stelle. Diese standen ihm gut und unterstrichen seine weibliche Seite aufs allerschönste. Er fraß alles, was ihm zwischen seine Wurstfinger kam: Altes Brot, Schweinenackenkotelett das eine fauligen Beigeschmack hatte, Radieschen aus Wachs und Tomaten aus Holz. Kleine Lederstückchen aus den gestohlenen Einlagen Bruno`s und Katjes. Sein Appetit, war grenzenlos und seine Dummheit auch, denn eins war sicher, würde er so weitermachen, wäre ein Darmverschluss unvermeidlich und das wäre dann das aus für unseren Plan, den wir in einer Nacht im Sommer, kurz vor Mitternacht ausbaldowert hatten. Wir nannten ihn: Die große Flucht! Ein großartiger Plan. Er zeigte noch ein paar Lücken hier und da, aber im Großen und Ganzen, war er perfekt ausgearbeitet. Bis auf den Anfang....................und das Ende..........und die Mitte. Mit Einzelheiten hatten wir es nicht so. Aber wie sagte schon meine Oma immer: „Alles beginnt mit einer Idee.“ d Ich glaube es war an einem Mittwoch, weil das der einzige Tag in der Woche war, an dem wir baden durften, als Bruno alle zusammenrief und meinte: „Freunde, Genossen, Kupferstecher. Wir sind eine Gemeinschaft und in einer Gemeinschaft muss jeder seinen Beitrag leisten. Es gibt subversive Elemente, die glauben sich an unserer Gemeinschaft bereichern zu können.“ Für mich war das zu viel GEMEINSCHAFT. Er machte eine dramatische Pause, um gleich den Hammer raus zuhauen. …..............und schon ging´s weiter. Er stellte sich in Positur. Sah aus wie eine Ratte die sich streckt, um sich gleich darauf zu übergeben. „Die Welt, meine Freunde, teilt sich in zwei Bereiche. Die, die herrschen und die Anderen.“ ,tönte Bruno voller Überzeugung. Darüber waren wir alles andere als glücklich, denn wir wussten das es nun noch schlimmer werden würde. Wir nahmen einen bei uns auf der Treiber hieß. Ein komischer Kauz, der die eine Hälfte des Tages damit verbrachte sich die Hände zu waschen und die andere sie abzutrocknen. Den Rest vermied er zu berühren und ließ auch keinen anderen an seinen Leib. „Christus durfte auch keiner anfassen.“ ,betonte er immer. Das Ekzem, das sich auf seinem Körper ausbreitete, führte zu blutigen, aufgekratzten Stellen auf seiner bleichen Haut. Er machte den Eindruck, als ginge er auf Stelzen. Sein Gang wurde behindert durch eine Fehlstellung seiner Gelenke an den spargeldünnen Beinen. Seinen Rücken bedeckten zahlreiche, verheilte und wieder aufgeplatzte Risse, die er sich selbst, mit einem dicken Seil, zugefügt hatte. „Ich mache diese Welt zu einem besseren Ort, durch meine Qual.“ ,flüsterte er. Langsam bekam ich die Idee ich sei der einzig Normale in einer Welt voller Bekloppten. Aber sicher war ich mir nicht. Seine Nase zeichnete sich durch ständigen Schorf aus, den er immer wieder ab pulte, um zu verhindern das es heilte. Er meinte, das heile Haut zu bilden nicht der Weltordnung entspräche. Jeder hatte wohl seine eigene Vorstellung von der Welt und wie die Ordnung darin auszusehen hätte. Treiber ging, wenn ihm eine Zwangswaschpause auferlegt wurde, 18 Stunden am Tag im Kreis. Mir wurde schon schwindelig beim Zusehen. Jeden Dienstag bestand er auf eine zusätzliche Stunde, die ihm meistens gewährt wurde. Aber wenn nicht, herrschte großes Chaos in unserem Erlebniszimmer. Da wurde geschrien und Stühle flogen durch die Luft. Einige lachten und ein paar weinten. Treiber gebärdete sich wie der Typ, den sie später ans Kreuz nagelten, weil er übers Wasser ging. „Und Jesus ging in den Tempel hinein und trieb heraus alle Verkäufer und Käufer im Tempel und stieß die Tische der Geldwechsler um und die Stände der...“ Es schien mir immer so, als hätte Bruno genau auf diese Momente gewartet, denn dann kam sein geliebter Totschläger zum Einsatz, den er freudig hervorholte, um die Ruhe wieder herzustellen. Zu unser aller Entsetzen zog er manchem auch das Spucknetz über den Kopf. Es sollte verhindern, das der Geschlagene sich durch Speichelfluss oder herausschleudern selbigen, gegen die Prügelattacke wehrte. d Der Mittwoch begann mit einem wundervollen Frühstück: Eine Tasse Tee. Ein Brötchen. Ein kleines Stück Butter. Etwas Marmelade. Ein Ei. Darüber waren alle glücklich. Bis auf Manolito. Ein kleiner Spanier mit dunklen, freundlichen, angsterfüllten Augen. Der Mittwoch, sagte er, sei schrecklich, da sein Ich und sein Körper sich bis Mitternacht in Glas verwandelten und ihn, bis dahin, keiner berühren dürfte, da er sonst in tausend Stücke zerspringen würde. Zu diesem Zweck stellte er sich in die äußerste Ecke des Raumes und baute einen Wall von Tischen und Stühlen, um sich herum auf. Die kleinen Fähnchen die er gebastelt hatte, standen dekorativ darauf und wehten beim Öffnen des Fensters lustig im Wind. Manolito lachte allerdings nie am Mittwoch. Niemals nicht, wie er ständig sagte. Nicht mal ein Grinsen. Auch kein zucken der Mundwinkel. Wir überlegten, ob wir Gürkchen, Eiersalat und Melonen Stücke zu den Fähnchen stellen sollten und sprachen über ein Barbecue. Das verwarfen wir allerdings nach 20 Minuten, da auch daran Mangel herrschte. Bruno beobachtete uns, mit seinen triefenden, geröteten Augen, am Mittwoch besonders genau. Er war an diesem Tag die Trompete und Manolito`s Stühle Festung Jericho. Fast schien es mir als hätte Bruno uns alle auf den Kieker und konnte uns nicht leiden. „Er kann uns nicht nur, nicht leiden, sondern er hasst uns.“ ,grollte Treiber. „Aber manchmal sehe ich den Ansatz eines Lächelns.“ ,sagte ich sanft. „Du bist so ein Arsch.“ ,zischte er und schaute mich böse dabei an. Ich ließ es dabei bewenden, weil ich keinen Streit provozieren wollte, konnte aber den ganzen Tag nichts essen, weil es mich mental doch ganz schön mitnahm. Da passte es ganz gut das Mittagessen und Abendbrot ausfielen, weil gerade Mangel an Nudeln und Brot herrschte. Bruno`s blutunterlaufene Augen starrten auf unsere Köpfe ohne zu blinzeln, was wahrscheinlich die blutunterlaufenen Augen erst möglich machte. Ich bewunderte ihn fast, denn auf seine kranke Art, wie nur er sie zeigen konnte, tat er alles, um seinen sadistischen Job so gut wie möglich zu erledigen. Mein bester Kumpel hieß Ivan. Sein langer, dünner Körper steckte in viel zu kleiner, viel zu kurzer Kleidung. Er betonte immer das Hose und Jacke die richtige Größe hätten, aber durch eine Laune der Natur, würde er jeden Morgen um halb sieben 2,35 m groß werden und dadurch in Kinderklamotten stecken. Gott. Er war so lustig. Wir lachten immer Tränen, wenn er von seiner Heimat im Ural erzählte. Von seiner Mama und den wollenen, langen Unterhosen. Den kleinen Lehmhäusern und seiner Babuschka, die ihn immer an die Schweine verfüttern wollte, weil er ein Tunichgut und Physiker war. Ich sagte darauf immer: „Aber da gibt es doch keinen Unterschied!“ ,worauf alle wieherten, wie die Wildpferde in Kasachstan. Konnte ,mit ihm über alles quatschen. Sein Intelligenzquotient lag weit über dem Durchschnitt. Ich war nicht ganz so schlau, aber natürlich klüger, als all die anderen Knallköpfe aus der Gruppe. Ivans gutmütiges Naturell und sein Pferdegebiss mit dem er die Nationalhymne klappern konnte hatten eine positive Wirkung auf uns alle. Wenn er in das Zimmer kam sah es aus, als ob er die Sonne mitbrachte und das konnten wir alle gut gebrauchen. Ein besonders stiller Kumpan saß grundsätzlich vor dem riesigen Fenster auf der linken Seite des Zimmer. Der Axt Mann. Sein faltiges Gesicht erzählte tausend Geschichten. Die schweren Lider verdeckten fast komplett die Augen und ließen nur kleine Sehschlitze frei. Ich war mir nicht sicher, ob er überhaupt Augen besaß, oder nur dunkle Höhlen. Es gelang mir nie, ihn direkt anzusehen, weil ich immer das Bild dieser furchtbaren Leere vor mir hatte. In einer stillen Minute verriet er mir, das er vor 40 Jahren seine Adoptiveltern erschlagen hat. „Mit diesen Händen.“ ,sagte er immer wieder und blickte die ganze Zeit auf seine geöffneten, verkrampften Finger. „Ich verstehe meine Gewissensbisse nicht. Sie haben es verdient.....“ ,fuhr er fort. „Menschenhandel. Prostitution. Drogen. Und ich mittendrin. Irgendwann hab ich`s nicht mehr ausgehalten.“ Er erzählte noch andere Dinge. Schreckliche Dinge. Unaussprechliche Dinge. Danach wollte ich sie auch erschlagen. d In unserem Verein gab eine einzige Person, die es besser, als all die anderen hatte. Er sah merkwürdig aus. Wie aus einer anderen Galaxie. Ein Außerirdischer. Ein Freak. Seine Stirn zeichnete sich durch eine wulstige Ausbuchtung, die wirklich abnorm groß über seinen Augen hing, aus. Dadurch passte ihm kein Hut. Seine fusseligen, schwarzen Haare lagen spärlich auf dem fast kahlen Kopf herum, doch er versuchte es durch vergebliches herumlegen und herüber kämmen zu kaschieren. Er schielte stark und seine großporige Haut zeigte riesige Krater, wie auf der Mondoberfläche. Als wären tausend Meteoriten eingeschlagen und hätten ihn für immer deformiert. Ein starker Haarwuchs auf seinem Körper führte zu Stellen mit langen, schwarzen Büscheln, die wie geheimnisvolle Inseln auf seinem Leib rumlagen. Er weigerte sich, sie abzurasieren, weil sie ihm eine mystische Aura verliehen. und er glaubte seine Kraft zu verlieren, wenn er sie abrasieren würde. „Ich brauche sie.“ ,jammerte er in seinen schwachen Momenten. Er war ein nerviger, kleiner, paranoider Sack. Wir liebten ihn sehr. Tiomkin lag in einem Einzelzimmer. Das richtete er sich wunderschön mit aufblasbaren Dinosauriern an den Wänden und einer Wachstischdecke ein. Das Plastikgeschirr, von dem er seine Nahrung einnahm, bezog er aus Japan. Die Zeit, als Schönheitschirurg lag schon einige Zeit zurück, dennoch hatte er sich die Würde und Arroganz dieser Handwerkskunst bewahrt und betrachtete jeden, unterhalb eines Professors, als nichtsnutziges Schlachtvieh und Bodensatz der Gesellschaft. Seine Hände strahlten eine überirdische Schönheit aus. Jedes mal, wenn ich sie ansah hörte ich die wundervolle Musik Mozarts in meinem Innern. Seine Augen brauchten eine Sehhilfe, aber er besaß nicht einfach eine Brille. Nein. Tiomkin klemmte sich ein Monokel vor das rechte Auge und sah damit auf uns herab. Wir fragten uns, warum er sich zum 16:00 Uhr Tee einen Smoking überzog, wenn er sowieso allein war? Aber alle stimmten damit überein, das niemand dieser Kleidung mehr Würde verleihen konnte, als er. Bei dem Anblick seiner tiefblauen Augen und grauen Schläfen musste ich immer an, Vom Winde verweht, denken. Ein großartiger, 4 Stunden dauernder Film, bei dem mir regelmäßig der Hintern einschlief. Und ich an den Spruch meines Kumpels denken musste: „Jetzt schläft der Arsch schon wieder!“ Aber ich schweife ab. Der Donnerstag war mir, abgesehen vom Freitag und Sonntag, der liebste Tag der Woche, denn an diesem Tag gab es Kartoffelbrei mit brauner Soße. Dieses Essen verbreitete nur durch seine bloße Anwesenheit einen üblen Geruch und schlechte Laune, die allerdings in strahlenden Sonnenschein gewandelt wurde, da ich wusste, das Mr. Magic ein kleines Tütchen von seinem Zauberpulver unter dem angebrannten, säuerlichen Kotelett hinterlegte. Mr. Magic, unser örtlicher Drogenkurier, legte großen Wert auf einwandfreie Ware, solange die Penunsen in ausreichender Menge und geordnet in seine Tasche flossen konnten wir alles ordern, was der Markt bieten zu bieten hatte. Tiomkin bunkerte reichlich Zaster in seiner Matratze. Die Kohle nahm er damals den alten, reichen Lady`s für die Wiederherstellung ihrer Gesichtsbaracken ab. Und da es stinklangweilig in unserem Laden und das Essen zum Kotzen war, gab es nur eine folgerichtige Entscheidung. Wir mussten mit dem besten Koks, das die Westküste zu bieten hatte, versorgt werden. Die Erscheinung von Mr. Magic glich tatsächlich der eines Zauberers, obwohl er nur der Hilfskoch war. Von mickriger Gestalt, trug er nur die besten Markenklamotten und ließ sich von den teuersten Nutten seinen Schniedel polieren. Er war ein Protzer vor dem Herrn und liebte es sich in Szene zu setzen. Zur Arbeit fuhr er grundsätzlich mit seinem metallic - blau lackierten Caddy. Er stellte extra einen Zwerg aus der nahen Gnomschule an, damit der seine Chromteile wienerte, bis sie blitzten und blinkten. Natürlich hatte Mr. Magic, wie wir alle, nicht alle Latten am Zaun und ohne Koks wäre er genauso ein armes Würstchen gewesen, wie wir. Er erzählte Geschichten von der Welt da draußen. Er konnte gut erzählen und in jeder Story, war er der strahlende Held. Er schlug jeden zu Boden, der ihm blöd kam. Er schleppte die tollsten Frauen ab. Er fuhr die teuersten Karren und alle Unterweltbosse schauten zu ihm auf. Wenn man ihn so reden hörte, gehörte ihm Amerika, inklusive Kanada und Großbritannien. Die Kolonien Indien und China hatte er abgegeben, weil ihm das zu viel Arbeit kostete, aber er wolle sich demnächst mal in Russland umschauen und wenn es ihm gefiele dort König oder Kaiser werden. Als ich meinte in Russland könne er nur Zar werden, wurde ich 1 Woche vom weißen Pulver ausgeschlossen und schniefte statt dessen eine Mischung aus Pfeffer und kleingehackten Pekannüssen, versetzt mit Scheuerpulver. Anfangs knallte das ganz gut, bis ich anfing Engel zu sehen die mir den Stinkefinger zeigten. Also die Idee war dann doch nicht so gut und ich hörte damit auf, als mein Riechkolben auf die Größe einer Bananenstaude aus Südamerika anschwoll. Aber in der darauffolgenden Woche, war ich wieder der beste Freund von Puff the magic Dragon und nach einer extra Zahlung von Tiomkin entsorgten wir das komplette Mittagessen und zogen uns das Pulver, an den Löchern der Nasenscheidewand vorbei, ins Gehirn, bis unsere Zähne klapperten und uns der Schleim von einer Woche aus der Nase Lief. Wir fühlten uns unbesiegbar. Wir waren die Faust im Nacken des Feindes. Der Speer auf dem Weg ins Ziel. Wir waren Handgranaten und wir zogen selbst den Sicherungsstift und explodierten. Das war immer ein schwieriger Moment für alle, da Bruno seit einigen Wochen seine Lauscher in Hab Acht Stellung brachte, um zu erfahren wohin der Hase lief. Er spürte, das da irgendetwas im Busch war und er wollte sich nicht die Gelegenheit für ein brutales Vorgehen entgehen lassen. Da stand er also. Genau in der Mitte des Erlebnisraumes und beobachtete uns. „Wer von euch braucht einen neuen Haarschnitt? Wer will in die Werkstatt?“ , wiederholte er in einer Tour. Er ließ den Totschläger immerzu durch seine, mit dunklen Adern durchzogene, ekelhafte Hand gleiten und glotzte mit Argusaugen von einem zum anderen. Wild entschlossen jemanden zu finden der aufmuckte. Wir taten so, als würden wir es nicht bemerken und mussten uns das Lachen über soviel Dummheit verkneifen. Vollgepumpt bis zum Stehkragen hielten wir uns für schlauer, als dieser dämliche Penner. Wir spielten blinde Kuh und die Reise nach Jerusalem. Alles lief seinen gewohnten Gang, bis Tiomkin sich auszog und anfing wie ein Hahn zu krähen, da er meinte die Sonne wäre aufgegangen und er müsste seinen Job nun mal erledigen, egal was die anderen Schweine und Esel dazu sagten. Wir fingen fürchterlich zu lachen an. Alle. Bis auf Bruno. Der kam, mit schnellen Schritten auf Tiomkin zu und knallte ihm seinen Totschläger auf den Kopf. Es knackte in Tiomkins Schädeldecke und dann fiel er einfach zu Boden. Bamm. Da lachten wir dann nicht mehr. Das rote Blut sah, auf dem Linoleum, mit dem Schachbrettmuster, wie ein künstlerisches Gemälde von Da Vinci oder van Gogh aus. Irgendwie schön. So, als hätte Tiomkin es selbst arrangiert. Das gönnten wir ihm. Die Leichenträger hatten Mühe ihn auf die Bahre zu legen, weil alles so glitschig war. Die Polizei wurde nicht benachrichtigt, weil das ja nur ein bedauerlicher Unfall war. Das sagte jedenfalls der Direktor und es gab keinen Grund das zu bezweifeln. d Ich hatte großen Appetit auf eine Birne, aber leider herrschte auch da großer Mangel. Als ich Bruno freundlich darauf ansprach. wurde er sehr ungehalten und schrie ich sollte mich um meinen Kram kümmern. Darauf meinte ich, das dies doch mein Kram wäre. Er schlug mir mit seiner Faust ins Gesicht, wobei ich meinen oberen Schneidezahn einbüßte, und trat mir, mit seinen schwarzen, blankpolierten Stiefeln in den Bauch. Auf der Krankenstation gab man mir einen Einlauf und zwei Aspirin. Es ist gut, Fachpersonal an der richtigen Stelle zu haben. Nach zwei Wochen, Bruno hatte seinen freien Tag, setzen wir uns zusammen. Treiber, Egon, Manolito, Ivan, Axt Mann und ich. Wir tranken Kaffee und taten so, als wenn wir uns über das Wetter und die dicken Weiber in Block A unterhielten. (Wir taten auch so, als ob wir Kaffee tranken, denn daran herrschte Mangel.) „Wir sollten dieses Schwein einfach erschlagen.“ ,meinte Axt Mann. „Und dann? Wir wären immer noch hier und die hätten die Schlüssel.“ „Wir könnten eine Untersuchung aller Vorfälle beantragen.“ ,sagte Manolito. „Ich beantrage ein Fenster zu öffnen, die Luft ist sehr stickig.“ ,flüsterte Ivan. „Die Fenster lassen sich nicht öffnen.“ ,sagte ich. „Wann ist eigentlich Donnerstag. Ich halte das nicht mehr lange aus.“ ,jammerte Treiber. „Heute ist Freitag.“ ,stellte ich fest. „Was!!!!!!!!!!!!!“ ,heulte Treiber auf. „Freitag?“ „Lasst uns Bruno einfach erschlagen. Ich besorge uns eine Axt.“ ,flüsterte Axt Mann. „Aber woher denn. Es herrscht bestimmt Mangel an Äxten.“ ,stellte Manolito fest. „Mr. Magic wird uns helfen. Macht eure Kohle locker.“ ,befahl der Axt Mann. „Ich hab` Hunger.“ ,stellte Egon fest. „Es ist wirklich stickig hier. Was war nochmal mit den Fenstern?“ ,fragte Ivan. „Die lassen sich nicht öööööööööööööööööööööffnen.“ ,antwortete ich gereizt. Da alle ins Wochenende wollten, wurde die Sache beschlossen und die Hinrichtung auf Sonntag nach dem eingebildeten Kaffee gelegt. Vielleicht gab es ja auch eingebildeten Kuchen, am besten Erdbeer. Das passte allen am besten, denn eine halbe Stunde später gab es >Vom Winde verweht< und das wollte niemand verpassen. Samstag war ja immer Kinoabend. Am Sonntagmorgen schien die Sonne in unser Fenster und der Schlafsaal wurde in in helles überirdisches Licht getaucht. Ein großer Apfelbaum stand an der Straße Bismarckallee und gab den Menschen Frieden und Schatten. Die radioaktiven Brennstäbe strahlten mit mir um die Wette und ich machte das Rennen. Endlich konnte ich im Dunkeln leuchten. Ein Einhorn flog um einen Kirchturm, wieherte fröhlich und wollte mich zum Bier einladen. Ich lächelte. Plötzlich schlug Bruno mit seinem Totschläger gegen das nächstliegende Bett und stahl mir meinen Traum. Das grelle Neonlicht klatsche mir direkt auf das Gesicht und in die Pupille und gleich darauf kam auch der erste Schlag. „Ich hab gesagt du sollst aufstehen. Du blöde Sau.“ ,schrie Bruno in mein Ohr. Ich zuckte mit meinen schmächtigen Schultern und gähnte herzhaft. „Wo sind eigentlich die Nudeln mit roter Soße, die man mir seit 12 Monaten versprochen hat?“ ,fragte ich unschuldig. „DIE WAS!!!!!!!!“ ,brüllte er in mein anderes Ohr. „Nudeln....Tomatensoße....12 Monate.....versprochen.“ ,wiederholte ich die entscheidenden Wörter. Bruno lief rot an und begann zu schwitzen. Kleine Tröpfen bildeten sich auf seiner runzeligen Stirn und liefen schließlich in kleinen Bächen über sein hässliches Gesicht. Stellte mir vor, wie es von Axt Mann heute gespalten würde. Das gäbe eine ganz schöne Sauerei. Überlegte, ob ich eine Gummischürze tragen sollte. Verwarf das aber gleich wieder, da mir weißes Gummi einfach nicht stand. Außerdem bestand ein großer Mangel an weißem Gummi. Da hatte ich wohl mal Glück. Bruno wendete sich einem anderen Opfer zu. Treiber zog gerade seine blauen Socken mit den Löchern an, als ihn der Totschläger hinterm Ohr traf und er zu Boden ging. Es war nur ein leichter Schlag. Nur eine Zurechtweisung. Röchelnd nahm Treiber die gelben, heilen Socken aus dem Schrank und zog sie über die Blauen. Es wurde sehr viel Wert auf ordentliche Kleidung gelegt. Bruno stürmte aus dem Saal. Laut fluchend. Stühle und Betten umwerfend. Wir brauchten unbedingt einen großen, festen Plastiksack in dem wir seinen scheußlichen Körper verpacken konnten. In meiner Heimat gab es einen tiefen See in den meine Freunde und ich allerlei Sachen versenkten. Wir waren Kinder und warfen die Weidenstöcke unserer Väter, mit denen sie uns verprügelten, die Schlüssel der Keller, in die sie uns sperrten, die Kochlöffel, die wir auf unserem Rücken spürten, wenn wir nicht spurten, hinein. Bruno würde sich in diesem See auch gut machen. Er wäre in guter Gesellschaft. Er wäre endlich dort angekommen, wo er hingehörte. Nun ja. Meine Pläne wurden über den Haufen geworfen, als Treiber dem Oberarzt, der ihm gerade eine Beruhigungsspritze geben wollte, einen Bleistift in den Hals rammte und Manolito den Schwestern und Pflegern Rattengift ins Essen mischte. Wir legten die Körper in den Kühlraum und stellten fest, das es reichlich Fleisch, Obst, Nudeln und alle möglichen Soßen gab. Wir waren im Schlemmerparadies gelandet. Halleluja. Wir waren sehr glücklich und warteten auf Bruno der sich in der Toilette eingeschlossen hatte und seinem Ärger, durch das Fluchen richtig schlimmer Worte, Luft machte. Der Hilfskoch, Mr. Magic, nutzte die Zeit, warf reichlich Nudeln in den Topf und in einen anderen unsere geliebte rote Soße. Die Sonne schien durch das Fenster und verwandelte die Küche in ein paradiesisches Trotoar auf den Seyschellen. Treiber sagte, Trotoar sei französisch und hieße Bürgersteig. Ich meinte, wenn das wirklich so wäre, läge China sicher auch in Billstedt und Trump wäre Eisverkäufer in Wilhelmsburg. Er entgegnete das China in Asien läge und dieser Trump ihm nicht geläufig sei, da er schon 20 Jahre in dieser Einrichtung sein Leben fristete. Axt Mann bekam einen Rappel und schnappte sich das Beil vom Tresen, stürmte in die Toilette und zerrte Bruno da raus. Der zog seinen Totschläger und schaute, wie ein wild gewordener, brünstiger Elch in die Gegend. Manolito schlug ihm das Höllenfolterwerkzeug aus der Hand und gab ihm eine saftige Ohrfeige. Axt Mann nahm den Totschläger an sich und ließ ihn in seiner Hand hin und her rollen. Er schien zu überlege, wie es weiter gehen sollte. 2 Minuten lang herrschte eine unwirkliche Stille. Eine Ameise lief an der gelben Wand entlang und schaute sich immer wieder nach seiner Königin um. Ich saß vor meinen Nudeln und traute mich nicht zu Essen, da ich befürchtete diese elektrisierende Stimmung kaputt zu machen. Axt Mann legte den Totschläger und das Beil auf den Boden. „Wenn du es schaffst deinen Scheiß Schläger auf zu heben, bevor ich mein Beil hochnehme, kannst du gehen.“ richtete er sich an Bruno. Dieser griff sofort nach seinem Mordinstrument. Doch bevor er es in den Fingern hatte, wurde ihm die Hand mit der Axt abgeschlagen. Das Blut spritzte in einer Fontäne heraus. Das war ekelhaft und versaute mir den Appetit auf meine Nudeln mit roter Soße Und während er verblutete sprachen wir über die Zukunft der Irrenanstalt. Keine Wärter Immer genug zu essen Musik in den Pausen zwischen den Mahlzeiten. Jeder durfte das tragen, was ihm gefiel. Keine Totschläger. Und weil das alles gerade so gut lief dachten wir uns einen neuen Namen für diese Etablissements aus. Im Film >vom Winde verweht< gab es eine Südstaatenranch, die 12 Eichen hieß. Unsere Glückszahl war 13. Und weil wir uns damals wie Sklaven fühlten, hieß unsere Einrichtung ab sofort: 13 Eichen Wir zogen uns weiße Anzüge, mit Panama Hüten, an und leiteten ab sofort die Anstalt mit großem Erfolg. Die früheren Betreiber, inklusive dem Direktor und seiner Geliebten, Schwester Kriemhild, verbrannten wir im hauseigenen Krematorium. Dann bestellten wir Vanille Eis und Pfirsiche In der Werkstatt stand ein Bett mit Lattenrost aus Metall. Daneben gab es einen Transformator und reichlich Kabel die an die Delinquenten angeschlossen wurden, um ihnen Stromstöße zu verpassen. Das Gebäude machten wir dem Erdboden gleich und niemand musste mehr zum Friseur, wenn er nicht wollte. Am Sonntag saßen wir im Park und ließen uns die Sonne auf den Bauch scheinen. Jeder Neuzugang bekam frisches Bettzeug und ein Lächeln. Am Abend sangen wir Lieder über Liebe und Sehnsucht. Das fanden alle gut. Auch die schweren Fälle. Nachts zog manchmal ein feiner süßer Geruch von den nahen Feldern zu uns herüber. Dort hatten wir die Asche der Entsorgten verstreut. Dann schloss ich meine Augen und dachte, das der Wahnsinn bei uns auszog, nachdem wir eingezogen sind. Alles in allem gingen wir rosigen Zeiten entgegen. Februar 2020 von Axel Bruss
  5. Axel

    Sonne

    Sonne Zur Sonne will ich fliegen. Auf den Mond und bis zum Mars. Die Welt mit dir erobern. Und den Himmel in rote Farbe tauchen. Einen Kuss von deinen Lippen klauen. Deine Haut zu meiner machen. Ein Vogel will ich sein, der dich berührt. Eine Träne und das Salz in ihr. Zur Sonne will ich fliegen. Nur mit dir. Städte gründen. Straßen bauen. Im Sand mit dir versinken. Und die Wellen in mir spüren. Ein Leben und ein Lachen will ich sein. Ein wildes Tier in deinem Schoß. Ein Wimpernschlag. Ein Jahr und mehr. Ein Atemzug. Ein Horizont und Augenblick.
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  6. Dinner at eight Ich habe meinen Laptop mit grüner Acryl Farbe angestrichen. Der sah nämlich total langweilig und spießig aus. Und ich will alles andere sein, nur nicht öde, einförmig und farblos. Fade und ausdruckslos habe ich hinter mir. Ich reihe mich nun selbst in eine Farbpalette großartiger, spannender Persönlichkeiten ein: Obama, Ghandi, Einstein, Newton, Mickey Maus, Oscar Wilde, George Hamilton IV, Paracelsus, Pluto, Iron Fist, Saladin, Platon, Daredevil und Jesus von Nazareth. Natürlich schießen gleich wieder ein paar andere Gedanken quer. Kenne ich ja schon: Frau Dr. Quinn – Die Zahnärztin aus Leidenschaft BA > Blumenduft Allergie! Mein Job, bei der Hyazinthen AG 1218, wurde mir gekündigt, weil ich 2 Wochen lang, wie ein Hund aufjaulte, wenn bestimmte Pflanzen mich, in irgendeiner Weise, berührt haben. Die ersten Tage, war das ganz lustig und alle haben sich schlapp gelacht, aber irgendwann hatte sich der Reiz des Neuen totgelaufen. Wir alle kennen das ja aus Beziehungen. Erst ist alles Top, aber nach einer Weile merken wir, das der Andere auch nur ein, mit Fehlern behafteter Mensch und nicht der ersehnte Traumpartner ist. Also. Trennung. Logisch. Oder? Frau Dr. Quinn fand dann heraus, das es sich bei mir, um eine Blumenduft Allergie handelte. Äußerst selten. Äußerst schwierig zu behandeln. Wir versuchten es mit Hubertus Saft und Xantippen Juice. Brachte beides nichts. Ich bekam nur einen Schluckauf und einen Ausschlag. Egal. Zurück zur Geschichte. Mein Körper lümmelt zwanglos auf meinem alten Lederimitat Ohrensessel, den ich in einer Kleingarten Siedlung in einer Hütte gefunden habe und ich erinnere mich wehmütig an meine Zeit in der Postabteilung des Präsidenten (2 Wochen). Hatte mir ein neues System für wichtige Briefe ausgedacht. Alle Umschläge, die besonders dick und schwer waren, mussten endlose und wichtige Informationen für die Geschicke des Landes und viel Lob an das Oberhaupt der mächtigsten Nation der Welt beinhalten. Diese versah ich mit einem roten Kreuz und einem wichtig aussehenden Stempel in schnörkelloser Schrift und marineblauer Tinte: Top Secret: Nur vom Präsidenten zu öffnen! Die Idee wollte ich mir so schnell, wie möglich patentieren lassen, aber bereits am nächsten Morgen gab es eine Explosion im Vorzimmer des Staatsoberhauptes. Die Chef Sekretärin riss versehentlich einen, mit einem roten Kreuz markierten, Brief auf und die Bombe darin katapultierte Teile von ihr bis nach Kansas. Das war sowohl für Kansas, als auch für sie kein schöner Arbeitsbeginn. Ich hab dann vorsichtshalber gekündigt, wegen einer verstauchten Hand und obszöner Anrufe vom Secret Service. Und einem guten Job bei Mc Donald als Bürger Sortierer. Schwarze Bürger nach links. Weiße Bürger nach rechts. Die gelben und roten hatten einen Sondertag einmal im Monat. Hat sich aber dann doch nicht durchgesetzt. Gab von der Verwaltung nur Genörgel. Hatte es nur mit Banausen und Rechtsverdrehern zu tun. Irgendwann sollten sie die Verfassung noch mal durchgehen. Schließlich wollte ich nur den Kundenstrom besser durch den Verkaufsraum leiten, um Wartezeiten zu verhindern. Viele hielten das für Diskriminierung von Minderheiten. Ich sagte: Minderheit bin ich selbst, sonst würde ich nicht bei Mc arbeiten, sondern im Weißen Haus. Naja. Ich will mich nicht darüber aufregen. Das ist Schnee aus vergangen und kalten Tagen. Nur das Jetzt sollte für die Besten und Fortgeschrittenen zählen. Das Heute ist die Folge von Gestern und im Morgen liegt die Vorstellung einer besseren Zeit. Naja. Schön wär`s. Ich dachte immer: Morgen ist genauso beschissen, wie heute. Nur schlimmer! Übrigens heute. Es gibt wieder keinen Kaffee. Werde ich jemals Einen bekommen oder bis zum Ende Koffeinlos durch die Weiten wandern müssen. Ich überlege, ob grüner Kaffee nicht auch ein großer Verkaufsrenner wäre. Dann könnte man den Leuten vorlügen, sie würden was Gutes für die Umwelt tun. Weil grün ja nachhaltig und Natur bedeutet. Und wir könnten den armen Bauern aus Guatemala zwei Eicheln schenken, die sie auf ihrem kargen Boden einpflanzen sollen, damit da große, deutsche Eichen drauf wachsen. Dann würden wir sagen, das wir für zwei Packungen verkauften, grünen Kaffee zwei Bäume pflanzen. Das ist eine schlaue Idee von mir, weil alle viel Geld verdienen und die Bauern in 40 Jahren zwei neue, starke Eichen haben und sich im Sommer in ihren Schatten legen können und sich überlegen, wie dumm sie waren, uns Ausländern zu vertrauen, als wir sagten: „Wir wollen nur das Beste für ihr Land und ihr armes, arbeitsreiches, nutzloses Leben.“ Das Telefon klingelt. War nur einer von diesen Perversen, die ins Telefon stöhnen und sich einen runterholen. Wieso macht das eigentlich nie eine wunderschöne Frau mit schwarzem Negligé und tollen, stehenden Brüsten. Bestimmt, weil die viel zu schlau sind. Viel schlauer, als die Männer. Bei mir fiel das auf fruchtbaren Boden. Meistens dachte ich, das mir meine Dummheit vererbt worden ist. In meiner ganzen Familie gab es nie so was wie Intelligenz. Und wenn, hat das mein Onkel Waldemar auf dem Schwarzmarkt vertickt und den Rest der Familie weiter im Dunkeln tappen lassen. „Intelligenz füllt keine Bäuche.“ ,sagte mein Vater immer, wenn ich eine Frage stellte. Und. „Dummköpfe regieren die Welt, deshalb ist es schlau sich blöd zu stellen.“ Ich hasse meinen Vater mehr, als meine eigene Unsicherheit. Er ist der Teufel und hat unser Leben, wie ein Reich der Finsternis regiert. Ich habe meinen Laptop wieder schwarz gestrichen, weil dieser Öko Mist nur für die Reichen funktioniert. Die suchen ja immer nach neuen Verkaufsstrategien und mit der Bio Chose haben sie uns wieder ihre Hände um den Hals gelegt. Jedenfalls lassen sie uns unsere Dummheit nicht bemerken, weil sie so tun, als würden sie verantwortungs- und Umweltbewusst handeln und wir müssen dann so tun, als würden WIR nicht merken, wie blöd wir tatsächlich sind, weil wir auf diesen Humbug mit der Natur reinfallen. Ganz schön schlau, diese Werbe Fuzzis! Habe das Gefühl, das ich heute ein bisschen genervt von diesem ganzen Mist und meinem Leben bin. Wenn ich nicht bald was von der schwarzen, heißen Brühe bekomme, drehe ich durch. Komisch, wie abhängig man von solch banalen Dingen, wie Kaffee, Luft und Marmeladenbrötchen sein kann. Heute morgen kam ein Bericht über Salvador Dali im Radio und den fand ich interessant, weil Salvador immer nur das gemacht hat, was er für richtig hielt. Am besten fand ich die schlaffen Uhren und die Elefanten auf Stelzen. Außerdem, war der wohl auch verrückt. Er hielt den spanischen Diktator Franco für einen Superhelden. Dabei, war das nur einer von den üblichen Superschurken. Dali hatte Glück das er nicht in 13 Eichen gelandet ist. Denn da kommen alle Querdenker hin. Manchmal ist das richtig und manchmal nicht. Meistens denke ich, das es schön und bequem ist, mit dem Strom zu schwimmen. Du lehnst dich entspannt zurück und lässt dich treiben. Immer nach Süden. Richtung Biskaja. Auf der Luftmatratze, mit den anderen blinkenden Heringen in einem Strom dummer, hirnloser Glückseligkeit. Herrlich! Aber da ich selber meine Unfähigkeit zur Schlauheit bemerke, bin ich wohl nicht so doof, wie ich dachte. Mist! Und weil ich das jetzt erkenne, entscheide ich mich die Tage in meinem Tagebuch wegzulassen und alles in der Gegenwartsform zu schreiben, da dieser Fall ohnehin bald gelöst ist, oder wir alle tot im Hudson treiben. Mann, bin ich schlau! Das alte Radio, aus good old Germany, auf dem verstaubten Regal, tut immer noch seine Arbeit. Ich schmeiße es an und habe Glück. Sie spielen - I`ve got a crush on you – von Sinatra. Da ich diesen Song liebe, singe ich jede Zeile leidenschaftlich mit. Alle Eintagsfliegen und Staubpartikel, die sinnlos im Raum herum schweben, gucken mich an und wünschen mir die Krätze an den Hals. Kann mir egal sein, da ich der Typ mit der Kanone bin. Und ich weiß, das der Macker mit der Schusswaffe das Sagen hat und sich deswegen auf dickem Eis bewegt und wenn ihm jemand blöd kommt, bläst er ihm einfach den Schädel mit seiner 45er weg. Fühle mich wie King Kong. Bin unbesiegbar. Bin die größte Nummer in diesem Affenhaus. Ne` warte mal. Das Ende war doch so, dass sie ihn vom Empire State Building geschossen haben und er elendig verreckt ist. Mist. blödes Beispiel. Gerade, als ich mich mit einer anderen mächtigen Figur aus einem mega bekannten Märchen vergleichen will, geht die Tür auf und das gleißende Sonnenlicht strömt, wie eine Flutwelle in den abgedunkelten Raum. Instinktiv ziehe ich meine Schusseisen. Wie wird die eigentlich entsichert? „Wo ist der Tresor?“ ,höre ich Tamaras Stimme. „Liebling wir.......“ ,höre ich Josephine sprechen. „Schnauze. Dafür habe ich keine Zeit. Ich brauche das Paket.“ „Ganz schön rüder Umgangston, für so eine heiße Puppe.“ ,flöte ich mit dunkler Marlow Stimme in den Raum und ziele mit ruhiger Hand auf ihren Adamsapfel. Dann fällt mir ein, dass Frauen ja gar keinen haben und ich ziele aufs Herz. Aber wahrscheinlich hat Tamara das auch nicht. „Monday. Du überrascht mich immer wieder.“ ,sagt Tamara. „Kann ich von dir nicht behaupten.“ ,halte ich dagegen. Mit einer lässigen seitwärts Bewegung meiner Pistolero Hand beordere ich sie nach draußen und ziehe so verächtlich wie möglich meine rechte Oberlippe nach oben. Mann! Ich bin so cool. Auf dem Weg zum Tresor müssen wir das - de Sade - verlassen und in ein gut gesichertes Nebengebäude. Der Sand knirscht unter unseren Füßen und ein leichter Wind kühlt mein brennendes Gesicht, während meine Wimpern, wie Fahnen in der Brise flattern. Im Nebengebäude schlägt uns eine modrige Welle, die freudvolle Erwartung aus dem Gesicht und Tamara dreht sich um und schlägt mir, mit einem Lächeln, die Waffe aus der Hand. Ihr Tritt gegen meine Brust schleudert mich zu Boden und nimmt mir die Luft. Denke sofort an die dritte Klasse. Grundschule. Umgeben von den Idioten, die so tun, als wären sie meine Klassenkameraden und dem weiblichen Geschlecht, das ich immer schon angehimmelt habe, sollte ich, im Sportunterricht, einen Sprung über das Pferd machen. Auf meine Äußerung, das der große Alexander sicher auch nicht, so mir nichts dir nichts auf seinen Bukephalos gesprungen ist, antwortete Herr Ritzenfinder, unser Sportlehrer: „Wenn du nicht sofort springst, bekommt dein Vater einen blauen Brief.“ „Wenn das passiert, werde ich mich wohl in die Reihe von bekannten Persönlichkeiten einreihen.“ ,meinte ich. „Einreihen?“ „Ja. Einreihen. Jesus, zum Beispiel, der ist mit 33 gestorben.“ „Jesus?“ ,fragte er wieder. Aber diesmal noch ungläubischer. Ne` warte mal. Unglaubiger. Mist. Ungläublicher? Scheiße! Egal. „Ja. Aber Hitler ist erst mit 55 gestorben.“ ,gab Herr Ritzenfinder, bauernschlau von sich. „56!“ ,gab Herr Ritzenfinder, bauernschlau von sich. „Was?“ „Hitler hat sich am 30. April 1945 im Führerbunker erschossen. Danach wurde seine Leiche und die von Eva Braun verbrannt. Unser Führer war 56 Jahre alt.“ ,dozierte Herr Ritzenfinder. Ok. Da hatten wir wohl alle was für den Geschichtsunterricht gelernt. Und gleichzeitig, das unser von allen Schülern gehasster Sportlehrer, Herr Ritzenfinder, ein glühende Verfechter des Nationalsozialismus war. Klasse. Vielleicht sollte ich IHM einen blauen Brief schreiben! „Was ist jetzt Moon? Wird`s bald?“ ,schrie er. Mann. Ritze, war so Impertinunt. Impertonint? Impertunent? Scheiße! Am besten lasse ich das mal mit den Fremdwörtern. Jedenfalls. Niemand wollte einen blauen Brief, also lief ich an, hüpfte auf das Sprungbrett, jumpte über dieses Ding und fiel krachend auf meinen Rücken. Sofort setzte die Atmung aus und ich bekam keine Luft mehr. Meine Brüder, die Flußkrebse, starben reihenweise an denselben Vorboten. Auf dem Rücken dahinsiechend und in einem letzten Seufzer sterbend. Ich jabste, dämlich berührt, mit den letzten Einhörnern um die Wette. Kommen wir wieder zum Wesentlichen. Ich liege, mit verkrampften Fingern auf dem Boden und versuche ein bisschen Sauerstoff in meine Lungen zu pressen. Tamara zieht eine brandneue Luger aus ihre Handtasche, zielt damit auf mein engelgleiches, verzerrtes, rotbraunes Gesicht und sagt: „Das war`s Kleiner.“ ECHT JETZT. - Das war`s Kleiner? - Geht`s noch peinlicher? Und gerade als sie mich ausknipsen will, springt Schinkel von der Seite heran und beißt ihr in den Arm. Sie schreit und flucht und versucht ihn abzuschütteln. Aber Schinkel ist eisenhart. Er lässt nicht los. Dieser niedliche Schinkel wird zur rasenden Bestie. Tische und Stühle werden umgeworfen und in diesem ganzen Durcheinander können Francine und Josephine flüchten. Tamara knallt mit dem Kopf auf die Bar und rührt sich nicht mehr. Ich prüfe den Atem. Vorhanden. Fummle aus ihrer Handtasche das Kaugummipapier und finde nur die Zahl 13 und die krakelige Unterschrift von Adolf Hitler. „Du findest die anderen Zahlen anhand der Stellung der Buchstaben im Alphabet.“ ,quatscht mich Feng von der Seite an. „Alter. Bist du verrückt? Wo kommst du denn auf einmal her?“ ,rufe ich, zusammenzuckend. Er deutet mit seinem kleinen, beringten Finger zur Tür. Ich verdrehe die Augen, um ihm zu zeigen, dass diese Aktion für`n Arsch war. „Also schauen wir mal.“ ,sage ich so professionell, wie möglich. A = 1. D = 4. O = 16.“ „15.“ ,mischt Feng sich ein. „Was?“ „O = 15.“ „Feng, haben sie nichts zu tun? Koi Karpfen besamen zum Beispiel?“ „L = 12. F = 6.“ ,fährt er ungerührt fort. Ich überlege, ob ich den kleinen Feng in einen Umschlag stecke und zurück nach Afrika schicke. Schinkel, der nervige Feng und ich gehen Richtung Tresor und stehen vor einer verschlossenen Holztür. Feng stellt sich davor und nach kurzer Konzentration tritt er die Tür mit einem Kiai – Schrei ein. Wahnsinn. Vielleicht war er früher Shaolin in einem Kloster. Die müssen ja die krassesten Übungen ausführen und aushalten. Auf einem Bein stehen. Mit der linken und rechten Hand zwei große Wassereimer, vom Körper weghalten und Gedichte von Li Bai und Dufu rezitieren. „Repekt Feng. Das hätte ich ihnen nicht zugetraut.“ Er rümpft nur die Nase und geht hinein. Dem Penner werde ich kein zweites Mal ein Kompliment machen. Ich öffne den Tresor und entnehme das Paket Nummer 10. Kurz darauf setzt mich ein Handkantenschlag vom aller Feinsten außer Gefecht und ich sacke zusammen. Feng, dieser Schweinepriester, hat mich niedergestreckt. Sofort geht Schinkel auf ihn los, aber Feng setzt ihn mit einem gezielten Fußtritt außer Gefecht. Der arme Schinkel fliegt jaulend in die staubige Ecke des verwahrlosten Raumes. Draußen hören wir Schritte und Rufe. Feng flieht. Kurz darauf betritt Tasty den Ort der Schande. Wie konnte ich nur auf Feng reinfallen? Die Welt ist gemein und ungerecht. Tasty packt meinen Kopf und mit einem lauten Knacks hat sie meine Wirbel wieder in die richtige Reihenfolge gebracht. „Hab in Abendkursen eine Ausbildung zum Orthopäden gemacht.“ ,stellt sie lakonisch fest. „Du bist der Hammer!“ ,erkläre ich. „Wieso du noch keinen Mann hast ist mir unerklärlich.“ „Das liegt wohl an den Arbeitszeiten.“ ,lacht sie. „Damit komme ich klar.“ hauche ich ihr ins rechte Ohr. Schinkel kommt langsam heran und beschnüffelt Tasty. Dann legt er seine Schnauze auf ihr Knie. „Gott. Du bist ja ein ganz Süßer. Du kleiner Stinker.“ ,ruft sie erfreut aus. „Heute Abend wird aber geduscht Schinkel.“ Er guckt kurz hoch und dann gleich wieder weg. Begeisterung sieht anders aus. Tasty hebt das Schlappohr von Schinkel und flüstert: „Ich meinte doch nicht dich. Ich meinte ihn.“ ,und zeigt dabei mit dem Daumen auf mich. Schinkel kuschelt sich noch tiefer in Tasty`s Schoß. Das wird mir dann doch ein bisschen zu intim. „So. Wir müssen los!“ ,verkünde ich laut und reiße die Beiden aus ihrem Kuschelkurs. Paket 10 hat die Größe eines Hundeknochens, aber eins von der ganz kleinen Sorte. 5 x 5 cm. Gepolstert. Mann. Da passen doch nie 200 Kilo Kokain rein. Oder ging es um 200 Gramm? Auf jeden Fall schiebe ich es an die sicherste Stelle meines Körpers. Direkt zwischen meine Beine und an meinem rechten Ei vorbei. Da lasse ich immer ein bisschen Platz für extravagante Spielereien. Ihr wisst schon was ich meine! Zu dritt trotten wir die Straße runter. In meinen Gedanken nenne ich uns die großartige: Gun Hill Road Gang „Wir sind gemein und wir sind gefährlich. Wir leben in den Hinterhöfen und ernähren uns von Marmeladenbrötchen.Wir sind Bonnie & Clide und der Hund von Baskerville. Die zähnefletschende Bestie, die dir in 10 Sekunden das Fleisch von den Knochen nagt.“ Ich schaue zu Schinkel hinunter, der zwischen uns geht. Er blickt zurück und schaut mich mit treudoofen Augen an. Naja, vielleicht nicht gerade Baskerville. Doch eher Spike der Astronautenmops. Ich grinse ihn, mit einer Mischung aus Schadenfreude und Freundschaft, an. Da er viel schlauer ist, als ich, schaut er mitleidig zurück und leckt mir die Hand. Schätze, wir sind einfach ein gutes Team. Mann. Ist das abgedroschen. Meine Straße wird von zahlreichen Bäumen gesäumt. Der Duft von Jasmin wabert um die Ecke und zieht in meine Nase ein. Es ist ein Déjà Vu. Etwas aus der Kindheit. Ein Zwinkern. Eine Erinnerung. Ein Leben vor dem Leben. Ein Gefühl kriecht herauf. Ich will es halten. Will Weinen und Lachen. Es ist flüchtig, wie ein Augenblick. Ein Atemzug. Das Glück. Aber das Glück lässt sich nicht halten. Die meisten können Glück nicht mal begreifen. Sie denken, es ist ein neues Auto oder ein Kühlschrank oder ficken in einem Astronautenkostüm. Es ist ein Nichts und es ist Alles. So wie Gott. (Also, wenn er existieren würde!) Selbst mit einer Fotografie können wir es nicht. Die Leute haben tausende von Fotos. Vielleicht wollen sie ihre Kindheit damit festhalten. Oder das Leben ihrer Nachkommen, damit sie sagen können: „Schau mal, wie süß der kleine Hans da war. Heute ruft er höchstens 1 mal im Monat an und wir haben uns nichts mehr zu sagen. Wir sprechen über das Wetter und den Ärger mit seiner Frau und ich nörgle über die Nachbarin, weil die nachts in ihrer Wohnung mit Stöckelschuhen hin und her läuft.“ Schau mal, wie schön früher alles war. Genau das gleiche haben unsere Eltern von uns gesagt. Und wenn unsere Kinder Kinder haben, werden die das Gleiche von ihren Kindern sagen. Fotografien lügen uns die Hucke voll, damit wir glauben können, das alles wieder so wie früher werden kann. Irgendwann. Aber ich sag` Euch was: Der Zug ist abgefahren. Wenn wir uns nicht vorwärtsbewegen oder stehen bleiben schluckt uns das Leben. Wir werden, wie das neue Auto oder der Kühlschrank oder das Astronautenkostüm. Wir werden zu einem leblosen Ding. Zu einem wiederkäuenden Etwas, das frisst und fickt und scheißt und stirbt. Oh, Mann. Ich glaub ich bring mich gleich um. Diesen sentimentalen Scheiß braucht kein Mensch. Wir setzen uns auf die alte verwitterte Bank vor meinem Haus. Wir fühlen uns wie ein altes, verwittertes Ehepaar. Nur jünger. Schinkel legt diesmal seinen Kopf auf mein Knie. Natürlich durchschaue ich ihn und bemerke sofort, das er nur mich und meine Eifersucht beruhigen will. Tut trotzdem gut, Kumpel. Ein Eichhörnchen liegt lässig auf einem Ast und kratzt sich den weißen Bauch. Aus einem Fenster höre ich den Klang einer Trompete. So Old School. Wie aus einem alten schwarz/weiß Film mit Humphrey Bogart. Klingt fast so, als wäre das Leben eine wundervolle Folge aus Candyworld. Denke gerade an einen heißen, dampfenden, schwarzen Kaffee, als Sir Edward Holmes samt Zylinder und Gehstock vorbeischlendert. Der Mann hat echt Stil. „Meine Dame. Mein Herr.“ begrüßt er uns und lüftet dabei mit Daumen und Zeigefinger seine elegante, schwarze Kopfbedeckung. „Darf ich vorstellen: Sir Edward Holmes, von allen nicht Detektiven, mit einem irreführenden Namen, mein Lieblingsnachbar.“ ,sage ich mit näselnder Stimme und versuche aristokratisch zu wirken. „Sie machen das gut, mein junger Freund.“ ,bestätigt mich Edward. „Sie Schmeichler.“ „Nein. Nein. Sie haben es verdient.“ „Nein sie.“ „Nein sie.“ Das Gespräch wogt noch eine ganze Zeit mit leichten Variationen in dieser Art hin und her, bis Tasty dazwischen fährt und uns alle zu einem Kaffee im Coffee Shop einlädt. Da sitzen wir dann und und schauen dem riesigen, mit toten Fliegen verklebten, Ventilator zu. Mann, dreht der sich langsam. Ich schaue auf die Uhr an der gelben, nikotinverseuchten Wand. Der Sekundenzeiger geht noch langsamer. Vielleicht reisen wir schon in der Zeit zurück und wissen es gar nicht. Irgendwo zirpt eine Grille und während ich erwarte das John Boy Walton den Laden betritt und mir eine Gute Nacht wünscht, spaziert ein Mann in den Laden. Ich erkenne ihn sofort. Der zerknautschte Hut. Die alte, speckige Jeans. Es ist der Cowboy. Shit. Alter. Das muss Jahrzehnte her. Er sieht müde und abgehalftert aus. An seiner rechten Seite trägt er einen Colt. Ich bin mir sicher, das das verboten ist. „Hey Junior. Lange nicht gesehen.“ ,krächzt er. „Hello Lost man.“ ,zische ich Eastwood mäßig, zwischen meinen Zähnen hervor. „Ich suche deinen Onkel.“ „Wir alle suchen nach etwas. Bei meinem Onkel kommst du zu spät. Abgekratzt.“ „So kurz vor dem Ziel.“ ,knarzt er verbittert vor sich hin. „Wir sollten gehen.“ ,meldet sich Holmes zu Wort. „Hier geht niemand, irgendwo hin. Ich will meine Formel zurück. Wo ist C/UDV12?“ „Was soll das heißen?“ „Ich habe damals in einem Labor gearbeitet. Ich war der Beste. Viel besser als die ganzen anderen Dummköpfe. Jahrelang habe ich an dieser Formel gearbeitet.“ „Ach. Um die ganze Menschheit auszulöschen. Geil. Super Job!“ „Du Holzkopf. Es ging um etwas ganz anderes. Ich wollte das Leben verlängern. Ich wollte Ewigkeit. Aber die Menschen starben. Zuerst. Doch dann nach einiger Zeit, erweckte ich sie erneut. Ich wurde zu einem Frankenstein der Neuzeit. Aber der Körper in dem diese Untoten lebten war nur noch eine Hülle. Leblos und doch am Leben.“ Der Kaffee am Tisch ist kalt und schaut trübe aus der Tasse zu mir herauf. Eiszeit. Stille. Mann dieser Cowboy hat echt nicht alle Latten am Zaun. Untote! Alter! „Also, meine Freunde.“ ,spricht Sir Edward Holmes. „Ich sehe das so: Wir stehen am Anfang einer neuen Zeit. Einer schrecklichen Zeit. Wir sind aber auch in der Lage alles zum Besseren zu wenden. Wir müssen nur die richtigen Dinge tun. Wir müssen uns für eine Seite entscheiden. Für die Richtige. Wir vom M I 6.......“ „M I 6.“ ,wiederhole ich mit einer Prise Schnippigkeit. „Ja. Mein Bester. Ich bin beim Geheimdienst ihrer Majestät. Ich bin beim M I 6. Oder, für alle Unwissenden. Seccret Intelligence Section 6.“ „Mein linkes Ei beginnt wieder zu zucken. Das heißt, wenn ich noch eine weitere von diesen Spinnereien zu hören bekomme drehe ich durch.“ ,erkläre ich mit fester Stimme. „Dann will ich sie mal nicht enttäuschen: Wir haben Ripper Jack, unter der Straße, gleich neben der U-Bahn eine Hühnerfabrik eingerichtet. Wir haben ihm das, in Zusammenarbeit mit dem CIA zugestanden, weil er Dinge für uns erledigt, die WIR nicht erledigen dürfen. Denn Jack ist ein hochsensibler Geist, der seine Ruhepausen braucht.“ „Guck mal! Siehst du diese Leuchtschrift auf meiner Stirn? Da steht: TILLT.“ „Mein lieber Moon. Seien sie doch vernünftig. Wir müssen die westliche Welt wieder an die Spitze bringen. Schauen sie nur was da draußen los ist. Nord Korea. China. Japan. Indien. Pakistan. Sie alle drängen an die Weltspitze. Das können wir nicht zu lassen.“ „Siehst du das auch so, Tasty?“ „Jack......“ ,sagt sie beschwichtigend. „Alles klar.“ ,sage ich abschließend. Ich drehe mich um und verlasse diesen Ort des wunderbaren Schwachsinns. Monday Moon have left the building! Meine müden Beine schleppen sich zu der Bank zurück. Ohne heißen, schwarzen und belebenden Kaffee hocke ich allein auf den morschen, Termiten zerfressenen Holzlatten. Es dauert keine 3 Minuten, da kommt der Cowboy an geschlurft und setzt sich neben mich. Er schiebt mit dem Zeigefinger seinen Stetson nach hinten. So, alla Gary Cooper. „Schauen sie Monday. Ich verstehe das sie verwirrt und vielleicht sogar verzweifelt sind, aber glauben sie mir. Es gehen schlimme Dinge da draußen vor. Hören sie nicht auf das, was die Anderen ihnen weiß machen wollen. Halten sie sich an die Fakten.“ Er nippt an seinem dampfenden Kaffee und ich bin ganz schön neidisch. Hat er etwa Milch da drin? Wie kann ich jemanden trauen der Milch in seinen Kaffee tut? Mann. Ich brauche unbedingt so was, wie eine Therapie. Zwei Straßen weiter gibt es gerade eine Zusammenkunft von Männern, die Angst vor ihren Frauen haben. Da würde ich gern jetzt hin. Die Männer brauchen Zuspruch. Vielleicht kann ich für mich da auch was raus ziehen. Manche Ehefrauen sind ja auch wirklich zum Fürchten. Mir tun die Männer leid, die sich mit diesen stets unzufriedenen, nervenden, nach höherem berufenen Weibern abquälen müssen. Die meisten Männer sehen auch schrecklich aus. Durch jahrelanges nörgeln an den Rand des Wahnsinns gebracht, verbringen sie ihre wenigen freien Momente nur noch an der Spielkonsole oder beim Porno gucken, während sie Telefonsex mit irgendeiner willigen 85 jährigen machen. Das ist echt traurig und statistisch gesehen bringen sich mehr Onanisten, als Schulabgänger um. Das ist alles so traurig. Jetzt fällt mir auch wieder ein wie dieser Kurs heißt: Onanie, als Selbsthilfe! Das ist mal ein ordentlicher Aufhänger. Könnte auch der Titel eines esoterischen Buches sein. Onanie, als Selbsthilfe! Ein persönlicher Ratgeber von Frau Professor Doktor Hannelore Distelmann. Wie sie durch Onanie zu einem besseren und wertvolleren Menschen werden und der Gesellschaft neue, wichtige Impulse geben können. Also ich würde es sofort kaufen. Natürlich habe ich noch nie..........Das wäre ja........Außerdem kommt das bei Frauen auch überhaupt nicht...........Die wollen ja einen..............! Also, am besten frag ich mal in der Buchhandlung. Vielleicht gibt es das ja wirklich schon auf dem Markt und es stehen einige Tipps drin, wie ich mich bei Frauen verhalten soll, damit die mich so richtig attraktiv finden. Ich frage mich, ob man sich irgendwann so nah sein kann, das man voreinander onaniert, um herauszufinden, wie der Andere berührt werden will. Verrückte Vorstellung! Meine Blick geht auf den Boden. Aus den Ritzen kriechen hunderte von Ameisen. Die Glücklichen kennen kein Gestern und Morgen. Nur das Jetzt. Eine Königin und einen Auftrag, der genetisch in ihnen hinterlegt ist. Finde Futter für die Kolonie und beschützte den Staat! Ein Traum für jeden Diktator. Ich würde mich Schuhmann nennen und eine Krone aus Wellblech tragen. Ich wäre ein netter Diktator. Mann, was könnte ich alles Gutes tun. Mehr Spielplätze. Gerechtere Verteilung des Gesamtvermögens. Alternative, medizinische Behandlungen, mehr Therapien und Straßen aus Weingummi. Oder alle Macht dem Volke. Gute Idee eigentlich. Auf der anderen Seite hat es 1789 in Paris auch nicht funktioniert. Also erst schon. König absetzen. Alle Adligen einsperren. Köpfe über den Platz rollen lassen. Und dann Party auf allen Straßen. Gleichheit. Freiheit. Brüderlichkeit. Guter Slogan. Etwas später lief das ganze irgendwie aus dem Ruder und die Guillotine wurde erfunden und viele Kopflose Entscheidungen wurden getroffen. Tja. Revolution ist eine gute Sache, aber danach ist es meistens auch nicht anders als vorher. Ein paar ganz oben und viele, zum Treten, unten. Und Napoleon hat sich dann gedacht, überzeugen wir doch den Rest der Welt davon, das wir die Einzigen sind, die die Wahrheit kennen. Der kleine Bursche, war auch erst recht erfolgreich, aber dann kam der Feldzug in Russland und viele hatten ihre wollene Unterwäsche nicht dabei und die Fresspakete von Muttern waren auch irgendwann aufgefuttert und der Zar weigerte sich zu kämpfen. Und dann kam der Schnee. Und dann der Rückweg. Wieso denkt niemand an den Rückweg? Wie oft sagte ich zu meiner Mutter: „Der Rückweg Mum. Der Rückweg.“ „Vergiss den Rückweg. Lass uns das Jetzt genießen.“ ,lachte sie dann immer. Und genauso war es mit Napoleon. Seine Generäle sagten bestimmt auch immer: „Bubele. Wir sollten nicht vergessen, das der Winter kommt und alle nach Hause wollen. Der Kuchen ist aufgebraucht und alle Marmeladenbrötchen sind vertilgt.“ „Nur noch ein bisschen. Wir haben es fast geschafft. Noch eine Schlacht, dann sind wir die Sieger.“ ,meinte er. Das ist schon der Hammer und unheimlich bekloppt. Aber, das sie ihm tatsächlich etwas später auch noch Waterloo ermöglicht haben ist unglaublich. Meine Überzeugungskraft reicht grad mal für den Coffee shop. Oder auch nicht, denn Kaffee hatte ich immer noch keinen. Jetzt versuchen 2 Ameisen eine tote Fliege wegzuzerren. Keine Chance. 5 Andere kommen dazu. Immer noch zu wenig. Am Ende sind es 20 und sie schaffen die Beute nach Hause. Yeah. Ich glaube, ich wäre eine gute Ameise. Ich bin ein Teamplayer. Ich freue mich über diese positive Wendung in meinem Denken und lächle mal zur Abwechslung. „Die Fakten.“ ,spreche ich. „Besagen nur eins. Die Welt ist am Arsch. Jeder will immer den ganzen Kuchen. Jeder denkt grundsätzlich an sich. Niemand versteht, das wir nur gemeinsam überleben können.“ „Helfen sie uns zu überleben Monday. Die Menschheit steht an einem Scheideweg. Wir sind nicht der Feind. Kümmern wir uns erst mal um die dringenden Probleme. Finden wir C/UDV12, dann die Kinder der Morgenröte und dann den Rest.“ ,entgegnet der Cowboy. „Ich mache es auf meine Art.“ ,erkläre ich so diktatorisch, wie möglich. Holmes und Tasty warten immer noch im Coffee Shop und knabbern an englischem Gebäck. Wir gehen gezielt und sicher und durstig zu ihnen zurück. „Diese Kekse sind großartig. Sehr englisch. Sehr fein.“ ,meint Holmes. Langsam aber sicher geht er mir ganz schön auf die Nüsse. „Die Kekse sind großartig. Sehr englisch. Sehr fein.“ ,äffe ich ihn in seiner affektierten Sprache innerlich nach. „Wie wärs, wenn wir uns nach de ganzen Chose bei mir treffen? Dinner at eight“ ,sage ich. „Gern mein Lieber.“ ,näselt er. „Sie gehen mir langsam, aber sicher ganz schön auf die Nüsse, Mr. Holmes.“ ,erwidere ich. „Nennen sie mich Edward, mein Bester.“ „Sicher Holmes. Sicher. Ich könnte sie aber auch ganz anders nennen. Wie wäre es mit Hohlbirne oder Faltkraxler oder einfach Arschloch?“ „Jack ist......“ ,spricht Tasty. „Es hat sich ausgejackt. Ab jetzt übernehme ich die Führung, damit es es in dieser Geschichte mal voran geht. Als erstes will ich zu dieser Hühnerfarm.“ „Aber mein lieber Mr. Moon.......“ ,beginnt Holmes. „Höre ich noch einmal – mein Lieber – oder - mein Bester - oder - Beruhigen sie sich doch -, werde ich entweder jemanden den Kopf abreißen oder ein ein richtig fettes Marmeladenbrötchen bestellen, damit das endlich mal vom Tisch ist.“ Endlich ist Ruhe. Fühlt sich gut an. Im Hintergrund höre ich die Kaffeemaschine. „Was muss ich tun, um einen heißen Kaffee zu bekommen? Die Weltherrschaft an mich reißen?“ rufe ich dem Kellner zu. 3 Minuten später steht ein heißer, dampfender schwarzer Kaffee vor mir. Ich nehme mir viel Zeit. Schaue nach draußen und beobachte die Spatzen, die nach Krümeln jagen, welche vom Gebäck, vorbei eilender Menschen herunter fallen. So war ich früher auch. Ein kleiner Spatz, der von den Resten gelebt hat. Das was andere übrig gelassen haben, war meine Nahrung. „So, auf geht’s.“ ,bestimme ich und fühle mich, wie George S. Patton. General in der Normandie, im zweiten Weltkrieg. Durchsetzungsvermögen und Willenskraft. Er sagte: „Ein guter Plan heute, ist besser als ein perfekter Plan morgen.“ Fühle mich allem gewachsen. Nichts kann mich aufhalten. Bin der König der Welt. Etwas abgeschmackt, hat aber immer noch Gültigkeit. War das nicht aus diesem bescheuerten Film mit di Caprio? Wie hieß der doch gleich? Titanic! Gute Effekte. Unrealistische Geschichte. Ich meine 1912. Reiches Mädchen verliebt sich in diesen armen, gutaussehenden Typen, der ihr das Leben rettet. Naja. Jetzt, wo ich es sage, ist es doch nicht mehr so bekloppt. Hätte mir auch passieren können. Also mit dem Gesicht von Leonardo und diesem jugendlichen Charme. Und diesem Durchsetzungsvermögen. Gemeinsam gehen wir runter zu den Docks. Das ist ein allgemein üblicher Ausdruck für ein Ding mit dem man Schiffe trockenlegen kann. Ein riesiger Stahlkasten der vorne und hinten offen ist, wird soweit abgesenkt, das das Schiff rein fahren kann und dann wieder angehoben wird. Jetzt kann man an der Unterseite Reparaturarbeiten durchführen oder eine obszöne Zeichnung anfertigen, um den Kapitän zu ärgern, den alle hassen, weil er Fischstäbchen, als zu grausam, an Bord verboten hat. Die schwach erleuchteten, schmierigen Gehsteige sind mit allerlei Plastiksäcken übersät, da die städtische Müllabfuhr mal wieder streikt. Ein Traum für alle Ratten, die sich an den Unratbergen zu schaffen machen und sich, wie bei Walmart fühlen. Nur ohne die Einkaufswagen. Für mich eine alptraumhafte Vision aus Kindertagen, in denen ich immer dachte, irgendwann vom Rattenkönig entführt zu werden. Noch heute sehe ich manchmal seine rotglühenden Augen, wenn er auf meiner Bettdecke sitzt und mich geifernd anglotzt. Also, nicht in echt, sondern nur in meiner schaurigen Vorstellung. Es stinkt nach Fisch und Reste davon schleppen die flinken, ekelhaften Nager nach Hause in ihr geliebtes Rattennest. Dort rotten sie sich zusammen und überlegen, wie sie uns niedermachen können. Irgendwann ist es soweit, denn sie sind schlau und uns 4 zu 1 überlegen. Könnte auch eine coole Idee zu einer abgefahrenen Geschichte sein. So eine Art Allegorie. Tasty meinte, eine Allegorie ist die Darstellung eines abstrakten Begriffes zu etwas Fassbaren, um es verständlicher zu machen. Die Rattenplage könnte also für einen diktatorischen Staat, mit Gewalt und Unterdrückung stehen. So Hitlermäßig. Und dieser fiese Rattenkönig, Eddie, will mit seinen Helfern erst eine Stadt und dann die ganze Welt übernehmen und in dem Zusammenhang alle Menschen auslöschen. Klingt nach einer richtig guten Geschichte. Zwar ziemlich weit weg von der Realität, aber für Hollywood reicht es. Ich mein..... also....... die haben ja auch Titanic gedreht. Wahnsinn, die Ratten sind ja fetter, als in Indien. Als ich vor 2 Jahren, für 2 Wochen, im Karni-Matha- Tempel in Rajasthan, als Mönchskutten Träger für die Wäscherei Bombay Spirit gearbeitet habe, musste ich auch die dort ansässigen Ratten versorgen. Die 20.000 grauen, spitznasigen Kanalrenner hatten mehr zu fressen, als die ganzen heiligen Eremiten, die sich reihenweise lebendig begraben ließen. Eine von den Ratten geht auf die Hinterpfoten und schaut, neugierig schnuppernd in unsere Richtung. Zwinkert die mir etwa zu? Ich zwinkere zurück und sie verzieht ihr Maul zu einem Lächeln. Ich winke. Sie winkt. Oh mein Gott. Ich bin der Rattenflüsterer. In diesem Moment rattert eine Untergrundbahn in den Tunnel und der Nager wird überrollt. Das ist jetzt doch, ganz schön widerlich und es tut mir leid um Ernie, der zwei geteilt auf den Schienen liegt. Sein Pfötchen ist zu einem letzten Gruß erhoben. Wie die steif gefrorenen Soldaten in Stalingrad, die in grotesken Formen niedergemäht im Schnee lagen und Schwierigkeiten beim Stapeln machten. Wir folgen der Bahn auf leisen Sohlen. Alle, bis auf Cowboy. Seine Boots klappern und klingeln, als ob Weihnachten vor der Tür steht. Ich wundere mich immer noch, wie die Indianer gegen diese Radaubrüder verlieren konnten. Nach einiger Zeit des Wanderns kommen wir an eine schwere Stahltür, auf die jemand einen Schwanz mit riesigen behaarten Eiern gemalt hat. Ekelhaft. Aber vielleicht ist es auch das Empire State Building umrahmt von zwei bewaldeten Hügeln. Mit dem Zahlencode 1-2-3 öffnet Holmes die Tür und betätigt einen kleinen, weißen Lichtschalter rechts an der Wand. Da, wo eine fette Kakerlake Siesta hält, die schnarcht, als würden 123 besoffene Russen im Feld der Ehre liegen. Gleißende Neonstrahlen, die aus einer fernen, todbringenden Galaxies zu kommen scheinen, knallen uns auf den Schädel und verdampfen unsere Augäpfel in 2 Millisekunden. Nach einiger Zeit, in der wir uns nur auf unsere Tastsinne verlassen, haben wir uns an das blendende Licht gewöhnt und gehen eine steile Treppe hinab. Sie ist lang und ich spüre, aufgrund der Höhe, ein leichtes Schwindelgefühl. Entscheide mich aber gegen ein aufkommendes Erbrechen und mache stattdessen eine abfällige Bemerkung über den Öffnungscode, den auch ein 7 jähriger herausfinden könnte. Damit ernte ich böse Blicke von Tasty und ein Schnauben von Holmes. Meine Güte sind hier alle empfindlich. Wir kommen in einen großen, weißen Raum. Weiße Stühle und Tische. Weißer Boden und weiße Wände. Weiße Metall Aktenschränke. Weiße, künstliche Wimpern, die aufgereiht auf eine weißen Acrylplatte liegen. Weiße Perücken, mit weißen Sommerkleidern. Größe XXL. Kleine, weiße Zinnsoldaten, mit geschulterten weißen Gewehren. 2 Zeigefinger, mit weißer Acrylfarbe angesprüht und mit Formaldehyd haltbar gemacht. Sie deuten auf weiße Federn. Holmes räuspert sich: „Dies meine Damen und Herren ist der Vorraum zum eigentlichen Gebiet. Jack nennt es: Paradise Island „Ich nenne es einfach: Chickenland.“ ,erwähnt er leise und abfällig. Holmes öffnet die Tür und fürchterlicher Lärm und Gestank knallt uns direkt ins Gesicht und auf die Ohren. Tausende Hühner liegen und stehen und flattern in einem riesigen Bereich unter und neben dem Treppenvorbau der Tür. Wir gehen hinein und die Tür verriegelt sich automatisch. Meine Kinnlade klappt runter auf die Schuhe. Fassungslos blicke ich auf Dantes Inferno und bin gleichzeitig begeistert von meiner umfassenden Bildung der Klassiker. Ich beginne aus dem linken Ohr zu bluten. Was jetzt nicht besonders dramatisch ist, weil mir das immer passiert, wenn es mega laut und unübersichtlich ist. Und genau das passiert mir hier. MEGA UND LAUT UND UNÜBERSICHTLICH!!!!!! Inmitten dieses Wahnsinns steht Ripper Jack. Nackt! Und freut sich wie Oscar. Alter. Das sieht so beknackt aus. Der Body ist voll muskulös und durchtrainiert. Mit jeder Bewegung seines Körpers zeigt er uns ein anderes Muskelspiel. Komme mir vor, wie in der Augsburger Puppenkiste, bei der ich 2 Wochen Holzköpfe geschnitzt habe, bis der Inhaber herausfand, das ich mit ihren Puppen immer: Emmanuelle: > Große Kokosnüsse aus Lummerland < nachspielte. Da war es dann vorbei mit: „Hey Baby. Zieh dich aus. Heute lassen wir die Puppen tanzen.“ Natürlich werden wir sofort wieder, durch lautes, freudiges Brunftgeschrei von Jack, abgelenkt. Er streckt seinen Adonis Körper und bildet dabei ein X mit ihm. Tasty schaut mir ein bisschen zu intensiv auf sein Glockenspiel, deshalb halte ich ihr die Augen zu. Sie schlägt mich mit einem einzigen Schlag KO. Für dieses Mal lasse ich ihr das durchgehen, aber beim nächsten Mal geht es ohne Kuss ins weiche, kuschelige Bett. „Oh, Liebling. Das tut mir so leid. Eine Reflex Reaktion.“ ,sagt sie mitfühlend. „Kein Problem. Das stecke ich locker weg.“ ,röchle ich. „So jetzt ist hier aber mal Feierabend. Wir haben ganz andere Dinge zu klären, als dieses Liebesschaukel rumgemache.“ ,mischt sich Cowboy ein. Und weil Tasty grad so schön in Form ist, knockt sie ihn gleich mal aus. Aber diesmal ohne Entschuldigung. „Ach, bitte bitte. Ich will auch jemanden niederschlagen.“ ,meldet sich Feng zu Wort. „Mann!“ , schrecke ich mit einem hohen Sopran hoch und nehme die Haltung einer Gottesanbeterin ein und zwar eine von der ganz schrecklichen Sorte. „Jetzt mach hier doch nicht auf Mädchen.“ ,meint Feng zu mir. Ich versuche ihn mit meinem gefürchteten Gotteskriegerschlag niederzustrecken, aber er kontert mit einem Handkantenschlag und schon sitze ich wieder auf dem Boden. Wie eine Katze schnelle ich diesmal hoch, deute einen Faustschlag an, aber trete Feng die Beine weg. Hah! Damit hat diese hinterhältige, siamesische Feudelkatze nicht gerechnet. Er knallt mit dem Kopf auf den Boden und bleibt besinnungslos liegen. „Mein Held.“ ,turtelt Tasty. „Er muss uns gefolgt sein und mit seinen asiatischen Computer Sony/Samsung Techniken den geheimen Code der Tür überwunden haben, um uns hier nerven zu können.“ ,schwadroniere ich. „Oh, mein Gott.“ ,flüstert Holmes so in den Geräusch verseuchten Raum. Da ich das auch so sehe, nicke ich nur und lächle selbstzufrieden. Jetzt bemerkt uns Jack und winkt fröhlich zu uns herüber. Er ist nicht mehr der schweigsame, psychotische Killer, sondern einfach eine harmlose, psychotische Labertasche. Er ist wie ausgewechselt und total nervig. Ich frage mich, ob er tatsächlich ein Psychopath, oder doch nur Soziopath ist? Erklärung: Ein Psychopath hat keinerlei Gefühl für andere Menschen und keine Moral. Ein Soziopath weicht in seinen Vorstellungen, lediglich vom Normalbürger ab. Gott sei Dank zieht Jack sich einen Slip über. Das es ausgerechnet eine Spiderman Unterhose ist, irritiert mich ein wenig. Versuche woanders hinzusehen und entdecke Tasty`s Blick. Mann das nervt. Ich räuspere mich lautstark, aber sie ist völlig fasziniert von dem was Jack zu bieten hat. Ich spüre schon wieder, wie dieses blöde Eifersuchts - Minderwertigkeits Gefühl nach oben kriecht und mir den Hals und meine Birne verklebt. Ich würde ihn gern in den Schwitzkasten nehmen und ihm richtig Bescheid geben. Aber er ist viel stärker und gemeiner als ich. Er ist schließlich ein brutaler Killer in einem Spiderman Slip. Da hat man einfach keine Chance. „Ich führe euch ein bisschen rum.“ ,meint er plötzlich mit stolzgeschwellter Brust. Auch das noch. Angeber. Wir bekommen alle Gummistiefel, die wir über unsere normalen Schuhe tragen können. Und OP Masken. „Wisst ihr was das Hauptproblem für die Naturvölker in Nord und Südamerika war? Nicht das Abschlachten und Vergewaltigen. Nicht das Zerfleischen durch Hunde und das Aufspießen der Baby`s. Es waren die eingeschleppten Krankheiten und die Ignoranz vor dem Leben an sich.“ ,erklärt Jack. „Und, ich will nicht, das das gleiche mit meinen Hühnern passiert.“ Nun ja. Der Mann kann Prioritäten setzen und hat seine Prinzipien! Blöder Sack! Er hat verschiedene Areale errichtet in dem seine Viecher leben dürfen: Neverland im Osten. Sansibar im Westen. Reykjavik im Norden. Amazonien im Süden. Und zu jedem Platz hat er eine Geschichte. Das Reykjavik Rauchbucht heißt, weil es dort viele heiße Quellen gibt. Und in Neverland, der niemals erwachsen werdende Junge Peter Pan lebt. Und Sansibar eine Insel vor der Küste Ostafrikas ist und zu Tansania gehört. Für mich ist der Typ einfach ein Wichtigtuer hoch drei. Ne! Hoch vier. Ne! Hoch 123. So!!! „Aha. Und Amazonien gehört dem Gründer von Amazon, Jeff Bezos. Oder was?“ ,frage ich überaus genervt und lächle dabei gequält, weil man mir nicht anmerken soll, das ich kurz vor dem durchdrehen bin. „Nein Amazonien liegt in Brasilien und umfasst mehr als 5 Millionen km².“ Alle nicken, als wüssten sie genau wovon dieser Penner redet. Ich würde auch gern nicken. Am Besten, um ihm eine Kopfnuss zu verpassen. In jedem dieser vier Gebiete hat Psycho Jack kleine Häuser und Straßen gebaut. Mann, da sind sogar Straßenschilder. Wirklich. Straßenschilder. Was glaubt er? Das eine Henne nicht nach dem Weg fragen muss, weil es ja ausgeschildert ist? Ich würde ihm gern sagen, das er der größte Hornochse ist, der in diesem Hühnerstall allen die verpestete Luft wegatmet. Aber ich will die gute Stimmung nicht vermiesen, weil ich dann der Hornochse bin. Quer durch das Gelände läuft ein breiter Fluss, der sich an vielen Stellen abzweigt, damit seine flugunfähigen Feder Gesellen immer frisches Wasser haben. Und in einem See in der Mitte der Anlage, können sie ihre Badeanzüge anlegen und schwimmen gehen. „Gibt es auch Badekappen?“ ,frage ich, um meine Ernsthaftigkeit für diese Situation unter Beweis zu stellen. Alle gucken mich böse an. Ist mir doch egal und zucke demonstrativ mit den Schultern. Wir gehen weiter und ich denke an Feng. Ob er immer noch wie ein schlaffes Reiskorn in der Ecke liegt. Wir hätten ihn fesseln oder wenigstens erwürgen sollen. Aber dazu hatte bestimmt keiner von den Luschen die Traute. Ich bin jetzt gerade in der Stimmung dafür. Könnte ich das wirklich? Meine Hände um seinen Flamingo Hals legen und zudrücken? Die Vorstellung ist schrecklich. Kann nicht mal einem Ameisenbär seine ekelhafte, lange, klebrige Zunge langziehen, um 40.000 Ameisen vor dem sicheren Tod zu retten. Plötzlich geht das Licht komplett aus und wir stehen alle im Dunkeln. Feng! Hätte IHM das Licht ausblasen sollen, als ich die Gelegenheit dazu hatte. Die Hennen sind kurz vor dem durchdrehen. Ein Gegacker und Geflatter hallt durch den Raum. Ich stelle mir vor, wie sich 4 Millionen Milben, die in ihrem Gefieder wohnen, in der Luft verteilen. Das teile ich vorsichtshalber den Anderen mit, die auch echt dankbar für diese Information sind und sich übergeben. Auf der einen Seite ist das blöd, aber auf der Anderen auch gut, denn jetzt kann ich auch endlich kotzen, ohne blöd dazustehen. Die Dunkelheit ist so dunkel, das sie völlig schwarz ist. Ich erwähne das extra, weil man in der meisten Dunkelheit ja auch graue Übergänge hat. Hier nicht. Ich merke das mein Ohr wieder zu bluten beginnt und ich außerdem im Anderen wieder diesen Pfeifton habe. Das liegt bestimmt daran, das mir Jack in einer hysterischen, schrillen Shirley Temple Stimme direkt ins Ohr schreit: „Meine Hühner! Meine Hühner!“ Die Einzige, die nicht durchdreht ist Tasty. Sie zückt ihr Handy und lässt das kleine Licht daran aufleuchten. Das Gackern der Hennen bringt mich an einen Punkt wo ich entweder singen oder von einer Klippe in den Tod springen möchte, weil ich es einfach nicht mehr aushalte. Aufgrund des Fehlens einer Klippe entschließe ich mich für das Singen: „I`ve got a crush on you. Sweetie Pie. All the day and night times passing by.....“ „Süß von dir.“ ,haucht Tasty und gibt mir einen Kuss. Plötzlich ist es ganz still. Die Hühner schweigen. Jack hat aufgehört zu schreien. Dann. Ein Schlag. Ein Knacken. Ein spitzer Schrei. Das aneinander Schlagen von Klingen. Dumpfes, lautes Klopfen. Als würde jemand einen riesengroßen Nagel in die Wand hämmern. Wir versuchen den Ort zu lokalisieren, doch Tasty wird das Licht aus der Hand geschlagen. Dunkelheit. Das Licht geht wieder an. Holmes hängt an einer Bretterwand, die den blauen Himmel zeigen soll. Wölkchen ziehen langsam dahin und es wirkt beruhigend und ruhig. Also davon abgesehen, das da ein gut angezogener Typ angenagelt ist. In seinem Körper stecken 5 Messer. In jeder Hand und jedem Fuß je eins. Es sind kleine Wurfmesser aus rostfreiem Stahl. Das fünfte steckt genau in seiner Brust. Er blutet, aber er atmet. Erinnert mich an diese Zeichnung von da Vinci. Da, wo dieser langhaarige Macker breitbeinig und mit ausgebreiteten Armen im Kreis steht. Irgendwie poetisch. Poetisch und grausam. Vitruvianisch halt. (Im Porno Magazin gelesen und behalten.) Ich würde gern Eine rauchen, um meine Nerven zu beruhigen, aber ich rauche nicht. Zwei meiner Tanten, ein Onkel und diverse Katzen sind am Krebs gestorben. Ich find`s Scheiße überhaupt diese Gedanken in den Kopf zu bekommen und deshalb versuche ich sie auszuradieren, indem ich schnell an Disneyland und Marmeladenbrötchen denke. „Wir müssen ihn da runter holen. Wo ist eigentlich Jack?“ ,keuche ich kurzatmig und leicht desorientiert durch mein enger werdendes Luftröhrensystem. „Das klären wir gleich. Zuerst die Füße. Dann die Hände. Du musst ihn stützen.“ ,meint Tasty und geht Richtung Nagelprobe. „Stützen? Der wiegt doch bestimmt 80-85 Kilo. Wollen wir nicht erst mal überlegen? Also Alternativ Plan. Wir könnten jemanden holen. Oder wir kommen später noch mal.“ „Monday!“ ,schreit sie. „Ja. Schon gut. Aber ich guck nicht hin wenn du das Messer raus ziehst.......Oh Gott.......Warte …..ich hab ihn noch nicht.“ Holmes hat die Augen geöffnet. Er sieht ganz klar aus und verzieht keine Miene. Tasty zieht die Messer aus seinen Handflächen und er plumpst auf mich drauf und begräbt mich unter sich. Ich krieche mühsam hervor und wir legen ihn vorsichtig auf den Rücken. Die Hennen wuseln um uns herum. Sie steigen über uns drüber und umzingeln uns. Ich fühle mich sehr unbehaglich. Meine Hände schwitzen. Aus allen Poren schießt der Schweiß und überflutet meine Haut und meine Kleidung. Eine Panikattacke, Sintflutartigen Ausmaßes überrollt mich. „Wir bringen sie durch Holmes. Machen sie sich keine Sorgen. Das Messer in ihrer Brust können wir nicht entfernen, ohne lebenswichtige Organe zu beschädigen.“ ,erklärt Tasty. „Ja. Bleiben sie ruhig. Das Loch in ihrem Hemd können wir stopfen. Ich kenne einen kleinen Mann in Little China, der früher mal Schneider in Han-Sung Yoo war. Sie wissen schon das Staatstheater in Nürnberg. Nürnberg. Holmes. Sie wissen doch. Da wo die Nazis 1933 ihre Reichsparteitagsversammlungen abgehalten haben. Aber machen sie sich keine Sorgen. Hitler ist Tod. Hat sich 1945 selbst umgebracht. Eva Braun auch. Lustig, das die Eva Braun hieß........ Sie wissen doch. Braun – Hemden – Nazis................ Also das mit ihrem Hemd kriegen wir hin, Holmes.“ ,rede ich hastig und panisch auf ihn ein. Tasty umarmt mich und spricht ganz leise in mein Ohr. Das, aus dem ich geblutet habe: „Schon gut Liebling. Alles ist gut. Du machst das Großartig. Entspann dich. Denke an etwas Schönes. Eine Sommerwiese. Einen Apfelbaum. Duftende Blumen. Alles ist gut.“ Ich versuche es, aber es gelingt nicht. Ich sehe einen Apfelbaum, an den sie Holmes genagelt haben. Umgeben von Hyazinthen und Narzissen. Aber ich denke auch an Tasty. Sie muss mich wirklich gern haben, wenn sie sich so um mich sorgt. Sie hat sich so in mir eingenistet, das ich sie nicht mehr hergeben will. Das muss wohl so was, wie Liebe sein. Oder Verzweiflung. Oder Rinderwahnsinn. Jack kommt wieder. Er trägt einen maßgeschneiderten, schwarzen Anzug und eine schwarze Sonnenbrille. Er nimmt Holmes hoch, trägt ihn weg und gibt Anweisungen: „Wir müssen los. Sofort. Das war eine Botschaft von Feng. Wir müssen Johnny finden, sonst sind wir erledigt. Oder besser gesagt: Ihr seid am Arsch!“ Holmes wird in der hauseigenen Krankenstation, von einer drallen Krankenschwester mit kurzem, weißen Kittel und riesigen Titten versorgt und wir machen uns wieder auf die Suche. „Also, Holmes. Sie schaffen das. Wir sehen uns zum Dinner at eight.“ ,werfe ich ihm, beim Gehen, lachend zu. Wir sind nochmal auf dem staubigen Weg zum Central Park. Wir suchen den Ort auf, wo Onkel Waldemar das Zeitliche segnete und entdecken hinter dem Stein frische, aufgeworfene Erde. Direkt darauf einen gravierten Naturstein in der Größe einer Brust. A Körbchen: Treffpunkt 13 Eichen 0800 J. „Was bedeutet das?“ ,fragt Tasty. „13 Eichen ist eine Irrenanstalt, in der mein Onkel ein paar Jährchen, wegen dieser Dings verbrachte.“ ,sage ich. „Einer Dings?“ „Ja. Mit dem Hammer und einer Feder.“ „Ein Hammer und eine Feder?“ „Ja. Es ging um eine feindliche Übernahme durch eine andere Gang.“ „Welche?“ „Die Comancheros.“ „Indianer?“ „Ja. Nein. Eigentlich nicht. Comancheros waren Mexikaner die Handel mit den Comanchen getrieben haben. Deshalb Comancheros.“ „Du bist so ein Angeber.“ ,sagt sie und lacht. Damit hätte ich es gut sein lassen sollen. Aber nein ich muss ja noch einen unsinnigen, wenn auch nicht unwichtigen Kommentar dazu abgeben: „ICH BIN KEIN ANGEBER!!! Der einzige Angeber in dieser ganzen Geschichte ist Jack! Mann. Ich zeig doch auch nicht jedem meinen riesigen Schwanz.“ „Monday.“ ,haucht sie heuchlerisch.(eigentlich liebevoll. Nur in meiner Einbildung heuchlerisch:-( „Das ist ja noch besser. Du findest das mein Schwanz klein ist?“ „Aber Liebling, das habe ich doch gar nicht.......................“ „Gesagt? Gedacht? Gemeint? Ist mir Scheiß egal! Du hast 20 Minuten auf sein Ding gestarrt und mich dann mitleidig angeschaut.“ „Monday.“ „Es hat sich ausgemondayd.“ Schmollend verziehe ich mich an einen Rhododendron Strauch, der gleich neben einer Hortensie steht. Gute Wahl, denke ich erst und komme mir dann total blöd und kindisch vor. Eine stabile, deutsche Eiche wäre besser gewesen, um meine Männlichkeit zu unterstreichen. Alle stehen betreten und peinlich berührt da. Selbst Schinkel tut so, als ob er herumschnüffelt und steckt sein Revier, durch Marken setzten, ab. Dann bemerkt er meine Traurigkeit und pinkelt auch mich an. Er schaut zu mir hoch. Mit diesem Blick: Alles wird gut Kumpel. „Also. Ich möchte mich entschuldigen. Bei allen. Sorry Jack. Sorry Tasty. Ich liebe dich einfach so sehr das es mir weh tut wenn du einen anderen Schwanz besser findest. „Oh Liebling. Ich liebe dich auch und ich liebe deinen Schwanz. Er ist wunderschön. Ganz gerade, mit dicker Eichel. Ich habe ihn gern im Mund und in meiner Muschi und auch anderswo. Du weißt was ich meine.“ „Oh, mein Gott. Es tut mir so leid.“ ,murmle ich. Wir fallen über einander her und knutschen wild, bis Jack, der Spielverderber uns ermahnt und meint wir hätten eine Mission. Alles klar Jack, denke ich, du hast die Mission und ich die Braut. HAH! Ne´ warte. HAH!!! „Was ist genau vorgegangen, Liebling?“ ,fragt Tasty und zückt ihren Notizblock. „Also. Eines Nachts kamen sie in voller Kriegsbemalung mit Kettensägen und Tomahawks bewaffnet in den Vorgarten meines Onkels, der mit einer mexikanischen Jungfrau in seinem großen französischen Bett lag. Mein Onkel hatte gerade sein Playboy Bunny Kostüm übergezogen und wollte eine seiner berühmt, berüchtigten Häschen Nummern abziehen, als die Tür brutal eingetreten wurde und 12 Männer hereinkamen und das ganze Mobiliar zersägten.“ Tasty hängt fassungslos und begeistert an meinen Lippen. „Echt jetzt?“ ,fragte sie. „Nein. Ich verarsch` dich nur!“ ,erkläre ich und lache mich schlapp. Sie versetzt mir einen ihrer berühmt, berüchtigten Kinnhaken, der mich niederstreckt. In manchen Dings da Dingen versteht sie wohl keinen Spaß. Nach einer kleinen Pause, in der ich meinen Unterkiefer wieder in die richtige Position schiebe, frage ich: „Wo ist eigentlich Jack?“ Wir hören ein leises Kichern, das hinter dem Stein hervor dringt. Jack sitzt kerzengerade auf dem Grab meines Onkels und singt: „For he`s a jolly good fellow. He`s a jolly good fellow. For he`s a jolly good fellow. Wich nobody can deny.“ Er prostet uns aus einem Flachmann zu, während 3 Flaschen feinsten Wodkas zu seinen Füßen liegen und ihm damit zustimmen. Sein kehliges Lachen ist laut und verrückt. „Meine Mama hat immer gesagt: Achte das Leben, mein Junge, denn es ist das einzig Wertvolle, das wir besitzen.“ ,fährt er fort. „Aber was habe ich getan? Ich habe sie alle umgebracht. Wenn ich die Augen schließe, sind sie wieder da. Sie reden mit mir mir. Mama redet auch mit mir. Sie ist böse auf mich. Es tut mir leid Mama! Ich wollte doch immer alles richtig machen. Aber es hat nicht gereicht............. Beim ersten mal, war es komisch. Das Messer, das die Haut berührte und durchstach. Es lief soviel roter Saft heraus......... Weißt du noch Mama, wie sehr ich deinen Traubensaft mochte......... Ich bekam ihn immer, wenn ich etwas gut gemacht hatte. Wenn ich artig war......... Du hast gesagt: Das Leben ist dreckig und gemein und deshalb müssen wir besonders sauber sein. Mit der rauen Bodenbürste, hast du meinen Körper abgeschrubbt. Bis er blutig war. Aber ich habe kein Wort gesagt. Ich wollte, das du stolz auf mich bist. Danach habe ich den Traubensaft bekommen....... Das sind meine besten Erinnerungen. Die Schmerzen und der Saft.....Beim Zweiten Mord, hab ich mich nicht mehr gefürchtet. Da wurde es ganz leicht.......“ Er summt leise vor sich hin. So, als scheint er mit sich im Reinen zu sein. „Ich mach mal `ne kleine Pause vom Leben!“ ,lallt er und holt eine Flasche Wodka hervor. Tasty und ich schauen uns an. „Von dem können wir heute nichts mehr erwarten. Wir gehen allein zu 13 Eichen . Es ist 0700. Wenn wir vor dem ersten Frühstück zurück sein wollen müssen wir jetzt los.“ ,bestimme ich. Auf dem Weg zum Treffpunkt begegnen wir Eduardo. Ihr erinnert euch. Der schräge beschränkte Vogel aus dem 3. Stock. Familie Rickenbacker. Er springt, eine Knarre in der Hand und eine aufgemalte Gesichtsmaske über den Augen, aus einem Busch hervor und ruft: „50 Cent. Oder ihr seid alle tot!“ „Meinst du den Rapper? Der ist doch erschossen wurden.“ ,meine ich interessiert. „Nein. Er lebt. Und er wird immer leben. Auch wenn die Meere zu Eis gefrieren und die Welt im sicheren Chaos versinkt.“ „JO!“ ,sag ich so, im voll amerikanischen Hood/Ghetto Style. „Aber wurde er nicht am 24. Mai 2000 von neun Kugeln in Gesicht ,Armen und Beinen getroffen.........“ „Ja. Aber er überlebte und wurde nach 13 Tagen wieder aus dem Krankenhaus entlassen.“ „Alles klar. Können wir das hier mal beenden und unseren Job erledigen.“ ,mischt Tasty sich jetzt ein. „Aber ich führe hier gerade ein sehr produktives Gespräch mit meinem Freund Eduardo.“ „Aber genau.“ ,stimmt Eduardo zu und macht, mit seinen Fingern der rechten Hand, ein Zeichen das ich nicht entschlüsseln kann, aber als Hundehaufen deute. „Ich begleite euch.“ ,fügt er finster und Gangsta mäßig hinzu. „Ja gute Idee.“ ,erwidere ich. „Oder du gehst in den Streichelzoo und besorgst uns ein bisschen Lamawolle, damit wir uns einen kuscheligen Winterpullover mit eingearbeiteter Rudolph Reindeer Nase stricken können.“ Eduardo überlegt kurz und hakt uns dann unter. „Nö. Ich komm mit. Leute zu überfallen, wird mit der Zeit auch voll langweilig.“ Und weil eine FBI Agentin, ein Bekloppter und ein Privat Detektiv nicht ausreichen, gesellt sich Schinkel wieder zu uns. Er kriecht aus einem Gebüsch zu uns heran. So, als wäre er der letzte Mohikaner und wäre gerade seinen Häschern entkommen. „0730. Wir müssen weiter.“ ,treibt Tasty uns an. Mit zügigen Schritten gehen wir durch den Park. Ich habe das Gefühl jemand folgt uns. Mein Zeigefinger legt sich auf meine Lippen und ich bedeutete den Anderen weiter zu gehen. Dann verberge ich meinen Luxuskörper hinter einer riesigen Mülltonne für Altpapier. Sie ist über und über mit einem Wirrwarr von Graffitis und Tags bedeckt. Habe nie verstanden, was sie bedeuten und dieses ganze Durcheinander machte mich auch voll fertig und schädelig im Kopf. Zwei Kakerlaken treffen sich auf dem Deckel zu einem kleinen Sit in. Ihre langen Fühler betasteten sich und plötzlich fängt eine von den beiden an bedrohlich zu zischen. Daraufhin stößt die andere sie herunter und triumphiert. Schön, was man so alles über die Natur lernen kann, wenn der Tod im Central Park auf dich wartet. Romina Powers biegt, in Hot Pants und einem bauchfreien Top, um die Ecke. Hammer. Zu wem gehört sie? Bei diesem ganzen Chaos kann man wirklich leicht den Überblick verlieren. „Hi Monday!“ ,ruft sie mir im Vorbeigehen zu. Mist! „Hi R.P.“ ,rufe ich betont gelangweilt zurück und gehe auf sie zu. „Du siehst gut aus Monday. Schon mal an eine Karriere im Business gedacht?“ „Ich bin zu sexy dafür.“ ,meine ich bloß. Sie lacht. „Ja, du bist sexy mein Großer. Deswegen ja. Wir suchen immer neue Talente.“ ,sprüht sie. Ich versuche es zu vermeiden, aber leider werde ich knallrot. Was sie mit...........: „Du bist soooooooooooo süß!“ ….kommentiert. „Süß ist mein zweiter Vorname, aber zu intime Aufnahmen von meinem sich selbstständig bewegenden Körper, machen mich immer verlegen.“ ,erklärte ich wahrheitsgemäß. „Oh Honey. Du bist zu ehrlich für dieses Gewerbe, aber ich muss dich einfach mal knuddeln.“ Sie zieht mich an sich ran und drückte mir ihren harten Busen auf den Solarplexus, das mir die Luft wegbleibt. Sie presst mir die letzten Bläschen aus der Lunge und es tauchen wieder kleine, rosa Einhörner vor meinem geistigen Auge auf. Ich weiß nicht, wie ich mich aus diesem Todesgriff befreien soll. Meine Arme und Beine schlackern, wie eine betrunkene Hummel im Liebesflug hin und her. Ihr eisenharter Bizeps drückt mir direkt auf den Kehlkopf und zwingt ihn nach innen. Meine Luftröhre wird dadurch zu einem kleinen Ein und Auslassventil und ich pfeife auf dem letzten Loch. Langsam wird es Nacht in meinem Schädel. So als würden, die schweren Samtvorhänge zu gezogen. In meinem Dämmerzustand vernehme ich ein wildes Knurren. Dann wird Romina von mir weggerissen. Schinkel hat sich in ihrer Schulter verbissen. Ich greife mir einen Ast und schlage damit, immer noch taub und benommen, direkt hinter ihr rechtes Ohr. Es gibt ein hässliches Knacken, das nicht vom Ast kommt. Ihr Arm ist aus dem Gelenk gerutscht und baumelt an ihr, wie ein Fremdkörper. Sieht schräg aus. Ich denke an Mike Meyers. Und zwar den 4. Teil. Der wo Miki zurückkehrt. Ich habe ihn nie gesehen, sondern mir nur davon erzählen lassen. Konnte 3 Nächte nur im Panic Room meiner Nachbarin aus Wisconsin, mit einer Winchester im Arm, schlafen. ---------Jedenfalls. Schinkel hängt immer noch dran. Am Arm. „Schinkel! Aus!“ ,rufe ich mit krächzender, lauter Stimme. Schinkel lässt den blutenden Arm frei. „Sie gehört zum KGB. Tamaras Truppe.“ ,keucht die herbeieilende Tasty. Romina versetzt mir eine harten Stoß und schreit: „Nieder mit der Bourgeoisie. Nieder mit dem Imperialismus.“ „Alle Macht dem Proletariat.“ ,füge ich unwillkürlich hinzu. Sie schlägt mich erneut und flieht. „Das hat gar nicht wehgetut.............Ich meinte getan, du blöde Schnepfe.“ ,schreie ich hinterher. Man soll mir nicht nachsagen, ich hätte nicht alles zu meiner Verteidigung und die des Rechtsstaates getut. „Halt deine Fresse......“ ,höre ich von ganz weit hinten und ganz leise. Diese Kommunisten müssen wohl immer das letzte Wort haben. Mühsam begeben wir uns wieder auf unseren Weg. Es ist 0755. Noch 5 Minuten. Wir biegen um die Ecke und am Ende der Straße sehen wir es 13 Eichen . Es ist lange her. Ich habe verdrängt das meine Mutter auch hier einsaß, weil sie meinen Vater umgebracht hat. Jeden Samstag, nach dem Saufen, kam er nach Hause. Ging ins Bad und putzte sich 20 Minuten die Zähne mit Perlweiß. Dabei summte er immer sein Lieblingslied. > Warte, warte nur ein Weilchen, dann kommt Honka mit dem Hackebeilchen. < Mein Vater war ein großer Fan, deutscher Serien Mördern: Stephan Letter – Der Todesengel von Sonthofen Karl Denke – Der Kannibale von Münsterberg Peter Kürten – Der Vampir von Düsseldorf Adolf Seefeldt – Onkel Tic-Tac Werner Pinzer – Der St. Pauli Killer Als Kind dachte ich das wäre normal, weil die anderen Väter aus dem Kindergarten ja auch Hobbys hatten. Das war allerdings Ministeck oder Eisenbahn fahren oder Rasenmähen. Mein Vater kam dann aus dem Bad und schlug meiner Mutter mit der flachen Hand ins Gesicht. Dann beschimpfte er sie als Hure und das Wort mit F. Nachdem er alles, in einer mega Lautstärke, raus gelassen hatte, begann er Dinge zu zerstören. Lampen. Teller. Tische Wände. Nichts war vor ihm sicher. So ging das Woche für Woche. Monat für Monat. Jahr für Jahr. Wir hatten uns daran gewöhnt. Aber eines Tages machte er einen entscheidenden Fehler. Er vergriff sich an mir. Ich hatte meinen abgewaschenen Teller, nicht zurück in den Schrank gestellt und das konnte er überhaupt nicht leiden. Zwei gepfefferte Ohrfeigen, waren seine Antwort auf diese Frechheit. Dann packte er, mit seinen schwieligen Händen, meinen Hals und schien entschlossen die Lebenskraft von mir, wie aus einer Tube Senf, herauszudrücken. „Nein!“ ,schrie meine Mutter. Doch mein Vater ließ sich dadurch nicht beeindrucken. Schließlich, war sie nur eine Frau, Ein Objekt, das ihm gehörte und damit sie das verstand ging er rüber und begann nun sie zu würgen. Ich sprang auf seinen Rücken und riss ihm ein Büschel Haare aus. Er schüttelte mich wie eine Laus, aus seinem Pelz und ich flog in die Ecke. Nun wollte mein Vater mir wohl den Rest geben, denn er stand auf und ballte seine Faust, um mir die Zähne auszuschlagen. Ich würde wohl kein Perlweiß mehr brauchen. Schade. Aber, da sah meine Mutter plötzlich rot, nahm das lange, japanische Schinkenmesser meines Vaters aus dem Messerblock und stach es ihm in den rechten Lungenflügel, der ja bekanntlich etwas größer, als der Linke ist. Mein Vater war ganz schön überrascht, das meine stillhaltende Mutter gerade sein geliebtes, japanisches Schinkenmesser dazu nahm. Er wollte etwas sagen, aber meine Mutter zog es heraus und stach es ihm ins Herz und da blieb es auch. Seine, nun vor Grauen und Entsetzen geweiteten Augen gingen abwechselnd zu mir und zu meiner Mum. Seine widerlichen, langen, schwarzen Urwald Brauen, die verfilzt über seinen stechenden Rasputin Augen klebten, waren durcheinandergeraten und nach oben gezogen. Das alles sehe ich vor mir, als wäre es gestern geschehen. Diese Erinnerungen sind sind für mich wie ein Film. So als wären sie jemand anderem passiert. Unreal. Theater. Das Blut schoss aus der rechten Seite seines Körpers heraus und die perlweißen Zähne bildeten einen leuchtenden, unnatürlichen Kontrast dazu. Es dauerte ganz schön lange, bis die Polizei kam. Ich dachte, das nun alles gut werden würde, aber die Behörden sahen das wohl anders. Sonntags durfte ich meine Mutter in 13 Eichen besuchen. Zuerst erkannte sie mich, aber dann nannte sie mich Bubele und fragte, ob ich den Sabbath auch ehre und auf koscheres Essen achte? Erst kam mir das seltsam vor, aber dann tat ich ihr den Gefallen und eignete mir einiges aus dem jiddischen an. Also aß ich nur noch die richtigen Sachen. Wie das Fleisch von wiederkäuenden Paarhufern und Geflügel. Ich begrüßte sie immer mit einem jiddischen Trinkspruch. Lachaim. Das bedeutet: Auf das Leben. Dann musste sie immer fürchterlich lachen. Alles lief seinen Gang, aber dann veränderte sie sich immer mehr. Sie vernachlässigte ihr Haar und wusch sich nicht mehr regelmäßig. Sie nannte mich ihren Leibwächter und sammelte kleine, grüne Pillen für mich. An meinem letzten Besuch nahm sie mich ganz fest in ihre Arme und sagte: „Ich hab` dich lieb mein Bub. Ich bin nicht verrückt. Die Welt da draußen ist es.“ Am nächsten Tag hörte ihr Herz zu schlagen auf. Nun stehen wir also davor. Es ist ein weiß getünchtes Haus, das mit wildem Wein bewachsen ist. Die Fenster sind vergittert. Natürlich. Hin und wieder hört man ein Lachen oder einen spitzen Schrei. Es ist merkwürdig hier zu stehen. Gut das Tasty an meiner Seite ist. Sie hält meine Hand. Auf der Veranda ist eine alte, verwitterte Bank, die mit verrosteten Ketten von der Decke hängt. Die Farbe darauf ist alt und aufgesprungen. Johnny sitzt entspannt, mit überkreuzten Beinen und ausgebreiteten Armen, wie ein Filmstar aus den 50ern auf dieser quietschenden Hollywood Schaukel und pafft einen Tiparillo. Er sieht wiedermal total cool in seinen mexikanischen Boots und der Stoffhose aus. Wie schafft er das bloß? „Hallo Schweinebacke!“ ,rufe ich ihm zu Kräuselnder Wind, weht in kleinen Kreisen Sand auf dem Boden herum. Ein Skorpion wartet in einer dunklen Ecke auf Beute und ich warte auf die richtige Bewegung, um ihm eine aufs Maul zu geben. „Freunde.“ ,ruft er uns fröhlich zu. „Ich habe Limonade mit Eiswürfeln für euch bereit stellen lassen.“ Ohne ein weiteres Wort, betreten wir diesen Ort der Süßigkeiten. Hab mal eine kurze Zeit in Texas gearbeitet. Dort gab es ein Hurenhaus. Candyland. Das gabs schon vor dem Bürgerkrieg 1862. Alte Plüschsessel. Seidentapeten. Verstimmtes Klavier, an dem schon Scott Joplin spielte. Knarrende, abgenutzte Betten. Lachen, das sie in Marmeladengläsern versteckten und Tränen, die auf ein Leben danach, in benutzten Leinen Servietten warteten. Also, ein grandioser Ort um sich die Pulsadern aufzuschneiden. Genau wie in 13 Eichen . Halleluja. Wir setzen uns auf die alten, verbrauchten Stühle, die unter unserem Gewicht ächzen und fluchen. Feng erscheint mit einem klapprigen Rollwagen, auf dem ein großer, silberner Teller steht, der wiederum mit einer übergroßen Glocke abgedeckt ist. Mein Hunger schreit nach Befriedigung seiner Gelüste. Mal sehen, was Johnny uns mit diesem Essen für Lügen auftischen will. Feng hebt die Glocke und ein schwarzer Schrumpfkopf, mit zugenähten Augen und versperrten Mund liegt reglos und stumm auf dem Teller. „Das ist George.“ ,erklärt Johnny. „Er war der Meinung, das Gesehene an Regierungsorgane weitergeben zu müssen. Es ist nicht einfach gewesen seinen Kopf auf diese Größe zu bringen, aber für George habe ich gern die Mühe auf mich genommen.“ Feng grinst. Er scheint George gut zu kennen. „George hat die Buchhaltung für ihren Onkel übernommen und war nicht davon zu überzeugen, das die Zeiten sich ändern.“ ,erklärt Feng. „Ich übernehme ab sofort die Geschäfte meines Onkels.“ ,fährt Johnny fort. Eins muss ich diesem Schweinepriester lassen. Er hat ein Händchen für theatralische Vorstellungen und scheut weder Mühe, noch Kosten sich in einem großartigen und scheußlichen Licht zu präsentieren. „Kommen wir zum Wesentlichen, meine Freunde. Wo ist das Paket?“ ,fragt Johnny nun. „Freunde? Wir sind keine Freunde, du blöder Sack.“ ,stelle ich klar. „Du hast recht. Wir sind viel mehr, als das. Wir sind Brüder.“ „Auch das nicht. Du warst nie mein Bruder. Brüder stehen für sich ein. Du warst immer nur für dich da. Oder hast du dich einmal bei Mutter sehen lassen?“ „Während du gejammert hast. BRUDER! Hab ich mich ums Geschäft gekümmert. Und ich habe mich gut gekümmert. Wir müssen uns keine Sorgen, um das Morgen machen.“ „Du meinst, du brauchst dir keine Sorgen machen. Wie viele Konkurrenten musstes du ausschalten?“ „Die meisten sind von sich aus gegangen.“ „Ich weiß, Bruder und wer nicht ging wurde beerdigt.“ „Du hast doch keine Ahnung! Weder von mir, noch vom Leben. Du hast immer nur davon geredet, was Besonderes zu sein, aber ich hab es gemacht. Ich BIN was Besonderes.“ „Ach ja? Und was war mit der Anfrage von Proffessor Hindenburg? Ich könnte bei Ärzte ohne Grenzen mitmachen, weil ich mich so gut im Krankenhaus auskenne?“ „Alter. Die wollten dich doch nur verarschen. Nicht mal das merkst du!“ Ich weiß nicht was ich sagen soll. Mist. Er redet solange auf mich ein, bis mir die verbale Munition ausgeht. Also, nehme ich seinen beknackten Schrumpfkopf und werfe ihn in den angrenzenden Zierteich mit den Koi Karpfen aus Plastik. Und weil mir das nicht reicht, pfeffere ich seine blöde Limonade hinterher. SO! Er zieht seine Luger aus dem Holster an der Seite. Tasty reagiert sofort und wirft sich vor mich. Der Schuss geht direkt in ihren Bauch, prallt an der Wirbelsäule ab und bleibt da stecken. Dann geht alles sehr schnell. Feng zieht Johnny vom Stuhl und die beiden flüchten. Tasty liegt sterbend in meinen Armen und blutet mich voll. Ich verstehe nicht recht, was geschehen ist, obwohl ich ja dabei bin. Da ist eine Menge Blut, das einfach so heraus läuft. Schinkel versucht zu helfen, aber mit seinen Pfoten, ist nicht viel drin. Auch ihn nimmt die Sache mit und wenn er weinen könnte, würde er es tun. Ich kann auch nicht weinen. Tasty sagt kein Wort. Sie schaut mich einfach nur an. Dann verlöschen ihre Augen und sie ist fort. Ich fühlte mich wie ein Stein. So wie Simon und Garfunkel in ihrem Song. I am a rock. Scheiße. Irgendwann kommt der Krankenwagen und viel Polizei und der Leichenwagen. Ich weiß, das sie nun für immer weg ist, aber begreifen kann ich es nicht........... Juli 2021 von Axel Bruss
  7. Hi Vielen Dank für dein Feedback. Ja, du hast recht. Es passiert eine Menge in meinen Geschichten. Es freut mich, das du dich gut unterhalten fühltest. Wenn du magst, stehen dir Teil 1 und 2 auch zur Verfügung. Insgesamt gibt es 6. Liebe Grüße Axel
  8. Devils Gate Ich werfe mir den Trenchcoat von Tasty über meinen schneeweißen, sehnigen Körper und trotte mühsam und aufgeheizt, auf dem zerschlissenen Läufer, der zahlreiche Brandlöcher aufweist, zur Tür. Knarzend, schleifend und quietschend öffne ich sie und da steht er: Johnny! Dieser bescheuerte, gutaussehende und oft totgeglaubte Schweinehund. Mein Zwillingsbruder. Juli Mann. In der Nacht ging es hoch her. Der Penner stand 5 Minuten da und glotzte mich aus seinen perfekten, blauen Augen, mit den perfekten Augenbrauen in seinem perfekten Gesicht an. Wie so ein Scheiß Lachs kurz vor dem Laichen. In freudiger, ruhiger Erwartung, was jetzt folgen würde, klebte seine Alabaster Haut, wie die teuerste handgewebte Seide auf seinen Blutgefäßen, die natürlich aus reinstem Gold waren. Es regte sich kein Muskel unter den feinen Poren. Aber da war so ein herablassendes, hämisches Grinsen hinter seiner aalglatten Fassade. Ein doggengleiches, verschlagenes Lächeln, das nur ich sehen konnte. Hätte ihm am Liebsten seinen Scheiß Schädel mit einem, von Babe Ruth signierten, Baseballschläger bearbeitet. Aber ich nahm mich zusammen, weil ich unter dem Trenchcoat nackt war und Tasty auf meine Fingerfertigkeiten wartete. Die Zeit floss gnadenlos weiter und ich befürchtete, dass mir bald Kiemen wachsen würden, wenn ich noch weiter im Zug des feuchten Windes stand. Meine Füße liefen schon blau an. Mein Blick wanderte auf ihnen herum und ich glaubte transparent, milchige Schwimmhäute zwischen den ausgeprägten Zehen zu entdecken. Das allein wäre schon für einen ausgewachsenen Mann mittleren Alters ein massiver Schock gewesen, aber dann.................. Scheiße. Sind das etwa Krampfadern. Sieht aus, wie die verdammte Landkarte von Kansas. Aber der uninteressante Teil. Ich war so in diesen Irrsinn vertieft, dass ich zusammenzuckte, als er mich plötzlich ansprach: „Können wir reden.“ „Ich kann dir deinen Kopf unter Wasser drücken und wir warten, ob du dich in einen Fisch verwandelst und versuchst durch deine Fingerkuppen zu atmen“ ,meinte ich ruhig. Merkte aber, wie es in meinem Hals zu tuckern begann. „Ich verstehe das du sauer bist.“ „Oh, ich bin nicht sauer. Sauer wäre ich, wenn du mir den geliehenen Schlagbohrer nicht wiedergebracht hättest. Oder die letzte Mandarine gegessen hättest. Oder einen Eisenbahnschwellennagel in meinen Fuß geschlagen hättest. Nein, ich bin nicht sauer!! Es ist eher abgrundtiefer Hass, den ich für dich empfinde. Hass und Abscheu vor jemanden, der vorgibt mein Bruder zu sein. Der vorgibt tot zu sein. Der sich 7 Jahre nicht gemeldet hat und offensichtlich jetzt erwartet, dass alles wieder in Ordnung ist.“ „Ja. Das verflixte 7. Jahr. Da gehen die meisten Beziehungen in die Brüche.“ ,erklärte er lapidar. Da hab` ich ihm dann doch was in die Fresse gehauen. Er fiel einfach um. Hätte gar nicht geglaubt das ich soviel Wumms in meiner Rechten habe. Da lief ganz schön viel Blut aus seiner Nase. Na, da müsste er dann aber selbst mit dem Feudel ran. Ich würde für die Reinigung nicht den kleinsten Finger rühren. „Können wir jetzt reden?“ ,ließ Johnny mit verstopfter Nase hören. Ich reichte ihm meine Hand und zog ihn hoch. „In einer halben Stunde unten auf der Bank.“ ,sagte ich. „Zieh dir ´ne Hose an.“ ,sagte er. „Du hast mir überhaupt nichts zu sagen, du blöder Sack.“ „Dann zieh` halt keine an.“ Ich war kurz davor, ihm noch eine zu zimmern. Diesmal würde ich ihn aber liegen lassen, bis Giraffen und Erdferkel sich paaren. „Schon gut kleiner Bruder. Bis gleich.“ ,meinte Johnny und schlenderte pfeifend und gut gelaunt die Treppe hinunter. „Es waren nur 2 Minuten, du blöder Arsch. 2 Minuten bist du vor mir raus. Vorgedrängelt hast du dich. Immer hast du dich vorgedrängelt. Immer wolltest du der Erste sein. Du blöder Wichser.“ ,schrie ich ihm hinterher. „Immerhin. 2 Minuten.“ ,rief er zurück. Ich war außer mir. Warum tat er mir das immer wieder an? Ich leg` diesen Dummbrotbäcker um. Ich knall den Penner einfach ab. Fertig. Nur mein Bruder schafft es mich in diesen Zustand des Kontrollverlustes zu bringen. Ich stürze ins Bad und ziehe mich an. „Ist alles okay?“ höre ich Tasty aus dem Schlafzimmer. „Klar. Wo ist eigentlich meine 38er?“ „Ich wusste nicht, dass du überhaupt eine hast.“ „Ich hab` sie Eduardo abgenommen, nachdem er mich überfallen hat.“ „Der behinderte Junge aus dem 3. Stock?“ „Genau.“ „Der hatte eine 38er?“ „Genau.“ „Und damit willst du deinen Bruder erschießen!?“ „Genau.“ „Achte darauf das keine Zeugen in der Nähe sind.“ „Okay. Hast du sie jetzt gesehen?“ „Was?“ „Die 38er.“ „Nein.“ „Herrgott. Warum findet man nie etwas, wenn man es braucht?“ Ich machte mich also mit einer Eisenstange (Das einzig Harte, was ich im Schränkchen unter dem Waschbecken fand.) auf den Weg. Sir Edward Holmes kam gerade herunter und hielt mich an: „Mein junger Freund, machen sie sich nicht unglücklich.“ „Der Sack ist schon so oft gestorben. Jetzt mache ich den Sack zu. Endgültig.“ „Bedenken sie. Es ist ihr Bruder. Sicher waren sie nicht immer einer Meinung, aber deshalb gleich eine Eisenstange in sein Auge treiben?“ „Ich werde es ihm einfach über den Schädel ziehen. Keine große Sache.“ „Es ist, wie wie der Gang zum Friseur. Ab ist ab und tot ist tot.“ ,erklärte er ruhig. Ich ließ ihn einfach stehen. Wieso mischte er sich überhaupt ein und woher wusste er, dass es mein Bruder ist? Und............SHIT!!!!!! Ich war kurz vor dem Platzen. Johnny saß schon auf der Bank und hatte die Beine übereinander geschlagen. Er rauchte einen Tiparillo und blies kleine, weiße Rauchkringel in die Luft. Natürlich, waren das nicht einfach verformte, Kreis ähnliche, Gebilde. NEIN! Das waren verdammt perfekte, runde.......................KREISE! Er lächelte mir zu und winkte mich heran. Wer war ich? Sein persönlicher Butler? Ich packte die Eisenstange noch fester. Wenn ich ihn direkt hinter dem Ohr treffen könnte, wär`s gleich aus mit ihm. Würde auch gar nicht viel Aufregung geben. Ein gezielter Schlag. Ein kurzer, spitzer Schrei. Ab in den Hinterhof und unter der alten Eiche verscharren. Merkt kein Mensch. Ist wie in der Wüste von Las Vegas. Da liegen mittlerweile so viele, das es schwer ist einen freien Platz zu finden. Johnny nahm das alles ganz gelassen. Jetzt spreizte er auch noch beim Inhalieren den kleinen Finger ab. Ist das zu fassen? Was für ein Snop! Er legte beide Arme auf die Rückenlehne der Bank und legte seinen Kopf in den Nacken. Wenn er jetzt gähnt, reiße ich ihm die Ohren ab. Beide! Dann heißt er für mich nur noch: Vincent-----kein Ohr-----van Gogh. Seine ganze Erscheinung machte einen super entspannten Eindruck. So war das immer. Er machte irgendeinen Scheiß und ich bekam den Lederriemen. Er verscherzte es sich mit den Straßenjungs und ich bekam auf die Fresse. Zielstrebig ging ich auf ihn zu und gerade, als ich ihm den Schädel einschlagen wollte, sauste Blondie mit ihrem Fahrrad heran, machte eine Vollbremsung, überschlug sich und landete direkt vor unseren Füßen. Mann. Ich natürlich sofort voll auf Gentleman. Mein Blondschopf war völlig von der Rolle. „Danke. Sie haben mir das Leben gerettet.“ ,stöhnte sie. Das schien mir etwas übertrieben, aber ich wollte es ihr auch nicht ausreden. „Wie kann ich das nur wieder gut machen.....“ ,fuhr sie fort. Naja, also da würden mir so 8 bis 80 Dinge einfallen, aber ich hatte ja nun mit Tasty, was am Laufen, also fiel das flach. Ich signalisierte ihr, dass ich vergeben war, indem ich auf meinen Finger zeigte und dann mit Daumen und Zeigefinger einen Ring formte. Den steckte ich mir symbolisch über den Finger. So im nach hinein ließ sich diese Geste sicher auch anders deuten. „Hast du wieder deine nervösen Zuckungen?“ ,schaltete sich mein Bruder ein. So war das immer. Gerade dem Tod von der Schippe gesprungen und schon wieder blöde Sprüche auf der Pfanne. „Halt doch einfach mal deine Fresse.“ ,schnauzte ich ihn an. „OHHHHHH!“ ,vernahmen wir ein lautes Stöhnen von Blondie. Sofort wollte sich mein Bruder auf sie stürzen, um ihr vorsichtshalber eine Mund zu Mund Beatmung zu geben. Doch sie lehnte das kategorisch ab. Wenn, dann nur von mir. Ha!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Sie sank in meine Arme. „Bitte bringen sie mich nach Hause.“ ,flüsterte sie schwach. „Und was ist mit unserem Gespräch? Ich habe wichtige Dinge mit dir zu klären. Es geht um Familie, Bruder. Das duldet keinen Aufschub.“ nörgelte Johnny „Blödes Gefühl, wenn man nicht an erster Stelle steht. Oder?“ ,feixte ich. „Familie!“ ,wiederholte er. Ich versuchte Blondie mit meinen starken Armen direkt vom heißen Asphalt zu kratzen und mit einer lässigen Bewegung in den Schatten zu tragen. Doch ein Knacken im oberen Halswirbel Bereich hielt mich davon ab. Meine Gesichtsmuskeln versuchten den Schmerz weg zulächeln. Ihre Hand fuhr zufällig Kraulend über meinen Kopf. „Bringen sie mich bitte nach Hause.“ ,gab sie matt von sich. „Ich brauche ihre Hilfe.“ Wir stiegen ins Taxi und fuhren am Central Park vorbei. Richtung Upper East Side. Von dieser Gegend hatte ich nur vom Hören Sagen erfahren. Da lebten die Superreichen. Madonna. Mariah Carey. Jaqueline Kennedy Onassis. Batman uuuuuuuuund Blondie. Die Sonne ging glutrot hinter den Gebäuden unter und schien die Häuser davor in eine blutrote Feuerwand zu tauchen. Irgendwie teuflisch und Höllenfeuer mäßig, aber in seiner bestechenden, nahenden Zerstörung auch unglaublich schön. Fühlte mich wie ein Kind mit Streichhölzern. Ich wusste das es verboten und gefährlich war, aber gleichzeitig auch aufregend. Ich hatte das alles vergessen, aber, BUMM!, mit einem mal, war das alles wieder da. Ein Schalter wurde umgelegt und ich fühlte mich wie am Anfang eines großartigen Spiels, dessen Start bekannt, aber das Ende ungewiss war. Ich spürte dieses Kribbeln und das tanzende Gefühl in meinem Körper. Mit einem Wort: Lebendig! Mit einem goldenen Fahrstuhl fuhren wir direkt in ihr Apartment, das auf dem Dach lag. Hammer! Sie meinte das würde man nicht Apartment, sondern Penthouse nennen. Ganz schön besserwisserisch die Puppe. Ich meinte das wüsste ich selber, weil ich ja die Zeitschrift Penthouse abonniert hätte und da könnte man halt reichlich schöne Locations und Strände und Dachterrassen und nackte Tatsachen beobachten. Da hat sie aber ganz schön geguckt. Tja, weltmännisch kann ich auch. Es gab sogar einen riesigen Swimmingpool. Sie zog sich gleich mal komplett aus, um baden zu gehen. Die Kinnlade fiel mir in die Kniekehlen und meine Augen traten aus den Höhlen, um besser sehen zu können. Natürlich, war ich dagegen immun, denn Tasty hatte sich in meinen Gedanken breit gemacht und lehnte sich an meine schmale Schulter und das war gut so. ------------------So. hier ist jetzt so eine Art Zäsur. Oder so ähnlich.------------------ Also. Ich hab das schnell mal gegoogelt. Zäsur ist so ein ganz krasser Einschnitt. Sind ja nicht alle so schlau und Fremdwort gewandt, wie mich einer ist. Jetzt geht`s auch in der Jetzt Zeit weiter, weil das nämlich Hammer ist. Sie steht auf den Zehenspitzen am Beckenrand und reckt ihre Arme nach oben zur Sonne. Oh, mein Gott. Diese Brüste sind der Hammer. Komplett rasiert. Nein ich guck da nicht hin. Auf keinen Fall. Jetzt bückt sie sich auch noch nach vorn. Das ist der Wahnsinn. Was will die Frau von mir? Diese Pobacken! Die sind doch nicht echt. Aber sie bewegen sich ganz natürlich. Rechts. Links. Ganz geschmeidig. Das sieht gut aus. Ich guck jetzt woanders hin. Schöne Pflanzen. So grün. Schöne Blätter. Ist das Marihuana? Wo bin ich hier eigentlich. Ich gehe am besten. „Du siehst durstig aus. Wie wäre es mit einem Single Malt. Macallan 1926. Fine & Rare. 60 Jahre gereift. Es wurden nur 40 Flaschen davon abgefüllt.“ ,erklärt Blondie „Klingt teuer.“ ,krächze ich. „Ach. Geld hat keine Bedeutung. Ist doch nur Papier.“ „Klar, und ich wette die alleinerziehende Mutter mit 3 Jobs und fünf Kindern sieht das genauso.“ „Dafür gibt es doch Nannys und Einrichtungen.“ Jetzt fand ich sie gar nicht mehr so sexy. Im Gegenteil. Fand sie sogar ziemlich hässlich und unsensibel. Das machte es mir leichter. „Also ich muss dann mal los.“ ,sage ich bestimmt. „Och nö. Bitte. Noch nicht. Ich werd` schon wieder so traurig und meine Haut ist auch ganz heiß. Sogar von innen“ ,schniefte sie. „Ich denke du kommst auch allein zurecht.“ Sie dachte kurz nach und änderte ihre Taktik. „Ich habe das Gefühl verfolgt zu werden.“ ,flüsterte sie. „Haben wir das nicht alle mal?“ „Ja besonders, wenn ich Rad fahre. Ständig ist jemand hinter mir.“ „Mmmmmmmmmmh.“ „Und außerdem wurde mein Chihuahua gestern gestohlen. Mein kleiner Liebling. Er ist das, was ich neben meinem Schmuck, am meisten liebe.“ „Schön das du Prioritäten setzen kannst.“ ,gebe ich gelangweilt von mir. „Ja nicht wahr. Das sagen meine Freundinnen in St. Moritz auch immer.“ „Beim Skilaufen?“ „Beim Whirlpool im Swingerclub.“ „Im Swingerclub.“ ,wiederhole ich. „Schockiert?“ „Nein......Ich selbst bin ja auch.....im......Nein. Ich war noch nie im Swingerclub. Mehr als 2 Personen beim Liebesspiel machen mich immer nervös.“ „Je mehr Hände desto besser.“ ,meint sie begeistert. „Also mit uns beiden, das wird nichts. Schau mal du bist wirklich heiß, aber auch total durchgeknallt. Und zieh dir endlich was über deine makellosen Brüste!“ Sie wirft sich einen durchsichtigen Bademantel über. Alles klar! Schön, wenn man weiß, was zu tun ist. Sie streckt und reckt sich wieder. Sehr verführerisch. Ihre Nippel sind so groß, wie tief dunkelrote Kirschen. Meine Zunge beginnt auszutrocknen. So, Sahara mäßig. Muss schon 30 Jahre her sein, dass ich was getrunken habe. Ein Glas Wasser oder eine Orange oder die feuchte Haut dieser Wildkatze würden reichen mich am Leben zu halten. Dann geht sie in ihr Loft und zieht sich einen schwarzen Hosenanzug an, der aus ihr Catwoman macht. Miau! Unglaublich, was alles in Frauen steckt. Beziehungsweise, wo Frauen überall drinstecken. Sie setzt sich mir gegenüber auf eine Liege und sagt, so ganz nebenbei, während sie sich einen Martini eingießt und sich selbstverliebt das blonde Haar zur Seite streicht: „Ich bin beim KGB.“ „Ich bin bei der Heinzelmännchen GmbH und wir wollen demnächst einen Bingo Abend, im Wohnheim für Senioren, veranstalten. Wenn du Lust hast, komm einfach vorbei und wir trinken ein Gläschen Rote Beete.“ ,erwidere ich. „Ich weiß das du eine Agentur ins Leben gerufen hast. Dirty Deeds. Nach unseren Informationen bist du sehr erfolgreich. Du bist verdammt gut in deinem Job.“ „Sehr schmeichelhaft.“ „Du erledigst Aufträge jeglicher Art und du trägst Superman Unterwäsche, weil du dich dann wie ein Held fühlst und dein Onkel ist Drogendealer und dein Bruder steckt mit drin. Wo ist er?“ „Meine Güte. Ich hab einmal diese Unterwäsche getragen. Einmal.“ „Du trägst sie immer an ungeraden Wochentagen.“ ,hält sie mir vor. „Na und. Wenigstens bin ich nicht beim russischen Geheimdienst.“ „Wo ist dein Bruder?“ Das wird mir zu blöd. Also stehe ich auf und sagte: „Das wird mir zu blöd.“ „Setz dich!!!“ ,sagt sie mit Nachdruck und kickt mir die Beine weg. Sofort schwingt sie sich auf meinen Brustkorb und setzt die Todesgrätsche an. Mit ihren Schenkeln klemmt sie rechts und links meinen Kopf, wie in einen Schraubstock ein und die Luftzufuhr passiert eher schemenhaft. Mein Bewusstsein schwindet, wie so ein beknackter Schneemann in der Sonne. Es ist total bescheuert, aber ich muss lachen und verbrauche den Rest meiner gespeicherten Luft. Da der Sauerstoff ins Nirvana abgleitet, beginne ich kleine Elefanten zu sehen. Außerdem meldet sich eine alte Bekannte in meinem Unterbewusstsein: Frau Dr. Quinn – Die Zahnärztin aus Leidenschaft EoZ > Einsam oder Zweisam! Das ist eine meiner Lieblings Therapien, weil wir da nur über mich reden. Über meine Lieblingsorte. Meine Wünsche. Meine Ängste. Meine Hingabe. Und gerade, als ich mich der Atemlosigkeit meines Daseins hingeben will wird mir meine Situation abermals bewusst. Blondies Hosenanzug ist am Schritt offen. Großartig. Toller letzter Ausblick. Am Rande bekomme ich noch den Duft ihrer süßen Möse, der mich in sagenhafter Weise umwabert, mit. „WO – IST – DEIN – Bruder?!!!!!!!!!!!!!!!!!!“ ,schreit mich die blonde Schlampe an. Ich versuche mit den Schultern zu zucken. Doch das geht nicht. Es geht gar nichts mehr. Das Lachen ist mir auch vergangen. Noch einmal dieser Duft. Herrlich. Ich schließe die Augen Gibt sicher schlimmere Abgänge. Ich höre ein lautes KLONG! Blondie fliegt zur Seite und ihr Blut verteilt sich auf meinen puterroten Gesichtsfalten. Durch einen Schleier entdeckt ich Tasty. „Wir müssen los!“ ,ruft sie und zieht mich hoch. Meine Gummibeine halten mich nicht und ich knalle auf den Boden. Das ich auch mit dem Kopf auf die Marmorfliesen donnere bekomme ich nur peripher mit. Jetzt blutete ICH die Fliesen voll. Na Bravo. Irgendwie schaffe ich es, mit Tasty´s Hilfe, hoch zu kommen. In ihrem Auto, das mit den ganzen leeren Plastikflaschen und Wattepads einer billigen Kosmetikabteilung nicht unähnlich ist, riecht es nach Duftbäumchen. Nadelwald. Dann gehen meine Lichter aus. Ich erwache in einem weichen Bett, mit einem Kopfverband. Mein Schädel brummt. Im gegenüberliegenden toten Fernseher kann ich mich sehen und empfinde, die sich rot färbenden Binden, als Auszeichnung in einem schrägen, nicht vorherzusehenden Fight mit einer Bestie. Ich verdränge erfolgreich, das ich mich selbst, aus lauter Dummheit, in diese gefährliche Situation gebracht habe. „Wie geht es dir?“ ,höre ich die flüsternde, liebevolle Stimme von Tasty. „Du hast mir im letzten Moment etwas Luft zugefächelt. Danke.“ „Du bist in Gefahr. Ich pass auf dich auf.“ ,sagt sie ernst. Ich schnall das alles nicht und um besser damit klar zu kommen, tippe ich grad mal diese Worte in mein elektronisches Tagebuch. Eben, war ich noch der nette junge Mann von nebenan. Von allen geliebt und bewundert und jetzt befinde ich mich mitten in einer absonderlichen Detektivgeschichte mit ungewissen Ausgang. Ich weiß nicht, ob mir das gefällt. Was, wenn ich morgens mit einem Messer im Rücken aufwache und nicht mal meine Sünden gebeichtet habe? Nehme mir vor, in den nächsten Tagen eine kleine Liste aller schlimmen Sachen, die ich in meinem Leben gemacht habe, aufzuführen. Inklusive das Klauen eines Musketier Schokoriegels am Kiosk von Herrn Schlichting, als ich sechs war. Langsam kehrt so was wie Leben in meinen ausgepressten Körper zurück und ich beruhige mich. „Wer bist du wirklich?“ ,krächze ich. „Ich arbeite beim FBI. Das nächste Paket ist im Club Top Ten.“ ,erklärt Tasty. „FBI? Was geht hier überhaupt vor? Blondie ist KGB Agentin und liebt Swingerclubs. Du bist eine Kokain Abhängige Straßenreinigungskraft, die mir irgendwas von gr0ßer Liebe vorgaugelt und mich immer mit diesen gierigen, geilen Blicken anschaut.“ „Ich bin FBI Agentin.“ ,fügt sie hinzu. „Und das mit der Liebe ist echt.“ „Scheiße. Ich habe keine Ahnung was hier echt ist und was nicht.“ ,erkläre ich kurzatmig. „Du hyperventilierst mein Liebling.“ ,flötet sie. Das Atmen fällt mir schwer. Der Boden wird unter meinen Füßen weggezogen und ich stehe vor dem Tor zur Hölle. Der Teufel grinst mich an. Ich versuche ihm eine auf Maul zu hauen, kann mich aber nicht bewegen. Scheiße. Ich bin am Arsch. „Na Wichser. Das ist wohl eine Nummer zu groß für dich!?“ ,höhnt der Teufel. Ich atme in eine Tüte. Ein und Aus. Ein und Aus. Das Flimmern vor den Augen ist eigentlich ganz schön. Langsam komme ich wieder zu mir. Tasty sieht süß aus. Sie hat diesen unschuldigen Blick aufgesetzt. Steht ihr gut. Sie zeigt mir ihren Ausweis, um mir zu beweisen, das sie wirklich beim FBI ist. Auf dem Bild guckt sie streng und mitleidlos. Hammer! Scheint echt zu sein. Die Vorstellung es mit einer Agentin getrieben zu haben, ist unheimlich sexy. Fühle mich wie Sunshine Superman. The happiest man alive. Ich mache also erst mal auf cool. „Ok. Ich stelle fest, das wir in einer unübersichtlichen Situation stecken.“ „Ja. Was machen wir...........?“ ,stellt Tasty, so auf leise fragend, in den Raum. „Wir gehen einen Hot Dog essen. Ich bin sooooooooooo hungrig. Alter Schwede.“ „Ja das ist eine Option. OOOOOOOOOOOOOOOder...........? „Sex?“ ,frage ich treudoof und bereue sofort meinen Einwurf. „Top Ten...............?“ ,kontert Tasty. „Yes. Ab in die Schuhe und zum Club.“ ,rufe ich freudig und merke das meine Emotionen nicht zur Situation passen. Da es aber jetzt zu spät für Reue ist, tue ich so, als hätte ich den totalen Durchblick und erbreche mich in den Blumentopf der grünen Zimmerpflanze. So. Das ist erledigt. Wir greifen uns ein Taxi und während wir dahin brausen, schiebe ich meine Hand unter ihren Pullover. Ist das etwas Angorawolle? Boah, ist die weich. Dazu diese wunderbare, zarte Haut. Meine Fingerspitzen freuen sich einen Ast ab, während ich wieder mal mit trockenem Mund dasitze und mir wünsche im Schweizer Kanton Graubünden zu sein, um den Süßwasser See Prättigau/Davon leerzutrinken. Der flauschige Pullover gleitet über meinen Handrücken, während ich ihre Brüste umfasse. Fühlt sich galaktisch an. Mann, die sind echt klasse. Nicht zu fest. Nicht zu weich. Gerade richtig. Meine Brustwarzen werden hart. Steinhart. Kleine Kieselsteine. Sie drücken sich durch mein schwarzes Hemd. Jetzt zeigen auch ihre Nippel eine Reaktion. Bin kurz vor einer Schnappatmung. Wo ist die verdammte Tüte? Ich dreh gleich durch. Egal. Wahnsinn. Die Taxifahrerin beobachtet uns. Sie ist 24 und heißt Romina Powers. Ehemalige Italienerin. Ehemalige Exil Kubanierin und Model Schrägstrich Erotik Darstellerin. Sie ist heiß. Kurze, hellblau/grau/türkis gefärbte Haare mit einem Stich ins Anthrazitviolett. Sie trägt ein enges, schwarzes, kurzes Kleid. Ihre kleinen, spitzen Brüste brauchen keinen BH. Sie hat zig Goldketten und glänzende, schwere Armbänder die sie zur Schau trägt. Das sieht prollig und gefährlich aus. Ihre fiesen, eisigen Augen fügen sich geschmeidig in das Bild einer Massenmörderin auf Seelenfang. Ich habe echt Angst vor ihr, aber gleichzeitig erregt mich der Gedanke das sie uns beobachtet. Ich will dieses Gefühl noch weiter genießen und mich daran aufheizen, aber leider sind wir jetzt da und schlendern Hand in Hand zum Eingang. „Das hat dich ziemlich geil gemacht. Oder?“ ,stellt Tasty fragend fest. Ich fühle mich ertappt. „Äh.........was meinst du?“ ,haue ich so raus, um Zeit zu schinden. „Das du mich angefasst hast und Romina zugeschaut hat.“ „Also. Äh. Nein. Bin doch nicht pervers.“ ,weise ich beleidigt alle Anschuldigungen von mir. „Mich hat es auch heiß gemacht.“ ,flüstert sie „Ja. Ich fand es auch geil.“ ,gebe ich nun zu. „Ja. Und diese eiskalten Augen. Gruselig.“ „Ja. Gruselig und...........“ „Erregend.“ vollendet Tasty den Satz. „Ich liebe dich.“ ,sage ich so leise das es keiner hören kann. „Ich dich auch.“ ,sagt sie das ich es genau hören kann. Wir stehen vor dem Top Ten. Früher stand der Laden in Hamburg auf der Reeperbahn. Dann hat irgendein reicher, Musik begeisterter Amerikaner den Schuppen abgebaut. Stein für Stein. Schraube für Schraube. Und hier her verfrachtet. Und warum? Weil er den ganzen verknarzten Typen aus den 50ern und 60ern nah sein wollte. Oben auf der Tafel stehen noch die ganzen Namen: The Beatles. Tony Sheridan. Gerry and the Pacemakers. Dave dee, Dozy, Beaky Mick & Tich. The Monks. Albert Lee. Alex Harvey. The Liverbirds. Freddy & the Dreamers. The Searchers. Johnny Kidd and the Pirates. Ray Charles. Fats Domino. Gene Vincent. Jerry Lee Lewis. Naja. Interessiert heute keinen mehr. „Hier ist sie also, die Nummer 10.“ ,stelle ich trocken fest. „Finde das Koks, dann findest du den Dealer.“ ,sagt Tasty. „Wer ist diese Schlampe, die mir den Lufthahn zudrehen wollte, eigentlich?“ „Blondie?“ „Genau!“ „Sie heißt Tamara Tschertschenko. Geboren 1984 bis 85 in Sibiren. Eine Zangengeburt, die am 31.12. durch eine Hebamme namens Mrs. Watson stattfand. Tamara ist eine eisenharte Fighterin und gläubige Marxistin. Sie ist in der Volksgruppe der Tschuktschen groß geworden und hat dort alles über das Überleben in der Eiswüste gelernt. Sie gibt niemals auf und kämpft, bis sie ihr Ziel erreicht hat.“ „Gibt es noch etwas das du mir über DICH sagen willst. Wie ist dein richtiger Name?“ „Den kann ich dir nicht sagen. Würde ich es tun, müsste ich dich danach sofort erschießen. Ich liebe Meerschweinchen und Batgirl. Ich habe verschiedene Ausbildungen in der CIA / NSA / DEA und natürlich des FBI durchlaufen. Ich stehe über dem Gesetz und bin grundsätzlich Undercover unterwegs. Ich handle selbstständig und habe die Lizenz zum Töten.“ „Wie James Bond?“ „Genau.“ „Hammer!“ ,füge ich abschließend hinzu. Das Top Ten ist jetzt ein Club der einsamen Herzen und zügellosen Leidenschaften und hat einen 24 Stunden Service. Direkt vor uns sehen wir Tamara die gerade hineingeht. Sie trägt einen Latex Catsuit mit Augenmaske. Heute ist wohl Themenabend. „Steck die Zunge wieder rein und hör auf zu sabbern.“ ,lässt Tasty vom Stapel und lacht. Ich fühle mich wieder ertappt und fummle ein steinhartes Kaugummi aus der Tasche. „Ich werde heute Abend für dich mein Barbarella Kostüm anziehen und dich zum Schreien bringen. Du geiler Hase.“ ,flüstert Tasty mir ins Ohr. Ich denke an Jane Fonda und den gleichnamigen Film von 1968. Boah. So sexy. Wir stehen vor dem Swingerclub und einer uralten Neon Reklame, die auch aus den 60ern zu sein scheint. Ich muss Lachen und drücke die Türklinke herunter. Im gleichen Moment explodiert im Innern eine Bombe und wir werden samt Tür Richtung Osten geschleudert. Ein kleiner süßer Engel, mit Minirock und hochtoupierten Haaren tanzt mit dem Teufel, von vorhin, im Frack einen Salsa. Nun, das ist wohl das Ende. Dachte immer, dass Leben würde in rasender Geschwindigkeit an einem vorbei ziehen. Pustekuchen. Engel – Minirock – Teufel – Salsa. Das ist wohl alles was bleibt. Ich spüre nichts. Da ist nur diese Freiheit und das die ganze Suche nach einem Sinn endlich ein Ende hat. Alles ist leicht und schmerzfrei. Jedenfalls bis zu dem Augenblick, als Tasty mir eine gepfefferte Ohrfeige gibt. „WIR MÜSSEN LOS!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!“ ,schreit sie. Meine Seele, oder das was ich dafür halte flutscht zurück in meinen Körper. Ich blute aus einer Öffnung am Kopf. Bin ja für alles offen, aber das geht mir dann doch einen Schritt zu weit. Ich wundere mich ein bisschen über das helle Rot des Blutes und denke an die Häuser und die untergehende Sonne und den Teufel und das er mich jetzt holen kommt. Scheiße! Ich muss wieder lachen, obwohl es wieder nichts zu lachen gibt. Wie bei einer politischen, überflüssigen Debatte, wo du denkst: -Meine Fresse das sind ja die größten Honks, die ich je gesehen habe und die regieren unser Land und entscheiden über Krieg und Frieden und Marmeladenbrötchen. Am besten leg` ich mir gleich mal `ne Knarre zu, um mich selbst zu verteidigen, wenn es zum Äußersten kommt.- Das Loch im Kopf ist echt klein und der rote Rinnsal der einfach herausfließt ist auch klein. Ich spüre keinen Schmerz. Keine Bad Vibrations. Ich denke immer nur: Scheiße, was passiert hier gerade? Tasty schreit mir wieder irgendwas zu, aber ich bin einfach nur unendlich müde. Wir stolpern davon und schaffen es irgendwie zum Hafen. Dort verstecken wir uns. Es ist kalt, obwohl uns die Sonne die Sommersprossen wegätzt. „Mann. Ich bin so durstig. Ich könnte einen Ozean leer saufen.“ ,stöhne ich. „Direkt vor der Tür ist der Hudson River.“ ,lacht sie gestresst. Meine Hand greift nach ihrem Arm und ich ziehe sie zu mir heran. Sie ist verschmutzt. Ihr Gesicht ist voller Staub. Die Wimpern sind verklebt und mit den vielen, kleinen Wunden sieht sie, wie Edward mit den Scherenhänden aus. Und trotzdem ist sie die schönste Frau, die ich je gesehen habe und ich fühle mich aufgehoben. Die Dunkelheit kommt, wie ein lang vermisster Freund. Tasty will meine Wunde mit ganz normalem Garn, das sie in der Hütte findet, nähen. Ich sage, das ist kein Problem, weil ich das ja im ersten Teil von Rambo, mit Sylvester Stallone, gesehen habe. Und da ging ihm das ganz locker von der Hand. Deswegen kann es nicht so schlimm sein. Doch nach dem ersten Stich und lautem Schreien meinerseits entschloss ich mich erst mal die Narkose abzuwarten. Daraufhin schlug sie mich mit einem Kinnhaken nieder und als ich erwachte, war alles schon passiert. Was für eine Braut. Halleluja. Wir schleichen zu Mrs. Watson, weil Tasty meint, sie ist auf unserer Seite, da sie vor Jahren, vom FBI, ins Zeugenschutzprogramm genommen wurde. Auf die Frage, warum sie denn immer noch den gleichen Namen hat, sagt sie die geheimnisvollen Worte: Devils Gate. Ich nicke und tue wieder mal so, als wüsste ich genau Bescheid. Der Weg durch die Straßen gestaltet sich dann doch schwieriger als erwartet. Es sind zahlreiche Leute und Gesindel unterwegs. Der Unterschied ist nicht immer so klar, wie man landläufig zu glauben scheint. Da ist zum Beispiel Ripper Jack: Er leidet an Schizophrenie. In einem Moment ist er ein liebenswerter Familienvater und im Nächsten ein Bäuche aufschlitzender Killer, dem es nichts ausmacht neben seinem Opfer ein Picknick zu veranstalten und lustige Geschichte aus seiner Zeit beim Bergbau zu erzählen. Heute hat er eine besondere Persönlichkeit hervorgekramt. Die des Quartals saufenden Chirurgen, der wieder mal von seiner Frau, mit einem halbseidenen Ganoven aus Little Italy, betrogen wird. Er trägt unter seinem Lodenmantel einen grünen Op Kittel, der ihm sehr gut steht. Wir entdecken, bei genauerem hinsehen, zufällig, wie er eine Nasenoperation an einem Knochenbrecher durchführt. So werden Geldeintreiber für die örtliche Mafia genannt. Wir können uns davon machen bevor er uns entdeckt. Ich muss unbedingt etwas trinken und da Benny`s Taverne grad in der Nähe ist, kehrten wir dort ein und bestellen Fassbrause. Noch nie hat mir ein Getränk so viel Erfrischung geboten. Benny`s irische Abstammung kann man an seinen roten Haaren und den grünen Augen gut erkennen. Sein eigentlicher Name ist Patrick O`Brian. Freunde nennen ihn Paddy, den Iren. Er hat ein freundliches Naturell und ein gutmütiges Denken mit einem Schuss Wahnsinn. Ich mag ihn und er mich. Ich nenne immer: Paddy den irren Iren. Sein Laden ist gemütlich und neu eingerichtet. Also vor 50 Jahren. Seitdem hat sich nichts verändert. Immer noch die gleiche, alte vermoderte Spelunke, mit einem fetten Kugelfisch der aufgeblasen von der Decke hängt und mich anglotzt. Ein 3 Meter langes Krokodil fletscht die Zähne und liegt ausgestopft auf dem Tresen. Deshalb wird auch erwartet das man seinen Drink mit einem Zug hinunterstürzt, weil man die Gläser nirgends abstellen kann. Über der Bar hängt eine lebensgroße Fotografie von Spike, dem Astronautenmops. Gleich neben Kuno, dem Killerkarpfen. Bruno, der Braunbär, mit seinem grauen Oberlippenbart, schießt natürlich den Vogel ab, während Florence, die Nachtigall Dame auf unnahbar macht. Ich mag diese alten Bilder. Sie haben etwas beständiges. Etwas bleibendes. Wie eine schöne Kindererinnerung. In einer langen, gläsernen Röhre, direkt über dem Tresen, wandert ein schwarzer Skorpion auf und ab. Seine Angriffslust ist allgegenwärtig und ungebrochen. Manchmal, wenn Paddy genervt von einem besoffenen Gast ist, gibt’s erst was auf die Fresse und dann den warnenden Zeigefinger nach oben zu seinem Kumpel Steven, dem Skorpion. Der Laden ist gerammelt voll und riecht nach Schweiß und alten Socken. Nach billigen Parfüms und kleinen Chinesen. Einer davon tippt mir auf die Schulter. „Feng, alter Halunke, auch in dieser Spelunke?“ rufe ich ihm fröhlich zu und bin gleichzeitig total begeistert von meinen gereimten Wörtern. „Paket 10 hat sich erledigt.“ ,sagt er. „Ich weiß Feng. Ich war dabei.“ ,während ich es sage zeige ich auf meine Kriegsverletzung am Kopf und hoffe, das es ihn erstaunt. Er nimmt es leider überhaupt nicht zur Kenntnis. Penner. „Monday. Wir müssen die letzte Lieferung unbedingt finden bevor sie zerstört wird. Außerdem habe ich eine Nachricht von ihrem Onkel Friedrich aus Panama.“ „Du hast eine ziemlich große, zerstreute Verwandtschaft.“ ,gibt Tasty ihren Senf dazu. „Onkel Friedrich ist vor 1000 Jahren nach Kanada ausgewandert.“ „Panama liegt auf einer Landbrücke zwischen Mittel und Südamerika und wird in der Mitte vom Panamakanal durchbrochen.“ ,verbessert mich Feng. „Feng. Machen sie hier doch nicht auf Schlauberger. Was ich sagen wollte war, das mein Onkel halt von diesen großen weißen Panama Hüten total begeistert war und deswegen dorthin ausgereist ist.“ „Und um ein Drogenkartell aufzubauen.“, fügt Tasty hinzu.“ „Ja, gut. Stimmt schon in gewisser Weise. Aber eben auch diesen berühmten Hut.“ Feng verdreht die Augen. Was man kaum sieht da er ja nur Sehschlitze hat und es gut verstecken kann. Aufgrund meiner exzellenten Auffassungsgabe bemerke ich es natürlich trotzdem. „Ihr Onkel Friedrich aus Panama hat ihrem Onkel Waldemar in Südafrika eine Nachricht übermittelt, die dieser an mich weitergeleitet hat und ich ihnen nun, mit großer Dringlichkeit, weitergeben soll. - Der Adler ist gelandet. - “ ,doziert mein kleiner Asiate. „Das Ganze wird etwas unübersichtlich, Feng.“ ,entgegne ich nachdenklich. „Weil sie einfach nicht richtig aufpassen, Monday. Sie müssen aufpassen, sonst kommen wir hier nicht weiter.“ „Was wollte mein Onkel Waldemar mir denn damit mitteilen, Feng?“ „Das müssten sie wissen Mr. Moon.“ ,meint Feng und verdreht wieder die Augen. Das nervt und ich überlege, ihn in einen Cocktailshaker zu stecken und mal ordentlich durchzuschütteln. Im Radio läuft Give a little Love von den Bay City Rollers. Den Song hat mein Onkel geliebt. Und ich denke an die Zeit, als er noch bei uns im Keller wohnte und seine Zeit mit Crack kochen verbrachte. Meine Schulkollegen fanden das schräg und in gewisser Weise vermutlich auch kriminell. Aufgrund dessen geriet ich jeden 2. Tag mit ihnen darüber in einen Streit. Dabei hatten die wirklich keinen Grund sich darüber aufzuregen, denn einige in unserer Klasse hatten äußerst merkwürdige Freunde oder Hobby`s: Frederik züchtete Fliegen, um sie, wie Brieftauben abzurichten. Henschel küsste nur Frauen mit Hasenscharte, weil das so schön auf der Oberlippe ruppelte. Shapiro dachte, er wäre Gandhi und trug nur weiße Bettlaken. Auch im Winter. Gerik meinte, ein großer Artist zu sein und fiel beim balancieren von der Wäscheleine. Aber, das war Kinderkram, weil mein Partown Onkel wirklich alles in den Schatten stellte. Er kannte weder Gut noch Böse. Weder Freund noch Feind. Er kannte nur eins. Sich selbst. Waldemar. The King from Südafrika. Simply the Best. Er stand über allem und alles hatte sich ihm unterzuordnen. Er wäre sicher ein guter, grausamer Diktator geworden, wäre da nicht seine Faulheit gewesen. Er ließ sich sogar eine Kloschüssel ins Schlafzimmer stellen, weil der Weg ins Bad zu lang war. Der Typ hatte sie nicht alle. Er sagte immer Capone sei sein Pate und der würde ihm genau sagen, was er zu tun hätte. Manchmal sagte er auch, er sei Capone und hätte Syphillis. Genau wie Nietsche, sagte ich dann. Worauf er lachte und mir eine gepfefferte Ohrfeige gab. Das ging für mich in Ordnung, aber mit der Zeit wurde er immer unberechenbarer und begang mich jeden Tag mit einem Stock zu schlagen. Er hatte so eine Art Rinderwahnsinn im Kopf und der ließ ihn Dinge tun, die man nur in diesen Splattercomics las. Mein Onkel sagte immer: „Irgendwann komm ich groß raus und dann werde ich diesen ganzen Pissern in den Arsch treten.“ Meine Mum hat dann immer gelacht und ihm die Ohren langgezogen, weil er so eine Stuss redete. Dann ist er beleidigt abgezogen und hat irgendein Gebäude abgefackelt. Denn neben Drogenproduzent, Dealer und Arsch, ist er auch ein gesegneter Pyromane gewesen. Von keinem bewundert und von allen gehasst. Seine kurze Nase und tiefliegenden Augen, die keine besondere Farbe hatten, sondern mehr so aschgrau waren, lieferten uns den Beweis, das der Mensch in direkter Linie von Cola Dosen abstammte. Seine kurzen, verdrehten Arme endeten in riesigen, schaufelartigen Händen, die früher sicher mal Badewannen gewesen waren. Er litt an einer Wirbelsäulenverkrümmung, die dazu führte, dass er nur weit vornübergebeugt gehen konnte und seinen kleinen Maulwurf Kopf weit nach hinten legen musste um seinen ablehnenden Mitmenschen in die Augen schauen zu können. Er malte sich immer einen blauen Anker auf die Wange, um zu zeigen was für ein geiler und unberechenbarer Typ er war. Als ich ihm mal sagte, das rote Federboas, um seinen Hals total schwul aussähe hielt er mir sein Messer an die Kehle. „Für eine Rasur bin ich zu jung und so eine Federboa ist, bei Licht betrachtet, doch ziemlich cool, aber vielleicht lieber in schwarz oder pink.“ ,presste ich gequält hervor. Da lachte er und küsste mich auf die Stirn. „Wir bleiben in Verbindung. Ich reise morgen ab.“ ,warf er mir damals lächelnd zu und am nächsten Tag, war er tatsächlich aus der Kellerwohnung ausgezogen. Seitdem bekomme ich immer, zum Jungfrauen Tag, der am 11.11. um 11 Uhr 11 ist, eine Postkarte mit seinem fotografierten Mittelfinger. „Also. Der Adler ist gelandet, kann nur bedeuten, das er da ist, um mir einen Besuch abzustatten oder wir unbedingt die letzte Lieferung bergen sollen, sonst reißt er uns sie Augen raus.“ ,sinniere ich. „Ich könnte mir vorstellen, dass damit die Mondlandung 1969 gemeint ist.“ ,sagt Tasty. „Wirklich?“ ,fällt ganz verwundert aus meinem Mund. „Nein. Das war ein Scherz.“ ,sagt Feng. „Wirklich?“ ,wiederhole ich. „Ja.“ ,sagt Tasty. „Naja. Das ist hier keine Quiz Show und wir sind hier nicht bei -Wünsch dir was-. Das klären wir später. Wir müssen ins Safe Haus.“ ,bestimme ich und komme mir unheimlich wichtig vor. „Safe Haus?“ ,fragt Tasty. „Du weißt schon. D A S S A F E H A U S !“ „Ja. Sicher.“ ,pflichtet sie mir bei und zwinkert mir zu. Die Nacht ist warm und sternenklar. Hand in Hand schlendern Tasty und ich durch die Straßen und tun so, als wäre alles in Ordnung. Als wären wir ein Liebespaar und die Welt da draußen Rosarot. Unter einer alten gusseisernen Laterne nehme ich sie, Hollywood mäßig, in den Arm und beuge sie gaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaanz weit nach hinten. „Ich bin ein großer Tango Tänzer in meiner Jugend gewesen.“ ,hauche ich ihr ins Ohr. „In deiner Jugend?“ „Ja. So mit sechs. Im Kindergarten. Da gab es diese uuuuuuuuuuuuuuuuunglaublich nette, zierliche Puppe, mit suuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuper roten Lippen und sobald Charles Romuald Gardès auf dem Plattenteller lag, habe ich so was von eine kesse Sohle mit der Kindergärtnerin aufs Parkett gelegt.“ „Du freches Ding.“ ,sagt sie und kneift mich in den Arm. Ich entdecke hinter einem gusseisernen, schwarzen Zaun einen kleinen Wiese mit knorrigen Eichen, auf dem ein Wintergarten steht. Wir klettern hinüber, dringen in das luxuriös ausgestattete Häuschen ein und ziehen uns aus. Wir legen uns, mit einer wollenen Wolldecke, aufs steinharte Sofa, im Empire Stil und knutschen. „Wie ist das mit Mrs. Watson damals gelaufen?“ ,frage ich. „Sie hat Tamara zur Welt gebracht und ist dann nach Amerika geflohen. Sie lebte einige Jahrzehnte unerkannt in einem Haus. Aber jetzt wo Tamara aufgetaucht ist, wird alles in Frage gestellt. Wir müssen für ihre Sicherheit und ihre Geheimhaltung sorgen.“ „Das werden wir. Ziehen wir uns an.“ Wir gehen nach Hause. In der Gun Hill Road ist alles ruhig. Wir schleichen auf Katzenpfoten die Treppe rauf, aber Mrs. Watson ist nicht da. „Hier muss ein Kampf stattgefunden haben. An der Spüle ist der typische Blutfleck. Sieht total nach diesem Psychopathen aus. “ ,stelle ich fest. „Oder jemand will uns glauben machen, das Ripper Jack dafür verantwortlich ist.“ ,gibt Tasty angeberisch, total überflüssig und affektiert von sich. Bin ich denn hier der einzige Normale und Zurückhaltende in diesem Reigen voller bescheuerter Wahnsinniger? Mann. Ich bin wieder mal auf Zinne. Ich brauche unbedingt demnächst mal ein Erfolgserlebnis oder verdammt guten und versauten Sex. Ja, na gut. Tasty hatte natürlich recht, aber das konnte ich einfach nicht zugeben. Denn schließlich bin ICH doch hier: Der Meister aller Klassen und der Obermacker Super Duper Oberfuzzie Hero Detektiv. Musste wieder klar kommen. Reiß dich zusammen Alter. Schick das Kind wieder zurück ins Kleinhirn. Du bist ein reifer ausgewachsener Mann, Monday! „Also.“ ,gebe ich versöhnlicher von mir. „Fassen wir noch mal zusammen: Mrs. Watson ist die Hebamme von Tamara, ehemals Blondie und lebt rein zufällig in einer Assi Gegend im Zeugenschutzprogramm. Sie ist weg und hat einen mysteriöser Blutfleck hinterlassen, der ihrer sein könnte. Oder auch nicht. Und Jack, den wir gerade bei seiner Sauftour gesehen haben, könnte dafür verantwortlich sein. Oder auch nicht.“ „Ja das sind die Fakten und die Dinge, die wir nicht wissen.“ Ich habe das Gefühle, das sie das nur sagt, weil sie mich loben und nicht noch mehr verärgern will. Mann. Ich brauche unbedingt frische Luft. „Ich nehme mir mal ein bisschen Zeit, um nachzudenken.“ ,brumme ich und verziehe mich in die Flüsterkneipe von Paddy. Da hocke ich dann drei Stunden und grübele über das Leben nach. „Ich habe mir letztens einen Virus eingefangen. Hat mich krank gemacht“ ,meint son Typ neben mir und lacht sich checkig. Ich versuche ihn nicht zu beachten. „War ein Computer Virus.“ ,fuhr er schreiend und wiehernd vor Lachen fort. Ich warte eine Zeitlang auf die Pointe, die aber nicht kommt. Was für ein Trottel. „Hey, mein Junge. Witzig oder?“ ,brüllt er mir ins Ohr, das es nur so klingelt. Ich drehe mich, so Robinson Crusoe mäßig, um. So als würde Robin das erste mal Freitag sehen und frage mich wieso Menschen andere Menschen nach Wochentagen nennen? Und warum mich Idioten, von denen ich nicht mal den Namen kenne, von der Seite anquatschen. „Mein Name ist Professor Stulle Unrath. Ich sage ihnen mal was, mein junger Freund.“ ,lallt er. „Aber sie müssen es für sich behalten, sonst werden wir alle getötet.“ ,sein Lachen wird nun schon ein bisschen irre. Paddy mischt sich ein und sagt: „Wenn die Welt sich weiter für euch drehen soll, müsst ihr jetzt die Schnauze halten.“ „Wenn wir alle die Schnauze halten würden, wo bliebe dann der Spaß?“ ,entgegne ich. „GENAU!!!!!!!!!!“ ,schreit Stulle, der sich ab sofort zum gemeinen Volk zählt und mir energisch auf die Schulter schlägt. Im Hintergrund poltert die Gasheizung und aus den Lautsprechern dudelt ein Song von Marvin Gaye, den ich Abgrund tief hasse. Aber nur, weil meine Mutter ihn geliebt hat. Sexuel healing. Meine Fresse. Diese Musik. Und der Text. „Ich bin so heiß, wie ein Ofen.“ ,sage ich. „Hier drin ist wirklich eine Bullen Hitze.“ ,lallt Stulle und kommt ganz dicht an mich ran. „Ich meine den Scheiß Song.“ ,erkläre ich ärgerlich. „ C/UDV12.“ ,flüstert er in mein Ohr und betont dabei besonders den Schrägstrich. Ich stoße Stulle von mir weg. Er rutscht vom Stuhl und fällt auf den Boden. Sein Lächeln ist süffisant und er beginnt seinen Fingern Namen zu geben und ein Theaterstück zu inszenieren: „Derek – Oscar – Mel - Henry – Heidi – Rodriges – Emanuel – Jenny. Die Daumen bekommen keine Namen! Daumen sind doch keine Persönlichkeiten. Daumen sind funktionell und haben keine Namen. Derek liebt Heidi, aber Heidi liebt Rodriges, den Spanier. Henry liebt Henry und Mel liebt Henry. Emanuel liebt Jenny und Derek. Jenny liebt Derek, aber Derek ist eine Schaufensterpuppe. Alle leben in den Slums von Buenos Aires und waren mal reich, aber durch die Weltwirtschaftskrise und einen Börsencrash haben sie alles verloren. Auch ihre Würde.“ Scheint ihm da unten gut zu gefallen, denn er lehnt seinen Kopf geschmeidig an die Holzvertäfelung und brummelt nur noch unverständliche Sachen, von Ansteckung und das wir alle, alle, alle sterben werden. Auch die, die nicht sterben wollen. Erst Husten. Dann Fieber. Dann Exitus. Feng setzt sich auf den frei gewordenen Hocker mit rotem Lederimitat Bezug. „Wir müssen Lieferung 10 unbedingt finden. Fragen sie ihren Onkel, wo sie ist!“ Dieser Scheiß Song macht mich ganz kirre. Wieso meinen Onkel? Haben sie ihn aus Südafrika rausgeworfen? Gabs in Johannesburg keinen Platz mehr für ein faschistisches, weißes Arschloch mit Mehl in der Birne und einem degenerierten Schrumpfhirn, das eine original Unterschrift des Führers auf einem Wrigley`s Spearmint Kaugummi Papier aus den 50er Jahren in seinem Tresor hat. Mein Onkel Waldemar ist davon überzeugt das der Führer es 1945 noch raus geschafft hat und in Südamerika untergetaucht ist. In einem Land wo die Zitronenbäume blühen und Nazi Größen immer ein schnuckliges Zuhause finden. Und mich hielt die Verwandtschaft für bescheuert? „Mr. Moon.....“ ,setzt Feng seine Litanei fort. „Es ist äußerst wichtig, das sie ihren Onkel aufsuchen.“ „Feng. Sie sind der nervigste, kleine Mann der mir je untergekommen ist.“ „Das Leben, mein Freund, wird untergehen. Sie sind der Einzige der es wenden kann.“ „Ich glaube sie hatten in der letzten Zeit einfach zu viele Frühlingsrollen.“ Juli Warmer Regen tropft auf mein Gesicht. Ein Streicheln. Ein Kuss. Ein Traum. Ich denke an einen weißen Strand. An türkisfarbene Wellen, die über meinen sonnengebräunten Körper rollen. An dein Lächeln, das wie eine Decke mein Gesicht umschließt................doch es ist wie es immer ist, der Alltag schlägt dir wieder mal ins Gesicht. Ich liege in der Gosse und eine Hundeschnauze schnuppert neugierig zwischen meinen Beinen. Mühsam dränge ich sie weg. Da könnte ja jeder kommen. Ich lasse nur ausgewählte Personen an meine Genitalien. Durch den geöffneten Mund rinnt der Regen direkt an meinen Schleimhäuten vorbei in mich hinein. Er schmeckt sauer. Fühle mich, wie ein ungemachtes Bett im Juli, aber mein Entschluss steht fest: Ich werde heute nicht kotzen! Ich krieche an die Häusermauer, lehne mit dem Rücken dagegen und versuche mich zu erinnern: Frühlingsrollen, Paddy, Ripper Jack, Regen, Ziegel, die von Dächern fallen, Blut, Klaviersonate von Bach in D-Moll, Tamara, Lachen, ein Schlag, ein Glockenspiel, Flucht, Gosse. Jo. Damit hatte ich ja die gröbsten Dinge wieder beisammen, aber was bedeuten sie? In meinen Taschen finde ich zerknautschten vierblättrigen Glücksklee. Damit war ich schon mal auf der sicheren Seite. Glücksklee bilden sowohl Zwiebeln, als auch Samen aus und vermehren sich, wie Sau. Jedenfalls sagte das meine Omma immer, wenn sie, vom Melken völlig genervt, in der Küche beim Pflaumensaft saß. Das waren glückliche Zeiten mit glücklichen Kühen. Meine Omma hieß Heidi und ich glaubte immer, das sie mit der Heidi von dem Geißen Peter auf der Alm identisch war. Später erzählte sie mir, das sie eigentlich aus Kassbruch Kraukszell kam und Idith hieß, aber aufgrund einer Verwechslung wurde sie für die kleine Heidi gehalten und seitdem versorgte sie die Viecher auf dem Hof vom Alm Öhi. Der Straßenköter ktomm wieder und kuschelt sich ganz eng an meine rechte Seite. Er riecht nach alten Socken und scheint schon sehr lange auf der Straße zu leben. Ich spüre, wie die Wärme seines Körpers meine Leber, Niere und Milz und so weiter auftaut. Es macht mich, komischerweise, verdammt glücklich, nicht allein im Dreck zu liegen zu müssen. Meine Kleidung saugt sich mit dem Schmutzwasser der Straße voll. Versuche irgendwo in mir ein Licht zu finden. Doch, da ist nichts. Über mir ist nur eine alte, rostige Straßenlaterne und schwarze Wolken. Ich wünsche, der Mond würde sich zeigen. Selbst, wenn es nur eine winzige Ecke wäre. Ein kleines Zeichen. Aber dieser blöde Sack versteckt sich und tut so, als sei die Welt in Ordnung und lacht über uns Spacken, die glauben alles würde sich zum Guten wenden................ ….................und, was zum Teufel hatte es mit C/UDV12 auf sich? Als erstes muss ich Professor Stulle finden und dann meinen Onkel. Mein Körper macht sich also auf den Weg. Die Promenadenmischung folgt mir. „Boah. Du stinkst.“ ,spreche ich, während sich mein Kopf nach unten zu ihm neigt. Er schaut schuldbewusst zurück und jault leise. Tut mir dann schon wieder leid. „Schon gut. Zu Hause dusche ich dich erst mal ab Schinkel.“ Ich geht nach links und er biegt rechts ab. „Hey Schinkel. Kumpel. Was geht ab? Wo willst du hin?“ Tja. Schinkel antwortet nicht und schaut sich auch nicht mehr um. Er trottet ganz gemächlich in die aufgehende Sonne und ignoriert mich. „Jo. Keule.“ ,rufe ich ihm nach. „Liegt es an dem Namen? Das ist ein spitzen Name. Weltbekannt. Karl Friedrich Schinkel. Berühmter, preußischer Baumeister aus Deutschland.“ Ich mache eine schöpferische Pause und überlege, was ich ihm noch sagen könnte. „Meine Omma hat mir oft von ihm und seinen Bauten erzählt. Ich konnte mir das dann immer gut vorstellen und malte mir in meinem Kopf ganze, eigene Städte aus, die nur mit meinen Freunden bewohnt werden sollten und einem Super Hund, wie du einer bist. Anfangs machte das Spaß, aber dann merkte ich, das ich keine Freunde hatte und keiner dort wohnen würde. Wer will schon jemanden bei sich haben, der Montag heißt. Montag ist schließlich der schlimmste Tag der Woche. Der Tag nach Sonntag. Der Tag an dem die Knochenmühle wieder zu reiben beginnt, wie meine Mama immer sagte. Da wo die Knochen zu Mehl verarbeitet werden und jeder auf den Freitag wartet.“ Die Leute drehen sich mitlerweile um, und ein Opa meint, ich soll endlich die Fresse halten. „Brauch` ich nicht. Das Ding ist festgewachsen!“ ,schreie ich zurück. So ist das also. Nicht mal eine verdammte Promenadenmischung will etwas mit mir zu tun haben. Nicht mal Schinkel, der sicher auch keine Freunde hat. Scheiße! Ich steigere mich so sehr in die Einsamkeit und Nutzlosigkeit meiner Selbst hinein, das ich es selbst zu glauben beginne. Ich stoppe meinen stolpernden Gang, als eine große, schmutzige Pfütze vor mir auftaucht. Beugte mich nach vorn und betrachtete mein Gesicht. Scheiße, sehe ich alt aus. Nutzlos. Nutzlos. Nutzlos. Das alles ist doch nutzlos. Das Hinterherjagen des Glücks. Meines Onkels. Dem nächsten Fick. Meinem Zwillingsbruder. Diesem Fall. Dem Leben. Ich spucke in die Pfütze. Was ziemlich lange dauert, da mein Mund total ausgetrocknet ist. Mein Gesicht verzerrt sich zu einer Fratze. Genauso fühle ich mich. Ich bin das Bildnis des Dorian Gray. Ich bin Oscar Wilde. Nur nicht so schlau. Und nicht schwul. Und ohne Haare. Überlege einen Moment, mich in der dunklen Pfütze zu ersaufen. Tue es dann aber doch nicht, weil ich es schrecklich finde, wie Tasty mich finden würde. Also setze ich meinen Weg fort. Die Gun Hill Road kommt in Sicht. Das Parfüm einer fremden Frau hängt in der Luft. Werde zu einem Tüffelschwein für Düfte. Folge ihm schnüffelnd und finde dennoch nicht den Ausgangspunkt. Fühle mich mit einem mal an einen leichten, grandiosen Blumenduft erinnert. An einen Chanson von Charles Aznavour. An den Wind, über dem Meer. An Finger die meine Wange streicheln. An das Klicken eines Revolvers, kurz bevor die Arretierung sich löst und der Schuss deine Schädeldecke durchstösst. Tasty kommt mir entgegen und umarmt mich. Ich beisse mir auf die Wange , um nicht weinen zu müssen. Spürte noch nie zuvor die Wärme einer Frau so intensiv. Ihre Haut ist ein lebender Organismus, der versucht in mich einzudringen. Ich lasse es zu. Soll sie mich ruhig in Besitz nehmen. Soll sie mich ruhig verschlingen. Ich bin bereit mich vollkommen hinzugeben. „Ich bin dein.“ ,flüstere ich, als wäre ich die Kopie einer romantischen Romanfigur von Jane Austen. „Und ich nehme dich mit nach Hause und werde mich um dich kümmern.“ ,sagt Tasty nur. Sie zieht mich aus und geht, gemeinsam mit mir, unter die Dusche. Sie wäscht mich, entfernt vorsichtig das verschorfte Blut und verbindet meine Wunden. Sie streichelt meinen Kopf und singt ein erfolgreiches Lied aus dem Jahr 1923. - Yes, we have no Bananas. - „Du musst schlafen. Wir reden später.“ ,flüsterte sie. Sofort falle ich in einen tiefen Schlaf und erlebe noch einmal die verlorene Erinnerung. Sie setzt genau dort ein, wo Stulle vom Stuhl gerutscht ist. Paddy zog mich am Arm, vom Stuhl, nach hinten in die Küche. Alter. Der hatte einen ganz schön festen Griff. „Beeil dich. Geh. Hier raus.“ ,presste er zwischen den Zähnen hervor, deutete zum Hinterausgang und schob mich nach draußen. Im nächsten Moment wurde ihm, von hinten, ein Messer in den Hals gestoßen. Das Blut spritzte in einer Fontäne heraus. Paddy hatte nicht mal mehr Zeit - Marmeladenbrötchen - zu rufen. Er sackte einfach in sich zusammen. Sein blutiges Gurgeln, klang wie eine alte russische Melodie. Ganz weit weg. Ganz traurig. Hinter ihm erschien Ripper Jack. Er wischte das Messer an Paddy`s Jacke ab. „Es ist nur ein Job, Buddy.“ ,sagte er. „Es ist alles nur ein Job. Nichts persönliches.“ Ich musste lachen, weil ich mir mein Ende immer anders vorgestellt hatte. Sollte ich um Gnade flehen? Zwecklos. Lieber mit Würde, das Zeitliche segnen. Doch Jack machte keine Anstalten mich ebenso zu erledigen. Langsam ging er aus der Hintertür heraus. Er schien völlig klar im Kopf zu sein und zündete sich eine Lucky Strike ohne Filter an. Nachdem er einen rauchigen Kringel in die Freiheit entlassen hatte, schaute er sich noch einmal um: „Du bist wichtig. Versau` es nicht.“ Dann verschwand er in der Nacht. In der Hand des toten Iren entdeckte ich ein Messer. Sofort schossen mir tausend Fragen durch den Kopf: Wollte er es in meinen Rücken stoßen? Für wen arbeitete Paddy wirklich? Hatte Jack mein Leben gerettet? Würde Cold Turkey, in den Hitparaden wieder nach oben klettern? Ich machte mich wohl besser auf den Weg. Mein, von mir ungeliebter Onkel, mochte einen Ort im Central Park besonders. Da, wo es sich die Schwulen besorgten und die Schwäne träumten. Genau dort ging ich hin. Und tatsächlich saß er auf einem großen Stein unter einer riesigen, zerfurchten Eiche und schaute aufs Wasser. Sie passten gut zusammen. Das Gesicht meines Onkels hatte die gleiche Beschaffenheit, wie dieser knorrige Baum, mit dem vernarbten Stamm und der alten Rinde. Sein graues, zerknittertes Jacket in Übergröße hatte die gleiche Farbe, wie der Stein auf dem er, wie ein angeschossenes Kaninchen hockte.Genau, wie seine Haut. Alles grau. „Hi.“ ,rief ich tonlos. Langsam drehte er sich um. Blut lief aus einer Wunde an seiner Schläfe. „Immer noch der gleiche Dummkopf. Keine Manieren. Du wirst es nie schaffen!“ ,sagte er. Mein Anflug von Mitleid wurde sofort gekillt. Genau, wie er. Ich sah, das er es nicht mehr lange machen würde. Seine Augen flippten immer nach oben und verschwanden für einen Augenblick unter den Lidern, so das man nur das Weiße sehen konnte. Gruselig. Er würde jeden Moment das Bewusstsein verlieren. „Immer noch der gleiche Wichser.“ ,ließ ich verlauten. Ich drehte mich zum Gehen. „Sieht so aus, als wärst du der Einzige der die Welt retten könnte.“ ,lachte er und hustete hellrotes Blut in seine schwielige Hand. Sein fetter Leib rutschte vom Stein und knallte auf den Boden, das es nur so im Geäst schepperte. Wie ein gestrandeter Wal lag er auf dem Trockenen. Er kicherte leise vor sich hin, schaute nach oben und versuchte den Himmel zu entdecken, aber der war für Männer, wie ihn verschlossen. Das goldene Tor wurde mit einer starken Kette und einem großen Schloss gesichert und die alte Garde stand davor, um jedem schlechten Menschen den Einlass zu verwehren. Er hustete und spuckte Blut. Diesmal einen ganzen Schwall. Seine reuelosen, pfützenflachen Augen schauten mich missmutig an. Er röchelte: „Die ersten Proben wurden zerstört. Du musst die letzte finden. Die Nummer 10. Wir brauchen sie gegen die Kommunisten. Es ist die einzige Chance, uns vor ihrer Herrschaft zu schützen.“ Er hob den rechten Arm zum Gruß und kramte die Unterschrift des Führers hervor. Er reichte mir das Papier und sagte: „Das ist deine Eintrittskarte. Geh` in den Club De Sade. Francine und Josephine haben Paket 10 erhalten. Sie gehören zur Organisation. Sie wissen nicht, das es eine Bio Waffe ist. Ein Virus. Du musst mit allen Mitteln das Paket in deinen Besitz bringen und es Johnny übergeben. Er weiß, was zu tun ist. Heil Hitler.“ Heil Hitler? Das Thema ist ja wohl seit einigen Jahrzehnten nicht mehr aktuell. Obwohl. Alles wiederholt sich. Wieder und wieder. Dunkle Zeiten warten auf uns. Scheiße. Er hörte einfach auf zu atmen. Sein ausgestreckter Arm fiel auf den Boden. Ich nahm das Papier mit der Unterschrift dieses Wahnsinnigen an mich und ging. Während ich so im Central Park wandelte, dachte ich darüber nach, ob dieser Hitler auch einen zweiten Vornamen gehabt haben könnte. Vielleicht Horst, oder Alois oder Schicklgruber. Ich stellte mir vor, wie alle in der Schule immer gerufen haben: „Hey, Schickelgruber. Du kleiner Schwanz komm her und leck meine Schuhe.“ Und wie der Schicklgruber dann ausgerastet ist und wild um sich geprügelt hat. Und wie er dann langsam einen Hass auf die Welt bekommen hat. Ich sehe mich plötzlich in eine Seitenstraße einbiegen und bekomme einen Schlag auf den Hinterkopf. Im Fallen bemerke ich Tamara. Sie sieht Klasse aus und der Totschläger in ihrer Hand ist blutig. Ich denke an brasilianisches Waxing und daran, dass ich einen leichten Flaum auf den Schamlippen auch ganz spannend finde. Ein feiner roter Streifen gleitet an der Verdickung des Totschlägers entlang und formt sich am Ende zu einem Tropfen. Schöne Farbe, denke ich noch und muss lächeln. Ein kleines, weißes Einhorn fliegt auf meine Nase und schaut mir direkt ins Gesicht, während zwei Lilien mit Flügeln sanft aus rosa Wolken auf mich herabschweben. Diesmal ist es wohl wirklich das Ende, denke ich und versuche noch einen coolen Spruch raus zuhauen. Aber erstens fällt mir keiner ein und zweitens kommt kein Ton aus meiner Futterluke. Scheiße. Tamara geht in die Hocke. Ich kann ihr direkt unter den Rock schauen. Kein Slip verdeckt ihr Paradies. Eindeutig brasilianisches Waxing. Sie zieht das Kaugummi Papier aus meiner Tasche. „Bis bald Liebling.“ ,flüstert sie mir zärtlich ins Ohr und plaziert ein weiteres Mal ihren Totschläger auf meinem Schädel. Diesmal die Stirn. Jo. Im Innern klingt es dumpf nach. Dann ist alles schwarz. Juli Völlig gerädert erwache ich und muss mich erst mal übergeben. Mein Bett ist von zahlreichen Blutflecken besetzt, die sicher beim Waschen nicht mehr rausgehen. Das setze ich der Schlampe aber in Rechnung. Eine Fliege zieht ihre Kreise über mir. Ich greife meinen selbstgebauten Katschi aus der Nachttischschublade und hole sie mit einem Schuss vom Himmel. So geht das. Dann rappelt sie sich auf und fliegt davon. Der Tag fängt schon mal richtig an. Ich bin stinksauer und total angepisst und gehe duschen. Mein Ziele für heute: Ein ausgewogenes Frühstück. Einen Kaffee. Tamara finden. Die Welt retten. Dieses Einhorn, war entzückend und niedlich. Mein Schädel brummt. Ich quetsche 12 Schmerztabletten aus der Packung und zerdrücke sie mit dem jadegrünen Marmordildo. Den habe ich bei Tamara mitgehen lassen, weil ich ein Idiot und total heiß auf Souvenirs bin. Da natürlich kein Kaffee im Haus ist spüle ich die Tabletten mit einem Whisky, Single Malt, herunter. Fühle mich wie Marlow. Nach 20 Minuten spüre ich eine leichte Betäubung im Körper. Schön, wenn die Schmerzen nachlassen. Es ist 10:00 Uhr morgens. Eine Lerche sitzt vor meinem Fenster und zwitschert ein Lied von Freiheit und Liebe. Ein Rabe sitzt krächzend im Baum und ist offensichtlich genervt von diesem Treiben. Er erhebt sich und attackiert den niedlichen, singenden Vogel. Ich höre, wie sich die Tür der beiden Lesben öffnet. „Na. So früh schon unterwegs?“ ,fange ich sie fragend ab. Beide zucken unwillkürlich zusammen. „ÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄH..........“ ,sagt Francine. „Genau. Dann wollen wir mal. Ihr habt sicher schon die gute Kunde gehört. Die Spatzen pfeifen es von allen Dächer. Mein Onkel ist tot und ihr habt ein Paket.“ ,spreche ich weiter. „Wir brauchen das Erkennungszeichen.“ Ich zeige ihnen meine Kanone und meine damit meine Schusswaffe. „Das Paket liegt im Tresor und die Zahl für das Schloss steht auf dem Papier. Hast du es?“ „Ich bekomme es. Gehen wir.“ Der Club De Sade liegt in der Nähe. Er ist dunkel und es riecht muffig und nach kaltem Rauch. Ich hocke in einem roten Samtsessel, während Josephine & Francine an der Bar sitzen und einen Manhatten nach dem Anderen über ihre sinnlichen, roten Lippen gleiten lassen. Wir warten.......................... Juni 2021 von Axel Bruss
  9. Dead End Street Ein warmer Wind schleicht von Süden her, auf leisen Sohlen, durch die Häuserschluchten an unsere Welt heran. Eine Katze, die unsere nackten Arme streichelt. Ein Moment der Ruhe und der Schönheit in einer Stadt voller Gewalt und Zerstörung. Und dazwischen zwei Menschen die, jeder auf seine Art, versuchen zu überleben. Da sitzen wir also, der kleine Feng Shui und der großartige Monday Moon. Es ist ein bisschen komisch, von mir in der dritten Person zu sprechen, aber irgendwie auch cool. So aristokratisch. Erinnert mich an die Ahnenforschung auf Schloss Schreckenstein. Da gab`s drei Grafen und zwei Baronessen. Die sahen ziemlich hässlich aus. Vorstehende Hasenzähne. Glubschaugen und eine hohe, fliehende Stirn. Die langen Arme glichen den Körperteilen von Gibbons. Die konnten zwar gut klettern, aber die Hände schleiften immer auf dem Boden, was beim Essen mit Messer und Gabel total hinderlich war. Man konnte, bei den fünf Oberschichtlern, auch keine Unterschiede zwischen Männer und Frauen erkennen. Alles die gleichen bescheuerten Gesichter und hageren Körper. Das hatte wohl irgendwas mit Vererbung zu tun. Jedenfalls erklärte mir das ein gewisser Stulle Unrath, der örtliche Professor, weil, nämlich, das Schloss eigentlich nicht zum Wohnen, sondern eine Universität, mit eigenem Forschungslabor, war. Ich hatte mich damals für 14 Tage selbst eingeladen, um mein Wissen, hinsichtlich der Ahnenforschung zu vergrößern. Da ich gerade 16 geworden war, tat ich so, als sei ich der Liftboy. Naja eigentlich, war ich TATSÄCHLICH der Liftboy, aber das fand ich so bescheuert, das ich es mir gegenüber nicht eingestehen konnte. Bei den Lehrern, Proffs und Genealogen war immer eine Menge los. Die Woche verging, wie im Flug. Ich habe viel über Stammbäume und das Feiern staubtrockener Wissenschaftler im schwarzen Gehrock gelernt. Ein schwarzer Gehrock, Leute, das glaubt mir doch kein Mensch. Wer trägt denn heutzutage noch ein knielanges Jacket? Also ich nicht! Jedenfalls nicht nach 18:00 Uhr, weil dann müsste man nämlich einen Frack tragen, aber nicht mal das haben diese weltfremden Typen auf die Reihe gekriegt. Wenn die Jungs einen Intus hatten, ging es richtig zur Sache. Das komplette Programm: 1. Schmutzige Lieder singen. 2. Wahnwitziges Lachen, bis einer kotzt. 3. Den ersten Hemdkragen öffnen. 4. Die Frauen der Kollegen anglotzen. 5. Noch mehr trinken. und Ringelpiez mit anfassen. Geil! Leider musste ich nach einer Woche gehen, weil ich versucht hatte das tatsächliche Alter einer Baroness herauszufinden. Ganz schön empfindlich diese Adligen. Aber mein Wissen konnte mir keiner mehr nehmen. Die Herkunft der Schlitzaugen von Feng konnte ich jetzt ganz genau erklären: Vor gaaaaaaaaaaanz langer Zeit, als alle noch richtige Augen hatten, kam es zu einer Kontinentalverschiebung und die Ahnen von Feng mussten abgeschottet in ihrem eigenen Land leben. Zum Einen, weil da ja plötzlich ein Graben war und zum Anderen, weil jeder Kaiser an der großen chinesischen Mauer arbeitete, damit die bösen Krieger aus den Nachbarstaaten draußen blieben. Also, so ähnlich wie heute. Und weil die Sonne so knallte, kniffen die Chinesen natürlich ihre Lider immer zusammen. Zusätzlich aßen sie Unmengen Zitronen. Mehr muss ich ja wohl nicht sagen. Die schwarzen Haare, ihr Kleinwuchs und diese nervige, hohe Stimme bekamen sie, weil es unheimlich viele von ihnen gibt und man sie ja besser stapeln kann, wenn sie kleiner sind. Durch das ständige Streiten mit den Nachbarn, hat sich nach und nach dieser nasale Ton entwickelt. Ich beobachte das auch zum Teil bei Hanna, wenn die sich, wegen zu lauter Musik mit Familie Rickenbacker in die grauen Haare bekommt. Boah, das wogt auf und ab und ist noch schlimmer, als diese schlimme, kreischende Gothic Musik. Feng sitzt kerzengerade vor mir, wahrscheinlich, um größer zu wirken. Bringt nichts. Er reicht mir trotzdem nur bis zur Taille. Autos und Menschen rasen, in der Mittagsflut, an uns vorbei. Eine Blondine, auf einem Mountain Bike, mit kurzem Rock und schwarzen Augen, lächelt mich an und ich lache verwegen zurück. Sie sieht, wie ein Alien aus. Sie wirkt selbstbewusst und hebt ihren Po um ihn mir noch besser zu präsentieren. Sie wiegt ihn nach links und nach rechts. In einem gleichbleibenden Rhythmus, der mein Blut zum Kochen bringt. Das ist alles sehr erotisch. Wie in einer Strippbar. Wie sie wohl unter dem Rock aussieht? Also, grundsätzlich ist ja alles gleich, aber doch immer anders. Ganz schön sexy! Und geil! Vielleicht ist sie auch gar nicht der Alien, sondern ich. „Mr. Moon...?“ ,spricht Feng mich plötzlich mega leise an. „Nennen sie mich Monday.“ ,entgegne ich mit tiefer gestellter Stimme. „Mr. Monday ich habe schlechte Nachrichten.“ „Schlechte Nachrichten sind heute so gar nicht mein Ding. Ich komme grad vom Brazilian waxing, dass muss ich erst mal verdauen und diese Blondine da......“ „Mr. Monday ihr Onkel ist...“ „Sie brauchen nichts zu sagen. Ich bin Meisterdetektiv. Er ist tot. Friede seiner Seele. Er war ein guter Mensch. Wie viel hat er mir hinterlassen?“ „Ihr Onkel lebt.“ „Dieser Sauhund. Er hat mich nie gemocht. Hat immer nur an sich gedacht. Warum sollte er mir auch etwas hinterlassen?“ „Ich habe eine Nachricht.“ ,braselt Feng, nun nicht mehr ganz so leise und schon recht ungehalten. „Na denn mal raus damit! Muss ich ihnen den alles aus der Nase ziehen?“ „4 – 7 – 10“ „In Ordnung Feng. Da haben sie mir ja einen ganz schönen Brocken vor den Latz geknallt. Wir sehen uns morgen und vergessen sie nicht die Dings.“ Damit hatte ich alles gesagt und bevor er auch nur Piep pfeifen konnte, war ich wieder in meinem Zimmer und stand unter der Dusche. So ein Leben als Meister aller Klassen und einer Agentur die Dirty Deeds heißt, ist ganz schön anstrengend. Fühle mich unheimlich schwer und müde. Das heiße Wasser perlt an mir ab und ich merke, das das waxing schmerzhaft, aber effizient war. Besonders in der Bikini Zone. Ich überprüfe noch schnell, ob meine Brustwarzen, nach dem Abziehen des Tuches noch an ihrer Stelle sind. Alles okay! Ich schließe meine Augen und denke an einen weißen Strand mit dieser Blondine. Das Fahrrad lehnt ganz lässig an einer Palme. Genau, wie ich. Ich werfe ihr einen sexy Blick zu, den sie gleich auffängt und erwidert. Entweder du kannst die Frauen betören, oder eben nicht. Ich gehöre zur ersten Kategorie. So Freunde das reicht für heute. Ich träume von einem Feigenbaum und greife mir ein paar Nüsse. Geil. Juli Hab` von Jesus geträumt. Er hat meine Füße gewaschen und Geschichten von einem seiner Apostel erzählt. Er meinte dieser Judas wäre der Brüller. Sicher, seine Haare sind ein wenig zu lang und sein Nacken müsste mal wieder ausrasiert werden, aber seine Comedy Einlagen von Herodes und Pontius Pilatus wären der Hammer und sollte ich mal die Gelegenheit bekommen mit ihm zu quatschen, könnte ich ihn ruhig darauf ansprechen. Also ich muss schon sagen: Dieser Jesus ist ein total guter Typ. Aufgeschlossen. Nett. Alle sagen ja immer: „Hey paß auf was du sagst, wenn der Jesus in Fahrt kommt, musst du dich warm anziehen.“ „Ne.“ ,sag` ich dann. „Der ist lustig. Ja. Seine Story`s sind manchmal ein bisschen spuky, aber immerhin kann er über´s Wasser gehen und Blinde sehend machen.“ Ich weiß nicht zu wem ich das sage, weil ich genau da verschwitzt aufgewacht bin. Werde mir viel Zeit zum Duschen nehmen. Rasieren. Überall. Man weiß ja nie. Ach ne` brauche ich ja nicht. Wegen Brazilian waxing. Tja gut geplant, ist halb geschoren. Wie sagte schon dieser Mann aus......na, wie hieß der doch gleich....Egal.....Jedenfalls: „Beginne mit einem Lächeln und der Tag ist dein Freund.“ Diese Blondine geht mir nicht aus dem Kopf. Wie die mich angesehen hat. Großartig. Ich stelle fest, das ich es gern habe, wenn man mich beachtet. Bin immer mehr ein ICH. ----------------------------- So. Fertig. Fühle mich großartig. Hab mir überlegt, das, wenn das Leben ein Spiel ist, es auch Regeln geben muss. Die gibt`s schließlich überall. Beim Autoverkehr. Beim Einkaufen. Beim Kennenlernen. Beim Bingo. Also, muss es sie auch bei Monday Moon geben: Regel Wenn du ein Geheimnis lüften willst, musst du dir als Erstes die richtigen Fragen stellen! Was bedeuten die Zahlen 4 – 7 – 10 ? Was meinte ich mit: Vergessen sie nicht diesen Dings? Also: Die 4 – 7 – 10 sind für die Chinesen Unglückszahlen! Könnte es ein Datum sein? Ein Schließfach? Eine Chip Nummer für einen Hasen? Oder einfach ein asiatisches Gericht auf einer verschmierten Speisekarte im Chinesen Viertel? Es klopft an der Tür........Moment. Es ist Feng. Er sieht völlig übernächtigt aus. Und genervt. Und klein. „Hi Feng. Wussten sie eigentlich das China 1,44 Milliarden Einwohner hat und Indien diesen Rekord im Jahr 2100 mit 1,45 Milliarden knacken wird? Ich weiß das so genau, weil ich mal 2 Wochen Statistiker bei der Deutschen Bank war.“ „Ich komme aus Afrika und bin auch dort geboren.“ „Sie machen es mir nicht einfach Feng.“ ,haue ich ihm gerade heraus um die Ohren. Ich hole die Knackfrischen aus dem Backofen und verbrenne mir die Pfoten. Verdammter Feng. Ich werde ihn besser gut im Auge behalten. Vorsichtshalber pumpe ich ein paar Milliliter Adrenalin in meinen Kreislauf. Völlige Kontrolle über meine Körperflüssigkeiten, war mir schon als Kind sehr wichtig. Die Windel legte ich bereits mit 10 Monaten zu den Akten. Der Steuerberater meiner Mutter, war not amused. Diese Unterlagen konnte er verbrennen. „Hören sie zu, dass sind wirklich schlechte Nachrichten. 4 – 7 – 10. Das braucht kein Mensch.“ ,gebe ich listig zu Protokoll. „Das sehe ich auch so. Diese Lieferungen wurden entdeckt.“ „Verdammt!“ ,sage ich vorsichtshalber und versuche noch mehr Informationen aus ihm heraus zu kitzeln. „Ich weiß nicht, ob wir den Markt weiter beliefern können. Wir müssen bei den örtlichen Institutionen dazukaufen.“ „Sicher. Sicher. Feng. So sehe ich das auch.“ ,erkläre ich bestimmt. „Ihr Onkel ist verschwunden.“ „Ach was. Ich dachte es geht ihm gut.“ „Na wenigstens ist er nicht tot. Wo ist Sugar?“ ,fragt er, um sich schauend. Ich werfe ihm meinen Hercule Poirot Blick zu. So von wegen: > Digga. Ich weiß wo Sugar ist . Glaubst du, das jeder kleiner Penner, das von mir erfährt. < „Monday? Ist mit ihren Augen alles okay? Meine Oma Mütterlicherseits hatte das auch. Bei uns nennen wir es: Das Flattern der Echse bei Sonnenlicht.“ „Kümmern sie sich nicht um mich. Wir treffen uns in drei Tagen in der Third Avenue in der Nähe des hohlen Baumes, dann habe ich die Informationen und sage ihnen, wie wir die verlorene Lieferungen ersetzen werden.“ Damit, war die Sache für mich erledigt. Erstmal. Wie kam ich eigentlich auf den hohlen Baum? Bestimmt so eine beknackte Kindheitserinnerung. Jedenfalls, coole Anmerkung, denn in so einem hohlen Baum kann man allerhand verstecken und hinterlegen. Regel Traue niemals Niemandem! Ich klopfe bei Hanna. Sie öffnet in einem Bunny Kostüm. Ihre Brüste bringen den Stoff fast zum Platzen. Irgendjemand hat sie da rein gepresst und den Schlüssel weggeworfen. Mir ist es recht. Meinetwegen kann sie, bis zum jüngsten Gericht in diesem heißen Outfit die Erde beglücken. Ich mache gleich mal ein Bild mit meinem fotografischen Gedächtnis. Für die Nachwelt und die einsamen Nächte mit mir und meinem Ego. Meine Herren sieht das geil aus. Im Spiegel hinter ihr, kann ich den weißen Puschel an ihrem herrlichen, runden Hintern erkennen. Hanna blickt direkt an mir vorbei ins endlose Nichts. Diesmal hat sie blaue Haare. „Hi.“ ,sage ich. „Ja?“ ,erklingt ihre genervte Stimme. „Zeit für einen Kaffee Sweety! Zieh dich an.“ „Ich kenn dich überhaupt nicht.“ „Ich bin Monday Moon. Ich erledige Aufträge jeglicher Art. Heute bist du mein Job, Honey.“ „Ich bin weder Sweety noch Honey.“ „Schöne Grüße von Sugar. Ich bezweifle, das er deine Nachricht erhalten hat.“ Ich beobachtete ihre Augen und sehe, wie die Gehirnzellen versuchten Ordnung in diese Information zu bringen. „Was soll das heißen?“ ruft sie verstört. „Das heißt, dass du deinen Stoff weder jetzt, noch in Zukunft von dem Wichser erhältst.“ Sie glotzt mich nur weiterhin an. Ihre Hand greift nach oben zu den verworrenen Haaren. Auch dort gelingt es ihr keine Strukturierung. Irgendwie scheint sie mir jetzt gar nicht mehr so schön zu sein. Sie hat ihren Glanz verloren. Sie ist nur eine weitere von den verzweifelten Gestalten in dieser trostlosen, verbrauchten Stadt. Sie erinnert mich an verbranntes Land. An Etwas, dass man dem Gegner hinterlässt, wenn man ihm keine Ressourcen überlassen will. Hatte mir immer eine Zukunft mit ihr ausgedacht. Wollte der goldene Ritter an ihrer Seite sein. Scheiße. Der Zug ist abgefahren. Fühle mich klar, wie ein Gebirgsfluss. Hanna Banana ist Schnee von gestern. „Okay. Ich komme mit.“ ,höre ich plötzlich ihre Stimme. „Endlich aus dem Dornröschen Schlaf erwacht? Wir müssen los.“ Sie wirft sich einen Trenchcoat über und schlüpft in ihre Pumps. Auch wenn ich nicht mehr die rosarote Brille aufhabe, will ich sie trotzdem immer noch ficken. Mann, die Dinge ändern sich wirklich rasant. Eben noch ein verliebter Dummkopf und jetzt in dieser, ganz schrägen, Detektiv Geschichte, mit einem geilen Hasen an meiner Seite. Wenn das ein Comic wäre, würde ich ihn gern lesen. Am besten, im Liegestuhl in Haiti. Tasty an meiner Rechten und einen Kaffee an meiner Linken. Heiß und bitter. Wo wird das bloß Enden? Hoffentlich nicht in einer Sackgasse. Juli Was für ein wunderbarer Morgen. Ich liege in einem riesigen französischen Bett. Trage einen Seidenpyjama und esse Lachs auf teurem French Toast. Der Orangensaft ist frisch gepresst und der Blick aus Hannas Fenster ist großartig. Gerade geht die Sonne auf und verwandelt ihr Zimmer in einen Rosè farbenen Traum. Mann.Ich bin wirklich der glücklichste Typ, den dieses miese Mietshaus je gesehen hat. Ich strecke meine Arme genüsslich aus, bis meine Hände die Wand berühren. Hanna musste auf dem Sofa schlafen, da sie eine Wette verloren hatte. Geschlafen habe ich dann doch nicht mit ihr. Käme mir dabei irgendwie schäbig vor. Am besten spule ich noch mal zurück. Gestern saßen wir in diesem schnuckeligen Café und ich erzählte ihr von Johnny. „Ich nannte ihn immer Crazy Johnny. Der hatte echt nicht alle Latten am Zaun. Der hat geglaubt die Erde ist eine Scheibe und die Regierung und Mc Donald erzählen uns Lügen, wenn sie behaupten die Erde sei eine Kugel. Er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, genau das zu beweisen. Johnny ging nach Arizona und baute eine Rakete. Er wollte sich selbst 38 Kilometer nach oben schießen, ein paar Erdscheiben Fotos machen und dann groß rauskommen. Naja. Er flog 500 Meter steil nach oben. Dann gings, Kamikaze mäßig, nach unten. Er hätte vielleicht einen Fallschirm einbauen sollen. Sie haben 1 Woche gebraucht, um ihn vom Boden abzukratzen.“ „Verrückte Geschichte.“ ,sagte Hanna. „Ja, verrückt. Aber, noch abgefahrener ist, dass dieser Johnny entweder zig Doppelgänger hat oder auf Houdini macht. Der Knabe ist schon so oft gestorben, dass er mehr Leben als `ne 7 jährige Katze zu hat.“ „Mmmmmmh.............. Was ist mit Sugar?“ „In seiner Bude, gab es offensichtlich eine Party, zu der wir nicht eingeladen waren.“ „Das Bumsfidele Dreier Quartett?“ ,fragte sie naiv. „Wohl eher das Easter Weekend, inklusive Eier laufen. Überall Koks Reste, keine Kohle und kein Sugar. Dafür Blut, die nach eingehender Analyse unserem Hausdealer gehört hat.“ „Blut? Ekelhaft. Das bekommt doch keiner aus dem Teppich raus.“ ,meinte sie angewidert. „Teppich? Habe nichts von einem Teppich gesagt, Sweetheart.“ „War nur eine Annahme. Wo sollte das Blut sonst sein?“ „Kühlschrank. Tisch. Spüle. Anrichte. Wand. Mixer. Klorolle. Campingstuhl. Mexikanische Boots. Roter Damenspitzen Slip mit Ouverte.“ Da war sie ganz schön erstaunt, was ich so alles raus haute. Monday Moon ließ sich nichts mehr vormachen. Regel Jeder Verdächtige lügt dich grundsätzlich an! Im weiteren Gespräch versucht sie mich, mit ihren Reizen zu beeindrucken und leckt immer wieder, mit der Zunge, über ihre vollen, roten Lippen. Dann beugt sie sich ganz weit nach vorn über den Tisch, damit ich ihre Titten noch besser sehen kann. Ich frage mich, ob es möglich ist, einen Quarter in den Schlitz, dazwischen, zu werfen, um eine heiße Schokolade zu bekommen? Meine Finger kramen in meinen Hosentaschen. Leider bin ich total blank. Schade. Danach spielt sie mit ihren Haaren, weil sie glaubt, genau das würde mich spitz machen. Natürlich bin ich immun. Einen Philip Marlow kann man nicht hinters Licht führen. Als ihre Hand, unter dem Tisch, zwischen meine Beine wandert, bleibe ich cool. Aber so was von. Die Schweißperlen auf der Stirn ignoriere ich. Dann wischt sie versehentlich die Gabel von der Tischkante und während sie auf allen Vieren unter dem Tischdanach sucht, findet sie zufällig meinen Reißverschluss. Von der Liste der Verdächtigen, streiche ich sie trotzdem nicht und lasse sie auch nicht an meine Kronjuwelen. Punkt aus. Das findet sie natürlich überhaupt nicht lustig. Ich sage, das wäre kein Problem, weil ja auch niemand einen Witz gemacht hat. Wutentbrannt stapft sie davon und meint, sie muss aufs Klo, weil sie einen bitteren Geschmack im Mund hätte. Ist auch kein Problem. 7 Minuten später. Gerade kommt sie aus dem Bad. Ihr Seiden Kimono liegt, wie ein toter Fisch auf ihrer Haut. Mir würde er besser stehen. „Schade das kein Schnee mehr liegt.“ ,meint sie so beiläufig wie möglich. „Der Winter ist vorbei.“ ,entgegne ich genauso beiläufig. „Das Tauwetter macht mich fertig. Kann mich gar nicht konzentrieren.“ „Wie wär`s mit einem Apfel. Hat Eva damals auch geholfen.“ „Eva?“ „Ja. Paradies. Gott. Adam. Eva. Apfel. Essen. Erkenntnis.“ „Ich brauche keinen Scheiß Apfel. Ich brauche eine Line.“ „Der Markt ist ausgetrocknet. Guter Zeitpunkt, den Frühling in deinen Körper einziehen zu lassen und wieder klar zu kommen.“ „Was soll das heißen? Gibt es keinen Stoff mehr? Was ist das für eine Scheiße?“ Ihre Bewegungen werden fahrig. Ihr Blick ist verschleiert und wild. Sie rauft sich die Haare und mutiert zu einem tierähnlichen Etwas. Ihr Verlangen ist abstoßend und verzweifelt. Sie knurrt und zischt. Ihr Verhalten ist wie eine Achterbahnfahrt, bei der die Bremsen versagen. Du weißt, das die Wagen auf den Abgrund zurasen, aber du bist nur der Zuschauer. Du kannst das Ende nicht verhindern. Diese Gier. Dieses Unstillbare Verlangen. Dieses niemals endende Wollen. Mit jedem Sniff, drücken sich die Widerhaken tiefer in ihr Fleisch. Und je länger es dauert, je länger sie dieser Irrfahrt folgt, desto schneller rast sie auf den Abgrund zu. Wortlos ziehe ich mich an und gehe. Juli Es ist 15:53. Starker Wind. Er bläst die Blätter von den Bäumen und wirbelt die ganzen Mc Donald Fressschachteln durch die Straße. Spatzen kämpfen gegen den Sturm an. Ihre kleinen Flügel schwingen auf und ab. Mühsam versuchen sie in ihrer Bahn zu bleiben, aber es ist sinnlos. Mit jeder neuen Attacke verlieren sie mehr von ihrer Kraft. Mein Blick ist getrübt von diesem Chaos. Er braucht ein anderes Ziel. Er braucht Ruhe. Da ist wieder diese Blondine mit den schwarzen Augen. Ihr Apfelarsch macht mich verrückt. Sie trägt diesen enormen Busen vor sich her. Für meinen Geschmack ein bisschen zu viel, aber ich will ihr das nicht zum Vorwurf machen. Niemand ist perfekt. Blondie hat einen guten Blick für exzellente und sexy Kleidung. Diesmal trägt sie eine enge, schwarze Stoffhose. Im Schritt sind klar ihre Schamlippen zu erkennen. Meine Herren, sieht das geil aus. Es bilden sich kleine, feuchte, salzige Perlen oberhalb meiner Augenbrauen. Meine Pupillen weiten sich und saugen ihre Erscheinung ohne Gegenwehr ins Kleinhirn und von da weiter in den Rest meines geliebten Körpers. Frage mich, ob sie im Stripclub arbeitet und wie sie die Lippen in ihre Tanzshow einfließen lässt? Ihr Top ist kurz und zeigt ihren straffen Bauch, der mich einlädt auf ihm zu verweilen. Würde mich gern zu einem Picknick auf ihm niederlassen. Ein paar Cherry Tomaten. Einen Cocktail. Champagner aus ihrem Bauchnabel schlürfen. Bin zu allen Unartigkeiten bereit, also werfe ich ihr, eine meiner berüchtigten Kusshände zu, die sie, Lippen kräuselnd erwidert. Die Ampel schaltet auf grün und sie braust mit ihrem Rennrad davon. Ich schaue ihr eine ganze Zeit nach, während der Wind mir die Augenbrauen zerzaust. Kann meinen neuen Borsalino nicht tragen, da er schon bis Parktown geflogen ist. Schade. Ich liebe diesen Hut. Schwarz. Einzigartig. Schön. Eigentlich auch Scheiße, das wir immer die Dinge verlieren, die wir am meisten lieben. Aus der Hosentasche fummle ich ein Kaugummi. Wrigley`s Spearmint. Gehörte dem Vorbesitzer der Hose. Es ist hart. Ich packe es trotzdem aus und schiebe es in meinen Mund. Schmeckt immer noch nach Minze und Frische. Nur eben steinhart. Es ist, wie das Leben. Manchmal musst du dich zu den guten Sachen erst durchbeißen. Dran bleiben und mit der Keule solange draufschlagen, bis es butterweich ist. Mann. Ich bin so Hammer. Jetzt bin ich sogar Philosoph. Plötzlich sehe ich meinen Hut. Direkt neben dem Baum. Er hat es sich an einem herunter gekrachten Ast bequem gemacht. Liegt einfach da und tut so, als wäre nichts geschehen. Als käme er gerade aus der Sommerfrische und entspannt sich jetzt von der anstrengenden Rückkehr aus dem gelobten Land. Jerusalem oder Kanaan. Egal. Bin halt ein Glückskind. Wollte mir an der Ecke, neben dem Geschäft für Trauerkränze von Erika Blum, eine heiße Schokolade kaufen. Einfach ein bisschen entspannen und den Frauen nachglotzen. Die Abgase der Cap-Driver einsaugen und ein bisschen an meinem schwarzen Edding schnüffeln. Wurde jedoch direkt davor, von Eduardo überfallen, der mir meine letzten 50 Cent abnahm. Wollte da jetzt auch nicht den großen Aufriss machen. Schließlich ist er ja behindert. Keine Ahnung, wo er die 38er her hatte. Muss wohl mal ein ernstes Wörtchen mit seinen Eltern reden. Schusswaffen in den Händen von Kindern ist schließlich auch nicht ungefährlich. Außerdem könnten sie irgendwann die ortsansässigen Auftragsmörder arbeitslos machen. Ich mache Spaß. Das wird nie passieren. Na gut vergessen wir das mit der heißen Schokolade und tapern wieder nach Hause. Mann ist der Weg lang. Ich klopfe bei Francine + Josephine. Francine öffnet in einem eng anliegenden Domina Dress, der ihr ausgezeichnet steht. Schwarz. Meine Lieblingsfarbe. „Störe ich.“ ,frage ich höflich. „Überhaupt nicht.“ Ich trete in ihr großes Wohnzimmer mit allerlei obskuren Gestalten. Da gibt es einen Typen. 2,10 m groß. Stattliche Figur. Muskulös. Schöne Zähne. Er trägt ein Pferdekostüm. Auf allen Vieren, mit echten Hufen, klappert er über die Holzdielen des Zimmers und wiehert, wie ein französischer Wallach. Er muss Kunststücke zeigen und macht sich ganz gut. Das Wohnzimmer sieht, mit seinen bunten Fähnchen und Girlanden, wie eine festlich geschmückte Halle aus, das zum Reitturnier einlädt. „Wir haben gerade eine Soirée. Das ist Selle Francais unser berühmtestes und teuerstes Springpferd der Welt.“ ,sagt sie, als handle es sich um ein Treffen des Tigerenten Clubs. „Das ist nett.“ ,gebe ich zurück und überreiche ihr meine Visitenkarte. „Neuer Job?“ ,fragt sie. „Yep.“ „Ich weiß nichts darüber.“ ,meint sie gelangweilt. „Worüber?“ „Über das, was immer auch in diesem Haus der Sünde passiert.“ „Würde es helfen mit den Bullen zu drohen?“ „Das sind unsere besten Kunden.“ „Das macht euch nicht weniger verdächtig.“ Sie geht auf Tuchfühlung, drückt mir ein paar Scheinchen in die Hosentasche und schiebt sie direkt zu meinem Glockenspiel. Manchmal braucht es nicht viel, mich zu überzeugen. Wenn sie glaubt, aus dem Kreis der Verdächtigen raus zu sein, hat sich geschnitten. Die Beiden stehen ganz oben auf meiner Liste. Für so was habe ich einfach ein Gespür. Francais wiehert sich die Seele aus dem Leib. Nach ein paar Peitschenhieben verstummt es. Das Leben, als kastrierter Hengst ist auch kein Zuckerschlecken. Stehe wieder im Flur. Allein. Eine Kellerassel bahnt sich unerbittlich ihren Weg durch ein paar alte Pommes und ich denke an den 2. Weltkrieg. Den deutschen Panzer, Tiger. Genauso ist diese Assel. Sie kennt keine Hindernisse, nur ihren Weg und den bahnt sie sich. Regel Sammle Informationen, wie ein Eichhörnchen Nüsse im Herbst! Bisher hat jede Schnecke versucht mich über den Tisch zu ziehen. Die Liste wird immer länger. Bin gespannt was Gustavo auf der Pfanne hat und welche Lügen er mir zum Frühstück serviert. Muss aber bis morgen warten. Heute treffe ich mich mit Tasty. ------------------------------------ Komme gerade aus dem Park. Tasty bestand auf einem Treffen am See. Wegen der Romantik. Romantik finde ich gut. Ein bisschen kindisch, aber gut. Da kann man dann so tun, als gäbe es kein Gestern und kein Morgen. Das ist Klasse. Die rote Rose, aus dem Garten eines Nachbarn, verlor schon nach kurzer Zeit ihre Blätter. Sekundenkleber half mir leider nicht bei der Lösung dieses Problems. Habe sie deshalb, als 3 Blüten Rose angepriesen, aber ich glaube das sie es mir nicht abgenommen hat. Ein Kissen wäre gut gewesen, um ihr Lachen zu unterdrücken. Ein Hauch von wärmenden Sonnenstrahlen legte sich auf unsere Gesichter und ich dachte, so muss Glück sein. Der Park ist groß und zentral gelegen. Wäre komisch, wenn`s anders wäre, da er ja Central Park heißt. Genauso wie die Freiheitsstatue. Ne`. Blödes Beispiel. Weil Freiheit, ja nur eine Vorstellung ist. Denn im Grunde bewegen wir uns ja alle nur in unseren selbst auferlegten oder erzwungenen Grenzen. Egal. Verdammt viele, alte Menschen mit kleinen Papiertüten in diesem Park. Das Knistern machte mich wahnsinnig. Sie zerrten die alten Brotreste geräuschvoll heraus und warfen sie den Enten zu. Aber, der alte Leute Anteil überstieg bei weitem die Anzahl unser gefiederten Freunde und die fetten Biester weigerten sich beständig, auch nur einen Bissen von dem alten Zeug anzunehmen. Ein Oldie, so um die 103 Jahre alt, völlig verwittert, wie eine 1000 Jährige Eiche, schlurfte heran und hatte auf seinem Rollator einen Picknick Koffer. So ein richtig schickes Teil. Edelstahl Beschläge. Perlmutt Griff. Mit dem feinsten Nappa Leder bezogen. Grandpa öffnete das Ding und holte Une petite Baguette heraus. Die Viecher kannten das wohl schon. Sofort gab es einen Tumult, um die besten Plätze. Einige mussten reichlich Federn lassen und es gab viel Gekreische. Schade das die Enten nichts abbekamen. Aber die Alten konnten sich endlich mal wieder satt essen. Tasty nippte an meinen Lippen, wie an einem Weinglas. Ein elektrischer Impuls ging durch alle Körperteile, die so zwanglos an mir herunterhingen und ich fühlte mich sehr wach und lebendig. Sie sah fantastisch aus. Wie ein kleiner Sahnebonbon. Zum Anbeißen. Oder vielleicht eher zum weglutschen. Kurze, schwarze Haare. Seidig glänzend. Mit einem Seitenscheitel. Modische Brille, mit dunklem Rand. Klarer, fester Blick. Ihre kleine Nase fügte sich herrlich in dieses Gesamtbild ein und es war eine Freude zu beobachten, wie sie ihre Strähnen, mit einer lässigen Bewegung aus dem Gesicht wischte. Sie trug ein einfaches, buntes Sommerkleid. Die Blumenvielfalt darauf verwirrte mich ein wenig. Besonders, weil sie nichts darunter trug und ich die Konturen ihres nackten Körpers genau erkennen konnte. Sie erfasste meinen Blick, lächelte mich schelmisch an und meinte: „Hi.“ Da dies nicht mal ein ganzer Satz war, konterte ich ebenfalls mit einem flatterhaften: „Hi.“ Wir mussten beide lachen und fühlten uns, wie 12. Tasty umarmte mich überschwänglich und drückte ihren weichen Körper ganz fest an mich. Mir wurde ein bisschen schwindelig und meine Finger begangen zu zittern. „Es ist komisch clean zu sein.“ ,meinte sie nachdenklich, nachdem wir uns gesetzt hatten. „Zuerst dachte ich die reale Welt beschränkt sich auf mein Zimmer. Der Koks hat mich ins Weltall geschossen. Durch die Drogen fühlte ich mich geborgen. So, als konnte mir nichts geschehen. Fühlte mich sicher.“ ,erklärte ich. „Ja. Und, es war, als wer man Jemand!“ „Zumindest kein Niemand!“ ,fügte ich hinzu. Dann sagten wir nichts mehr. War auch nicht nötig. Wir wollten nur da sitzen und die Nähe des Anderen genießen. Nicht, dass wir es auch mit Worten hätten ausdrücken können, aber wir spürten einfach diese Verbundenheit, die keine Sprache braucht. Ich traute mich kaum zu atmen, um diesen Moment nicht zu zerstören. Ein Spatz flog heran und setzte sich genau vor unsere Füße. So ein kleines süßes Kerlchen. Er schien auf Speed zu sein. Seine schnellen und zuckenden Bewegungen ließen ihn nicht stillstehen. „Ich nenne ihn Humphrey.“ ,flüsterte Tasty. „Ich nenne ihn Bogart.“ ,wisperte ich zurück. Wir kicherten und flüsterten uns gegenseitig Worte ins Ohr. Die meisten Sachen verstand ich nicht. Ich nickte trotzdem eifrig, weil ich merkte, wie sehr sie sich darüber freute. Wie wunderbar und leicht ihre Nähe war. Wie zärtlich ihre Hand in meiner lag. Ein zweiter Spatz setzt sich neben den Anderen und auch sie schienen zu tuscheln. Tasty`s gehauchte Worte kitzelten so schön in meinem Gehörgang, das ich wünschte es möge nie aufhören. Und ich erklärte den Ausdruck Getuschel zum Königsauswurf, aller Auswürfe, aller zusammengesetzter Buchstaben. Plötzlich kam mir in Querschläger in den Sinn. Ein nicht gewollter Gedanke: Frau Dr. Quinn – Die Zahnärztin aus Leidenschaft Weiß der Teufel, wo das auf einmal herkam. Wollte es wegwischen und wünschte ihn mir vom Hals. Funktionierte nicht. Natürlich nicht. Eine ihrer großartigen Therapien hatte das Ziel, die Menschen von einer bestimmten Nahrungssucht zu befreien. Ich wusste gar nicht das ich süchtig war, bis sie es mir sagte: Ma Marmeladenbrötchen abhängig! Ich meinte, das mit der Sucht sei echt blöd, weil ich mich ja immer in solche Sachen rein steigere. Genau, wie damals, als ich dachte ich hätte Wassersucht. Das ist das, wo die Beine so dick werden. Aber dann stellte sich raus, das es nur Krampfadern waren, die sich wieder in den Vordergrund spielen wollten. Das machte mich so glücklich, das ich sie zu einem Marmeladenbrötchen einlud. Oje. Das war auf jeden Fall, die falsche Entscheidung! Ich hab einfach nicht nachgedacht und es so, ganz locker, aus dem Schisslaweng heraus entschieden Da, war was los, weil ich gar nicht bemerkte, das da wieder nur die Sucht aus mir sprach. Hab mich 1000 mal Entschuldigt, aber sie meinte, das würde mir auch nicht helfen. „Worte, alles nur Worte. Sie brauchen Taten, sonst sind sie am Arsch und werden bis, in alle Ewigkeit von diesem Teufelszeug abhängig sein.“ ,schrie sie mich pädagogisch an. Tasty holte mich, durch einen wundervollen Kuss, wieder zurück in die, von mir liebgewonnene Realität. Ihre Zungenspitze berührte meine Lippen und für einen Moment sah ich Gott oder ein Licht oder jemanden der mir mit einer Taschenlampe ins Gesicht leuchtete. Plötzlich hörten wir ein Rascheln hinter uns. Ein Fuchs? Ein Eichhörnchen? Eine Elster? Oder doch einfach nur Gustavo, der uns seit geraumer Zeit beobachtete. Abgehetzt und mit dem Blick eines verwundeten Tieres setzte er sich neben uns und zerstörte die Stimmung. Was für ein Penner! Seine Finger quetschten und zerrten aneinander herum. So, als wollten sie sich gegenseitig abreißen. Ihre dunkelrote Farbe zeigte mir, dass er schon einige Zeit damit beschäftigt war. Er schwitzte und sein modriger, Kokain verseuchter Geruch strömte aus allen Poren und legte sich, wie ein weißes Leichentuch, über den Platz an der Sonne. Gustavo befand sich in einem Zustand äußerster Verwirrung und ließ uns daran teilhaben. „Der Kommunismus ist auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit.“ ,presste er hervor. „Elvis ist tot.“ ,konterte ich. Das verblüffte ihn dann doch. „Häh?“ ,stieß er hervor. „Elvis ist....“ „Ja. Ja. Hab ich gehört, aber...“ ,stieß er hervor. „Was Moon damit sagen will ist, das wir alle darüber Bescheid wissen.“ ,erklärte Tasty. „Oh. ja. Sicher. Aber ihr müsst nicht denken, dass er wirklich tot ist. Nein. Wir Faschisten wissen genau, was diese Kommunisten Schweine aushecken.“ Er schien am Wahnsinn zu nagen. Seine geröteten, wässrigen Augen verrieten mir, das er seit einigen Tagen nicht geschlafen hatte und kurz davor stand die Kontrolle zu verlieren. Seine Lider begannen, wie Kerzen im Sturm, zu flackern. Seine Mundwinkel zuckten immer wieder zur Seite weg. Das gab ihm so einen leichten Anflug einer Marvel Figur. Der Joker. Stellte ihn mir mit weiß geschminkten Gesicht vor. Gefiel mir besser, als seine jetzige Visage. „Wir bringen dich zurück ins Hauptquartier.“ ,sagte Tasty und hakte ihn unter. Damit schien Gustavo einverstanden, denn er wackelte mit dem Kopf und stand auf. Ja, er lächelte sogar ein wenig. Er versuchte zu pfeifen, aber er konnte die Lippen einfach nicht richtig formen und so wurde daraus, nur ein Folgeruf für Enten. Wir fühlen uns, wie der Rattenfänger von Hameln. Nur für Federviecher. Sein Gang verselbstständigte sich und schien nicht mehr seinem Willen unterworfen zu sein. Mal knickte er zur Seite weg. Dann wieder, sackte er kraftlos in sich zusammen. Er begann zu sabbern und der Speichel tropfte auf seine Schuhe. „Ja ins Hauptquartier.“ ,brabbelte er vor sich hin. Auf dem Heimweg sagte er nichts mehr. Keinen Piep. Dafür umjubelten uns zahlreiche Vögel. Dachte an Hitchcock. Guter Mann. Bisschen schräg drauf. Machte diesen grandiosen Film. Da wurde viel gelaufen. Panik. Tote. Verzweiflung. Machtübernahme. Auslöschen. Wie hieß der doch gleich........? Um was ging es da noch mal.....? Enten? Nee! Egal. Gustavo, unser Hitler für Arme, war, was ich nicht wusste, ein Geflügel Narr. Er liebte alles was Federn besaß. Deshalb führte er auch eine dieser nervigen, braunen Papiertütchen, mit Vogelfutter, bei sich. Er krallte sich, mit seinen abgekauten Fingernägeln so stark daran fest, dass sie riss und uns jedes Flugdings nun folgte: Amsel, Blaumeise, Buchfink, Dohle, Moorhuhn, Seetaucher, Kiebitz, Sperling, Legehenne, Ziegenmelker, Neuntöter, Zwergfalke, Rotrückenwürger, Schieferdrossel und Ripper Jack. Zugegebener Maßen, gehörte der Letzte nicht zu der Gattung flugfähiger Gesellen, sondern war der örtliche Killer mit einem Hang zum Theatralischen. Er trug einen langen, grünen, exzellenten Lodenmantel, aus einem hochwertigem Schurwoll – Cashmere - Mix mit hochgestelltem Kragen. Eine tief ins Gesicht gezogene graue Schiebermütze, nebst dunkler, modischer Sonnenbrille. Seine rostbraunen Budapester Schuhe fügten sich wunderbar zu seiner edlen Kleidung und vollendeten das Bild eines perfekten Gentlemans. Der Mann hatte einfach Geschmack. Natürlich glich diese Hülle keineswegs seiner inneren Haltung. Skrupellos und zu jeder gewissenlosen Tat bereit, konnte er jederzeit den Tod in biedere Haushalt, Parlamente und Hühnerställe bringen. Zahlreiche Morde gingen auf sein Konto. Es gab zwei Beweggründe, die ihn inspirierten. Geld und Macht. Für ihn schien es ein Spiel zu sein. Voller Leidenschaft und Nervenkitzel. Das Wissen, vollkommene Kontrolle über ein anderes Leben zu haben beflügelte ihn und machte sein verdorbenes, abgestorbenes Wesen lebendig. Bisher konnte ihm niemand etwas nachweisen. Er arbeitete äußerst korrekt und zuverlässig und war ein Meister seines Faches. Die Welt war ihm egal und die Gefühle anderer Menschen auch. Er brachte den Tod. Das ist alles was man je über ihn denken und sagen würde. Regel Unterschätze niemals, die Habgier deiner Konkurrenten! Auf wen hatte Ripper Jack es abgesehen? Warum tauchte er gerade jetzt und hier auf? Nun ja. Eins nach dem Anderen. Nachdem wir endlich in der Gun Hill Road angekommen waren und die Tür hinter uns ins Schloss fiel, spürten wir, wie der Druck des Tages langsam aus unseren Knochen wich. Endlich wieder Zeit, die neusten Eindrücke in den Laptop zu hacken. Wir gehen alle früh schlafen. Gustavo pennt auf dem Campingstuhl in meiner Küche ein. Seine schweren, mit braunem Schlamm verschmierten, Stiefel wirken, wie kompakte Stahlcontainer. Das eiserne Kreuz auf seiner Militär Jacke sieht neu und blankpoliert aus. Wofür er das wohl erhalten hat? Tasty malt ihm, mit dem Edding ein Hitler Bärtchen unter die Nase. Ich stecke ihm zwei Kippen in die Nasenlöcher und drücke ihm ein grünes Partyhütchen, mit einer intelligenten Aufschrift auf seinen verbeulten Schädel: Ich finde Mussolini Scheiße! Tasty und ich teilen uns mein neues französisches Luxusbett, das ich, von den beiden Lesben Francine + Josephine, im Gegenzug für die Telefonnummer meiner heißen, nymphomanischen Psychotante bekommen habe. Tasty macht auf Scheherazade und erzählt mir eine großartige Geschichte von einem Goldschmied, die ich nicht verstehe. Das liegt bestimmt auch daran, das Gustavo, wie ein Biber schnarcht und ich überlege, ob ich ihm ein Kissen aufs Gesicht drücke. Aber dann bin ich von Tasty abgelenkt, weil sie einen erotischen Tanz zu dem Song Big Spender abliefert und ich mich kaum zügeln kann, über sie herzufallen. Schade, das ich mein verliehenes Adams Kostüm noch nicht zurück bekommen habe. Damit könnte ich sie so richtig, aufs Allerheftigste, beeindrucken. Obwohl, vielleicht finde ich auch draußen, auf die Schnelle, ein Ahornblatt. Juli Tasty und ich liegen ganz brav neben einander. Es gab keinen Sex. Nur Gespräche. Dialoge. Monologe. Chronologe. Analoge. Geologe. Kataloge. Epiloge, Neologe, Ufologe. Sie ist ziemlich begeistert von meiner Fähigkeit zuzuhören und sinnvolle Kommentare zu ihren Sätzen abzugeben. Das kennt sie von Männern nicht. Jo. Da konnte ich wohl richtig punkten. Und ich setzte noch einen drauf, indem ich auf ihre Sehnsüchte und ihr Verlangen zu sprechen komme, in denen ich ihr klarmache, das ihre Feuchtgebiete der Sahara gleichen und zwar bevor Moses den brennenden Dornbusch darin entdeckte und das nur das komplette Verstehen der weiblichen Sexualität und Verständnis für die Bedürfnisse des Anderen zu einem erfüllenden Höhepunkt führen können. Naja, das ist ein bisschen dick aufgetragen, aber mehr ist einfach mehr. Ich habe mal eine Woche bei dem Sexualtherapeuten Dr. Freud (Der Jüngere), als Reinigungskraft, gearbeitet und bin deshalb auf alles vorbereitet, was sie mir erzählt. Sie berichtet mir von einigen ihrer schönsten Beischlaf Erlebnisse. Es ist nicht halb so schräg, wie es hätte sein können, oder ich es mir in meinen Träumen vorstelle, aber immer noch heiß genug, es in meinem Gedächtnis abzuspeichern. > Die geilste Fantasien der letzten 12 Jahren. < Sie rückt ganz nah an mich heran und meint, sie hätte noch nie nicht einen solchen Mann, wie meiner einer kennengelernt. Das schien mir sehr fern von jeglicher Grammatik, aber wer bin ich, dass ich das verurteilen könnte? „Nun ist es aber an der Zeit die Lokomotive zum Laufen zu bringen.“ flötet sie. Ich verstehe nur Bahnhof. Will aber nicht, wie ein kompletter Idiot dastehen, weil ich ja auch einen Ruf zu verlieren habe und nicke eifrig mit dem Kopf. Ihre Hand beginnt auf meinem Kopf herum zu wuscheln, als plötzlich die Tür aufgestoßen wird und ich noch aus den Augenwinkeln, den großartigen Lodenmantel von Ripper Jack erkenne. Dann folgte eine Nebelgranate, die uns ausnockt und in einen tiefen Schlummer versetzte. Nach dem Aufwachen, ist Gustavo verschwunden. Verklebte Blutreste am Campingstuhl lassen auf nichts Gutes hoffen. Regel Eine Verschwundene Person und zurückgelassenes Blut weisen immer auf eine Straftat hin! Gut, das ich in dem weiteren Verlauf meiner Geschichte immer mehr Fahrt aufnehme. Von wegen Intelligenz. Ich hab ja auch mal 2 Wochen bei Frau Esmeralda gejobbt. Da kam damals der Zirkus in die Stadt. Ich war gerade 123. Ne. Ich war 12. Hab mich nur vertippt. Frau Esmeralda hatte einen Wohnwagen in dem sie wahrsagte. Das hat mich total begeistert und ich hab echt gut aufgepasst. In ihrer Behausung, gab es das komplette Programm. Glaskugel. Tarot Karten. Teeblätter. Aus dem Kaffeesatz lesen. Die Planetenkonstellation interpretieren und eine Grille, die unaufhörlich in einem Glas zirpte. Das nervte unglaublich und es hätte nicht viel gefehlt und ich hätte sie über dem Feuerzeug gegrillt. Esmeralda machte immer auf geheimnisvoll und mystisch. Trug immer ein Kopftuch aus der geringelte, schwarze Löckchen hervorlugten und einen bunten Rock mit Sonnenblumen. Die Sonnenblumen waren riesig und rot. Also, rote Sonnenblumen. Wenn ich es recht bedenke, waren es keine Sonnenblumen, sondern Hyazinthen. Egal. Beim Wahrsagen schloss sie die Augen und wiegte ihren Kopf hin und her. Dabei stöhnte sie leise. Sehr effektvoll. Hin und wieder lachte sie leise, so als hätte jemand einen kleinen Witz gemacht. Dann, zuckte sie und wurde böse. Sie fiel von einem Gefühl ins Andere und man hatte immer die Idee, da wäre noch jemand anders, der mit ihr sprach. Wahnsinn, was die alles wusste! Hammer! Das der Herr Pappenheimer mit der Nachbarin rummachte Die Valentina von unten Stepptanz in Uruguay gelernt hat und mit ihrem Tanzlehrer eine Boutique in Simbabwe eröffnen will. Mark Foster gar kein Gemüse ist, sondern irgendson Heinz aus Germany. Die Welt in 9 Tagen untergeht und die Milch im Kühlschrank der Royal Family schon seit 4 Tagen sauer ist und klumpt. Die wusste praktisch alles. Nur nicht das sie 2 Tage später von einem Panzer überrollt wird. Das muss ihr wohl entgangen sein. Schade. ----------------------------------- Tasty tippt mir grade auf die Schulter und lacht sich schlapp über Esmeralda. Ich schaue sie verdattert an und weiß gar nicht was ich sagen soll. Weil, is ja nicht witzig! Auch darüber lacht sie sich schlapp. > Frauen. < Ich blick da noch nicht so durch. Ich find den Monday total süß, weil der so verpeilt und niedlich ist. Das hat Tasty grad geschrieben. Boah. Hab ihr den Laptop weggenommen. Ist schließlich mein elektronisches Tagebuch. Jf0815dkdiew47z11ohngbförgglöeri ILOVEYOU hgfüi+´ß062gvvfb–äguohaliebdichdeinetasty So. Jetzt ist aber Schluss mit lustig! Juli Also. Ich hatte dann doch noch geschnallt das Tasty so richtig, richtig scharf auf mich ist. Das traf sich ganz gut, da ich ja schon seit geraumer Zeit keinen mehr versenkt hatte und ich auch ein bisschen unsicher war, ob ich überhaupt noch wusste, wie das denn so ging. Ging dann aber doch ganz gut. Ja und jetzt hab ich halt gesagt, wir sollten uns wieder auf die wesentlichen Dinge konzentrieren. Sugar und Gustavo waren verschwunden und Ripper Jack hatte offensichtlich was damit zu tun. „Ich muss los. Ich brauche unbedingt Unterhosen. Immer nur deine tragen, wird mit der Zeit auch merkwürdig.“ ,sagt Tasty auf einmal. „Nicht halb so merkwürdig, wie deine Pantomime Show auf dem französischen Superbett.“ ,lache ich. „Das war keine Pantomime. Ich war in Panik, weil ich meine Tage nicht bekommen hatte.“ „Es ist drei Tage her, dass wir miteinander geschlafen haben. Also sehr unwahrscheinlich, dass man da schon eine Schwangerschaft feststellen kann.“ „Ja, aber als Frau spürst du so was.“ ,spricht sie eindringlich. „Nimmst du mich grad auf den Arm?“ ,fragte ich verunsichert. „Genau!“ ,prustet sie. Sie warf sich meinen Trenchcoat über und verschwand. Völlig nackt darunter. Wenigstens eine meiner Unterhosen, wäre eine nützliche, zusätzliche Option gewesen. Ich liege auf meinem Bett. Allein. Merkwürdig. Jetzt wo sie weg ist fühlt es sich komisch an. Leer. Ich nehme das Kopfkissen zwischen meine Arme und wiege es sanft hin und her. Die Tür springt auf und Tasty rauscht herein. Ich zucke zusammen und werfe das Kissen hinter das Bett. „Hast du damit gekuschelt?“ ,fragt sie außer Atem. „Quatsch!!!“ rufe ich. „Ich bin doch gleich wieder da.“ ,sagt sie in gespielter Mitleidigkeit. „Witzig.“ „Hab meinen Lockenstab vergessen.“ „Das ist ein Vibrator.“ „Ach deswegen wird das mit den Haaren nichts.“ Und schon ist sie wieder weg. Das mit dem Sex ist `ne gute Sache, weil ich da auch merke, dass es jemanden gibt, die an mich glaubt. Jemand, die mich berührt. Nicht nur körperlich, sondern auch tief drinnen. Ich bin gern mit Tasty zusammen. Sie ist sooooooooooo witzig. Und sie ist klug. Und sie hat tolle Haut. Überall. Das ist ein Vorteil. Würde auch komisch aussehen, wenn sie an einigen Stellen keine hätte. Es ist bescheuert, aber jemand kann dich auch nur mit einem Blick berühren, oder mit einer Bewegung, die du an der Person siehst. Oder mit Worten. So ist Tasty. Also, du freches Ding, wenn du wieder in meinem Tagebuch stöberst. Ich glaub ich hab mich in dich verknallt. -------------------------------------- Da die Kirchturmuhr 6:00 Morgens zeigt und mein Kreislauf auf Hochtouren läuft und an Schlaf nicht zu denken ist, gehe ich zu Mrs. Watson hoch, um einen Kaffee zu schnorren. Nehme mir aber auch fest vor, heute Eigenen zu kaufen. Wegen der Selbstständigkeit und, weil das voll bescheuert ist, immer keinen Kaffee nicht im Haus zu haben. Hier ist doch irgendwas falsch............................ Mist, ich finde den Fehler nicht. Verdammt. Mrs. Watson öffnet verschlafen, in einem langen geblümten Schlafhemd mit lila Blüten, die verranzte Tür mit dem Messing Knauf. Ihre, auf dem Boden schleifende, Nachtwäsche erinnert mich an meine Oma aus Oberbayern. Sie war im höchsten Maße inkompetent und inkontinent. Zwei Sachen, die ich auf den Tod nicht leiden konnte. Mrs. Watson`s aufgedruckte und verblichene Blumenpracht zeigt mir, das das sie es wahrscheinlich von IHRER Oma geerbt hat. Tippe entweder auf Flieder oder Kugel–Lauch Purple Sensation oder wie wir Blumenzüchter sagen: Flieder bringt Spaß in alle Glieder. Warum ich soviel darüber weiß? 2 Wochen, beim Fleurop Winterdienst, war definitiv ausreichend. Jeden Tag Schneeschippen. Mega. Mega anstrengend. Aber die Blumen. Hammer. Sommerblumen im Schnee. Love it! Lilie. Lungenkraut. Sumpfdotterblume. Kugelprimel. Lerchensporn. Kaiserkrone. Santinis. Gemswurz. Duftveilchen. Türkischer Mohn. Tausendschön. Hornveilchen. Katzenminze. Besonders Katzenminze fand ich Klasse. Wegen der Frische. Der Nachgeschmack war etwas bitter. Aber, was ist im Leben nicht im Abgang bitter. Mein Onkel, vierten Grades, hing immer in einem bestimmten Café ab. Er hatte an dem Tag Geburtstag. Seinen 16. Also die Geschichte ist schon ein bisschen her. Ein Fernfahrer kommt durch die Tür. So ein Typ mit langen Koteletten, silbernen Cowboystiefeln und einem John Boy Walton Aufnäher. Er fragt, wem wohl das alte, rostige Fahrrad da draußen gehört. Mein Onkel meldete sich und der Typ sagte: „Das Ding ist Scheiße und versperrt mir den Weg. Tues weg machen.“ „Ich tu das nicht wegmachen, du Spacko. Machs selbst tun weg. Arschloch.“ Ich dachte, als mein Onkel es mir ein paar Jahre später erzählte, da haben sich ja gleich zwei Dorftrottel im Takka Tukka Land getroffen und war gespannt, wie es weitergehen würde. „Willst du, dass ich dich kaputt mach?“ schrie John Boy. „Halt`s Maul. Du Wichser.“ ,schrie mein Onkel zurück und versuchte zu fliehen. Der Cowboy Hirni Verschnitt stellte sich ihm in den Weg und schlug meinem Onkel mit der Faust auf den Kopf, das es nur so knackte. Dann bestellte Hackfresse John Boy Walton eine Coke, einen Hamburger und einen warmen Apfelstrudel. In dem Laden regte sich kein Schamhaar. Alle hatten Angst, das die Sache noch mehr aus dem Ruder lief und am Ende jeder mit einer Kugel im Schädel endete. Keiner traute sich auch nur Piep zu sagen. Nachdem John Boy mit seinem Truck, das Fahrrad von meinem Onkel platt gefahren hatte, wurde endlich ein Krankenwagen gerufen. Schädelbasisbruch. Seitdem knackte sein Kiefer immer fürchterlich laut, wenn er Spargel aß oder sich sehr aufregte. Meistens an seinem Geburtstag. Der war im Mai. Spargel Saison. Da seine Eltern Zeugen Jehovas waren, gab es natürlich weder Geburtstagsfeiern, noch Geschenke. Mein Onkel betete manchmal zu Gott, das er ihn vor einem Unfall, mit großem Blutverlust bewahren sollte. Denn Bluttransfusionen waren auch verboten. Keine Ahnung, wie sie das bei dem Bruch geregelt haben. Vielleicht gab es eine Sonderregelung mit Oberkeule Jehova, weil mein Onkel ja sonst ein dufter Typ war. Übrigens ist vorehelicher Geschlechtsverkehr auch strengstens verboten und kann zum Gemeinschaftsentzug führen. Das heißt: Sie dürfen nicht mehr mit den anderen Zeugen reden und nicht bei ihnen wohnen und keine anderen Bekloppten für ihre Sache heimsuchen. Ja, meine Verwandtschaft ist wirklich zum Piepen. Ich könnte euch Geschichten erzählen, da legt ihr die Ohren an. Aber das ist wieder eine andere Baustelle. Mrs. Watson zieht sich einen ausgeblichenen Morgenmantel mit exakt dem gleichen Muster, über ihr Schlafhemd: „Sieht ja sonst ganz wild aus und was würden die Leute wohl denken, wenn sie mich hier ohne Morgenmantel sehen würden?“ ,meint sie und zwinkerte mir kess zu. „Naja. Sie würden sie bestimmt für eine ziemlich heiße Schnecke halten.“ Sie lacht und ich lache und dann steht auf einmal Herr Schmidt im Türrahmen und schaut uns böse an. „Hallo Herr Schmidt. Alles fit? Ich habe keinen Kaffee und....“ „Und da dachtest du, bei Mrs. Watson ist der Herr Schmidt und dem versauen wir mal so richtig den Tag.“ „Nein. Ich wollte doch nur..........“ „Genau. Du willst immer nur mal und schnallst gar nicht, dass du allen Anderen damit auf den Sack gehst. Nur weil du jetzt eine tolle Agentur hast, die keiner braucht, musst du nicht auf dicke Hose machen.“ „Aber.......“ ,will ich mich mich verteidigen. „Nein.“ „Und wenn.......“ „Nein.“ „Und die....“ „Nein.“ Ich drehe mich um und gehe hinaus. Habe langsam das Gefühl, das mich der Knödelknochen nicht leiden kann. Aber eins weiß ich. Ich ihn auch nicht. Blöder Sack! Juli Heute erst um 10:00 aufgewacht und auch nur weil Hanna tierisch laut Musik gehört hat. Ich wollte nach oben, um ihr zu sagen, dass dieses ewige rumeiern auf einer Gitarrensaite in der Lautstärke eines Düsenfliegers mir tierisch auf die Nüsse geht und bemerke, nachdem die Tür ins Schloss gefallen ist, dass meine Schlüssel von innen stecken. Scheiße. Das sind die Momente, wo ich am liebsten jemanden die Ohren abreißen will. Also, gehe ich hoch zu Mrs. Watson, um Herrn Schmidt zu besuchen, denn der ist ja unser Hausmeister und kennt sich sicher im Einbrechen anderer Wohnungen aus. Außerdem ist er Deutscher und die stehen seit 1945 tierisch in unserer Schuld. Wegen dem 2. Weltkrieg. Dem Überfall auf Frankreich. Dem Ausweisen von Marlene Dietrich und der ganzen anderen Scheiße. Aber leider ist der Herr Schmidt nicht da. Wenigstens bekomme ich einen Kaffee und den lila Morgenmantel, mit dem Flieder drauf, da ich komplett nackt bin. Im Radio höre ich von einem Brand in einem Lagerhaus. Cooper Square 7. „Die 7.“ ,sage ich laut. „Das ist eine von den Zahlen.“ „Ich spiele ja auch Bingo in meinem Frauenclub, aber die 7 hat noch nie gewonnen.“ ,erklärt Mrs. Watson. „Kein Wunder. Bin gespannt, was da passiert. Ich muss los.“ „Vielleicht nicht so.“ ,meint Mrs. Watson und deutet auf den Morgenrock, der vorne schon wieder auseinander gefallen ist. „Mrs. Watson sie sollen mir doch nicht immer auf meine zweitliebste Stelle gucken.“ „Was ist den deine Liebste? Deine Zunge?“ „Mrs. Watson.“ ,sage ich entrüstet und schockiert und drücke ihr einen saftigen Schmatzer auf die Wange. Nachdem sie meine Tür mit ihrer Scheckkarte geöffnet hat, habe ich endlich wieder meine coolen Klamotten an. Ich sehe soooooooo heiß aus. Sagt auch Mrs. Watson und die muss es schließlich wissen. --------------------------------- So. Ich stehe jetzt am Cooper Square 7. Hier ist eine Menge los. Feuerwehr. Rauchschwaden. Schaulustige. Puff Daddy`s. Nutten. Gäste aus der, in der Nähe liegenden, asiatischen Sauna. FBI. Skin Heads. Pudel. Stiefmütterchen (die Blumen und die Anderen). Ein Coka Cola Getränke Wagen. Wusstet ihr das bis 1903 richtiges Kokain in der Cola war? Abgefahren. Ich weiß das so genau, weil ich mal 2 Wochen in einem Chemie Labor die Reagenzgläser gesäubert habe. Damals ist mir versehentlich ein Gläschen mit Bio Proben in die Tasche gerutscht. Hat 500 Mäuse auf dem Schwarzmarkt gebracht. Unglaublich was die Spinner alles kaufen. Jedenfalls. Das waren noch glorreiche Zeiten für alle Süchtigen. Da hieß es dann immer: „Mann ich brauch was zu Aufpeppen. Lass mal ´ne Kiste Cola holen.“ Kein Mensch weiß, wieso sie das wieder abgeschafft haben. Ich glaube die Regierung wollte uns einfach gewaltig einen rein drücken. Das Gute ist ja, wenn du Detektiv bist schärfen sich deine Sinne. So, wie bei einem Blinden. Weil der nicht sehen kann, kann der viel besser hören und riechen. Außer bei Johnny. Der hat mal bei einem Verhör zu lange in eine Lampe geguckt. Als er dann gehen durfte ist er direkt in einen Coca Cola Laster gelaufen. Ich sage dazu nur eins: „Cola ist aller Laster Anfang!“ Johnny, war jedenfalls platt. Den mussten sie regelrecht von der Straße kratzen. Naja. Wenigstens hatte er jetzt einen Waschbrettbauch. Das wollte er mehr, als alles andere. Plötzlich tippt mir jemand auf die Schulter. Tasty. Sie greift mir von hinten zwischen die Beine und küsst meinen Hals. Ich schreie kurz auf und alle schauen uns an. „Alles unter Kontrolle Leute. Sie gehört zu mir!“ rufe ich in die Runde. „Hab` schon auf dich gewartet.“ ,haucht sie mir ins Ohr. „Wie jetzt gewartet?“ ,frage ich kriminalistisch und ein bisschen doof. „Na. Ich wusste das du heiß auf solche Sachen bist.“ „Den Brand?“ ,frage ich. „Das ist doch einfach nur ein Schuppen, der zu Staub geworden ist. Ich meine uns beide.“ „Ja klar ich auch.“ ,stottere ich, nervös auf der Unterlippe kauend. Und schwupps. Schon passiert. Das ganze Massieren hat zum Resultat geführt. Wo bekomme ich auf die Schnelle eine neue Unterhose her. „Schon merkwürdig.“ ,höre ich die dunkle Stimme von Feng neben mir. Wo kommt der denn jetzt her. Ist das ein Familientreffen. Die ganze bucklige Verwandtschaft auf einen Haufen? „Ja. Die 7 ist schon komisch.“ ,höre ich mich nachdenklich sagen und fühle mich entkörpert. So, als schwebte ich einen halben Meter neben mir über dem Boden. „2 fehlen noch. Wir sollten sie vor dem Einäschern finden.“ ,erklärt Feng. „Was bedeutet das Schatz? Wer ist das und wovon redet er?“ ,fragt Tasty mich, mit großen Augen durchdringend anschauend. „Das ist Feng. Der Butler meines Onkels aus Südafrika. Er hat geschäftlich hier zu tun.“ „OOOOOOOOOOkay.“ ,sagt sie gedeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeehnt. „Und sie sind?“ ,fragt Feng. „Frau Holle. Ich schüttle hier die Betten auf.“ ,sagt sie schnippisch. „Ich muss los. Wir reden später.“ , verabschiedet sich Feng und geht. Wir blicken ihm nach, bis er hinter der nächsten Straßenecke verschwunden ist. „Frau Holle!“ ,sage ich. „Ja. Ist nur ein Nebenjob.“ „Ach was. Und was ist dein Hauptjob?“ „Straßenreinigung.“ „Straßenreinigung!“ „Genau.“ Pause. „Wir gehen was essen. Du zahlst.“ ,sage ich schließlich. „Na klar. Ich führe dich aus. Du kannst das später bei mir abarbeiten.“ ,lacht sie. Das mit dem Ausführen hielt sich dann doch in Grenzen. Es gab Fritten und einen Burger auf die Hand. Dafür aber Tequila aus einer braunen Papiertüte, weil Trinken in der Öffentlichkeit ja nicht erlaubt ist. Da wir aber zusammen auf der alten Bank vor meiner Wohnung saßen passte das auch alles wieder. Zwischendurch legte ich meinen Arm um Tasty´s Schulter. Kam mir dabei wie ein 12 jähriger, bei seinem ersten Date im Kino vor. Herrlich! Die Sonne schien und die Welt drehte sich ein bisschen langsamer. Das gefiel mir gut, weil mir das dieses entspannte Gefühl gab, die Dinge im Griff zu haben. Im nächsten Moment glaubte ich das Trompeten von Elefanten zu hören. Dadurch wurde ich etwas panisch, weil ich glaubte der kleine Wahnsinn griffe nach mir. So, wie der kleine Hunger und der ist fürchterlich. Gottseidank, kamen tatsächlich Elefanten, nebst einer Truppe Zirkusartisten, die Gun Hill Road runter und warben für eine Vorstellung am Abend. Das gefiel mir und mit Freuden sahen wir den Dickhäuter nach. „Da hast du ja später ´ne Menge zu tun.“ ,sagte ich grinsend. „Wieso?“ ,fragte sie. „Schau dir mal die Hinterlassenschaften der Rüsselträger an. Das ist `ne Menge.“ „Häh.“ „Ja, weil, du bist doch bei der Müllabfuhr.“ „Müllabfuhr?“ ,fragte sie. „Strassenreinigung.“ „Oh. Ja. Klar. Sicher.“ ,sagte sie schließlich. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite hatten sich einige Schaulustige versammelt: Nachbarn. Penner. Eine irische Rockband aus dem Pup am Ende der Straße. 2 Rednecks. Eine Mutter mit ihrem Kind. Ein Waschbär. 2 Italiener. Ein kleiner Junge mit runder Nickelbrille. Der Männergesangsverein der Samstags immer im Vereinshaus übt und die heiße Blondine auf ihrem Fahrrad, die mich schon wieder so lüstern anschaut. Es waren also die üblichen Wahnsinnigen, doch plötzlich blieb mein Blick beim Scannen der Umgebung hängen, denn ich glaubte Johnny zu erkennen. Aber das war nicht möglich. Er hatte sich schon zig mal beim Fährmann eingeklinkt und sich über den Fluss Styx auf die andere Seite bringen lassen. Johnny verweilte seit Jahren im Reich des Hades. Johnny ist tot. Als ich wieder hinsah, war kein Johnny mehr zu sehen. Muss wohl eine Lichtreflexion oder eine Halluzination gewesen sein. Juli Tasty steht vor dem Spiegel. Sie trägt ein kurzes Leibchen, das ihr gerade mal bis zu den Hüften geht. Sie beobachtet sich und schaut ihren Körper sehr genau an. Sie dreht und wendet sich. Drückt ihr Becken nach vorn und wieder zurück. Sie berührt sich selbst. Fährt mit den Händen auf und ab. Meine Augen folgen diesen Bewegungen und ausgesuchte Teile meines Körpers wünschen sich an ihre Stelle. Oh, wie wunderbar es ist, diese Wölbungen anzuschauen. Wäre ich ein Dichter, schriebe ich Zeilen voller Sehnsucht und Liebe. Wäre ich ein Sänger, sänge ich über die Freiheit und die Verzweiflung. Wäre ich ein Vogel, flöge ich in die tiefsten Tiefen der Hölle, um ihr die blaue Blume der Illusion zu bringen. Ihr Busen hebt und senkt sich mit ihrem Atem. Ich folge ihm. Ich gleiche mich ihm an. Wir werden Eins. Ich bin auf ihrer Fährte. Erschnüffle ihren Duft und lasse mich betören. Ihre vollen Brüste sind das Meer und ich der einsame Kapitän der Schiffbruch auf ihnen erleiden wird. Sie weiß das ich sie beobachte. Ein leises Lächeln huscht über ihre göttlichen Lippen und ich möchte das Drama und die Komödie in ihrem Leben sein. Ich bin der Schauspieler, der in ihren Armen weint und lacht. Der Mann, der gewinnt und verliert. Bin die Leidenschaft, die ihren Körper zum Beben bringt. Sie öffnet ihre Beine und ihre Schamlosigkeit treibt mich an. Bin ihr längst Verfallen. Bin ihr Dummkopf und ihr Soldat. Ihre Hände. Ihre Finger. Ihre Spitzen. Ihre endlosen, kleinen Bewegungen sind mein Elixier. Sie führen mich in das Licht und in die Dunkelheit. Ich bin der Schatten, der ihr willenlos folgt und sich nicht satt sehen kann. Werde immer hungrig bleiben und es genießen. Werde leiden und meine Sanftmut mit ihr teilen. Nun geht sie leicht in die Knie und hebt ihre Arme. Sie berührt den Himmel. Ich bin ihr fallender Stern und ihr Atem. Wieder. Sie ist der Tanz. Sie ist der Tod und die Auferstehung. Die Leichtigkeit und die Welle auf der ich gleite. Sehr sexy. Ich bin ihr Voyeur. Ihr Faktotum. Ihr Liebhaber. Ihr Leben. All dies, ein Traum. Geträumt im wachen Geist. Voll des Wahnsinns und der Schwere. Ach wäre ich nur der Fluss, der zwischen ihren Beinen fließt. Oder ein Gedanke. Schnell und Zügellos. Dann löste ich mich auf und könnte nur noch sein. Tasty steht vor dem Spiegel. Sie trägt ein kurzes Leibchen, das ihr gerade mal bis zu den Hüften geht. Sie beobachtet sich und schaut ihren Körper sehr genau an. Sie dreht und wendet sich. Drückt ihre Hüfte nach vorn und wieder zurück. Fühle mich wie ein Poet und stelle mich hinter sie, um ihr meinen Finger in den Mund zu stecken. Gerade in diesem Moment klingelt es an der Tür und............ Juni 2021 von Axel Bruss
  10. Danke Dir!
  11. Dirty Deeds Ja. Das ist nämlich so. Ich bin Halbafrikaner und manche meinen, meine Gedanken seien etwas sprunghaft. Rassenideologen behaupten, unser Verhalten hängt auch von unseren Vorfahren ab. Mein Onkel, der Waldemar, ist ein waschechter Afrikaner und Vollidiot aus Johannesburg. Der wohnt in Parktown und ist weiß. Also eigentlich mehr so blass und wenn ich wütend bin, nenne ihn immer meinen: Reichen, geizigen und blutleeren Uncle from Parktown. Der hat einen Butler und der ist ein asiatischer Asiate. Und dieser Butler hat mir ein paar Reggae Platten geschickt, weil er auch findet, das der Waldemar so ein richtiger Arsch ist. Ich weiß nicht, ob er mich damit beruhigen, oder meinen musikalischen Horizont erweitern will. Diese Reggae Musik macht mich jedenfalls so fluffig und leicht. So, als käme alles wieder in Ordnung und am Horizont würden weiße Pferde in einen verheißungsvollen, friedlichen Morgen galoppieren. Tja, und seit dem bin ich Haile Selassie Fan. Das war der Kaiser von Äthiopien und sozusagen der Oberguru von den Rastafari Typen, mit den krassen, voll verfilzten Haaren. Die fanden Haile richtig gut, aber der hatte eigentlich gar nicht richtig Bock da drauf gehabt. Der wollte eigentlich in Ruhe sein Königreich, die Annehmlichkeiten seiner Hütte und Marmeladenbrötchen genießen. Der Butler vom Onkel hat auch immer ein bisschen Gras mitgeschickt. Ja klar. Weil, das ist ja normal, als Rastafari rauchst du halt Gras, damit du den vollen Durchblick hast. Ich hab das dann mal mit dem Gras, was auf der Wiese wächst, versucht. Weil Gras, ist ja Gras. Aber das war jetzt nicht so toll, aber richtig schlecht auch nicht. Ich hab dann mit dem Rauchen aufgehört. Wegen der Gesundheit und weil die Hanna mal geschrieben hat, das Gras rauchen, was für Pussies ist. Und da hab ich gedacht. Also `ne Pussy hab ich nicht, also bin ich auch keine. ------------------------------- Ich habe heute eine merkwürdige Geschichte gelesen. > Das Tagebuch des Doktor Vesalius. < Der Typ, der das geschrieben hat, hatte wohl nicht alle Latten am Zaun. Aber witzig, war die schon. Und da dachte ich mir. Das kann ich auch. Da kann ich `ne Menge Schotter mit machen. Ich werd einfach ein paar Sätze hinschreiben und Bamm, bin ich der neue Star am Schreibe Firmament. Halt eine richtige Schriftsteller Kanone. Ich saß also 3 Stunden vor einem leeren Blatt Papier und hab nachgedacht. So richtig intensiv. Aber mir ist nichts eingefallen, also hab ich einen Keks gegessen. Butterkeks. Der mit den vielen Zacken am Rand. 24. Das war richtig lecker. Hatte was von Kindheit, da hab ich den Keks immer in den Milchkaffee getunkt, damit der sich vollsaugen konnte. Hat er dann auch, bis er fett und schwer war. Das mit dem rum sitzen wurde mir dann doch zu blöd, also bin ich ins Bett gegangen und hab mich heute entschlossen mit einem Tagebuch zu beginnen. Da schreib ich alle Sachen rein, die mir wichtig sind und die mir so passieren und dann wird mir sicher auch eine Granaten Geschichte einfallen. Warte jetzt fällt mir wieder ein, wie der Typ heißt, der diese beknackte Geschichte von diesem Arzt geschrieben hat.................Ne, doch nicht. Also ab morgen geht`s los. Mein Leben ist zwar äußerst langweilig und öde, aber wenigstens bin ich von der Straße weg. Januar So. Heute beginne ich also mit dem Schreiben. Aber worüber ? Mmmmmmmmh. Ok. Beginnen wir von vorn. Ich bin aufgestanden. Aufs Klo. In die Küche. Vergessen zu spülen. Also zurück ins Bad. Gespült. In die Küche. Vergessen die Hände zu waschen. Also zurück ins Bad. Da fällt mir ein, das ich mir nie die Hände danach wasche. Also zurück ins.............da merke ich, das mich das völlig abnervt und ich gehe zurück ins Bett. Das geht ja gut los. Januar Habe schlecht geschlafen, weil ich an den Bergbau im alten Ägypten denken musste. Das finde ich sonderbar, weil die Ägypter mir echt am Arsch vorbeigehen. Muss unbedingt an meiner Ausdrucksweise arbeiten, wenn ich eine Freundin finden will. Der Januar ist ein guter Monat, weil man die Möglichkeit bekommt aus diesem Jahr was richtig Tolles zu machen. Manche haben auch richtig tolle Vorsätze. Ich nicht. Ich glaube nicht an Vorsätze. Da macht man sich doch bloß zum Affen. Ich geh mal eben zum Fenster rüber........... Ich sehe einen alten verzottelten Hund, an dessen Ende der Leine ein Typ geht. Es ist Sugar aus dem 1. Stock. Der wartet auf Kundschaft. Läuft auf und ab mit dem Köter. Seine Lippen sind blau vor Kälte. Könnten, aber auch Durchblutungsstörungen sein. Er hat vor einiger Zeit seine Bestimmung gefunden. Kokain Dealer. Seine langen Haare trägt er als Pferdeschwanz. Sie werden mit einem silbernen, breiten Gummiband zusammengehalten. Die blassen, triefenden Augen sind hellblau. So wie ein überlaufender See in Bergisch Gladbach. Seine graue Jogginghose ist neu. Genauso, wie die teuren Sneaker. Die grüne Bomberjacke ist von Armani. Das ist der Typ aus Armenien, ein paar Straßen weiter. Der vertickt geklaute Markenklamotten zu Tiefstpreisen. Die vielen Ringe an Sugars Fingern sehen peinlich protzig und Klotzki mäßig aus. Am Handgelenk trägt Sugar eine echte Rolex und um seinen faltigen, sonnenverbrannten Hals hängen 20 Goldketten. Die von der schweren Sorte. Dealen lohnt sich. Für mich wäre das nichts. Andere Leute in den Abgrund führen, ist nicht so mein Ding. Da es da draußen, vor meinem Fenster, genau so öde wie eh und je ist, wende ich mich ab und nehme mir einen zweiten gezackten Keks. Lecker. Hab jetzt angefangen, nach dem Klo meine Hände zu waschen. 3. Januar Heute versuchte ich mit links zu schreiben. Ging völlig in die Hose. Sah, wie die Schrift eines 5 Jährigen aus. Schade. Naja, eigentlich auch nicht anders, als mit rechts. Das mit dem Schreiben ist halt so eine Sache bei mir. Meine Mum meinte immer: „Schreiben ist nichts für Hasenherzen. Nur Löwen können es erlernen.“ „Was bin ich denn Mama?“ ,fragte ich mit meiner piepsigen Stimme. „Mal sehen. Du lernst nicht schnell. Du träumst in den Tag hinein. Du trägst nichts bei. Ein Löwe bist du nicht!“ „Dann bin ich.......“ „Ja. Das bist du!“ ,sagte sie bestimmend. Ich hasste sie dafür. Sie ist tot. Ich war der Einzige der in dieser kalten Novembernacht an ihrem Bett saß. Ein Montag. Zum Lachen. Sie verabschiedete sich an einem Montag. In ihrem letzten Moment schaute sie mich an und in diesem Blick lag die ganze Verachtung und vertane Zeit, die ich ihr, durch meine Anwesenheit eingebrockt hatte. Und selbst da, konnte sie ihr Herz nicht öffnen. Ja. Ich hasse sie. Noch immer. ------------------------------- Die Welt dreht sich 464 Meter in der Sekunde, um sich selbst. Ist das zu fassen? Genauso schnell ist das Leben manchmal. 464 Meter in der Sekunde. Ein Augenblinzeln. Du wirst geboren und denkst: Was ist das für ein grelles Licht da draußen. Es ist kalt und ungemütlich. Am liebsten willst du wieder zurückkriechen. Aber sie lassen dich nicht. Dann bist du da und sollst dein Leben auf die Reihe kriegen, aber das Einzige, was du bekommst sind Probleme. Hätte mir manchmal nur ein Lächeln oder eine Umarmung gewünscht. Naja. Wenigstens brachten die Freier meiner Mum auch mal Spielzeugpistolen und Gutscheine für eine Freifahrt auf dem Wasserwerfer der örtlichen Polizei für mich mit. Hab grad das Gefühl, das ich gar nicht mal so gut drauf bin. Das merke ich immer daran, das mein rechtes Augenlid zu zucken beginnt. Ich denke nicht gern an meine Kindheit. Ich flüchte mich in andere Welten. Iron Man. Rocket Racoon. Black Panther. Wolverine. Deadpool. Die kommen aus jeder Scheiße raus. Ja. Ich wäre gern: > Nicht Ich. < Hätte gern so eine geheimnisvolle Aura um mich. So eine Art Schutzschild. Undurchdringlich. Und alle würden in mir so eine Art Genie sehen. Halt nur nicht so schlau. Mehr so mystisch. Wie Dr. Strange von Marvel. Ja, ich weiß, der ist klug und ich nicht. Und ich weiß, das die Menschen denken, ich hab nicht alle Latten am Zaun, aber ich hab doch trotzdem Gefühle. Ich lache. Ich weine. Empfinde Mitleid und Kummer. Ich krieg halt manchmal die Dinge nicht richtig zusammen. ------------------------------ Leonardo hat in Spiegelschrift geschrieben, damit nicht jeder Horst seine genialen Sätze lesen kann. Das versuche ich als nächstes. Vielleicht beginne ich erst mal damit, mir mit der linken Hand einen runter zu holen und mir vorzustellen, das es Hanna Banana wäre. Sie wohnt direkt über mir und ich glaube sie ist verrückt. Es hat angefangen zu schneien. Überlege, ob ich mal nackt rausgehen sollte. Um 3 Uhr morgens ist ja nicht viel los und ich habe das Gefühl, eine Erfrischung für mich zu brauchen. Aber im Internet unter der Rubrik: > Die Perversen < zu erscheinen ist auch nicht so toll. Habe heute, vor meinem großen Standspiegel, verschiedene Yoga Übungen gegen Verschleißerscheinungen meines Körpers gemacht. Sah total affig aus und habe es deshalb unter dem Namen meines Nachbarn ins Netz gesetzt. Morgen ist Montag. Januar Mir ist immer noch nicht eingefallen, worüber ich schreiben könnte...........!??????????? Habe mir einen Lötkolben zugelegt, mit dem ich meine Toastbrote bearbeite. Damit brenne ich verschiedentliche, großartige, künstlerische Motive ins weiche Brot. Sieht zwar echt Scheiße aus, aber wenigstens bin ich beschäftigt und muss nicht ständig an Hanna Banana denken, die mir einerseits mächtig auf den Keks geht und andererseits auch irgendwie sexy ist. Also auf so eine merkwürdige, verdrehte Art. Vielleicht nenne ich sie einfach Crazy Banana. P.S. Der Wodka ist mir ausgegangen. Habe aus lauter Verzweiflung ein Schluck Rasierwasser getrunken. Bei jedem Aufstoßen, duftet mein Rülpser nach Men`s Signature Fragance Shave. Januar Elvis hat am 8. Januar Geburtstag. Also hätte er gehabt, wenn er nicht 1977 gestorben wäre. Ich feiere es trotzdem, denn dann muss ich meinen Geburtstag nicht allein verbringen. Das ist irgendwie schön. Durch seine Musik fühle ich mich nicht so ganz allein. Er ist und bleibt der King. Mein Kopf zwängte sich am 8. Januar 1962 kurz vor Mitternacht, aus der Vagina meiner Mutter. Der unrasierte Arzt roch nach Zwiebeln und hatte ein Hinkebein. Meine Mutter schrie in einer Tour: „Ich will das nicht. Ich will das nicht. Tu es weg.“ Als die Hebamme, eine alte Hexe mit O Beinen, sie nach meinem Namen fragte, erkundigte sich meine Mama nach dem Wochentag? Die Schabracke, mit dem weißen Häubchen auf dem Kopf und der speckigen Kittelschürze meinte, das Montag sei. Also wurde ich, als Monday Moon in die Welt hinaus geschoben. Schade das es kein Sonntag war! Januar Ich stelle zwei Gläser auf den Tisch und bereite uns ein wundervolles Mahl. Zünde Kerzen an und spiele den ganzen Abend Balladen von Elvis und denke an die Vergänglichkeit des Seins. Ich stelle jedem eine Wodka Flasche hin und proste meinem imaginären Elvis bei jedem Trinkspruch zu. Ich kenne viel Trinksprüche. Die Welt steht am Abgrund! Also, warum die Zeit mit Fröhlichkeit verschwenden? Ein Abend ohne Sonnenschein, ist der Benz unter allen Wochentagen. Auf Elvis. Auf Leonardo. Auf Margit, möge sie in der Hölle schmoren. Meine Zimmerpflanze treibt mich, durch ihre Stumpfsinnigkeit, in den Wahnsinn. Januar Um 16:00 Uhr kam im Fernsehen eine Serie über Menschenaffen. Hammer. Schlau. Stark. Erbarmungslos. Die haben einen von der anderen Gang gekidnappt und ihm die Glieder abgerissen, um sie zu verspeisen. Schräg und ganz schön geschmacklos. Genauso, wie dieses Vagina Ding mit meiner Mum. Ändert nichts daran, das Margit eine blöde Schlampe war. Mutterpflichten? Ha! Lachhaft! Eher Mutterflittchen. Die ist anschaffen gegangen und hat mich bei meiner Oma abgestellt. Jetzt ist mir auch noch der Kaffee ausgegangen. Geh ich noch mal los....................? Januar Bin nicht nochmal losgegangen, hab bei Hanna geklingelt. Die hat auch gleich geöffnet. In so einem Spiderman T-shirt. Sah geil aus. Sie trug nur einen blauen Superman Slip dazu. Wusste gar nicht wo ich hinschauen sollte. Sah einfach nur super aus. Ich stammelte irgend etwas von „Schönes Wetter“ und die „Möwen sind gelandet“ und „Kaffee.“ Sie hat einfach die Tür zu geknallt und dann gesagt: „Wer ist der Typ?“ Also, das muss beim Nächsten mal anders laufen. Ich brauche unbedingt eine Strategie. Einen Plan. Aber jetzt muss ich erst mal zu meinem Survival Room! Januar Vor zwei Jahren habe ich einen Raum in einem Bunker angemietet. Da spielen normalerweise die ganzen Möchtegern Rockbands, die ihrem bürgerlichen Leben entfliehen und groß rauskommen wollen. Naja, ich hab den, weil es nicht mehr lange dauert, mit der Apokalypse. Die ist ganz nah. Deswegen vermeide ich auch tiefer gehende Beziehungen. Das hat ja doch keinen Wert, wenn wir alle durch die Bombe gegrillt werden. Also, in diesem Raum hab ich massenweise Haferflocken, Müsliriegel, Cola, Feucht Tücher, Knäckebrot(nur ein Packet, weil die Scheiße schmecken), 12 Unterhosen(kaum gebraucht), 365 Kondome, 10 Paar neue Socken, Spiderman Hefte Sonder Edition, um Hanna Banana zu flashen, wenn sie in meinem Bunker übernachtet. 3 Armeewolldecken die ein wenig muffig riechen und ein Kurzwellen CB Funkgerät um Kontakt mit der Außenwelt zu halten. Leider stellte sich raus, das mein Mietvertrag gekündigt wurde und ich 24 Stunden hatte mein Zeug da raus zu holen. Das lagert jetzt alles in meiner Einraumwohnung und ich schlafe auf dem Flur. Gemütlich ist anders. Januar Muss unbedingt mein Leben auf die Reihe kriegen. Hab mich heute mit Gustavo aus dem 2. Stock getroffen. Der ist Exil Kubaner und vertickt gefälschte Rolex Uhren. (Vielleicht ist die von Sugar, doch nicht so echt, wie alle glauben.) Ich sagte ihm das ich keine bräuchte, weil ich so eine Art Superhirn wäre, das ohne Zeitmessung auskäme. Daraufhin hat er mir Fragen nach Pythagoras gestellt. Ich meinte Mr. P, sei ein elender Schwanzlutscher und wenn er, also Gustavo, mir nicht bald die geliehenen 100 Tacken zurückgäbe, würde ich ihm die Eier abreißen. Manchmal muss man einfach deutliche Worte finden. Gustavo hat jedenfalls ganz schön gestaunt und mir einen Kamillentee gebracht. Zum Runterkommen. Der war ekelhaft, deshalb hab ich mir nur die Beine damit eingerieben. Die 100 Tacken wären mir lieber, als der Tee gewesen. Er sagte nur: „Die kommen mein Alter. Die kommen. Hab da grad `ne ganz große Sache am Laufen. Schon mal was von Airdumping gehört?“ Hatte ich nicht. „Also, Airdumping ist billige Luft, abgefüllt in Dosen.“ ,erklärt er voller Stolz. „Was ist mit der Luft, die wir täglich atmen. Die ist doch umsonst?“ ,fragte ich und dachte, das ich wohl nicht der Einzige bin, der nicht alle Latten am Zaun hat. „Ja. Das stimmt, aber jetzt stell dir vor: Die Apokalypse ist da und die ganzen Bonzen krallen sich die verbliebene Luft und dann stehen alle da und japsen, wie eine Qualle an Land.“ „Qualle? „Ja Qualle. Und wer kann dann Millionen Dosen billige Luft verticken? Wer ist der Airdumping King?“ „Du?“ „Richtig! Und wer hat seine 100 Tacken in das Projekt investiert und wird Millionär?“ „Ich?“ „Richtig. Du bist ein schlaues Bürschchen. So nun muss ich mich aber sputen. Im Park wartet der Schnee darauf eingedost zu werden.“ „Snowdumping?“ „Alter. Du weißt Bescheid.“ Natürlich wusste ich genau das er mir Blödsinn erzählt, um mir meine Kohle nicht zurück zahlen zu müssen. Schnee in Dosen. Schwachsinn. Der schmilzt doch. Wäre ja höchstens Waterdumping. Höchstens! Als nächstes bin ich hoch in den 3. zu Sir Edmund Holmes. Ne, der hat nichts mit diesem Meisterdetektiv zu tun. Das, mit den Namen ist Zufall. Sir Edmund ist verarmter Adel aus dem Norden Englands. Seine Ur Ur Großeltern haben damals ein Schloss besessen und in dem Zusammenhang Knechte und Mägde ausgebeutet und geschwängert. Hauptsächlich Mägde. Edmund arbeitet jetzt in einer Schokoladenfabrik. Seltsamerweise hat er keine Süßigkeiten im Haus. Nur ein weißes Puder, das an seiner spitzen Nase klebt. Euphorisch bittet er mich hinein: „Mein Lieber Monday. Sie erinnern mich kolossal an die Abenteuer Geschichte von Daniel Defoe. Dieser Robinson Crusoe hatte einen Freund, der Freitag hieß.“ „Freitag? Kenn ich nicht.“ „Nein. Ich weiß mein lieber Freund, das ist ja auch nur eine Romanfigur aus dem 18. Jahrhundert.“ „Benjamin Franklin hat 1750 den Blitzableiter erfunden. Und Francis Hauksbee baute 1706 eine Elektrisiermaschine, die aus einer Glaskugel bestand.“ ,erkläre ich. „Sie sind ja ein Gelehrter, mein Bester.“ Naja, und dann gab es da noch Pieter van Musschenbrork der 1745 die Leidener Flasche erfand, mit der man elektrische Ladung speichern konnte. Und später hat Luigi Galvani noch ein paar spannende Sachen raus gehauen. Zuckende Froschschenkel und solche Dinger.“ „Mein lieber Herr Moon. Sie sind unglaublich.“ „Danke.“ Mir kommt wieder dieser Typ in den Sinn. Der mit dieser Arzt Story. Auf dem Dachboden unter einer Zeltplane, lag ein ganzer Batzen von seinen Geschichten in einer alten Kiste. Das müssen 50 oder mehr gewesen sein. Wie heißt der Schreiber bloß? Von dem hab ich noch was anderes gelesen. So Frankenstein mäßig. > Nacht`s, wenn alles schläft. < Völlig abgedreht, aber auch spannend und irgendwie krank. „Fällt ihnen sonst noch etwas zum 18. Jahrhundert ein?“ ,fragt mich Mr. Holmes „Nö!Ist mir zu lange her. Kann mich kaum daran erinnern was gestern war.“ „Aber sie haben doch gerade.....“ „Wie wär`s mit einem Stück Schokolade?“ ,frage ich mürrisch. „Schokolade habe ich nicht, aber Schnee. Schönen, weißen, aufregenden Schnee.“ Er geht schlurfend zu seinem Schrank, holt ein braunes Kästchen heraus und öffnet es. Dann drückt er seine Nase hinein und schnüffelt daran. Dieser Holmes ist eine merkwürdige Figur. Lang. Dürr. Eingefallene Wangen. Runzlige, faltige Haut die unter seinem Dreitagebart liegt. Eine fette Warze, direkt auf der Stirn. Genau über der Nase. Da wachsen lange, schwarze Haare raus. Im Geheimen nenne ich ihn manchmal ---Eure Scheußlichkeit--- . Dann lache ich mich schlapp und bekomme sofort Alpträume, weil das extrem gruselig ist. Seine abgewetzte Kleidung schlackert um seinen ultradünnen Spackenkörper. Die Alten durchscheinenden Sachen scheinen einem anderen zu gehören. Einem, der größer und breiter ist, als Mr. Holmes. Vielleicht seinem Dad, den er schon seit Jahren, als Mumie, in seinem Schrank versteckt. Genau, wie in dem Film Psycho. „Also mein Freund, was kann ich für sie tun?“ ,spricht er mich an und ich zucke zusammen. „Genau genommen weiß ich es nicht. Ich habe das Gefühl, das Dinge in diesem Haus vorgehen.“ „Dinge? „Ja. Außerdem, wollte ich sie fragen, ob es einen Job in ihrer Fabrik für mich gibt. Ich bin gerade knapp bei Kasse.“ „Nein. Leider nicht. Die Fabrik wird bald abgerissen. Dann wird es keine Schokolade mehr in dieser Stadt geben. Jedenfalls nicht mehr von Johann Carl Friedrich Gauß.“ Mr. Holmes versinkt daraufhin in einen Zustand der Apathie und ich verziehe mich. Ich sitze nun schon seit 30 Minuten auf der obersten Stufe und qualme eine nach der anderen. Lucky Strike ohne Filter. Wegen der alten Zeiten. Ich weiß nicht genau, was das bedeuten soll. Die alten Zeiten sind genauso bescheuert, wie die Neuen. Klingt einfach nur, als wüsste ich über irgendwas Bescheid und hätte eine spannende, erwähnenswerte Geschichte. Eine süße, graue Maus, mit einem Tütchen Koks zwischen den kleinen, weißen Beißerchen, wetzt an mir vorüber und ich denke sofort an: Frau Dr. Quinn – Die Zahnärztin aus Leidenschaft Zu der Zeit, als ich sie kennenlernte, hatte sie gerade zur Psychologin umgeschult. Ich befand mich gerade in einer Sinnkrise und schlenderte, so kurz vor dem Wahnsinn, durch die Straßen, als ich ihr 2,80 mal 3 Meter Schild sah. AvS Angst vor Spinnern! Sprach mich sofort an, also checkte ich ein. Die Sprechstundenhilfe, Minnie the Moocher, meinte: Termine wären kein Problem, da Dr. Quinn sehr wählerisch sei und ich genau ins Profil passen täte. Ich unterschrieb einen 2 Jahresvertrag zu günstigen Konditionen und schon hatte ich zahlreiche Therapien, mit wechselnden Themen, am Hals. Minnie war sehr gesprächig und laberte mich sofort voll: „Frau Dr. Quinn hat eine sehr harte Zeit hinter sich. Vor 5 Jahren, war sie eine sehr erfolgreiche Zahnärztin. Zu ihren Kunden zählten Filmschauspieler, Artisten und Künstler. Alles lief, statistisch gesehen, steil nach oben. Doch dann lernte sie auf einer Vernissage Dr. Gonorrhoe kennen. Der machte gerade eine längere Pause vom Arbeitsleben und war Anführer einer Rockergang. Dr. Quinn verliebte sich natürlich sofort in diesen charismatischen, ziellosen Menschen. Leider. Denn er behandelte sie, wie sein Eigentum. Dann wurde er ihrer überdrüssig und sie brach sich, bei dem Versuch, sich mit dem Motorrad umzubringen, beide Hände. Das war`s dann mit ihrer Karriere und ihrer Berufung, die sie so sehr geliebt hatte. Nach einer langen Zeit der Traurigkeit fand sie wieder zurück ins Leben und hilft nun Menschen, denen es noch schlechter geht.“ „Was wurde aus Gonorrhoe?“ ,fragte ich interessiert. „Hat sich Sex Monate später eine Geschlechtskrankheit zugezogen und lebt jetzt, vor sich hin murmelnd, im Sanatorium.“ „Scheiße gelaufen.“ ,kommentierte ich. „Ja. Scheiße gelaufen.“ ,wiederholte sie eintönig. Eine Spinne seilt sich, halsbrecherisch von der Decke ab und glotzt mir mit ihren 8 Augen genau in die Pupille. Ich weiß nicht warum sie auf dicke Hose macht und sage ihr, das Libellen 40.000 Augen haben. Sofort macht sie sich vom Acker. So das wäre auch geklärt. Nach einer Zeit der Belanglosigkeit, schiebe ich den obersten Knopf meines Hemdes in den dafür vorgesehenen Schlitz, stehe auf und tänzle, wohl gelaunt, eine Treppe tiefer. So Fred Astaire mäßig. Mrs. Watson und Herr Schmidt wohnen im 2. Stock und leben seit sehr langer Zeit in wilder Ehe zusammen. Sie versuchen es geheim zu halten, damit die Hausbesitzer nichts davon mitbekommen. Keine Ahnung warum. „Wir wohnen nicht zusammen. Ich bin nur auf einen Kaffee vorbeigekommen.“ , beteuert Herr Schmidt. „Ah Kaffee.“ ,sage ich so beiläufig, wie möglich. „Möchten sie auch einen.“ ,kommt die Stimme von Mrs. Watson aus der Küche. „Ja. Gern.“ ,flöte ich aufs allerniedlichste. Herr Schmidt verdreht die Augen. Ich will ihm nicht die Tour vermasseln, aber ich habe seit 1000 Jahren kein Koffein zu mir genommen und es ist genau das, was ich jetzt brauche. Im Wohnzimmer riecht es nach Mohn. Es ist still und leer zwischen den Mustertapeten. Mahagoni Möbel stehen schwer und wartend in diesem Raum. Sie hoffen auf Gesellschaft und Zuwendung. Auf ein Zeichen. In diesem Kosmos gibt es keine Zeit. Nur Sein. Mann. Ich bin voll poetisch. Die Gardinen hängen so traurig an der Stange, das ich glaube gleich weinen zu müssen. Keine Ahnung was auf ein mal mit mir los ist. Ein sentimentales Gefühl greift nach mir und krallt sich mit aller Gewalt an mir fest. Passiert mir sonst nie. Außer bei Bambi, da heule ich wie ein Schlosshund. Mrs. Watson ist eine nette, ältere Dame. So eine Oma. Wie früher. Weißes Haar. Helle wache Augen. Kittelschürze, mit weißen Rüschen. Schöne, faltige Hände. Es riecht aus der Küche nach Zimt und Apfelsinen. Wie Weihnachten. Ich fühle mich geborgen da oben. In ihrer Küche ist es, wie in einem riesigen, warmen Eichhörnchen Nest. Die Welt dreht sich weiter, aber bei Mrs. Watson hat das keine Bedeutung. Da ist alles genauso, wie vor hundert Jahren und das ist sehr beruhigend. Eine Geschichte über eine Eintagsfliege, die Rüdiger heißt, wäre genau das Richtige. Januar Gustavo hat ein neues Geschäft am Laufen und meint ich könnte mit einsteigen. Bin aber nicht sicher, ob der Verkauf von Lebendküken das Richtige für mich ist. Habe heute versucht mein eigenes Brot zu backen. Francine und Josephine, die beiden Lesben, meinten, das es suboptimal wäre, dafür ein offenes Feuer auf der Terrasse zu machen. Ich hab einfach die Tür zu geknallt. Wenn ich Brot backen will, mach ich das. Kann mir schließlich niemand verbieten. Und was soll das überhaupt heißen Suboptimal? Hab extra nachgeschaut: Suboptimal = weniger gut, nicht optimal. Warum sagen sie das nicht? Boah! Ich hasse die! Alter! Fühle mich total angespannt und denke daran, das meine Mum ihre Freier immer bei uns zu Hause zum Dinner geladen hat. Ich musste dann ganz still sein und in der Besenkammer solange warten, bis sie weg waren. Das klingt schrecklich, war aber immer noch besser, als jeden Tag zur Schule zu gehen und von den anderen Schülern verprügelt zu werden. Das hörte erst auf, als ich anfing Bruce Lee Filme anzuschauen und jeden Tag Kung Fu zu trainieren. Irgendwann hab ich dem Anführer, Magnus seine Igelfresse poliert. Da war dann Schluss mit lustig. Jetzt hätte alles wunderbar werden können, aber 2 Tage später bin ich von der Schule geflogen, weil Magnus, Schrägstrich Arschgesicht, der Sohn des Direktors war. Egal! Bin bei einem Verwandten untergekommen der in Heilpflanzen machte. Das es Marihuana war, erklärte mir 3 Monate später die Polizei von Pittsburgh. Nach dem Knast bin ich direkt nach New York in die South Bronx. Tja, und da bin ich nun und muss mich mit 2 beknackten Lesben abärgern, die nichts von alternativer Lebensführung verstehen. Egal! Ich setze mich mit einem Keks vor das Fenster und schaue hinaus. Familie Rickenbacker führen ihren Hund Melmack und ihren behinderten Sohn Eduardo aus. Der Hund ist eine Mischung aus Rhinozeros und Giraffe, nur in kleiner. So Hosentasche Größe. Eduardo hat diesen Winzling an einer groben Hanfleine und zieht in einer Tour daran. Der Hund ist reichlich genervt. Genau wie die Eltern und alle anderen im Haus, denn Melmack kläfft, wie ein Großer. Herzlichen Glückwunsch! Eduardo ist ein richtiger Scheißkerl. Nur traut sich keiner es auszusprechen, weil man über Behinderte so was nicht sagt. Sein großer Wasserkopf und die hervortretenden grünen Augen geben seinem quallenartigen Gesicht etwas magisches. Besonders, weil er immer diesen Schwarzen Magier Umhang und einen Zauberstab trägt. Eduardo lässt alles verschwinden. Messer, Gabeln, Katzen, Tauben, Hühner Elefanten, Stühle, Melmack (obwohl, der tauchte nach 3 Tagen wieder auf und ihm fehlte nur ein Auge ). Manchmal glaube ich, dass Eduardo wirklich zaubern kann, denn er sagte voraus, dass Johnny verschwinden würde. 2 Tage später war er tatsächlich weg. ???????????????????? Aber sonst ist Eduardo ein richtig netter Zeitgenosse. Wenn sie ihm jetzt noch das stundenlange Schreien abgewöhnen, blicke ich optimistisch in die Zukunft, das wir ihm nicht den Hals umdrehen und an die Hühner verfüttern. Hanna hat heute Abend die Musik auf voller Lautstärke. Mein Pappgeschirr beginnt schon wieder über den Tisch zu steppen und die Plastikgabeln tanzen Mambo. Hab mich ausgezogen und meine Superman - Unterhose mit dem Spiderman - Shirt übergestreift. Sieht voll Superheldenmäßig aus. Dann habe ich getanzt, das es nur so krachte. Die Arme schlackerten, um meinen zuckenden Körper und mein Gesicht lächelte vor Verzückung. Also, wenn das nicht total pervers und merkwürdig ist. Weiß ich auch nicht. Januar Hab mich wieder eingekriegt und bin zu den beiden Lesben rüber, um die Sache von gestern zu klären. Das mit dem Brot backen hat dann doch nicht so gut funktioniert. Nachdem die Feuerwehr abgezogen ist, hab ich die Reste der Terrasse zusammengefegt. Da hatten die Beiden wohl doch nicht unrecht. Deshalb hab ich eine Rolle Pumpernickel besorgt und ein Gedicht von Rielke dazu gelegt. Mann haben die sich gefreut. Ich musste gleich zum Kaffee reinkommen. Die sind richtig nett. Kennt man von Lesben ja sonst nicht. Die sind doch eher zickig. Aber die beiden sind freundlich, fast schon liebevoll. Also nicht zu mir, aber so gegenseitig. Hab ich sofort gespürt. Und richtig gut gerochen haben die. Hätte es gern gehabt, dass sie mich mal umarmen, aber nachdem ich sagte, das ich früher auch mal Lesbe werden wollte, sagten sie, dass Männer keine Lesben werden werden könne, weil sie ja sonst Frauen wären. Naja. Mit Smal Talk haben`s die Lesben wohl nicht so, aber ich nehme ihnen das nicht übel, weil ich ja Weltgewand und Philanthrop bin. Philanthrop = Menschenfreund, Wohltäter. Hah. Hochtrabend kann ich auch. Hochtrabend = theatralisch 464 Meter in der Sekunde. Mir ist schwindelig. Januar Die Sonne scheint. Habe gerade beschlossen, das an jedem 30. des Monats Schlonnsday ist. Das is so`n gaaaaaaaanz wichtiger Tag, an dem man nur Sachen macht, die einem im Leben weiterbringen, aber so ganz auf locker. Als erstes. lache ich der Welt mal ganz frech ins Gesicht. Als zweites, trinke ich so viel Cola, das es aus der Nase wieder hervor sprudelt. Als drittes, klingel ich bei meiner Lieblings Nachbarin und lade sie zum Eis ein. -------------------------------- Komme gerade von Hanna Banana. Diesmal öffnete sie in so einer Art Jumpsuit. So ähnlich wie Elvis ihn in den 70ern getragen hat. Ganz in weiß. Denke kurz an Roy Black und meine Mama Margit. Dieser Gedanke wird aber sofort wieder von Hanna`s Anblick verdrängt. Meine Augen klebten auf dem geteilten Adler der die Ansätze ihrer Brust zu 2 gleich großen Halbkugeln links und rechts sichtbar macht. Denn vorn, ist der Einteiler bis zum Bauchnabel offen. Die Haare, ihrer blonden Perücke, glitten, wie verspielte Kinder auf einer glatten Eisfläche, über ihre Haut. Konnte meinen geöffneten Mund nicht schließen und der Sabber lief mir übers Kinn und fiel tropfenweise auf den Boden. „Was is?“ ,fragte sie genervt. „Ja. Also. Hier bin ich.“ ,sagte ich und wusste nicht warum. „Und?“ ,rotzte sie brutal in mein Gesicht. Also. Nicht in echt, sondern mehr so bildlich. Also, so im übertragenen Sinne. Ich will damit sagen, das sie sehr deutlich zum Ausdruck brachte, wie Scheiße sie mich findet. Schade. Da ich heute grad einen Tag erwischt hab, wo ich mich eigentlich so richtig selbstsicher fühle. „Wasn jetzt?“ ,fuhr sie fort. Ich konnte nichts sagen. Stand einfach nur da und litt. Idioten Treffen in der Gun Hill Road. Nach 13 Sekunden knallte sie die Tür zu und rief: „Ich weiß immer noch nicht, wer der Penner ist!“ Keine Ahnung was die Leute meinen, wenn sie sagen: „Das Leben ist wundervoll!“ Schleiche zwei Stockwerke höher und klingele bei Familie Rickenbacker. Ganz oben. 3. Stock. Habe den Aufstieg nur mit Mühe geschafft. Das Pfeifen in der Lunge ist zwar sehr melodiös, aber das gleichzeitige Rasseln und Stolpern darin machen mir Sorgen. Muss unbedingt an meiner Kondition arbeiten und meine graue Jogginghose waschen. Hoffentlich gehen die Rotweinflecken wieder raus. Das nächste mal sollte ich nicht versuchen den Verschluss durch einen 1 A Karateschlag zu beseitigen. Herr Rickenbacker öffnet mit diesem verdutzten Gesicht, wo die Augen ganz groß werden und du so eine leichte Übelkeit ablesen kannst, weil er so gar kein Bock auf dich hat. Doch als ich mich als Hausmeister Assistent von Herrn Schmidt vorstelle lässt er mich rein, um die Klospülung zu überprüfen, die schon seit Wochen nicht funktioniert. Ich mache also auf wichtig und zücke meinen schwarzen Kugelschreiber, den ich in einem Ständer der Schreibwarenabteilung gefunden habe, und versichere ihm, das er sich keine Sorgen mehr machen müsse. Ich sei ja jetzt da und die Not hätte ein Ende. Meine Herren, das Bad ist super sauber. Selbst die Toilette. Und wir wissen ja alle, was da manchmal für Sachen drin verschwinden. Bei dieser lupenreinen Toilette traut sich doch niemand, was zu hinterlegen. Ich jedenfalls nicht. Da ich dringend mal muss, überlege ich in die Badewanne zu pinkeln. Hab mich aber nicht getraut, weil die genauso blitzblank sauber ist, als hätte da noch nie jemand drin gebadet. Bin stattdessen zu Eduardo, ihrem 13 jährigen autistischen Sohn mit Asthma Problemen, und hab mir eine Dosis Sauerstoff von seinem Inhalator gegönnt. Sollte ich mal zu Geld kommen, ist das das erste was ich mir zulege. Einen verchromten, spitzen Inhalator aus der Serie Doppel A mit dreifach gekreuzter Muffe und Doppelradaufhängung. Bin dann zurück ins Bad, weil ich dachte: „Der Marlow ist ja ein Detektiv und wenn ich jetzt mal kriminalistisch an die Sache mit dem Klo ran gehe, finde ich vielleicht eine Lösung.“ Also hab ich erst mal eine Befragung durchgeführt, bei der herauskam, dass die Frau Rickenbacker immer ihre Damenbinden ins Klo wirft. Dann hab ich meinen Arm, bis hoch zur Schulter mit Cellofan Folie umwickelt. (Veterinäre haben ja entsprechende lange Handschuhe, wenn sie Kühe untersuchen.) Dann mit der Hand ins Klo und den ganzen Schamott rausgeholt. Mann waren die glücklich. Hab sie dann auch gleich zum nächsten Schlonnsday eingeladen. Dann können wir gemeinsam das tun, was uns am meisten Spaß macht. Der Erdbeerkuchen danach, war der beste Erdbeerkuchen, den ich je hatte. Eduardo hat sich in der ganzen Zeit eine Plastikkeule auf den Kopf gedonnert, weil ihm die Sahne verwehrt wurde. Dazu rappte er die Indonesische Nationalhymne in einer großartigen Performance und ich stand kurz davor ihm ein Kissen aufs Gesicht zu drücken. Das hörte erst auf, als ich zwischendurch schnell zu Sir Edward Holmes rüber bin und mir etwas Sahne geliehen habe. Und es war die Fantastischte, die ich je zu einem Erdbeerkuchen gegessen habe. Alles in allem, der Beste Schlonnsday den ich je hatte. Januar Um 5:00 Uhr morgens aufgewacht und voll auf Depri. Draußen ist wieder so ein Nicht Wetter. Grau! Graue Bäume. Graue Autos. Graue Gesichter. Ich schaue mich im Spiel an. Bin auch grau. Außerdem ist mir das Shampoo ausgegangen. Wenn das so weitergeht, bringe ich mich heut` noch um. Moment. Es klingelt an der Tür.................. Es war Mrs. Watson aus dem 2. Stock. Sie ist 43 sieht aber aus wie 66 und will immer wissen, wie alt ich sie schätze. Einmal machte ich den Fehler die Zahl auf 43 anzusetzen. Da schlug sie mir gleich ihre Handtasche um die Ohren. Erst, als ich sagte: „Nicht älter als 36.“ ,streichelte sie mir über den Kopf und meinte: „Du kleiner, geiler Sack. Willst mich wohl ins Bett kriegen?“ „Nein. Auf keinen Fall, Mrs. Watson. Ich bin doch ein Gentleman.“ „Bin ich dir nicht hübsch genug, oder was?“ ,keifte sie. Und schon wieder bekam ich ihre Handtasche um die Ohren. Vermute, das da Bleigewichte drin sind. Die Gehirnerschütterung werde ich ihr wohl in Rechnung stellen müssen. Na, da würde sie aber gucken. 500 Mäuse, nur für die fette Beule am Hinterkopf. Noch besser wäre, Inhaber einer Agentur zu sein. Mann, was könnte ich da für Moneten abgreifen. Agentur kommt ja von Agent. Das ist geheimnisvoll und gefährlich. Ein spitzen Job. Immer heiße Bräute die sich ihre zehn Finger nach dir lecken. Jeden Abend schick ausgehen. Über Jacques Brel sprechen und so tun, als verstünde man, was er singt. Und dann alles noch mal auf französisch durchgehen. Oder Privatdetektiv. Das ist noch besser. Besserer Whisky. Bessere Frauen. Cooleres Image. Denn Image meine Freunde ist der Mantel, der dich mit seiner Asbestfütterung vor der Glut des Alltags schützt. Das ist genau mein Ding: Monday Moon the best Privatdetektiv in this House. „So. Was ist jetzt Moon? Bin ich nun `ne heiße Braut? Oder was?“ ,fuhr Mrs. Watson fort. Ich griff ihr an den Busen und steckte meine Zunge in ihren Mund. Die dritten Zähne fielen von oben herab und ihre Hände befummelten meinen Arsch. Hätte nicht viel gefehlt und ich hätte sie direkt im Flur genagelt. Gott sei Dank kam gerade Mr. Holmes aus dem 3. Stock vorbei „Hi Mr. Holmes. Ich kann ihnen die Sahne gleich zurückgeben.“ ,rief ich ihm zu und musste über die Doppeldeutigkeit lachen. „Ne` lass mal mein Junge. Das passt schon.“ ,gab er zurück. Na. Da hatten wir beide wohl Glück. Mrs. Watson folgte Mr. Holmes nach unten. In ihrem Tuscheln hörte ich Wortfetzen. „Das Zeug..........bezahlen...........In einem hohlen Baum............Sugar..........Dieser Drecksack...... Viel zu teuer.............“ Merkwürdig. Jetzt sitze ich in einem Zustand der körperlichen Erregung hier und überlege wieder mal, was ich bloß schreiben könnte. Vielleicht von einer alten Lady, mit silbernem Haar, die auf junge Kerle steht. Zu unglaubwürdig. Februar Habe heute beim Stöbern in einem Second Hand Laden eine Luftpistole und ein rotes Holzkästchen gefunden. Das sah ziemlich alt aus. Ungefähr so wie Mrs. Watson. Der Verkäufer meinte, das wäre genau das Richtige für mich. Denn es enthielte ein Perpetuum mobile. Ich nickte und fragte mich was er mir damit sagen wollte. „Sie wissen doch was ein Perpetuum mobile ist.“ ,fragte er hinterlistig. „Logisch.“ „Das ist ein......“ ,fuhr er besserwisserisch fort. Ich winkte ab. So, ganz auf lässig, mit meiner linken Hand. „Ich nehm` Beides.“ ,sagte ich und schaute mir noch die geilen Klamotten im Schaufenster an. Die sahen Hammer aus. Schwarz. Edel. Genau so einen Anzug müsste ich tragen. Denn Schnüffler, (Fachbegriff für Privatdetektiv) müssen entweder total verwarzte Klamotten tragen oder richtig Schicke. Dazwischen gibt es nichts. Nur so kannst du dich aus der Masse hervorheben, denn die meisten sind ja so zwischendrin. Die sehen alle gleich aus. Die gleichen leblosen Gesichter. Die gleichen Sprüche. Das gleiche Leben. Von der Wiege, bis zur Bahre. Alles Gleich. So will ich nicht leben und auch nicht abtreten. Ich will was Besonderes sein. Kein Niemand. Ich will eine Bedeutung haben. Ich will das Irgendwas bleibt. -------------------------------- Vor dem Laden stand ein Kind mit einem Eis. Ein Mädchen in einem weißen Kleid mit einem breiten roten Seidengürtel. „Ich hab ein Eis.“ ,sagt die Kleine. „Mann darf nicht mit Fremden sprechen.“ ,erkläre ich. „Warum?“ „Ich könnte ja auch etwas Böses im Schilde führen.“ „Mein Eis wegnehmen?“ „Ja. Zum Beispiel.“ „Meine Mama sagt: Der Tod kommt meistens unverhofft.“ „Deine Mama ist eine kluge Frau. Johnny hat`s mit einem Flugzeug erwischt.“ „Abgestürzt?“ „Nein. War ein altes Spielzeug. Er ist drauf getreten. Rost. Blutvergiftung. 2 Tage später haben sie das weiße Laken über sein Gesicht gezogen. Herzversagen.“ „Ist er im Himmel.“ „Schätze schon. Vielleicht auch nicht. Ich weiß nicht.“ ,meinte ich. „Ich muss los. Mama macht heute Spaghetti.“ „Hab letzte Woche Ravioli gegessen. Danach musste ich kotzen. Die Dose war seit 2 Jahren abgelaufen.“ Sie winkte zum Abschied. In großen Abständen segelten Schneeflocken durch die Luft. Weiß und sauber. Merkwürdig, dass die Kleine keinen Mantel trug. So. Endlich wieder zu Hause. Habe in einer alten Zeitschrift von Gustavo drei Bilder gefunden, die ich als Zielscheibe benutze: Hitler – Mussolini – Stalin In meiner Einraumwohnung gibt es einen Platz den ich genau für diese Momente freigelassen habe. Ich nenne ihn: – Ich stell euch alle an die Wand – Ecke. Genau da bringe ich sie an. -------------------------------- Als erstes schieße ich mir mit der Luftpistole in die Hand. Der Arzt meinte, das wäre das Dümmste, was ihm je untergekommen sei. Da sagte ich zu ihm, das er dann wohl Johnny nicht kennen würde. Der hatte nämlich sein Leben verloren, als er im Streichelzoo ein Hängebauchschwein einer Nassrasur unterziehen wollte. Der Arzt dachte wohl ich mache Witze, obwohl er keine Miene verzog, also kramte ich eine zerknitterte Fotografie von Johnny aus meiner Tasche und zeige sie ihm. Er zog die Augenbrauen hoch und meinte, dass dies die schlechteste Zeichnung der Welt wäre und ob ich nicht den Unterschied zwischen einer Fotografie und Krikelkrakel erkennen würde? Darauf hin sagte ich, wenn er mir so käme, könnte ich ihm gleich mal eine auf die Nase geben, dann wüsste er schon woher der Wind wehte. Es gab ein kleines Gerangel und viel Geschrei. Die Security setzte einen Elektroschocker ein und nachdem die Krankenschwester meine Platzwunde auf der Stirn behandelt hatte, ging es mir wieder besser und ich konnte diesen Ort der Heilung und der Niedertracht lebend verlassen. Das Nächste mal schieße ich IHM mit der Luftpistole durch seine Hand. Februar Das Perpetuum mobile steht auf meinem Nachtschrank. Warum habe ich mich bloß vom Verkäufer überreden lassen. Muss unbedingt mehr auf meine eigene Stimme hören, wenn ich bei Hanna landen will. Übrigens hat sie jetzt keine gelben Haare mehr, sondern Pinke. Sieht super aus. Überlege, ob ich meine auch Pink färben sollte.......................? Ne! Sieht zu sehr nach Anbiedern aus. Mann, wenn ich bloß dieses verfluchte Gefühl der Verliebtheit abstellen könnte. Das Leben wäre so viel einfacher. Vielleicht ein Nasenring. Damit könnte ich doch bestimmt punkten. Oder so einen Pflock durch das Ohrläppchen. Die Hanna hat beides. Finde ich eigentlich Scheiße, aber bei ihr sieht das natürlich Hammer aus. Stelle mich vor den Spiegel und halt einen gebogenen Draht vor meine Nase. Ochsen haben das auch, damit man sie leichter führen kann. Mmmmmmh. Bin kein Ochse, also lasse ich es. Aber vielleicht ein Spinnennetz quer über den Hals und einen Anker auf die Wange. So richtig tätowiert, damit sie sieht wie wichtig mir Körperschmuck ist. Weil, die Hanna hat nämlich auch reichlich Tattoos: Ein kleines Kreuz und einen Glückskäfer auf dem Zeigefinger. Einen Totenkopf auf dem Oberarm. Rot – Schwarz. Einen stinkenden Hundehaufen auf der linken Brust. Eine aufplatzende Bauchdecke mit blutenden Gedärmen über dem Bauchnabel. Einen kotzenden Wikinger der ein Trinkhorn in der Hand hält. Ein chinesisches Schriftzeichen, das Liebe oder Sackgesicht bedeutet. Gehirnmasse die aus einem Männerschädel fließt und darunter der Spruch: Kauf dir Intelligenz! Du blöder Schwanzlutscher! Ein Mädchen, in einem weißen Kleid mit roter Schärpe. (Kommt mir irgendwie bekannt vor.) Auf dem Rücken Hieroglyphen, deren Bedeutung ich nicht entziffern kann, weil mein Archäologie Studium nur ein 2 Wochen ging und ich 1 Woche davon in der Cafeteria verbracht habe. Direkt auf dem Steißbein erkenne ich einen brennenden Busch mit einem Typen, der wie Johnny aussieht. Das sind halt so richtig coole Sachen! Denke Ich. Jedenfalls hat das nicht jeder. Höchstens die Jungs aus der Yakuza. Ich würde mir auf jeden Fall Golgatha stechen lassen. Das ist der Hügel auf dem sie Jesus gekreuzigt haben. DAS ist doch eine gute Geschichte: Jesus geht über das Wasser und trifft Barabbas, den Dieb. Zusammen hecken die den Plan aus Pilatus mal so richtig eins auszuwischen, indem sie eine neue Religion ins Leben rufen. Aber weil die Pharisäer das überhaupt nicht lustig finden verpfeifen sie ihn. Jesus wird gekreuzigt und Barabbas freigesprochen. Das nimmt mir sowieso keiner ab. Außerdem schneit es jetzt richtig heftig und meine Heizung ist immer noch kaputt. Also wieder mal mit Schal und Handschuhen ins Bett. Wenn ich nicht bald einen heißen Kaffee bekomme drehe ich durch. Das Leben ist ohne Freunde eine Qual. Niemand, den man um Rat fragen kann oder der einem am Sonntag, mit seinem Gequatsche so richtig auf den Sack geht. Ich rieche Kaffeeduft. Die Lesben brühen ihn bestimmt gerade frisch auf. Lecker! Warum habe ich mich bloß von dem Verkäufer überreden lassen? Perpetuum mobile! Was für eine Scheiße! Februar Habe die gemalte Fotografie von Johnny gerahmt und im Wohnzimmer aufgehängt. Sieht super aus. Wenn ich nicht ein toller Autor werden sollte, kann ich immer noch Maler werden und, wenn das auch nicht geht, dann eben Anarchist. Also. Worüber könnte ich schreiben? Vielleicht von einem Waschbären der versucht von seinem Waschzwang wegzukommen. Oder einem Ameisenbären der Vegetarier werden will. Wie wäre es mit Egon an der Eckkneipe, der hat einen Tiger zu Hause und ist Lachanophobe. Alles zu merkwürdig! Ne. Ich weiß. Von so einem Typen der in einem Haus wohnt und mit seiner Nachbarin zusammenkommen will, die Comiczeichnerin ist. Boah. Langweilig. Freue mich auf meinen Schlonnsday. Endlich mal wieder das tun, was ich will. Mir nicht von der Uhr diktieren lassen, was wann zu geschehen hat. Mir nicht von irgendwelchen Bossen vorschreiben lassen, was ich zu tun habe. Da fällt mir grad ein. Vielleicht sollte ich mir mal einen Job suchen. Gute Idee. Aber nicht vor dem Schlonnsday. Das würde mir total den Nachmittag versauen. Überlege gerade was Hanna (Für alle unwissenden Honks, die gerade erst dazugekommen sind, das wird übrigens wie Hänna Bänänna ausgesprochen) wohl für Slips trägt. Ich finde Pantys toll. Ok. Kommt ganz nach oben auf meine Prioritäten Liste. Prioritäten Liste: Herausfinden was Hanna für Slips trägt. Ameisenbären beobachten und züchten. (Bringt richtig Kohle.) Jeden Tag rasieren. Auch den Intimbereich. (Man weiß ja nie.) Überlegen was ich in mein Tagebuch für tolle Sachen schreiben soll. Gustavo davon überzeugen, das Küken aus Eiern schlüpfen und nicht von Lindt hergestellt werde. (Übrigens steht ihm das Hitlerbärtchen überhaupt nicht.) In die Fußgängerzone, mit Musik machen, Geld verdienen. (Gitarre spielen lernen.) Hanna einen Liebesbrief schreiben. Ein besserer Mensch werden. Über das Universum und unser armseliges Leben nachdenken. Monogramme auf Taschentücher sticken (vielleicht die von Hitler oder Gustavo und und für viel Geld bei Ebay verticken. Ein Schokoriegel wäre jetzt der Hammer. Trinke stattdessen ein Glas Wasser und wundere mich über die braune Färbung . Hoffentlich hat das nichts mit meiner Nähe zu Gustavo zu tun. Der hat wieder aus seinem Fenster – Heil Hitler – geschrien. Ich finde Faschisten Scheiße. Alter. Wie kommen die eigentlich darauf zu glauben, dass wir unbedingt ein 1000 jähriges Reich brauchen? Ich hab mal über Gott nachgedacht. Also, ob der auch Faschisten ins Himmelreich lässt und ob die dann da oben auch alle anders Denkenden vergasen wollen. Und wenn Gott das zulässt, ob der nicht selbst auch ein Faschist ist. Das verwirrt mich total, weil Gott ja eigentlich nicht wirklich existiert. Aber, die die an ihn glauben ihn schon für real halten. Genau wie die Faschisten, die ja Hitler für eine Art Gott halten und wenn da jemand schlecht über Adolf redet, gibs bestimmt auf die Fresse. Aber falls es Gott doch gibt, wieso löscht er sie nicht einfach aus. So wie damals in Sodom. Die Stadt und die Sünder gabs ja dann auch nicht mehr. Aber vielleicht hatte Gott auch nur einen schlechten Tag. Fing morgens an, als ihm seine Engel den kalten Kaffee brachten und ihn mit schlechten Nachrichten nervten. Das immer weniger Menschen an ihn glauben würden und die lieber am Kiosk beim Hühner Hugo ihr Tütchen Gras kauften. Und dann dieser Haile Selassi. Oder Buddah und Allah. Ist auch blöd auf den 2. oder 5. Platz zu rutschen. Also, Gott ist genervt von diesen ganzen Göttern und den Menschen und dem kalten Kaffee und sagt zu sich: „So. Schnauze voll. Jetzt zeig ich denen mal, wer hier der Boss ist.“ Und Zack, das war`s dann mit Sodom. Könnte doch sein. Weil. Ich kenn` diese Tage halt auch. Du wachst auf und denkst der Tag geht voll in die Grütze und dann machst du den ersten von vielen Fehlern. Du stehst auf. Weil du denkst du hast Verpflichtungen und was sollen bloß die ganzen anderen Idioten denken. Später wird dir klar das du der Idiot bist und alle dich für einen Looser halten, weil du nichts auf die Reihe kriegst. Februar Stelle gerade mit Entsetzen fest, das der Februar nur 28 Tage hat. Scheiße. Was mache ich jetzt mit meinem Schlonnsday. Ich brauch doch auch mal Ruhe. Überlege, ob ich mich in den Schlaf weine. Rufe aber statt dessen Herrn Schmidt, unseren Hausmeister an, weil der Strom ausgefallen ist. Der ist total nett und erklärt mir, dass der nicht ausgefallen, sondern abgestellt ist, da ich seit Monaten weder Miete noch Strom bezahlt habe. Na gut. Ich hab gelesen, das man sich bei Problemen nicht unterkriegen lassen soll und beschließe trotzdem gut drauf zu sein. Wie wärs mit einer Geschichte: Wie löse ich Probleme, ohne das Haus zu verlassen? Gibt`s wahrscheinlich schon. Mist. Vielleicht gibt es auch gar keine neuen Geschichten, weil alles schon mal dagewesen ist. Alles wurde schon mal gelebt. Durchlitten. Gelesen. Gesagt. Erklärt. Gedacht. Ich gehe also erst mal los.................... So. da bin ich wieder. Habe ein Kabel besorgt, um mich an den Strom der Nachbarn anzuhängen. Am besten Familie Rickenbacker aus dem 3. Stock. Paul Mc Cartney spielte eine Rickenbacker Bassgitarre. Ich weiß das interessiert niemanden außer mich oder mir oder so. Februar Habe vor ein paar Tagen versucht Strom zu besorgen. Da ich ja eine 2 wöchige Elektriker Ausbildung habe, schien mir das ganz einfach. Gestern wurde ich, nach 6 Tagen Koma, aus dem Krankenhaus entlassen. Das ich immer noch Plus und Minus verwechsle, hat nicht dabei geholfen wieder Licht in meine Bude zu bringen. Fühlte mich wie ein Zitteral auf Brautschau. Der Strom hämmerte durch meinen Körper, das ich dachte, ich wäre Presslufthammer B. B. B. B. Bernhard. Nach dem Stromschlag fällt es mir manchmal schwer mich an Dinge zu erinnern. Aber wer will sich schon an alles erinnern. Die Erinnerungen meiner Kindheit sind Scheiße genug: Mein Dad. Ein stadtbekannter Landstreicher und Säufer kam alle Jubeljahre mal nach Hause, um meine Mutter zu schlagen. Ja. Das war blöde, aber meine Mum, war auch nicht besser. Die hat sich überhaupt nicht um mich gekümmert. Das Jugendamt kam einmal in der Woche. Da musste ich dann so tun als wäre alle in Ordnung. Die leeren Flaschen raus räumen. Das Fixer Besteck verstecken. Aber das war schon ok. So musste ich wenigstens nicht ins Heim. Meine Mum hatte reichlich Probleme. Die wurde auch als Kind geschlagen und in den Keller gesteckt. Wenn sie besoffen war, hat sie mir die ganzen Geschichten erzählt. Ihr Lieblingslied war Breaking up is hard to do von Neil Sedaka. Sie starb an einem Montag. Na, wenn das kein Zufall ist. Sie hat sich mit einer Klaviersaite erhängt. Keine Ahnung, wo sie die herhatte. Besonders musikalisch war sie auch nicht. Manchmal hat sie versucht mir was vorzusingen. Schräg. Alle Katzen in der Umgebung haben mit eingestimmt. Hab es trotzdem geliebt. Da dachte ich, das sie mich vielleicht doch lieb hatte. Ich glaube mein gestörtes Verhältnis zu den Frauen kommt genau daher. Das wiederum bringt mich zurück zu Hanna............... März War die letzten zwei Wochen viel unterwegs. Hab mit Francine und Josephine gesprochen. Ich sagte, das ich keinen Job hätte und wohl bald auf der Straße leben würde. „Tja, als Lesbe hat man es auch nicht leicht.“ ,meinte Josie. „Naja. Aber auch geil. Jeden Tag die Dose deiner Freundin vor Augen. Stell ich mir heiß vor.“ „Du bist so ein Trottel.“ , sagte Francine. „Ja. Aber irgendwie auch nett. Oder?“ ,fragte ich, so auf die treudoofe Art. „Ja. Aber trotzdem noch ein Vollidiot.“ Sie nahm mich in den Arm. Das fühlte sich gut an, aber war irgendwie auch bescheuert. So ein bisschen, wie eine Mitleids Umarmung und das ist, wie ein Schlag in die Fresse. Aber dann sagte sie: „Ich kenn` das Gefühl allein zu sein. Ist echt Scheiße.“ Ich musste einen dicken Kloß runter schlucken und konnte kaum reden, also hab ich ihr an den Arsch gefasst. Sollte so freundschaftlich sein. Sie hat mich weggestoßen und eine geknallt. Dann sind sie abgehauen. Naja, ich kann mich ja morgen entschuldigen. Musste die ganze Nacht an ihren wundervollen Arsch denken. Spürte noch lange ihre Rundungen in meiner Handfläche. Bin tatsächlich ein Vollidiot! März Bin um 5:00 Morgens aufgewacht. Ein erotischer, geiler Traum verfolgte mich. Dachte an Hanna und wie sie mich zu einer Sexparty einlädt, zu der ich als Känguru verkleidet erscheine. Ich bitte sie in meinen Beutel einzuziehen und bemerke das ich gar keinen habe, weil ich ja ein männliches Känguru bin. Mist. Stattdessen will sie mit mir einen Martini, alla James Bond schlürfen. Nach 2 Minuten reißt sie mir die Klamotten vom Leib und ich stehe als der der ich tatsächlich bin, vor ihr. Scheiße wäre gern das Känguru geblieben. Egal. Der Wecker klingelt und ich muss zu meinem ersten Job seit 5 Jahren. Hätte gern einen Kaffee. Leider ist keiner mehr da. Trinke also den Rest Milch, die sauer schmeckt. ---------------------------------- Komme gerade von meinem First Class Reinigungsjob, im gehobenen Sparsegment zurück. Hätte nicht erwartet des es sich ums Putzen in einem Bordell handelt. Mein Opa sagte immer: „Arbeitet schändet nicht!“ Naja, was weiß der schon. Hat `43 für die Nazis in Stalingrad gekämpft und verloren. Egal. Also, dieser Job hat einiges für sich und einiges was dagegen spricht: Er ist in der Nähe von meiner Lieblingsspielhalle. Man bekommt Arbeitskleidung in der ich großartig aussehe. Die Weiber sind mega geil. Aber unerreichbar. Man findet Sachen, die die Freier verloren haben. Zum Beispiel einen goldenen Füllfederhalter. Leider nicht aus echtem Gold und funktionieren tut er auch nicht. Eine gute Gelegenheit zu lernen, wie man mit Frauen spricht. Eine gute Gelegenheit zu lernen, wie man mit Frauen spricht, ohne einen Ständer zu bekommen. Spermatücher entsorgen und Klos putzen sind so gar nicht mein Ding. Wenn ich noch mal auf die Welt komme, dann nur als Segelflieger, weil das die Einzigen in diesem Universum sind, die mal so richtig frei von allem sind. März Habe gestern 30 Minuten geduscht. Da die Säcke mir das Wasser abstellen wollen, war das nötig. Leider lief nur eiskaltes Wasser über meinen gestählten, bleichen, dünnen Körper. Muss unbedingt einen Prioritäten Plan für die, zu bezahlenden, Rechnungen erstellen. Also, was hätten wir denn da: Miete – Essen – Strom – Luigi Das mit Luigi war mega wichtig. Weil, nämlich, der Luigi bekam noch 3000.- Ocken für eine verlorene Wette. Damit war nicht zu spaßen, aber wenn ich ihm erst mal aus dem Weg ging, konnte ich die Zahlung vielleicht noch heraus zögern. Das Perpetuum mobile ist immer noch in der kleinen, roten Kiste. Ich nehme es heraus und entdecke einen kleinen Knopf, der nach dem Drücken eine kleine Lade aufspringen lässt. Darin befindet sich ein Röllchen Pervitin. Sieht alt aus. Wirkung: Pervitin unterdrückt Müdigkeit und Hungergefühl. Es verleiht dir hammermäßiges Selbstbewusstsein, ein Gefühl der Stärke. Kann aber auch psychotisch und verstörend wirken. Na gut! Psychotisch bin ich schon, also kann es nicht so schlimm sein. Ich nehme also gleich 5 und warte......................... März Bin seit drei Tagen wach und habe zwei weitere Jobs angenommen. Als Hundesitter bin ich viel an der frischen Luft. Soll ja gesund sein und im Garten und Landschaftsbau schneide ich künstlerische Muster in die Hecke. Ich bin Goliath. Nichts kann mich aufhalten. Ich bin zeitlos. Nur die tiefen Augenringe und das Zittern machen mir Sorge. Habe noch mehr über Pervitin herausgefunden. Hitler hat es seinen Soldaten gegeben, damit sie noch schneller seine Kriege gewinnen können. Wurde auch Panzerschokolade genannt. Schokolade. Lecker. Hab ich seit Wochen nicht gegessen. Hanna hat ihren eigenen Comic im Flur liegen lassen. Es geht um einen Freak, der in einem Haus voller merkwürdiger Gestalten lebt und von einer geheimnisvollen Droge abhängig wird, die ihm Superkräfte verleiht. Dieser Typ heißt: HexMäx. Neben Röntgenblick und Dauerständer, kann er Arien singen und ist ein Frauenversteher. Wusste gar nicht, das das eine Superkraft ist! April Hab`s geschafft. 3 Wochen durchgeackert. 3 Jobs. 3 Einbrüche. Bin meine Schulden los. Hab` wieder Strom und warmes Wasser. Bin aber selbst am Ende. Das Pervitin war schnell alle und ich voll süchtig nach dem Zeug. Sugar hat mir Neues besorgt. So nennt er auch sein Zeug: Sugar! Gutes Marketing Konzept. Er identifiziert sich vollkommen mit seinem Produkt und ist seine beste Werbung. Sugar ist schwarz. Spielt keine Rolle. Er könnte auch blau-grün kariert sein. Hauptsache er hat mein Zeug und er liefert. Scheiße. Hab mich immer über die Junkies lustig gemacht. Jetzt bin ich selbst einer. April Bin einfach umgekippt. Lag 2 Tage in meiner Bude und hab gestunken. Alle Körperflüssigkeiten sind aus mir raus gelaufen. Da wusste ich: Das ist ein Zeichen. Bin direkt in eine Klinik. Ochsenzoll. Na, wenn das nicht passt, weiß ich auch nicht. Bin von Loosern und Wichsern umgeben. Scheiße! Komischerweise muss ich zwischendurch immer lachen. Einfach so. Wie so ein kompletter Idiot. Hab meinen Betreuer gefragt. Der meinte, das vergeht und wenn nicht, könnte ich immer noch im Zirkus auftreten. - Witzbold! - Bin total am Ende. Schlage mir manchmal eine Stunde mit der flachen Hand auf die Stirn. Ist das zu glauben? Da gibt es ein Mädchen. Die ist 19 oder 30 oder so. Tasty. Die ist nicht schön. Koks. Das ist die Einzige, die noch kaputter ist. April Wir durften einen persönlichen Gegenstand mitbringen. Ich hab mich für mein Perpetuum mobile entschieden. Eigentlich Schwachsinn, da ich keinerlei Bindung dazu habe. Trotzdem bin ich fasziniert von meiner Maschine, die keinerlei Brennstoff braucht. Es ist ein Rad, an dem kleine Brettchen mit Gelenken angebracht sind. Das Ding holt Schwung, indem die Brettchen an der höchsten Stelle auseinanderklappen und so die Kraft bekommen sich weiterzudrehen. Manchmal schaue ich stundenlang zu und denke an nichts. Das ist schön. Wir kommen aus dem Nichts und wir gehen ins Nichts. Amen. April Hab Tasty in der Werkstatt genagelt. Versteht ihr den Witz? Mann das war auch nötig. Fühle mich nicht mehr ganz so nutzlos und amputiert. Komme bei Frauen wohl doch ganz gut an. Naja. Ist wohl auch ein Witz. Wenn mir bloß eine interessante Geschichte einfallen würde. Würd` gern mal einen Roman schreiben oder eine Kurzgeschichte oder ein Gedicht oder wenigstens einen Einkaufszettel, aber mir fällt einfach NICHTS ein. Eigentlich ist die Tasty doch ganz süß. Ihre Grübchen haben so was seltenes und das sie auf einem Auge blind ist und sie alle fünf Minuten mit dem Kopf zuckt stört mich überhaupt nicht. Sie hat eine Monobraue. Mann. Das sieht total Scheiße aus. Ich kann gar nicht hinschauen. Muss dabei immer an einen Urwald und eine Affenbande denken, die, Zigarre rauchend, Skat spielen. Tasty ist aber total witzig. Gestern meinte sie, ihr gesundes Auge könnte in die Zukunft schauen und als ich sie fragte, was sie sehen würde, sagte sie, das sie uns beide sehen würde. In der Besenkammer. Und das ich sie von hinten ficken würde. April Habe Tasty in der Besenkammer von hinten gefickt. Tasty hat tazsächlich das dritte Auge. Sie kann in die Zukunft sehen. Bin gespannt, was sie mir als nächstes voraussagt. Habe Hunger auf Schweinebraten. Aber hier scheint es nur Vegetarier zu geben. Ich versuche die Psychotante rum zukriegen und tue so, als äße ich nur Salat. Ich glaube sie durchschaut mich. Denn sie guckt mich immer so mitleidig an. Aber vielleicht ist sie auch nur angeekelt. Habe Tasty davon überzeugt das Monobrauen im Urwald out sind und sie hat sich mit dem Elektrorasierer der Psychotante eine Schneise, direkt über der Nase, gebahnt. Sie ist gar nicht mal so unhübsch. Erinnert mich an Grace Kelly. Nur weiblicher. April Weiß gar nicht genau, wie lange ich schon in diesem Laden bin. Fühle mich wie ein verdorbener Hackbraten. Ich glaube da kommt auch der Ausdruck her: Ich glaub es hackt! Manchmal denke ich, das ich der Einzige bin der bemerkt, wie schlau ich bin. Mmmmmmh. Naja. Würden es es die Anderen bemerken, gebe es diverse Möglichkeiten: Neid, bis sie grün werden und mir auf die Fresse geben. Begeisterung, weil endlich jemand den Durchblick hat. Liebe, da jemand der so schlau ist auch Geborgenheit geben kann. Hass, weil sie mich für einen Besserwisser und Klugscheißer halten. Verstehen! Weil sie wissen, welche Bürde es ist, klüger, als die Anderen zu sein. Bin so genervt, das mir keine Story einfällt und das Perpetuum mobile in einer Tour seine Runden dreht. Ohne Unterbrechung. Ich traue mich nicht es zu stoppen, weil ich befürchte, das schweres Unglück über mich hereinbricht. Hoffe, das die Hasenpfote in meiner Tasche mich vor dem Gröbsten bewahrt. Habe aus dem Krankenzimmer 5 Valium mitgehen lassen. Seitdem ist alles etwas leichter. Kleine rosa Einhörner tanzen Ringelrein vor meinen Augen. Ich werde wohl eins heiraten. Tasty hat mir einen geblasen und ich durfte sogar in ihren Mund spritzen. Habe lange keine Schokolade mehr gegessen und der Sabber läuft mir aus den Mundwinkeln, wenn ich daran denke. Bin ich etwa auch danach süchtig? April Die Psychotante hat, in einer stillen Minute, über meinen Arsch gestreichelt. Ich sach ja, Salat macht glücklich. April Die Sitzungen werden immer nerviger. Jetzt verlangt die Psychotante sogar, das wir uns jedes mal vorstellen: „Also. Ich bin der Monday, würde aber lieber anders heißen. Ich habe heute Morgen einen Hasen imitiert, weil ich dachte die Bräute würden das total geil finden.“ Darauf hat Tasty gesagt: „Ich bin die Tasty und ich bin nur hier, weil meine Mum mich sonst von der Erbenliste streicht und ich find` Hasen geil.“ Heute gab es Hackbraten. Hab ihn nicht angerührt. Warte lieber auf den falschen Hasen. Immer noch keine Schokolade. April Hätte heute gern im Candy Shop vorbei gesehen um bei Sugar ´ne große Tüte Süßigkeiten zu besorgen. Konnte dem dann doch widerstehen, weil Tasty mit mir über das Leben gesprochen hat. Sie meinte: „Dieser ganze Scheiß mit der Religion geht mir tierisch auf die Nerven. Meine Mum ist in einer Sekte und will mich auch dazu bringen an diesen Guru zu glauben. Sie nennen sich Das Hexagon! „Ich glaube es geht nur um Sex. Der Guru fickt alle Frauen, damit sie gereinigt werden.“ Ich überlegte eine ganze Weile, was ich dazu sagen könnte. Dann fiel mir was Schlaues ein: „Wie sieht es mit einem Job, als Zweitguru aus? Ich würd` auch gern alle Frauen ficken.“ Das fand sie dann nicht so gut und hat erst wieder mit mir geredet, als ich ihr den Hasen gemacht habe. Warum muss ich mich eigentlich immer wieder zum Horst machen? Mai In der heutigen Sitzung sprachen wir über Verantwortung und und Wiedergutmachung und das wir alle irgendwann unsere Lebensrechnung bezahlen müssten. Da ich schon, als Querulant bekannt war, meinte ich: „Damit hab ich kein Problem. Bei mir ist nichts offen.“ „Und wie läuft es mit deiner Mutter?“ ,fragte die Psychotante. „Was hat die denn damit zu tun? Die ist tot und hat sich einen Scheiß um mich gekümmert. Ich brauch die alte Schlampe nicht.“ „Aber vielleicht konnte sie ihre Liebe nur nicht zeigen, weil sie es nie gelernt hat.“ Mann. Ich dachte, mir wird ein Dolch ins Herz gerammt. Keine Ahnung, wo das Gefühl auf einmal her kam. In meinem Kopf brummte es und der Schweiß schoss aus allen Poren. Ich fühlte mich so richtig mies. Wie das letzte Arschloch. Sprang vom Stuhl auf und schrie, wie Shakespeares Hamlet: Dann rannte ich raus und weinte. Tasty folgte mir und gab mir ihr gebrauchtes Taschentuch: „Nimm es ruhig. War nur an meiner Muschi und den Geruch kennst du sicher.“ Darüber musste ich so lachen, das ich meinen Schmerz vergaß. Weiß aber bis heute nicht, ob es überhaupt ein Witz war. Mai Laufe jetzt jeden Morgen zwei Stunden im Park und kotze mir jedes mal die Seele aus dem Leib. Ich stinke, wie ein Iltis und meine Augen sind gelb, wie Büffelpisse. Kommt mir so vor, als würden die ganzen gesammelten Gifte meinen Körper verlassen. Mai Fühle mich langsam besser. Mai Es tut gut das Tasty an meiner Seite ist. Sie gibt mir das Gefühl nicht allein zu sein. Ich vermisse den Schlonnsday. Was waren das noch für glorreiche Zeiten. Sorglos. Frei. Ne`. Eigentlich schreckliche Zeiten. Voller Sorge und Verblendung. Meine Fußnägel wachsen schon bis Timbuktu. 11. Juli Bin heute um 5:00 morgens aufgewacht und hab auf mein Perpetuum mobile geschaut. Es bewegte sich immer noch. Und da ist mir plötzlich eins klar geworden: Leben ist Bewegung. Keine Bewegung ist Stillstand. Stillstand ist der Tod. Bin in jedes Zimmer gegangen und habe mich entschuldigt. Tasty hat mich nur angeschaut und genickt. Die Psychotante hat geweint. Ich hab mich um Mitternacht in meinen Sessel gesetzt und gewartet. Es war schön da zu sitzen und den Morgen beginnen zu sehen. Hab` mir ein Platt Papier geholt und ein bisschen rum gekritzelt. Der blaue Stift flog nur so über die Seiten. Da es Zeit für einen Neuanfang war, hab ich mir was überlegt, was mein Leben verändern könnte. Die Sonne lugte irgendwann hinter dem Dach hervor und tauchte die Straßen in ein rotes Licht. - Rot! - Juli Freitag. Freiheit. Entlassen. Fühle mich großartig. Bin ein neuer Mensch. Eine neue Spezies. Geboren aus dem Leid. Nein! Geboren aus dem Licht. Ich bin ein Kind des Lichts. Bin frohen Mutes, das mir endlich ein Thema für eine Geschichte einfällt. Ich laufe durch die Gegend und da fällt mir Sugar ein. Der hat mich die letzten Wochen, bevor ich einfuhr, mit Pervitin versorgt. Und der Penner bringt bestimmt noch Andere dazu in die gleiche Drogenspur zu kommen. Ich kann nicht länger hinnehmen, das er den Tod verteilt. Ich denke an Gandhi und das der auch nicht schlauer war, als ich. Naja. Vielleicht anders schlau. Irgendwie mangelt es mir noch an Demut. Aber ich will nicht zu hart mit mir ins Gericht gehen. Wo krieg ich bloß Schokolade her? Ich brauch auch einen neuen Job? Herrlich diese neue schöne Welt. Schönen Gruß an Huxley. Muss mich mehr konzentrieren. Den Ballast abwerfen und mich auf die wesentlichen Dinge konzentrieren. Endlich biege ich in die Gun Hill Road. Verdammt. Ist lange her. Fühlt sich fremd an. Wie ein anderes Leben. Wie etwas das nicht zu mir gehört. Ich gehe rein. Im Flur stinkt es immer noch nach Katzenpisse. Also doch zu Hause. Ich lache. Gehe rauf in den 1. Stock und klopfe an die Tür von Sugar. Keine Reaktion. Ich weiß das sein Haustürschlüssel unter der Fußmatte liegt. In seiner Wohnung hockt Meter hoher Staub auf den Flächen. Alle Zimmerpflanzen sind eingegangen und die Katzen jammern nach Futter. Ich schaue mich genauer um und fühle mich, wie Marlow. Dieser berühmte Detektiv. Jetzt sehe ich auch, das es kein Staub, sondern Kokain ist. Ich durchsuche seine Schubladen. Hinter der Spüle finde ich eine 45er. Geladen. Ich forsche weiter und entdecke Blutflecken auf dem Teppich. Ich bin der Kolumbus der Sünden. Ich habe nur ein Ziel. Aufklärung.….........und Schokolade. Plötzlich klingelt sein Telefon. Der Anrufbeantworter springt an: „Hier ist Sugar. Wenn du was Süßes willst, quatsch drauf.“ „Hey. Hier ist Hanna. Ich komm hier nicht weiter und brauche einen kleinen Anstoß. Hast du was?“ Ich höre draußen jemanden, also mache ich, das ich da wegkomme. Herr Schmidt und Mrs. Watson kommen fröhlich die Treppe rauf, grüßen freundlich, als wäre ich nie weg gewesen und schlendern weiter hoch zum 2. Stock. Fühle mich sehr lebendig. Wie eine Sommerwiese voller bunter Blumen und kopulierender Insekten. Herrlich. Dieses ewige Erneuern der Natur lässt mich fast hoffen. Find`s ein bisschen merkwürdig diese positive Stimmung in mir zu haben. -------------------------- Naja, wo ich grad im 1. Stock bin, klopfe ich bei Hanna an. Sie öffnet in einem weißen durchsichtigen Kleid. Nix drunter. „Ja!“ ,sagt sie genervt. „Ich suche nach einer Story. Hast du ´ne Idee?“ ,frage ich bestimmt. „Seh` ich aus wie eine Telefonseelsorge für Autoren?“ „Nö. Du siehst nicht mal, wie eine aus, die ´ne gute Stoy in petto hat.“ „Ach ja!?“ „Ja.“ „Na. Da pass mal auf............“ Ich steh` also vor ihrer Tür und wartete auf Input. Und ich seh` sie grübeln. Aber es kommt nichts. Null Komma Null Nix! Also sag ich: „Jo. War schön mit dir zu reden. Ich muss los. Hast du Sugar die letzte Zeit gesehen?“ „NE!“ ,schreit sie und knallt wütend die Tür zu. Ich frage mich, in welchem Film ich gelandet bin und schlag mir vorsichtshalber selbst ins Gesicht. Das tut ganz schön weh. Ich bin also weder auf einem, durch einen Flashback verursachten Trip, noch träume ich. Ich gehe erstmal in den Second Hand Laden unten an der Ecke und kaufe mir ein paar richtig geile Klamotten. Schwarze Tuchhose mit passendem Jacket. Dunkelblaues Hemd, mit roter Krawatte auf dem Palmen mit braunem Stamm und grünen Blättern drauf sind. Schwarze Schuhe, die ein gestanztes Muster von Nutten mit prallen Titten haben. Blaue Strümpfe, die nur mit Sockenhaltern an ihrem Platz bleiben. Und einen schwarzen Borsalino. Hammer. So. Mein nächster Weg führt mich zum Barbier. Der Zottelbart und die Dreadlocks müssen weg. Kahlschlag! Glatze und komplett Rasur. Danach zum Waxing. Brasilianisch - Bikini Style. Ich schreie die ganze Nachbarschaft zusammen, also so innerlich und bekomme einen Steifen. Die Puppe mit den Einweghandschuhen bietet mir eine Happy End Behandlung an, die ich erst ablehne, aber dann doch kostenlos bekomme, weil ich ihnen meine selbstgemachte Visitenkarte unter die Nase Reibe: Ich gründe meine eigene Agentur. Ich nehme jeden Auftrag an und erledige ihn. Egal, wie dreckig oder unseriös er ist. Verschwundene Ehefrau? Monday Moon. Der Barkeeper an der Ecke schuldet dir 20 Riesen? Monday Moon. Die Mafia verfolgt dich und du musst unsichtbar werden? Monday Moon. Du bist Suizid gefährdet? Monday Moon. Drogen Kurier gebraucht? Such dir jemand anderen, Arschloch! Juli Tag nach Stunde Null. Ich dusche und rasiere mich. Immer noch keine Geschichte für dieses Buch. Egal. Wer braucht schon eine Geschichte. Ich schreibe meine eigene. Bamm! Ich gehe nach draußen und setze mich auf die alte verwitterte Bank unter der Eiche. Sie steht direkt vor meinem Haus. Habe sie immer von meinem Fenster aus gesehen. Auf der Bank saßen viele Leute. Hab mir immer gewünscht zu ihnen zu gehören. Einer von ihnen zu sein. Ich fühlte mich so Gott verlassen allein auf dieser beschissenen Welt. Die Erde dreht sich so verdammt schnell. Ich komme da einfach nicht mit. Das Leben rauscht an mir vorüber. Hab immer davon geträumt etwas zu bedeuten. Eine Spur zu hinterlassen. In einer Welt voller Niemande, wollte ich etwas Besonderes sein. So wie Jesus oder Superman oder........ Scheiß egal! Hauptsache anders. Jetzt habe ich das erste mal das Gefühl, das ich es schaffe könnte. Ich bin Monday Moon und lebe in New York. South Bronx. Gun Hill Road. Hohe Kriminalität. Drogen. Schusswaffengebrauch. Mord und völlig Schokoladenfrei. Ja. In diesem Viertel lebe ich. Die Polizei ist machtlos. Hat längst aufgegeben. Aber ich gebe nicht auf. Ich fange gerade erst an. Ein Mann setzt sich neben mich. Chinese. Um die 50. Gutaussehend. Graumeliertes Haar. Er spricht mich an. Auf Chinesisch. Gute Idee. „Ich habe mal 2 Wochen Chinesisch, in Harvard, studiert, bis sie herausfanden das ich nur der Pizza Bote bin. Ist verdammt lang her, also entweder du redest Klartext oder verpfeifst dich.“ ,erkläre ich ihm, in meiner unnachahmlich direkten Weise. „Ich bin Feng Shui, der Butler ihres Onkels und ich bringe schlechte Nachrichten...................“ Mai 2021 von Axel Bruss
  12. Axel

    Kandinsky

    Kandinsky Mein einziger, wahrer Freund ist Ludwig. Er ist ein guter Zuhörer und versteht es, die ihm anvertrauen Geheimnisse für sich zu behalten. Er ist eine Wald und Wiesen Feldmaus aus einem badischen Kurort im Nordosten der Stadt. Grau. Schnurrbärtig. Spitznasig. An einem Dienstag auf einer Brücke bemerkte ich ein Rascheln unter einem Picea abies Blatt. Und wir alle wissen ja, das es sich dabei um die gemeine Fichte handelt. Und natürlich wissen wir auch, das so eine gemeine Fichte richtig fies sein kann. Erst gestern ließ sich wieder ein knorriger, verdrehter Ast vor meine Füße fallen und sorgte für eine extravagante Stolpelei. Aber viele blöde Sachen haben, und das wissen wir auch alle, ihre guten Seiten. Ludwig wurde von so einem hinterhältigen Stück Holz, beim Handballspiel, mit einem befreundeten Eichhörnchen erwischt. Er strauchelte und verstauchte sich seine Pfote. Das Hörnchen machte sich vom Acker und so nahm ich das Mäuschen in meine Obhut und pflegte es gesund. Seitdem sind wir Best Friend und schätzen sehr die Nähe des Anderen. Heute ist Valentinstag. Die Blumen Industrie, meine Freundin und mit ihr ein paar andere Millionen Frauen sind wohl der Meinung, das dies ein überaus wichtiger Tag ist. Noch wichtiger, als die Geburt Jesu und das ist ja bekanntlich Weihnachten. Ich verweigere mich dieser Erwartungshaltung, Blumen an irgendwelche Freundinnen zu geben, weil das für mich auch nichts mit Nachhaltigkeit zu tun hat. Die armen Dinger werden einfach so von ihren Stengeln geschnitten und ihrer gewohnten Umgebung entrissen. Dann kommen sie zu fremden Leuten in eine Vase und verenden dort nach einigen Tagen elendlich. Ja, elendlich. Mandy sagt, das ich mich nur raus reden will. Aber ich bin da eisenhart und halte an meinem Standpunkt fest. Denn was wären wir ohne unseren festen Willen und ohne Standpunkt? Tiere! Nichts weiter, als wilde, instinktgetriebene, verantwortungslose Tiere. Der Ludwig und ich kommen also nach Hause und was finden wir auf der handgesägten, perlmuttverzierten Kommode im Flur? Einen rosa Umschlag. Es sind zwei Theaterkarten. Soll das ein Witz sein. Theaterkarten? Warum nicht gleich eine Festanstellung, als Muschelzüchter auf Alcatraz? Hasst sie mich wirklich so sehr? Was ist mit der vielbesprochenen Liebe zum Valentinstag? Theaterkarten! Ich fühle mich gedemütigt und hintergangen. In der Schule vermied ich alles, was mit Kunst, Schauspiel und Tanzen zu tun hatte. Ebenso erfolgreich konnte ich mich vor Gedichten, Aufsätzen und Leseübungen in der Klasse drücken. Da ich auch die dummen Schüler in meiner Klasse nicht mochte, war ich bald als Sonderling gebrandmarkt. Ich saß, während der Stunde an einem Einzeltisch und schaute aus dem Fenster. Oh, ich liebte diesen Platz. Nicht wegen der vorzüglich beblätterten Eiche und dem entflohenen, rot-blau gefiederten Papagei auf seinem Ast, sondern, weil ich mich wegträumen konnte. In eine Welt voller Zuneigung, Elfen und Einhörner. Voller Wärme und grenzenloser Freiheit. Ich lebte und atmete in dieser Fantasie und fühlte mich in ihr sehr geborgen und gut aufgehoben. Aufgrund einer besonderen Begabung, bekam ich trotzdem den ganzen Schulstoff mit und war schlauer, als alle Anderen. Da meine Klasse äußerst Einzelgänger- und Judenfeindlich war, nannten sie mich Jacob Sonderling. Ich empfand das immer als Auszeichnung, obwohl es von meinen rassistischen Klassenkameraden sicher nicht so gemeint war. Und sie wussten bestimmt auch nicht, das Jacob 1878 geboren wurde und als Lehrer der Lehrer galt und am Hamburger Tempel predigte. Er sagte sich im 1. Weltkrieg, das die Jungs an der Front unbedingt religiösen Beistand brauchten. 1923 hatte er allerdings genug von dem antisemitischen Gequatsche in Deutschland und emigrierte in die USA. Ich wäre auch gern emigriert. Aber da es kein Land gab, in dem keine Menschen lebten, ließ ich es. Es hat mich nie gestört ein Grübler, Eigenbrötler und Eremit zu sein. Im Gegenteil. Für mich war es die Bestätigung etwas Besonderes in dieser Welt darzustellen. Der goldene Streif an einem Himmel voller Dunkelheit. Ich ging einer großartigen Zukunft, selbst gewählter Einsamkeit, Bilder- und Schreibloser Gesellschaft entgegen und jetzt das. Kaum wird man dreißig glauben die Leute man müsse in Kultur machen, um in der Öffentlichkeit bestehen zu können. Nun ja. Diese Nuss werde ich schon knacken. Da gibt es nur eins: Ich muss das unbedingt mit Affenfresse besprechen. Er ist mein zweitbester Kumpel und hat sein Big Business auf der Reeperbahn. Wegen der Nachhaltigkeit, hat er sich überlegt, das es doch sinnvoll wäre, Präservative öfter zu benutzen. Kunden können gebrauchte Kondome bei ihm abgeben. Er spült sie aus, bereitet sie auf, hinterlässt seine geschwungene, bei allen beliebte Signatur auf dem Gummi und schon können sie wieder in den Verkehr. Bisher läuft das Geschäft eher schleppend an, aber Affenfresse schaut positiv in die Zukunft und er überlegt, zusätzlich noch selbst gebackene Nockerl in Penisform anzubieten. Sein überbreiter Mund und sein zerdelltes Gesicht erinnert mich an eine Welt hinter dem Mars. Dort würde er keinem auffallen, weil es dort weitaus skurrilere Typen gibt, als ihn. Doch hier ist er eine Ausnahme. Durch eine außergewöhnliche Krankheit, in seiner Kindheit wurde er zu einem Zerrbild eines Jungen und zu einer Fratze. Okay. Halloween ist seit dem kein Problem mehr und spart reichlich Kohle, da sein Kostüm aus einem schwarzen Anzug mit Zylinder besteht. Auf dem Revers klebt ein kleiner Button mit dem Namen: Mr. Hyde. Ja. Er ist eine Schreckgestalt, aber auch der treueste, verständigste, zweitbeste Freund, den man sich vorstellen kann. Ludwig quiekt in meiner Tasche und zeigt mir damit, das es Zeit für einen Imbiss ist. Zu diesem Zweck habe ich immer ein paar Cracker, Paprika Chips und Cherry Tomaten in meiner Westentasche. Ludwig hat seinen eigenen Kopf. Er mag die Beatles und Johann Sebastian Bach. Besonders das Weihnachtsoratorium. Diese Maus hat wirklich einen guten Geschmack. Ich auch. Velvet Underground. Rage Against The Machine. Sly and the Family Stone. Natürlich hat Ludwig auch seine Eigenheiten. Genau, wie Affenfresse. Er liest, zum Beispiel, sehr gern. Meine Güte, wie oft sehe ich ihn in ein Kochbuch vertieft und der Sabber tropft, leise rieselnd, aufs gebleichte Papier. Der Ludwig ist da anders. Er tapert auf den autobiographischen Seiten, eines unbekannten, glatzköpfigen Autors, herum und glotzt die Buchstaben interessiert und durchdringend an. Ganz oft pennt er dann aber, mitten beim Lesen, ein. Er hat einen Hang zur Schwarzseherei und Melancholie. Dann sieht er ganz traurig und hoffnungslos aus und mag weder knabbern, noch lachen. Ich kenne sie auch, die dunklen, einsamen Nächte. Die Zweifel und die Trostlosigkeit. Die mondbeschienene, düstere Planke, über die ich mich selber schicke. Die Last meiner Dummheiten und meiner nicht durchdachten Taten, zwingt mich manchmal in ein enges Verlies voller Selbstzweifel. Dann wünschte ich, ich wäre Affenfresse und leicht in meinen Gedanken. Aber weil ich es nicht bin, quäle ich mich mit der dunklen Seite des Mondes. Ich bin auf der Flucht. Ein Marathon. Im Kreis. Ohne Ziel und ohne Wiederkehr. Ich denke sie oft herbei. Sie ist dann ganz nah. Die geliebte Dummheit. Die Begrenzung durch den Tellerrand. Oft stelle ich mich doof und denke dann: Ich bin es auch. Natürlich existiert sie nicht. Diese Stumpfheit. Sie ist ein Traum. Ein Gefühl. Die Vorstellung, vom Ende des Regenbogens. Wir alle, schaffen uns kleine Inseln auf denen wir eine Zeitlang ruhen und atmen können. Ohne diese Auszeiten würden wir durchdrehen. Töten. Andere, oder uns selbst. Manche von uns treffen eine fatale Wahl, um diese Entspannung zu erreichen: Gewalt. Drogen. Alkohol. Kaufsucht. Religion. Sex. Fresssucht. Sport. Spiel. Es ist der Versuch sich besser zu fühlen. Zu schlafen. Zu vergessen. Unabdingbar sind die Lügen, die ich gebrauche, um den Schein zu wahren. Moment. Das Telefon klingelt. Auch so eine Lüge: > Das Handy macht uns kommunikativer! < Wer soll das denn glauben? „Hi.“ ,höre ich die Stimme von Affenfresse. „Wasn?“ ,antworte ich gelassen mit einem Spritzer ins Genervte. „Hab gehört, du gehst ins Theater.“ „Und ich hab gehört das sie die Überreste von Jesus gefunden haben.“ „Das geht doch gar nicht.“ „Genau.“ „Wie jetzt.“ „Ich sagte: Genau.“ „Ja. Is klar. Aber die können Jesus nicht finden, weil der erstens nicht existiert hat und, falls doch, er zweitens zu seinem Dad in den Himmel aufgefahren ist.“ „So siehts aus, mein Alter. Und deswegen geh ich nicht ins Theater.“ „Wegen Jesus?“ „Ne. Wegen, weil Theater Scheiße ist.“ Pause. „Ja. Aber...“ ,findet Affenfresse seine Stimme wieder. „Nö. Wenn dein Satz mit Ja. Aber... anfängt ist dieses, von vornherein zum Scheitern verurteilte, Gespräch zu Ende.“ Ich lege auf und gehe entspannt zu meinen Wohnwagen zurück. Da ich jede Konformität ablehne, ist so eine Wohnburg genau das richtige für mich. Ja sicher. Die Feuchtigkeit und der leichte Blauschimmel auf den Polstern gehört eher auf einen alten, teuren Käse. Und die eingewanderten Wanderameisen aus Brasilien rauben mir nicht nur die letzten Nahrungsvorräte, sondern auch die letzten Nerven. Aber, wie sagte Martin Luther King jr. immer: „Am Ende werden wir uns nicht an die Worte unserer Feinde erinnern. Sondern an das Schweigen unserer Freunde.“ Das hat zwar jetzt nix mit dieser Geschichte zu tun, macht sich aber immer gut, weil alle glauben ich hätte was zu sagen. Der Platz vor dem Wohnwagen ist peinlich sauber gereinigt und gefegt. So gut es eben auf einem Waldboden der untersten Preisklasse geht. Die Klappstühle, die in ihrer grandiosen Einfachheit darauf stehen, sind alt und durchgesessen. Die Rostflecken erinnern mich an Westafrika. Das Lagerfeuer knistert in gewohnter Weise vor sich hin. Das Bier aus der Kühlbox ist fast kalt und im Radio läuft Johann Sebastian mit: - Das wohltemperierte Klavier -. Da ein frischer Wind aufkommt, ist das genau richtig. Wunderbar. Ludwig dankt es mir, mit einem leichten, leisen Fiepen. Mit dem Feuerzeug flippe ich den Kronenkorken von der ersten Flasche. Das Zischt. Ich denke an einen Zitronenhain. Reihe um Reihe Zitronenbäume, die, wie Zinnsoldaten in Reih und Glied, nebeneinander stehen. Herrlich. Moment. Das Telefon klingelt.(Das entwickelt sich langsam zu einem Running Gag) „Ja.“ ,sage ich. „Hier ist Franz.“ ,meint Affenfresse. „Ja?“ „Ich dachte, Mandy hätte dich zum Theater eingeladen.“ „Richtig. Hab nur kein Bock hinzugehen.“ „Obwohl es euer erster Jahrestag ist?“ „Genau deswegen geh` ich nicht hin.“ „Häh?“ „Es ist doch so: Liebe braucht keine Anerkennung. Liebe existiert, weil man sich gegenseitig vertraut und in dem Anderen endlich die Bestätigung seiner Selbst findet.“ „Also, mit anderen Worten: Du bist ein Arsch und hast kein Bock hinzugehen.“ „Genau.“ „Und jetzt?“ ,schickt Affenfresse unsicher über den Äther. „Gehen wir was trinken!“ „Es ist neun Uhr morgens.“ „Und?“ „Okay. In zwanzig Minuten in der Lampe.“ Die Lampe ist eine 24/7 Kneipe auf dem Kiez. Lieblingsplatz. Da ich Vollwaise bin, ist das natürlich genau der richtige Ort für mich. Denn als Vollwaise hast du auch eine Vollmeise und nicht alle Latten am Zaun. Meine Eltern, die bei einem Bahnübergang zu viel Zug bekommen hatten, verließen mich am Zwölften. Am Dreizehnten, war ich schon auf dem Weg nach Acapulco, um mir von Ursula Andress die Föhnwelle bleichen zu lassen. Da die Schlampe gerade Dr. No hinterher jagte, hatte sie natürlich keine Zeit und ich musste mich selbst um meine lockige Haarpracht kümmern. Ich glaube, das war für mich eine Zäsur, denn seitdem fällt es mir schwer Frauen zu vertrauen. Mich zu öffnen und mich fallen zu lassen. Ihre Liebe anzunehmen und mich einer Beschneidung und einer Unterweisung im jüdischen Glauben zu unterziehen. Schöne Story. Leider erstunken und erlogen und völlig an den Haaren herbeigezogen. Nun ja. Ich bin nun mal ein Geschichtenerzähler, dem die Gefühle anderer völlig egal sind und mir am Arsch vorbei gehen. Die Lampe ist mir zur zweiten Heimat geworden. Dieser Ort beflügelt meine Gedanken. Ich kann stundenlang an dem großen Fenster sitzen und den Möwen in meinem Kopf lauschen. Ich liebe das Meer und besitze die Fähigkeit, Dinge, die ich mir vorstelle in meinem Inneren wahr werden zu lassen. Erst sind es nur Konturen, die sich verdichten und zu einem Etwas werden. Es ist, wie eine, in Nebel gehüllte, geheimnisvolle Insel. Ich betrete sie voller Furcht und Respekt und stelle dann fest, das jede Begebenheit eine eigene Ordnung und einem eigenen Kosmos ist. Ich sehe Menschen, Tiere und Plätze. Ich höre und schmecke sie und manchmal spreche ich auch mit ihnen. Natürlich sage ich das niemandem. Ich will ja schließlich nicht in 13 Eichen enden. Da kommen die ganzen Bekloppten hin. Die, die keiner haben will. Die, die anders sind. Die, die besonders und merkwürdig sind. Ich will nicht besonders sein. Ich will einfach meine Ruhe. Ich will an meinem Fenster sitzen und lauschen. Die Stammgäste nehmen mich gar nicht mehr wahr. Für sie bin ich ein Tisch, oder ein Stuhl geworden. Etwas das zum Inventar gehört. Ein Ding. Die Kneipe befindet sich in einem Denkmalgeschützten Haus, in dem sich angeblich die Wildecker Herzbuben, mal ordentlich eine auf die Lampe gegossen haben. Logisch. Wo sonst? Das Ambiente ist gutbürgerlich. Was immer das auch heißen mag. Ein großes Ölgemälde, von Wilhelm dem II. hängt hinter dem Tresen. Sein Oberlippenbart ist riesig und spitz. Sieht aus, wie angeklebt. So, als wollte er etwas darstellen, das er gar nicht ist. 1. Juli 1914 steht darunter. Also einen Monat vor dem ersten Weltkrieg. Da schien noch Ruhe im Reich. Die Männer trugen kreisrunde Strohhüte und die Frauen Korsetts. Alles hatte seine Ordnung und jeder wusste, wo er hingehörte. Es gab Oben, Unten und Mitte. Für den Zwischendrinnler gabs den Knast oder die Geistesheilanstalt. Jeder hatte seinen Platz. Wilhelm stand dem Volk ab 1888, als Kaiser von Deutschland und König von Preußen zur Verfügung. Er machte sich gleich ans Werk eine große Nation zu formen. Das war gut. Blöd war nur, das Nikki, der Zar von Rußland. Vikki, die Königin von England. Der Präsident von Amerika und alle Anderen, das auch wollten. Nur gut, das Wilhelm davon überzeugt war, ihm stehe ein Platz an der Sonne zu. Logisch. Aber ohne Sonnencreme ist das auch Scheiße und bald hatte er sich eine krebsrote Haut zugelegt, die ganz schön brannte. Und mit ihm, ab 1. August 1914, das ganze Land. Wilhelm war, genau wie Adolf, für die Leute in seiner Umgebung äußerst nervig. Stundenlange Monologe und Rechthaberei. Bis zum Erbrechen. Hat immer auf Macker gemacht, war aber trotzdem `ne arme Wurst. Trifft wohl auf viele zu. Nach außen laut und innen klein und noch ein Kind. Hey, gut gereimt. Ne, doch nicht. Klein. Fein. Sein. Dein. Schein. Schnell zurück ins Thema. In dem, mit Teppich ausgelegten Schankraum, der Lampe, stehen Eichenholztische und daran schmiegen sich Eichenholzstühle. Grob und rau. Maiglöckchen in schlanken Vase, wollen uns Zufriedenheit weismachen. Die Aschenbecher aus Zinn sind an der Tischplatte festgeschraubt. Der kalte Rauch kitzelt in der Nase und hinterlässt einen leichten Würgereiz. Die Bedienung ist um die 29. Schlank. Schmale Hüften. Riesige Brüste. Grüne Augen, die in ihrer Sattheit einem Bergsee gleichen. Sie tritt den Wahnsinn und die geifernden Blicke der Gäste, mit ihren feinen Lederpumps in die roten Flusen des Teppichs. Der schwarze, kurze Rock ist aus Leder. Nylonstrümpfe mit Naht und eine weiße Bluse, die hoch geschlossen ist, geben ihr etwas Strenges. Der Mund ist rot und voll. Sie hat weiße, fast durchscheinende, Haut. Sie heißt Mandy und sie ist meine Freundin. Jeder verschlingt sie mit den Augen und jeder will sie ficken. Auch die Frauen. Keine Ahnung, warum sie gerade mich erwählt hat. Ich bin nichts Besonderes. Einfach ein Honk der gern am Fenster sitzt und sich seine Gedanken macht. Aber, das wisst ihr ja schon. Mein Name ist Victor, mit einem C. Der Name wurde abgeleitet von Victory. Wäre ich ein Mädchen geworden, hätten meine Eltern mir den Namen Victoria gegeben. Meine weichen, weiblichen Züge machen mir oft zu schaffen. Bin bei unseren schwulen Zeitgenossen unheimlich beliebt. In ihrem Kreis wäre ich sicher eine große Nummer geworden. So, Drag Queen mäßig. Aber da sich meine sexuelle Orientierung nur um Frauen dreht, bin ich dazu verdammt ein langweiliges, stupides Leben zu führen. Ohne Glamour und Hossa. Mandy versucht wirklich alles, mir das Leben zu versüßen. Schade das ich Beziehungsuntauglich und ein Arsch bin. Der Laden ist gerammelt voll und doch wirft sie mir immer wieder verstohlene Blicke zu, die mir gefallen sollen. Ich würde sie gern erwidern, aber die Stimmen in meinem Kopf sind stärker. Sie weiß nichts davon. Sie glaubt das ich, als Philosoph in anderen Sphären schwebe. Dabei habe ich einfach nicht alle Latten am Zaun und bin am liebsten in meinen eigenen Welten unterwegs. Gut, das es wenigstens Ludwig immer wieder schafft mich auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen. Besonders, wenn er mir in mein braunes Cord Jacket pieselt. Ich rede ihm dann ins Gewissen, aber meine schlechte Laune ist nicht von Dauer, weil ich ihm einfach nicht lange böse sein kann. Ja. Mandy ist eine tolle Frau und süße Schnecke. Sie steckt mir kleine Zettelchen mit versauten Nettigkeiten zu: Du hast einen tollen Arsch und ich will dich in der Umkleide vernaschen. Dann stehe ich auf und gehe in die Nacht hinaus. Komischerweise heize ich sie damit noch mehr an und sie wartet, bis spät in die Nacht vor meiner Tür. Ich knalle sie dann gleich im Hauseingang, weil ich das irgendwie geil finde. Irgendwann wird sie sicher auch mal bei mir übernachten. Mal sehen, was ich in der Zeit mache. Mandy ist wunderschön. Ihre langen Beine sind schlank und gerade. Überhaupt ist sie eine sehr gerade Frau. Ohne Hintergedanken und Täuschung. Es ist sehr einfach sie zu mögen. Ihre gute Laune ist für Jedermann ansteckend. Die tadellosen Zähne stehen gut geordnet, nebeneinander in ihrem wundervoll geschwungenen Mund. Ich wünschte ich könnte sie lieben. Aber ich weiß nicht was das ist. Liebe. Schon das Wort ist komisch. Was soll das sein? Das Wort Stein ist ganz klar. Oder Wasser. Oder Blut. Aber Liebe? Das ist irgendwie eine Illusion. Gestern habe ich mir in den Finger geschnitten. Das hat geblutet, wie Sau und war keine Täuschung. Ich hab gehört, Liebe kann auch wie ein Schnitt sein. Aber, wer braucht so eine Schweinerei in der Küche oder im Leben? Zum Valentinstag hat sie mir heimlich einen Umschlug in meine verbeulte, alte Cordjacke gesteckt. Er duftet nach Jasmin. Ich reibe mein Gesicht damit ein. Überlege kurz, auch meine Genitalien damit zu beglücken. Lasse es dann aber und reiße den Umschlag, unsachgemäß, auf. Warum schenkt sie mir eine Theaterkarte? Wie heißt das Stück? Kandinsky? Ich schaue schnell im Duden nach. Kandinsky. 1866 – 1944. Russischer Maler. Bilder. Malen. Bunt. Schwarz/weiß. Öl. Aquarell. Landschaften. Abstrakt. Öd. Das ist alles langweilig und stupide. Mandy sagt, das es in dem Stück nicht um den Maler, sondern um einen dicken Polen geht. Worauf ich sage, das mich dicke Polen nicht die Bohne interessieren. „Aber Victor. Es geht doch gar nicht um den Polen. Es geht um Existentialismus.“ „Um was?“ ,frage ich ganz ruhig. „Existentialismus.“ „Ah. Jean-Paul Sartre. Eine unkonventionelle, freizügige Lebenseinstellung, die darauf beruht das Leben jetzt zu genießen.“ „Genau.“ „Langweilig. Könnte ich das Leben im Jetzt genießen, wäre ich nicht der der ich bin.“ „Sondern?“ ,fragt sie mit ihrer herrlich, naiven Art. „Ein Bakterium. Oder nein, noch besser ein Virus.“ „Wieso?“ ,löchert sie mich weiter. Vielleicht ist es auch so, das ich sie deshalb mag, weil sie mir das Gefühl gibt, etwas zu wissen, denke ich so bei mir. „Eine Bakterie ist ein Lebewesen, mit einem Stoffwechsel, aber ohne Zellkern und ein Virus nicht.“ „Du wärst also am liebsten ein Etwas ohne Kern und ohne Substanz?“ „Genau.“ „Das ist bescheuert.“ „Nein. Bescheuert, ist zu glauben, das ein dicker Pole in einem Laienstück mir etwas über Existentialismus sagen könnte.“ „HERGOTT! ES GEHT NICHT UM DEN POLEN!“ ,meckert sie. „Mittlerweile verstehe ich überhaupt nicht mehr, um was es überhaupt geht.“ „Was willst du überhaupt?“ „Je mehr ich darüber nachdenke desto mehr wünschte, ich wär doch lieber nur ein Gedanke. Völlig frei und körperlos.“ „Aber dann wärst du nicht da.“ „So, wie die meisten. Nur, weil man atmet und kackt, heißt das nicht, das man an der Welt teilnimmt, oder irgendeine Bedeutung hat.“ „Wie jetzt?“ ,runzelt sie ihre wunderbare Stirn. „Schau mal. Du bist Kellnerin. Ein wirklich belangloser Job. Du schaust Serien mit voraussehbarer Handlung und ebensolchem Ende. Du ernährst dich vermeintlich gesund, obwohl du weißt das ohnehin alles verseucht ist. Du lachst über die dämlichen Witze deines Bruders. Du bist jetzt 28 und wirst in 50 Jahren tot sein. Du blickst zurück auf etwas, das einfach keine Bedeutung hat. Es ist einfach alles sinnlos.“ „Du bist so ein Arsch.“ Sie steht auf und geht. Scheiße. Jetzt muss ich wohl doch zu dieser dämlichen Vorstellung und mir den dicken Polen anschauen, um das wieder in Ordnung zu bringen. Um das Licht, in mir, wieder zum Glühen zu bringen, bestelle ich zwei Bier und einen Doppelkorn. Zum Dank, knallt der Wirt meinen Lieblingssong auf den, in regelmäßiger Geschwindigkeit drehenden, Plattenteller. American Pie von Don McLean. So sehr ich das Theater hasse, so sehr liebe ich Musik. Meine Ohren werden zu Radarstationen und nehmen jede, noch so feine Nuance, auf. Affenfresse stolziert 5 Minuten nach mir in die Kneipe. Er sieht Robbie Williams verdammt ähnlich. Genau genommen könnten sie Brüder sein. Nur nicht von den gleichen Eltern. Die Eltern von Robbie kommen aus Staffordshire und die von Affenfresse aus dem Kaukasus. Sie haben dort Hanf in Gewächshäusern angebaut. Für medizinische Zwecke. Seine Mama sagte immer, Lachen sei die beste Medizin. So, wie Marihuana. Drogen sind überhaupt nicht mein Ding. Ich verliere nicht so gern die Kontrolle über meine Körperfunktionen. Jeder sagt ja, Alkohol sei auch eine Droge. Das ist natürlich Blödsinn. Sonst könnte ja nicht jeder Teenager, mit einem gefälschten Ausweis, bei Woolworth Literweise Schnaps kaufen. Affenfresse setzt sich neben mich und der Eichenholzstuhl knarrt und ächzt. So ein Stuhl hat es auch nicht leicht. Ständig hockt sich irgendein Arsch auf einen drauf und tut auch noch so, als wäre das normal. Na egal. Wir sinken in uns zusammen und versuchen das Leben zu ignorieren. Das ist gar nicht so leicht, weil uns jeder daran erinnern will, wie toll oder wie armselig es ist. Er versucht zwanghaft ein Gespräch mit mir zu beginnen, aber weil ich das Scheiße finde, verläuft es im Sand. Dann glotzen wir in unser Glas. „Ich war im Kino.“ ,sagt Affenfresse plötzlich. „Ach was.“ ,entgegne ich völlig desinteressiert. „Der zweite Teil von – Vom Winde verweht - .“ „Ich wusste nicht mal, das es einen Ersten gab.“ „Der Zweite ist Scheiße.“ „Logisch.“ „Der Erste war spitze.“ „Mmmh.“ „Warum interessierst du dich nicht für Dinge?“ ,fragt er plötzlich. „Weil, doch sowieso alles sinnlos ist. Geburt – Tod – Aus.“ „Aber die Zeit dazwischen Alter. Das ist doch das Thema.“ Ich gähne demonstrativ, weil mich auch dieses Gespräch langweilt. Mandy kommt zur Tür herein und ignoriert mich. Eigentlich eine Möglichkeit mal wieder richtig abzufeiern, aber aus irgendeinem Grund nervt es mich. ICH bin doch hier der Ignorant. „Hi.“ ,sage ich. Keine Reaktion. „Schönes Wetter heute.“ ,laber ich weiter. „Alter, es gießt in Strömen.“ ,schaltet sich Bingo ein. Er sitzt am Tresen und fummelt sich die ganze Zeit irgendwelche Fusseln aus seinen Haaren. Das ist ekelhaft, weil es keine Fusseln, sondern alte Spaghetti mit Bolognese sind. Die sind ja eigentlich lecker, aber das hat sich wohl für mich erledigt. Bingo ist achtunddreißig, denkt aber, das er wie fünfundzwanzig aussieht und reibt es jedem unter die Nase. Keine Frau ist vor ihm sicher. Und alle lachen sich einen Ast, über die zahlreichen Ohrfeigen der Bräute. Mandy bezeichnete ihn mal als Grufti. Darüber war Bingo mega stolz, weil er glaubte das wären diese coolen Gothik Typen mit der dunklen Seele, aber nachdem sie ihm erklärte, das sie sein Verhalten und soziales, rentnermäßiges Gehabe meine, weinte er ein bisschen in sein schwarzes Nylon Taschentuch. Ein paar Tage, war Bingo geknickt und sprach kein Wort, aber danach schnüffelte er Pattex aus einer Plastiktüte, begrüßte jeden weiblichen Gast persönlich und tat so, als würde ihm die Kneipe gehören. Seine Kleidung ist immer tadellos, aber leider nicht aktuell. Er glaubt wahrscheinlich, das die Siebziger noch nicht zu Ende sind. Aber, das ist gar nicht der springende Punkt. Die Frauen spüren einfach seine Verzweiflung. In der Schule nannten die Lehrer so ein Verhalten immer – Er ist bemüht. - Und das ist Scheiße. Denn, bemüht ist immer unfähig. Auf Grund dessen schwankt sein Benehmen zwischen bodenständig und Wahnsinn. Am 1. Mai kam er als Groucho Marx verkleidet in die Lampe, weil er glaubte das wäre der kleine Bruder von Karl. Bingo brachte extra ein handsigniertes Buch vom Kapital mit. Das hatte angeblich der Hitler seiner Eva am 1. April, als Scherz geschenkt. Warum dann Micky Maus in Klammern neben der Unterschrift von Adolf steht, konnte bis heute nicht geklärt werden. Ich glaube ja, das Goebbels da seine Hände im Spiel hatte, um dem Speer eins auszuwischen. Denn der hatte, als Schleimer in der Truppe, dem Führer das Buch besorgt. Speer, war der Architekt und Rüstungsminister vom Addi und ist auch einer der Wenigen, die sich nach dem 2. Weltkrieg elegant von den Anschuldigungen frei schwimmen konnte und nach 20 Jahren Haft ein angenehmes Leben führte. Das er nichts von den Tausenden, zu Tode gekommenen Sklavenarbeitern wusste, kann ihm wohl keiner zur Last legen, da er ja ein wahrheitsliebender Nazi und glühender Adolf Verehrer war und nie auch nur an was Böses gedacht hat. Ja, er gehörte zur Schweinehund Elite, aber da hat ihm ja auch niemand was konkretes übers Vergasen, Verbrennen und zu Tode foltern gesagt. Gestorben ist der Kunstliebhaber Speer angeblich beim Sex mit seiner Geliebten. Auch da kam, der Sauhund, also sauber und entspannt raus. Kommen wir zurück zu Bingo, sonst kommt der viel zu kurz in dieser bekloppten Geschichte. Er ist, genau wie wir anderen Looser eigentlich immer in der Lampe. Ich bin mir nicht sicher, ob er überhaupt eine Wohnung hat. Er ist Waffenschmied. Seine hagere Gestalt liegt im Kontrast zu seinen Muskeln, die völlig deplatziert, mega groß, an seinen Oberarmen kleben. Die dünnen Beinen wirken wie Streichhölzer in einem tosenden Orkan und schlackern bei jedem Windstoß hin und her. Sie tragen nur mit Mühe den ausgemergelten Körper. Seinen Schlabberbauch, lässt er demonstrativ aus dem viel zu knappen Superman T-Shirt baumeln. Auf seiner Stirn prangt ein riesiger, tätowierter Pickel. „Wegen, weil, meine Pubertät so geil war.“ ,meint er enthusiastisch. „Ja. Sieht super aus. So echt und so groß.“ „Ja. Weil, genau an der Stelle hatte ich einen megafetten Pickel, weswegen ich auch meine große Liebe nicht gekriegt hab.“ „Ja. Das ist super, weil du nämlich immer noch so redest, als wärst du in der dritten Klasse. Das kommt mega bei den Frauen, um die dreißig, an. Behalt das unbedingt bei.“ ,erwidere ich. „Ach. Wirklich? Echt? Meinst du?“ „Auf jeden.“ ,sage ich, leider etwas zu eifrig mit dem Kopf nickend, und spüre sofort, wie sich mein Halswirbel verschiebt. Also später noch mal in die asiatische Massagehölle am Ende der Straße, Zum Zurechtbiegen. Inklusive Happy End Behandlung. Wie dem auch sei, Wir setzen uns schon mal an den großen, runden, mit grünem Filz bespannten Tisch und warten auf die anderen Säcke aus der Clique. Wir diskutieren dann über Windelzwang, bei den über 60jährigen und die anderen großen Themen unserer Zeit: Klimawandel. Corona. Impfzwang. Wohnungsnot. Flüchtlingswelle. Frühlingsrolle. Israel. Zombie Invasion. Das Spiel THE NIGHT! Zu weiches Klopapier. Atemnot. Wir halten es für wichtig, in diesen Zeiten nicht stumm zu bleiben und schicken regelmäßig einige Berufsdemonstranten auf die Straße, um sie von den Fachkräften des Staates verprügeln und einbuchten zu lassen. „Hat der Lafontaine eigentlich einen Hubschrauber?“ ,fragt der Bingo. „Oskar Lafontaine?“ „Ja.“ „Wieso?“ „Naja, wenn der einen hat, kann der doch ganz schnell mal auf die Bahamas und da ein Bananenbrot essen.“ ,sagt er voller Stolz, über diese erkannte Erkenntnis. Über diese überschäumende Schlauheit, werfe ich am besten den Mantel des Schweigens. Bingo hat wieder mal jedem klargemacht, das er die größte Labertasche, mit dem kleinsten IQ ist, den diese Kneipe je gesehen hat. Und weil das so ist, fährt Bingo weiter fort: „1923 wurde für die Lampen das sogenannte Stadtgas verwendet. Im Winter froren manchmal die Leitungen ein. Da, war natürlich nix mehr mit Licht. Dann gingen die Läufer rum, um Spiritus in die Lampe zu gießen, damit sie wieder funktionierten. Weißt du?“ ,erzählt er jedem, der es garantiert nicht wissen will. Da ich immer noch neben ihm sitze, und sein Gedröhne diesmal sogar eine Aussage hat, die ich trotzdem ablehne, erkläre ich speziell: „Hab ich schon zwanzig mal von dir gehört und ist voll langweilig.“ Mein Auswurf, ist leider doch nicht so speziell, wie ich denke. Schade. Aber immerhin, hab ich ihm mal ordentlich die Meinung gegeigt. „Victor hättest du auch gern einen größeren Penis?“ ,fragt mich Bingo Ich bin mir nicht sicher, wo diese ganze Dummheit her kommt, also sagte ich: „Äh, ne. Aber über eine Thompson Maschinenpistole, damit ich dem Ganzen hier ein Ende machen kann.“ Wie auf Stichwort kommt mein Kumpel Tommy Gun durch die Tür geschlendert. Schwarze Jeans. Cowboy Boots. Weißes Hemd mit Stehkragen. Schwarzes Jackett und eine ebensolche, dünne Krawatte. Dunkle Sonnenbrille. Er sieht aus, wie eine Kopie von Jake und Elwood Blues. Aber der schlaue Teil. Tommy hat einige abgeschlossene Examen, einen Doktortitel und eine Schlosserausbildung an der Sorbonne. Wieso er immer noch als Hausmeister bei Aldi arbeitet, ist mir schleierhaft. Er hätte doch alles werden können. Alles: Callboy. Präsident. Anarchist. Antichrist. Luxus Yachten Käufer. Psychologe. Psychopath. Die linke und die rechte Hand Gottes. Philosoph. Gauner. Modell und Ameisenmelker im Max Planck Institut für angewandte Biologie, mit Schwerpunkt auf das Wiedererkennen der eigenen Mutter nach einem intensiven Vollrausch. Andererseits sind die Prozente bei Aldi auch nicht zu verachten. So hat er uns, am Monatsende, schon oft vor dem Hungertod bewahrt. Wie die Schwingtür eines Saloons im Wilden Westen, springt nun unverdrossen die Tür auf und die munteren Gesellen unseres Vereins stolzieren nacheinander in die Hütte, der Glückseligkeit. Der Nächste, ist sein Bruder Karl ( In Fachkreisen, nur der Kahle genannt ). Er ist ein riesengroßer Kerl mit ebensolchen Ohren und sechs Fingern an der rechten Hand. Eine Anomalie, die sich seine Mutter, während der Schwangerschaft, wahrscheinlich bei einem Badeurlaub in der Nähe eines Kernkraftreaktors, zugezogen hatte. Mit seinem Hang zur Body Modifikation gelingt ihm immer wieder ein neuer grandioser Auftritt. Mal sind es kleine Stahlkugeln, die er sich unter die Kopfhaut schiebt, dann wieder eine Teilausstanzung seiner Ohrmuscheln. Am liebsten sind ihm allerdings Tätowierungen unter dem Augenlid, weil das so geheimnisvoll ist. Er ist ein gutmütiger, etwas dümmlicher Kerl, den alle gut leiden können und der, aufgrund seines einfachen Naturells, Mengenweise Frauen abschleppt. Weiß der Teufel, wieso die Mädels grade auf diesen pfützenflachen Typen mit Hakennase stehen. Ich glaube, letztendlich ist es nur der Neid, der aus mir spricht. Wilson ist, in unserer Truppe, der Älteste. Grauer Oberlippenbart. Brillengläser, so dick, wie mein Daumen. Müde, halbgeschlossene Augen. Faltige Gesichtshaut. Höckernase, wie ein Dromedar, das in einer lauen Sommernacht 200 Liter in 15 Minuten säuft und vier Wochen davon zehren kann. So ein Dromedar hat 3 Mägen. Genau, wie Wilson. Obwohl Tommy Gun immer behauptet: „Ne, Mann, er einfach nur fett.“ Wilson und seine winzige Ohren, erinnern unwillkürlich an die Schlümpfe. Die sind zwar blau, aber das ist Wilson meistens auch. Seine Minilauscher machen es ihm schwierig, seine Brillenbügel sicher dahinter zu platzieren. Er versuchte es erst mit einem Monokel. Das wurde ihm aber zu lästig und er schwenkte vor einigen Jahren auf den Zwicker um, den man sich auf die Nase klemmt. Da er nun seine Umgebung und uns in voller Schärfe wahrnahm wollte er sich schon zweimal vom Leben und uns abwenden. Doch der Durst führte ihn immer wieder in die Lampe und somit zu uns. Ich sage immer: Wilson for Präsident! Aber bitte nur in Nevada, denn da dürfen Männer mit Schnurrbärten keine Frauen küssen. Nun ist es Zeit für einen mega Witz, den ich gerade gehört habe und Ludwig, der mich gerade voll lieb anschaut, voller Enthusiasmus erzähle. „Wer ist der größte Schummler im Dschungel? ….......Mogli.“ Wir haben alle keinen Job, der es uns ermöglichen würde ein sorgenfreies Leben an der Adria zu führen. Und genau da kommt Blackbird ins Spiel. Sie arbeitet in der Lampe und zusätzlich im -Theater der schönen Künste- und erzählte uns von den Machenschaften des Direktors. Ein Schnacker vor dem Herrn. Glatzköpfig. Kurzatmig und ein Spieler ohne Glück. Er arbeitet mit einem Franzosen aus Mönchengladbach zusammen. Sie verschieben Käse und Meterbrote im großen Stil nach Malaysia. Das ist eine gute Idee, weil Deutschland da schon mit gutem Beispiel voran gegangen ist und über eine Million Tonnen Plastikmüll Jährlich dorthin verschifft. Ein Grund mehr, einmal: -Danke Deutschland für Nachhaltigkeit- zu sagen. Wir planen jedenfalls einen Einbruch im Theater, um den Tresor mit dem schwarzen Geld zu entwenden. Schwarzgeld ist unrechtmäßig erworbenes Geld, kann also jederzeit von Jedermann geklaut oder verbrannt werden, ohne strafrechtliche Folgen befürchten zu müssen. Ich soll die Sache ausbaldowern, weil ich ja mit Mandy in dieses bekloppte, neue, Stück von diesem neuen, bekloppten Schreiberling gehe. Bus oder Kuss oder so ähnlich. Keine Ahnung wie der Typ richtig heißt. Oder, ob es ihn wirklich gibt. Könnte ebenso eine Bergziege aus den Schweitzer Alpen sein. Blackbird arbeitet, wie ich schon sagte, auch in der Lampe. Als Köchin. Ich nenne sie immer, meine afrikanische Schönheit, weil sie aus Duisburg kommt und ihre Haut so eine wundervolle, dunkle Farbe hat. Wie Bitterschokolade, nur halt Zuckersüß. Ihre kleinen Brüste steckt sie oft in eine eng anliegende Korsage. Besonders gut gefällt mir Model Südsee. Schwarz,mit knalligen, roten Orchideen. Ich weiß, das klingt jetzt so, als wäre ich unglaublich scharf auf die Frau. Stimmt nicht. Ich finde sie einfach nur total sympathisch und einfach total geil. Ihre Mama lebt in Sambesi oder Switzerland oder einer Kolchose in Israel. Ich hab da nie ganz durchgeblickt. Die ist Leihmutter für irgendwelche reichen Leute aus Timbuktu. Neben dem Organhandel, ist das eine super Einnahmequelle. Na gut. Nach fünf Schwangerschaften, ist die Luft jetzt langsam raus und die Niere und einen Lungenflügel bekommt sie wohl auch nicht zurück, aber sonst läuft es Tippi Toppi. Sie hat ein Nagelstudio eröffnet und wird wohl bald mit dem Papst eine Boutique in Westerwalde auf die Beine stellen. Es fehlen nur noch ein paar Einreisepapiere. Dann schnell moch mal über die Seuchenmatte und ab geht die Luzy. Tja, wenn man es richtig anstellt ist das Leben einfach SUPI! Blackbird, ist aber so ganz anders, als ihre Mama. Sie ist Taff. Auf das Ziel fokussiert und hat den schwarzen Gürtel im Mikado oder Jiu Jitsu. Mmmmh. Ich muss einfach besser zuhören. Ihre Augen sind zwei dunkle Monde. Geheimnisvoll und gefährlich. Die spitz zugefeilten Nägel haben eine künstlerische Lackierung, die die Ebenen der Kalahari zeigt. Oder ist das Castrop-Rauxel? Ich hab ja mal sieben Monate in Nordrhein-Westfalen gearbeitet. Auf der Kirmes. Ein gutes Job Angebot von dem Glasaugen Schorsch. Ich war der schwarze Mann in der Geisterbahn. Leider bekam Linda, das war die Dorfschönheit, einen leichten Herzinfarkt bei meinem Anblick. Und, weil das die Tochter des Bürgermeisters war, hatte sich dieser Traumjob erledigt. Schade. Aber, für eine Dorfschönheit hatte die ganz schön viele Falten. Wie`s halt so geht, mit dreiundsiebzig. Wie dem auch sei. Blackbird schwebt, mit ihrer weißen Kochschürze und den weißen, blendenden Zähnen elfenhaft an mir vorüber Ich schaue sie einfach unheimlich gern an. Sie bewegt sich so geschmeidig und grazil. Wie so`n Panther auf der Jagd. Einfach geil. Ich bestelle eine Buchstabensuppe. Mein Lieblingsgericht. Die Selbstlaute sind mir, in den Jahren des Lernens, besonders ans Herz gewachsen. Ich schiebe Ludwig ein paar Wes und Ges rüber. Die hat er zum Fressen gern. Auf dem Tellerrand fügen sich einige Konsonanten mit Vokalen zusammen und bilden großartige Worte, auf die ich keinen Einfluss habe: Schwarzbrennerei. Ductulus. Franziska. Bergwacht. Asterix. Labertüte. Huhn. Mir fällt ein, das ich lange kein Überraschungsei hatte. Wenn man von dem Hühnerei absieht, das ich aufschlug und mir ein Küken entgegensprang. Affenfresse schlägt mir freundschaftlich mit seiner Pranke auf den Rücken und sofort flutschen ein paar Ahs und Ohs aus meinem Mund und knallen auf die Schwarzbrennerei. Sogleich macht er wieder auf Labertüte: „1867 wollten die Amerikaner etwas gegen das Analphabetentum tun und formten aus Teig die ersten Buchstaben. Das war gut, weil sie ja gerade Alaska von den Russen gekauft hatten und keiner genau wusste wie man Nikolajewitsch schreibt. In Good old Germany kam man erst 1884 drauf, das man gute Kohle mit der Bildung machen kann. Naja, die Jungs in Plüderhausen habens halt drauf.“ „Du sagst es.“ ,meine ich nur. Plötzlich scheppert es und der letzte, aus der Chaoten Truppe, stolpert herein. Ich bin ganz froh, das er heute keinen Minirock trägt. Seine behaarten Beine machen einfach keine optimale Figur, in dem kurzen gelben Kleidungsstück. Aber seine Federboa und die aufgeklebten, langen, roten Wimpern sind der Hammer. Heute hat er sich in ein grün-glitzerndes, schuppenartiges Etwas gezwängt, das ihm einfach großartig steht. Sein Kugelbauch fügt sich wunderbar in dieses extravagante Ensemble ein und sein Lächeln ist verschmitzt und schmutzig. Seit vielen, vielen Jahren besucht er jeden Donnerstag, regelmäßig die hiesige Feuerwehrwache, um als Drag Queen die jungen, kräftigen Burschen von seinem Talent zu überzeugen. Alle nennen ihn nur: Flüsterhannes. „De hamse wida, jestern, janz doll verhaun.“ ,spricht er mich ganz leise an. „Auf der Feuerwache?“ ,frage ich. „Ne. Bei de Hoppel Mopp in de Kaiserchaussee.“ „War da wieder Party? Der Spaten-Pauli ist bestimmt wieder ausgeflippt.“ „Jo. De hat de janze Ziet runmjebrüllt und wollt mi schlagn.“ „Was für ein Penner.“ „Ja. Is e groß Penn. Abe hab ihm de Pfefferspray in det Jesicht getan. Jetz is Ruh.“ „Na. Gott Sei Dank.“ Ich kann den Flüsterhannes gut leiden, weil der so schön leise redet und man den Schwachsinn nicht so merkt. Nun sitzen wir also alle an dem großen, runden, Tisch, der nur für uns reserviert ist. Wir sehen ziemlich majestätisch an ihm aus. In Fachkreisen, also bei den ganzen anderen volltrunkenen Idioten in der Kneipe, wird er die Tafelrunde der Glorreichen Acht genannt. Das trifft den Kern der Sache nur peripher, weil ich mich ja nicht dazurechne. Denn eigentlich sind die nur zu siebst. Siebnd? Siebdend? Boah. Also, SIEBEN Personen, die vorgeben ein alternatives Leben ohne die Lügen der Regierung durchzuführen. Denn, wie alle Verschwörungstheoretiker, wissen die genau, wer uns von denen da oben aufs Kreuz legen will und warum wir dagegen sein müssen. Ich bin wohl nicht schlau genug, um diesen Schwachsinn zu verstehen. Jeder hat sich den Namen eines Kämpfers auf seinen Platz eingraviert. Chris. Vin. O`Reilly. Chico. Lee. Luck. Britt und Emma Cullen. Ich hab meinen nur auf ein gebrauchtes Pflaster geschrieben. Wegen der Opposition und, weil ich jede Gleichheit ablehne. Und, weil ich voll dagegen bin. Wenn ich derzeit, in meiner letzten Stunde, unter dem Tresen verscharrt werde, wird genau das auf meinem Grabstein stehen: Nein Danke! Oder doch lieber Fickt euch ins Knie! Der Glasaugen-Schorsch hat mir erzählt, das – Die Glorreichen Sieben – ein ganz berühmter Film ist, in dem arme Bauern sich gegen marodierende Gaunerbanden auflehnen und schießwütige Cowboys anheuern, die dann alle niedermachen. Das hat ja so gar nichts mit uns zu tun, deshalb habe ich mir überlegt, das wir wohl eher die Ritter der Tafelrunde sind. Ich bin natürlich Artus der Ober-Fuzzi. Da kannte Affenfresse sich natürlich auch spitzenmäßig aus: „Also, der Jesus hat ja beim letzten Abendmahl aus einem Becher getrunken und der ist halt magnetisch. Ne stimmt nicht. Der ist magisch und aus Holz oder Plastik oder handgesägtem Asbest. Und weil die Jünger, wegen der Nachhaltigkeit, keinen Müll machen wollten, versteckten die den in einer Höhle und vergaßen den da. Ist ja logisch, weil Jesus ja am nächsten Tag gekreuzigt wurde und alle, andere Probleme hatten, als diesen bekloppten Becher zu holen. Und weil der ja Zauberkräfte hat, suchten die Ritter neunhundert Jahre später danach, um mit allerlei Tricks bei der nächsten Party groß raus zukommen.“ Nur gut, das Affenfresse geschichtlich so gut Bescheid weiß. Ich frag mich jetzt natürlich,wonach wir suchen und ob das generell Sinn macht? Und ob wir überhaupt ein gemeinsames Ziel haben? Na klar. Wir gehen alle in die Lampe. Wir sind alle Hornochsen und wir wollen alle einen Einbruch machen. Aber reicht das für Gemeinsam? Will ich ein Teil des ganzen bekloppten Ganzen sein? „Also, es ist doch so.“ meldet sich Wilson zu Wort. „Wir stehen in jedem Fall auf der Siegerseite, weil wir einen Mann bestehlen, der selber ein Dieb ist.“ „Ja, aber.“ ,meint Bingo. „Ist es nicht trotzdem irgendwie ungesetzlich?“ „Also.“ ,flüstert der Flüsterhannes. „Ich würd liebe de Moppel Hopp sin Goldzahn klaue und ihm dann de Maul stopfe.“ „Ich beantrage ein Fenster zu öffnen.“ ,nörgelt Karl. „Die Luft steht und stinkt nach Kuh. Ich bekomme schon wieder diesen Druck auf die Speiseröhre.“ „Das ist Tommy.“ ,erklärt Bingo. „Der kommt gerade aus dem Irak. Er hat da auf der Seite der Aufständischen gegen die Regierung gekämpft.“ „Ich war nicht im Irak.“ ,erklärt Tommy. „Sondern in Ithaka.“ „Ich finde Italien auch schön.“ ,lächelt Mandy mich lüstern an. „Weil es da so große Tomaten gibt.“ „Ithaka ist die Heimat von Odysseus.“ ,mischt sich Affenfresse ein. „Und liegt an der Westküste von Griechenland.“ „In Griechenland.“ ,sagt Blackbird. „Gibt es viele Griechen.“ „Ich dachte.“ ,gebe ich zu bedenken. „Wir sprechen über den Einbruch.“ „Also.“ ,beschließt Wilson. „Im Grunde ist die Sache ja schon beschlossen und jeder weiß über seine Rolle in diesem Stück Bescheid. Alle für einen und so weiter. Ich muss jetzt zu meiner Oma. Es gibt Eintopf.“ Auf jeden Fall bin ich froh, wenn das alles vorbei ist und ich wieder vor meinem Fenster sitzen kann und meine Gedanken Gestalt annehmen und nur mir gehören. Dann hat es endlich ein Ende mit WIR, dann heißt es nur noch ICH. ….......and a lot of black money! In letzter Zeit mache ich mir ein bisschen Sorgen, wegen meinem stetig, steigenden Alkoholverbrauch. Jeden Abend in der Lampe. Jeden Abend Bier. Ich verabschiede mich also mit einer lässigen Handbewegung und unsicheren Gang und kehre zurück in meinen Wohnwagen. In meine Festung der Einsamkeit. Weil der Wahnsinn häppchenweise kommt, halte ich in der Nacht Zwiegespräche mit meiner Leber: Leber: „Jo. Alter. Das reicht jetzt. Ich komme gar nicht hinterher, das ganze Bier, das du in mich rein schüttest zu verarbeiten.“ Ich: „Alter. Du bist meine Leber. Genau das ist deine Aufgabe.“ Leber: „Mann. Ich arbeite mir hier unten die Finger wund und jetzt muss ich mir noch dein blödes Gelaber anhören. Ein bisschen Dankbarkeit wäre schön. Du blöder Sack.“ Ich: „Du blöder Sack?. Wärst du nicht ein Teil von mir, würde ich dir jetzt die Ohren langziehen.“ Leber: „Hab gar keine. Du Schwachmat.“ Ich: „Na und. Finger hast du auch nicht. Du Arsch.“ Arsch: „Jo. Vergleich mich bitte nicht mit dem Abschaum. Ich hab schon genug mit Vorurteilen zu kämpfen.“ Leber: „Was mischt du dich denn jetzt ein?“ Arsch: „Halt die Fresse!“ Ich: „Sind wohl doch keine Vorurteile.“ Arsch: „Du hältst auch die Fresse.“ Leber: „Halt doch selber die Fresse.“ Ich: „Ihr haltet am besten alle die Fresse.“ Arsch. „Ich halt meine Fresse auf keinen Fall.Ich bin hier schließlich der Arsch.“ Lunge: „Boah. Ihr nervt alle. Wo währt ihr wohl ohne mich. Übrigens. Das mit dem Rauchen ist zum Kotzen.“ Parasymphatische Nervensystem: „Also, ich hab keine Lust mehr, jeden Tag nach dem Saufen, für das Erbrechen zu sorgen. Jeden Tag arbeiten! Kein einziger freier Tag und mein Jahresurlaub ist schon fünf Jahre her. Wenn das so weitergeht, fang ich auch bald an zu kotzen.“ Zwerchfell: „Das Einzige, was hilft, sind Serotoninrezeptorantagonisten. Die wirken dem Würgereiz entgegen.“ Arsch: „Das Einzige was hilft ist mit dem Saufen aufzuhören. Du Arsch.“ Zwerchfell: „Ich bin hier nicht der Arsch.“ Leber: „Nur der Arsch, ist der Arsch.“ Ich: „Ihr seid ALLE Ärsche. Mein Arbeitgeber. Mein Dad. Meine Schulfreunde, mit ihren tollen Jobs. Mein Gemüsefachhändler in der Karottengasse. Mein alternativer Freund, mit seiner Marihuana Plantage in Südamerika. Affenfresse. Bingo. Karl. Wilson. Ihr geht mir alle auf den Sack.“ Hoden: „Lass mich da raus!“ Lunge: „Du pfeifst doch auch schon auf dem letzten Loch. Ist doch schon Wochen her, das er mit Mandy rum gemacht hat und du zum Zug gekommen bist.“ Ich: „Das stimmt doch gar nicht. Hab sie erst letztens im Hausflur geknallt.“ Hoden: „Ja. Aber gekommen bist du nicht.“ Ich. „Boah. Haltet doch jetzt eure Fressen.“ Arsch: „Sag ich ja.“ Weil mir das alles zu viel wird, gehe ich in die Küche und koche mir einen Kamillen Tee. Ein bisschen Cognac rein und fertig ist der Mitternachtstrunk. Also. Für heute habe ich wirklich die Schnauze voll. Die Nacht gibt mir ordentlich auf die Glocke und ich schlafe wie ein Bär. So mir nichts, dir nichts ist auf einmal der neue Morgen da und ich lache ihm, so kurz vor dem Irrsinn, ins helle, nervende Antlitz. „Heute ist also Sonntag. Theatertag. Yippie. (Das ist ein ironisches Yippie und klingt eher nach dem depressiven Brunftschrei der Mooreidechsen in Dubai)“ Ich zwänge mich in meinen blauen Anzug und stelle fest, das ich am Bauch mega zu genommen habe. Scheiße. Wo ist meine Hammerfigur hin? Nur gut, das ich das, durch meine glasigen, vom Alkohol getrübten, Augen nur schemenhaft erkennen kann. Meine Haare entwickeln am heutigen Morgen auch wieder ein Eigenleben. Ich deute das, als ein sicheres Zeichen im Bett zu bleiben. Doch gerade, als ich beginne mich wieder auszuziehen, klingelt das Telefon: „Ziehst du dich schon an?“ ,fragt Mandy mit freudiger, jubelnder Stimme. „Genau.“ „Den Braunen?“ „Richtig.“ „Freust du dich?“ „Mega. Genau das habe ich mir immer an einem sonnigen Tag gewünscht.“ „Es regnet.“ ,sagt sie. „Genau.“ „Bist du betrunken?“ „Quatsch. Bin Total nüchtern. Ist ist 9:00 Uhr morgens.“ ,lalle ich. „Wirklich? Du klingst, als wärst du angetrunken.“ „Nö. Ich freu mich nur.“ „Dann bis gleich.“ „Wieso?“ „Theater. Premiere. Freude.“ „Klar. Sicher. Das wird super.“ „Victor!“ „Schon gut. Bis gleich.“ Ich bin nicht betrunken. Ich bin immer noch total voll und kann weder geradeaus gucken, noch geradeaus gehen. Ich glaub, ich muss gleich kotzen. Mit geschlossenen Augen, immer noch den Hörer in meiner verkrampften, rechten Hand, redet Mandy mir weiter ins gewissenlose Gewissen: „Das Stück fängt um Zwölf an. Sei bitte pünktlich!“ „Bin ich doch immer.“ „Nein. Bist du nicht.“ „Bis gleich Schatz.“ ,säusele ich. „Schatz?“ „Ich meinte nicht dich sondern die Nachbarin am Fenster mit dem geilen Arsch.“ „Du bist so gemein.“ „War nur Spaß.“ „Das ist nicht witzig.“ „Ne. Und die Nachbarin hat auch keinen geilen Arsch.“ Sie legt auf und meine Stimmung hat sich um dreiunddreißig Prozent nach oben geschraubt. Deshalb pfeife ich das Lied - Oh du schöner Westerwald - . Bis mir einfällt, das es verboten ist, weil die Nazis 1939 laut gröhlend, mit dem Refrain, in Polen eingewandert sind und alle Juden an die Wand gestellt haben. Demonstrativ kotze ich in den Papierkorb. Bin mir aber nicht sicher, ob es aus Verbundenheit zum jiddischen Volk, oder aus meiner Katerstimmung heraus passiert. Nach dem Duschen nehme ich mir vor, eine Liste aller verbotenen Lieder aufzuschreiben und sie an jeden Baum zu nageln. Also singe ich jetzt stattdessen: - Schatzilein - von den Wildecker Herzbuben. Das ist gut, weil da auch geile Gedanken dran hängen. Ich saß vor drei Jahren mit Steffi in der Lampe, um mir einen hinter die Binde zu gießen. Steffi ist eine großbusige, kleine, blonde Prostituierte, die gern gegen die Ausnutzung der Nutten durch die Freier protestiert. So jemanden hätte ich gern an meiner Seite gehabt, als ich noch Leerkarton Stapler bei Ikea war. Ein krisensicherer Job, bei dem ich mich aber auch immer ausgenutzt und mies behandelt fühlte. Der Vorarbeiter, war ein großer, farbiger Mann mit einer Narbe, die quer über sein Gesicht lief. Der hat mich jeden Tag schikaniert. Kaffee holen. Schuhe putzen. Boden mit der Zahnbürste schrubben. Klos auf Hochglanz wienern. Jeden Befehl ohne Widerrede befolgen. Das hat mich fertig gemacht. Bis ich feststellte, das ich in der Army, als Rekrut, meinen Dienst verrichtete und schon vor Monaten einen Trip eingepfiffen hatte, der mich ins Weltall katapultierte. Warum ich das jetzt erzähle ist mir ein Rätsel, also schlurfe ich erst mal unter die Dusche. So. Und, weil das alles hier so geil ist, singe ich die Arie - Che gelida manina - von Puccini. Ich stelle fest, das ich eine tragende, großartige Stimme habe. Da meine Nachbarn das auch so sehen, hämmern sie begeistert gegen die Wände. Schön, wenn man die Menschen glücklich machen kann. Ich habe mir vor zwei Tagen eine Erklärung, zum Thema Alkohol gegeben, die ich gut fand. Einen hinter die Binde gießen: 1529 waren die Reiterverbände der Kroaten ein Teil des habsburgischen Heeres und leicht zu erkennen an den weißen Tüchern um den Hals. Da sie gerne tranken und gutaussehende Burschen waren, hat sich dieser Begriff durchgesetzt. Die Franzosen übernahmen das Tuch. Sie hießen Cravatres Royaux. Da bedeutet königliche Anhänger. Daraus entwickelte sich die Krawatte. Gut das ich so schlau bin. Auf dem Weg zum Theater mache ich noch einen kleinen Abstecher ins Panoptikum. Dort treffe ich mich mit den Glorreichen, um den Einbruchsplan, den es ja eigentlich noch gar nicht gibt, noch einmal durchzugehen. „Wäre ein intimerer Ort nicht sicherer gewesen?“ ,frage ich. „Auf deinem Klo?“ ,äußerst sich Affenfresse. „Ne. Besser in seinem Schlafzimmer.“ ,zwinkert mir Blackbird zu. „Warum nicht gleich bei Moppel Hopp?“ ,erweitert Bingo die Möglichkeiten. „Bei Moppel Hopp will sich keiner treffen.“ ,erklärt Karl. Alle lachen. „Warum eigentlich nicht?“ ,fragt Wilson. „Alter. Moppel Hopp hat einen privaten Flohzirkus in der Herbertstraße. Von dort führt er die Geschäfte von Heinz, dem Promoter.“ ,meint Karl. „Aber der Heinz ist doch Zuhälter.“ ,sagt Affenfresse. „Und Promoter.“ ,fährt Karl fort. „Er hat unlängst den Moppel Hopp in den Ring geschickt.“ „Unlängst!?“ ,wiederholt Wilson, Augen rollend. „Det kennt ma wohl nich in Schlesien, Wa?“ ,berlinert Karl. Solche Gemeinheiten lässt sich der Wilson nicht gefallen und zimmert dem Karl richtig was auf sein flaches Gesicht. Jetzt sieht der Karl, wie Affenfresse aus und somit auch ein bisschen wie Robbie Williams. Aber so richtig glücklich ist er damit nicht. Da jetzt alle genervt sind, hat keiner mehr Lust über irgendwas zu sprechen. Auch nicht über den Einbruch. Schade. Scheint so, als würden sich alle auf mich verlassen. Gute Idee. (Hört irgendjemand die Ironie heraus?) Jedenfalls gehen alle in die Lampe, um sich einen oder auch zwei anzusaufen. Alle, bis auf Blackbird und mir. „Ich sag`s dir gleich. Auch, wenn dich dieser Körper (dabei deute ich mit der ganzen Hand auf mich) wuschig macht, werde ich dich nicht dingsen.“ ,sage ich. „Dingsen?“ „Genau. Dingsen.“ „Was meinst du damit?“ „Du weißt schon.....Flachlegen.“ „Flachlegen?“ „Yep.“ „Oh, du denkst, das ich scharf auf dich bin?“ ,fragt sie mit diesem unschuldigen Augenaufschlag, der mich ein bisschen aus der Fassung bringt. „Genau. Weil du nämlich immer siehst, wie ich dir hinterher glotze, obwohl ich das gar nicht will. Und, weil du merkst, wie meine Stimme zittert, wenn ich das zwölfte Bier bestelle.“ „Ich dachte immer, das liegt daran, das du ein versoffener Typ bist, mit dem es den Bach runtergeht.“ „Ja das stimmt. Aber eben auch, weil ich ich dich so scharf finde.“ „Ja. Ich dich auch.“ „Also. Dieser Körper ist willig (Ich deute wieder auf meinen Körper) und mein Geist ist schwach.“ Die glatte, hellbraune Stirn von Blackbird legt sich in Falten. Das sieht schon mal ziemlich entzückend aus, aber ich lasse mich davon nicht beeindrucken. „Du meinst ficken?“ ,fragt sie geradeheraus- Ich fühle mich ertappt und peinlich berührt und erregt, weil das erstens voll süß und naiv gefragt ist und zweitens den Nagel auf den Kopf trifft. Ich nicke total bekloppt, und viel zu schnell, mit dem Kopf. „Jaha.“ ,tue ich entrüstet und rolle mit den Augen, weil mir das als physische Reaktion meinerseits, als äußerst passend erscheint. „Also willst du mich nicht ficken?“ ,fragt sie weiter. „Ja. Doch. Schon. Aber...“ „Ich bin dir nicht hübsch genug.“ „Doch.“ „Ich errege dich nicht.“ „Doch.“ „Falsche Hautfarbe.“ „Quatsch.“ Wir stehen eine ganze Zeit rum. Keiner weiß so recht wie es weitergehen soll. Ich überlege auszuwandern, oder einen Döner zu kaufen, weil der kleine Hunger vor meiner Futterluke steht. Da macht sie plötzlich, ohne Vorwarnung, einen Schritt nach vorn und küsst mich. Meine Knie fangen an zu zittern und ich spüre wie mein Magen sich nach außen stülpt. Bin kurz davor zu brechen. Scheußliches, wunderbares Gefühl. Dann schaltet jemand das Flutlicht an und ich höre den Gefangenenchor von Nabuko. Kleine Engel sausen durch die Gegend und tanzen Samba. In Brasilien scheint die Sonne und mich fröstelt. Aufgrund des Musculus arrector pili reagieren 1.500.000 Nervenenden. Meine Haare richten sich auf und ich bekomme eine Gänsehaut vom Allerfeinsten. Das nächste woran ich mich erinnere, ist ihr kleines Mansardenzimmer in der Goethestraße 69 und ihre Vulva, die so niedlich ist, das ich ihr den Namen Eva gebe. Ich würde gerne sagen, das nichts passiert ist und wir nur ihre erogenen Zonen gecheckt haben, aber das wäre eine Lüge. Wir haben es wie die Verrückten getrieben und nichts ausgelassen. Sie meinte, das ich mich zu nichts verpflichtet fühlen müsse, denn schließlich hätte sie mich ja verführt und nicht andersrum. Das fand ich ziemlich bescheuert, weil ich ja in der ganzen Gegend als Frauenheld und großer Verführer bekannt bin. Aber das konnte ich mir nach dem Vorfall ja wohl abschminken. Ich nahm mir vor bei dem Treffen mit Mandy alles ins Lot zu bringen und ihr die Wahrheit zu sagen. Zwanzig Minuten später stehe ich vor dem Theater und vor Mandy. „Ist was passiert?“ ,fragt sie mitfühlend. „Du siehst so zerzaust aus.“ „Äh. Ne.“ „Willst du mir was sagen?“ „Ich?“ „Ja.“ „Ne. Wieso?“ „Du siehst so aus.“ Vorsichtshalber gebe ich ihr einen leidenschaftlichen Kuss auf den Hals und sauge mich daran, wie eine Krake mit acht Armen, fest. Es hat noch nie einen fetteren Knutschfleck gegeben. „Ich will dich.“ ,haucht sie mir, schwer atmend, ins Ohr. Ich hab`s euch gesagt. Großer Verführer. Ein Mann mit Bart und einem Glöckchen in der Hand, klingelt zum Beginn der Vorstellung und wir suchen unsere Plätze und finden sie auf alten, roten Polstersitzen, die muffig und alt riechen. Ich fühle mich unwohl. Mandy drückt mir ein Programmheft in die Hand. Kandinsky Ein Theaterstück in 3 Akten 1. Akt > Zu Hause Akt > Im Park Akt > Am Check Point 1. Akt Ein Wohnzimmer. Bieder eingerichtet. Mittelstand. Uralte Möbel. Schwer und klobig. In der Ecke brennt eine Tischleuchte. Der Fernseher läuft. Auf dem Sofa sitzt ein Mann mit weißer Unterhose und Unterhemd. Der Mann ist dick und ungepflegt. Er ist Pole und ein Trinker. Im Aschenbecher, auf dem Tischchen, mit gehäkelter weißer Tischdecke, liegt eine, vor sich hinglimmende, Zigarette. Der Mann schläft und schnarcht und röchelt. Es ist Kandinsky. Er trägt immer noch die schwarze Hornbrille. Seine Halbglatze wird nur spärlich durch die, von der Seite rüber gekämmten Haare, verdeckt. Plötzlich wird umständlich ein Fenster geöffnet und ein, mit engem, schwarzem Lycra Anzug gekleideter Mann, stolpert ins Zimmer. Dadurch wird Kandinsky wach. „Was? Wer?“ ,fragt Kandinsky, verwirrt in den Raum blickend, „HA! HA! Ich bin es der Fürst der Finsternis (tiefe theatralische Stimme).“ „Klaus bist du das? Das ist nicht witzig. Überhaupt nicht witzig. Du weißt wie Magda ist.“ „Hier ist nicht Klaus. HIER IST DER TOD! (dramatische Musik, dramatische Pose des Mannes).“ Er ist spindeldürr und hat ein altes, faltiges Gesicht. „Wenn sie mich überfallen wollen, kann ich ihnen gleich sagen, das sich alle Wertsachen in einem Schließfach auf der Bank befinden. Meine Frau Magda sorgte gleich bei unserer Heirat vor 18 Jahren für die Sicherung unseres Schmucks und wichtiger Papiere.“ „Ich will dir keine Wertsachen nehmen, sondern nur das Leben.“ „Wie jetzt?“ „Ich bin der Tod. Verdammt noch mal. Die Leute kacken sich in die Hose, wenn sie meinen Namen hören.“ (Er ist verärgert.) Der Teufel geht zum Wohnzimmertisch und nimmt sich einen Keks und spuckt ihn in seine Handfläche. „Boah. Schmeckt echt Scheiße.“ „Die hat Magda gemacht. Ich finde sie sehr lecker.“ „Na, dann nimm dir mal einen. Ist für eine sehr lange Zeit, das letzte was du zu dir nimmst.“ „UUUUUUUUUUUUUhhhhhhhhhhhhh. Ich hab`echt Angst.“ ,Kandinsky lacht. Er fuchtelt wild mit den Armen und rollt ängstlich mit den Augen. Dann lacht er wieder. Der Tod ignoriert das. „So, dann wollen wir mal schauen.“ ,sagt der Tod laut und kramt in seiner Tasche. Er zieht einen Zettel hervor. „Also. Kandinsky. Echt? Wie der Maler? Verwandt? Das ist ein komischer Typ. Pfeift jeden Morgen die Marseillaise. Langweilige Bilder. Brillanter Witze Erzähler. Tut immer so, als sei er noch 13 Jahre alt und würde in einem Baumhaus hausen. Wohnhaft in der Seegasse 112. Vor 30 Jahren aus Russland emigriert. Jüdische Wurzeln.“ „Ich möchte, das sie jetzt mein Haus verlassen, oder ich rufe die Polizei.“ „Nur zu. Aber, zieh dich an. Das dauert alles schon wieder viel zu lange.“ Kandinsky geht zum Telefon. Es ist tot. Sein Blick geht zur Wanduhr. Sie zeigt auf eine Sekunde nach Mitternacht und ist stehengeblieben. „Also Kandinsky. Wir müssen los. Wir werden erwartet.“ ,gibt der Tod genervt von sich. „Aber wieso. Ich bin kerngesund. Ich will nicht gehen.“ „Tja. Das hast du nicht zu entscheiden.“ „Aber wer entscheidet das denn? Man muss doch dagegen angehen können. Ich werde eine Beschwerde schreiben an......an......“ „Gott?“ Kandinsky ist verwirrt. Man sieht wie er nachdenkt „JA! AN GOTT!“ ,ruft er aus. Der Tod fängt an zu lachen, das sich in ein brüllendes Gelächter steigert und in einem Hustenanfall endet. „Tja. Ich sage es mal so. Mein Bruder macht ja immer auf dicke Hose. Schon damals. ´Ich erschaffe eine neue Welt.`, sagte er. ´In 6 Tagen.`“ (Er imitiert Gott mit großer Geste und donnender Stimme.) „Aber.“ ,fährt er fort. „Er ist einfach nur ein alter, cholerischer Mistkerl und nervt alle mit seinen Stimmungsschwankungen.“ „Wie jetzt? Gott ist dein Bruder? Das höre ich zum ersten Mal. Ich dachte der Tod ist ein, in Verruf geratener Engel, der sich gegen Gott gewandt hat.“ „Boah. Und genau das ist es. Das ist so nervig. Mein Bruder wird immer als der Held hingestellt und ich bin immer der Idiot. Der Böse. Ich mache doch auch nur meinen Job und bekomme trotzdem immer auf die Fresse. Bildlich gesprochen.“ „Ja, du bist nicht gern gesehen. Ist doch logisch. Ich mag dich nicht.“ „Mit dir zu reden ist, wie mit einer Ziege zu quatschen. Nur Gemecker! Mit der Welt wäre es schon längst vorbei, wenn es mich nicht gäbe. Überbevölkerung, Krankheit und Zerstörung.“ „Ich muss mich erst mal setzen. Das ist einfach zu viel für mich.“ Kandinsky schwankt und setzt sich. Er hält sich den Kopf. Bekommt Schweißausbrüche. Der Tod holt ihm ein Glas Wasser und setzt sich auch. „Hast du auch Männergetränke?“ ,fragt der Tod. „Magda meint das ist nicht gut für mich. Wegen der Gesundheit.“ „Pussy!“ Kandinsky steht auf, geht zum Bücherregal und greift dahinter. Er holt eine Flasche Cognac hervor und gießt beiden ein. „Oh. das gute Zeug. Lecker.“ Eine Zeitlang sitzen sie herum und trinken und schweigen. „Sie nörgelt ständig an mir rum. Tu das nicht. Mach das fertig. Les mal ein Buch. Les nicht immer Comics. Geh öfter duschen. Das nervt!“ ,sagt K. plötzlich. „Dein Arbeitgeber ist ja die Hölle.“ ,sagt der Tod lachend. Kandinsky reagiert nicht darauf, sondern stiert weiter vor sich hin. „Verstehst du den Witz? Hölle. Ich sagte Hölle.“ ,erklärt der Tod. „Ich meinte meine Frau Magda. Und ja. Ich habe deinen Witz verstanden. Magda ist wirklich die Hölle. Wie konnte es nur so weit kommen. Wir haben uns doch mal geliebt.Jetzt leben wir nur, wie zufällig, im gleichen Haus und essen die gleiche Marmelade. Dabei würde ich viel lieber Honig auf mein Brötchen geben. „Ohja. Lecker. Hast du Brötchen und Honig?“ „Hörst du mir nicht zu? Ich bekomme in diesem Haus nur Marmelade.“ Kandinsky und der Tod verdrehen gleichzeitig die Augen. „(Zu sich selbst.) Hat der Kerl nicht mal Honig. Ist das zu glauben.“ ,flüstert der Tod. „Das habe ich gehört.“ „Solltest du auch.“ Kandinsky geht zum Lichtschalter und schaltete das Licht ein. „Herr Gott noch mal.“ ,ruft der Teufel und schirmt seine Augen mit der Hand ab. „Denk doch mal nach. Ich komme von einem wirklich finsteren Ort, den man allgemein als Hölle bezeichnet. Denkst du, ich stehe auf diese grelle Flutlicht Beleuchtung? „Oh, Scheiße. Tut mir leid.“ ,entschuldigt sich K. „Ja.Ja. Und lass das Fluchen. Nur weil ich der Tod bin heißt das nicht, das ich keine Manieren habe. „Tut mir leid.“ „Und entschuldige dich nicht immer. Kein Wunder, das deine Frau dich für eine Pussy hält.“ „Du hast recht. Keiner wird mich vermissen. Ich hinterlasse keine Fußspuren. Es überdauert nichts von mir. Niemand wird sich an mich erinnern. Ich habe immer das Paradies gesucht und nicht gefunden. Paradies? Das waren immer die anderen. Die haben die Karrieren gemacht. Die haben haufenweise Geld verdient. Ich bin zur Arbeit gegangen. Ich habe gegessen. Geschlafen. Getrunken. Ein bisschen Liebe gemacht, aber das war meistens auch langweilig. Ich habe, ein nicht getrautes Leben gelebt. Ich war ein Jedermann. Scheiße. Der Tod setzt sich aufs Sofa, Kandinsky geht zum Fenster und schaut hinaus. „Ich glaube ich hätte öfter NEIN sagen sollen. NEIN zu Tomatensoße. NEIN zu weißen Unterhosen mit Eingriff. NEIN zu Marmelade und NEIN zu Sergeant Pepper`s Lonely Hearts Club Band. „Dein Gejammer macht dich da unten nicht gerade beliebt.(Der Tod deutet mit dem Zeigefinger Richtung Boden.) „UHHHHHHHHHHHH. Jetzt hab ich aber Angst.“ ,sagt K. mit voll genervter Stimme. „Wie stellst du dir die Hölle vor?“ „Genauso so beschissen, wie die Welt hier oben.“ „Eigentlich dachte ich du wärst ein ganz netter Typ. Aber du bist genauso, wie die anderen Idioten. Versuchst dich überall herauszuwinden und glaubst, das du mit dieser Masche durchkommst. Aber diesmal nicht. Ich werd dich mitnehmen.“ „Aha. Das heißt es gibt die Möglichkeit nicht mitzugehen.“ „Unter bestimmten Voraussetzungen. Ja.“ „Zum Beispiel.“ „Kannst du wichtige Gründe geltend machen, die dich zum Bleiben zwingen?“ „Ich hab einen wichtigen Termin beim Orthopäden.“ „Zählt nicht.“ „Hämorrhoiden?“ „Nein.“ „Kalzium Intoleranz?“ Der Tod zieht eine Augenbraue nach oben, um sein Missfallen zu bekunden. „Zieh dich an!“ ,befiehlt er schließlich. K. zieht sich widerwillig an. Mit merkwürdigen Sachen. „Ist das dein Ernst. So willst du da unten auftauchen. Mein Gott. Die werden sich scheckig lachen. Ich wette, das hat deine Frau für dich ausgesucht. Sind die aus einem Container für Drittländer?“ „Was sind denn Drittländer.“ „Da kommen die Sachen hin, die man nicht wegwirft, weil man sie, wegen des schlechten Gewissens, ja auch nach Afrika schicken könnte, wo sie dann von einem Typen, mit Rolex am Arm, gesammelt werden, der damit das dicke Geld macht und alle anderen leer ausgehen.“ „Du willst mir nur was vormachen.“ „Das brauche ich nicht, das besorgst du schon selbst. Schau dir einfach deine Ehe an. Selbstbetrug. Schau dir die Ehe von deinem Saufkumpel Dave an. Selbstbetrug. Schau dir Jedermanns Ehe an. Anfangs denken immer alle das große Los gezogen zu haben. Dann lernen sie den anderen kennen und merken, das er genauso rülpst und furzt, wie alle anderen auch. Das es nicht der goldene Reiter ist, den sie sich immer gewünscht hat. Das er genau der Looser ist, den sie nie haben wollte. Ja, und er merkt, das sie immer mehr zu der Frau wird, der er eigentlich entfliehen wollte, aber von der er einfach nicht loskommt. Seiner Mama.“ „Du bist so ein krankes Arschloch.“ ,knirscht K. „Die Wahrheit tut weh.“ Kandinsky reißt den Fernseher von der Wand und das Bücherregal mit den Paperbacks von Konsalik pfeffert er auf den Boden. Er gibt unverständliche tierische Laute von sich. Er ist außer sich. Halb wahnsinnig. Schließlich beginnt er zu schluchzen. „Ist schon gut. Ich verstehe dich.“ ,meint der Tod beschwichtigend. Er legt freundschaftlich die Hand auf seine Schulter. „Schau mal. Die meisten sind blind. Du bist halt ein Herdentier und folgst den anderen Schafen.“ ,erklärt der Tod ihm ganz ruhig. Kandinsky schlägt die Hand weg. „Soll mich das jetzt beruhigen?“ ,schreit K. ihn an. „Na klar. Weil das zeigt, das du nicht allein bist. Du wirst dich sehr wohl bei uns fühlen. Schau mal wir haben Hitler. Stalin. Freud. Martin Luther King jr. „Luther?“ „Na klar. Der ist `ne ganz große Nummer bei uns. Kennt die ganz schrägen Katholiken Witze und kann ganz toll Churchill nachmachen. „Du verarscht mich.“ „Ja. Wir haben Luther nicht und Freud auch nicht. Die sind bei meinem Bruder. Aber ich hab Hitler. Naja, der ist langweilig. Und nervig. Schreit die ganze Zeit rum oder sitzt still in der Ecke und redet mit sich selbst. „Boah ja und wenn sein Seitenscheitel nicht sitzt wirft er immer seinen Kopf zur Seite. Das sieht total behindert aus. „Richtig. Richtig.“ Beide lachen. Kleine Pause. „Also gut. Es wird Zeit. Gehn wir. Ich habs satt hier rumzusitzen und so zu tun, als würde alles wieder in Ordnung kommen.“ ,meint der Tod, laut ausatmend. Sie stehen auf und zwängen sich durch das Fenster. Beide gehen weg. Im Weggehen hört man noch den Tod. „Du wirst sehen. Es wird dir bei uns gefallen. Wir haben ein großes Freizeitangebot: Mensch ärgere dich nicht und Kniffel und Antisemitenschach. Aber das spielen nur Hitler und Göring.“ Akt Eine Parkbank im Park. Bäume. Vollmond. Kandinsky und der Tod kommen auf die Bühne. „Wie oft soll ich es noch sage. Ich hab mich nicht verlaufen. Der Weg machte eine Abzweigung und ich bin halt links gegangen.“ ,sagt der Tod. „Wege machen keine Abzweigung. Sie haben eine Abzweigung.“ „Machst du wieder auf Schlauberger? Damit kannst du bei mir nicht punkten. „Ach. Wie kann ich denn bei dir Eindruck schinden? Indem ich ähnliche Gräueltaten wie Attila vollführe? Oder soll ich mit Himmler Bruderschaft trinken. Aus welchem Grund soll ich eigentlich in die Hölle?“ „Das sind ja eine Menge Fragen.“ „Ich hätte gern `ne Antwort.“ „Auf welche Frage?“ „Warum soll ich in die Hölle?“ „Das können wir gleich an der Station abfragen.“ „Häh?“ „Wir werden sicher die Station gleich finden. Ich bin da nur an der Ecke falsch abgebogen...... Routenplaner, habe immer wieder zu ihm gesagt, gib mir ein Handy mit, aber mein Herr Bruder will ja immer alles traditionell. Ich sagte ihm, das mit dem Paradies wäre eine Scheiß Idee, aber nein. Er musste ja unbedingt Adam erschaffen und dann noch diese scharfe Braut. Dann gibt er ihnen auch noch die Entscheidungsfreiheit und Erkenntnis und wem schiebt er das in die Schuhe? Genau. Einer Schlange, einem Apfel und Eva. Unglaublich. Dieser Penner.“ „Reden wir immer noch von Gott, wenn wir von deinem Bruder sprechen?“ „Von wem denn sonst. Er hat immer die Honigkekse bekommen und ich nur die Krümel. Denkst du, da ist man glücklich? Ich war nicht immer in der Hölle tätig. Ich war auch mal ein Engel und dann ist mir nur ein kleiner Fehler unterlaufen. Ein Minischnitzer und schon war ich raus aus dem Spiel. Nix mit eigenes Reich. Nix mit Familie. Nix mit Kinder. Scheiße!“ Der Teufel ist außer sich und versinkt dann in Lethargie. „Oh Mann. Das tut mir leid. In meiner Ehe war ich immer der ruhige Pol. Vielleicht zu ruhig. Irgendwann sagte Magda ich, sei der langweiligste Mensch seit Neil Armstrong den Mond erobert hat. Das wäre wohl der Zeitpunkt gewesen, mit der Faust auf den Tisch zu hauen und dagegen anzuschreien, aber stattdessen habe ich meine Schürze angelegt und den Abwasch gemacht. Schätze wir sind beide Looser.“ ,sagt Kandinsky. Es entsteht eine kleine Pause, in der er an den Fingernägeln kaut. „Das ist ekelhaft. Lass das, du bist doch keine 9 Jahre alt. Kein Wunder das deine Frau ständig auf dir rumgehackt hat.“ Kandinsky ist kurz vor dem Explodieren. Er ist extrem angespannt. „Verdammte Scheiße. Ich hab die Schnauze voll. Du blöder Wichser. Du hast kein Recht, mich so fertig zu machen. ,schreit K. Den Tod an. Kandinsky springt ihn an und die Beiden ringen. Es sieht irgendwie stümperhaft aus. „Du Pussy. Du kämpfst sogar wie ein Mädchen. Wo sind deine Eier? Hast du die auf dem Mond gelassen?“ ,ruft der Tod. Jetzt rastet K. völlig aus und prügelt auf den Teufel ein. Danach liegen sie schwer atmend auf dem Rücken. „Das war ein guter Kampf. Unentschieden.“ ,meint der Tod. Kandinsky gibt ihm einen weiteren Schlag aufs Zwerchfell. „AU! Alles klar, du hast gewonnen.“ ,röchelt er. Beide Lachen. Sie liegen eine Zeit lang nach Luft ringend da. „Mein Leben ist echt Scheiße gelaufen und nun ist es zu spät um es zu ändern.“ „Ja. Zu spät.“ ,flüstert der Tod. „Ich dachte immer, das das Leben sich von selbst verändern würde. Das alles gut werden würde, aber das tut es nicht. Nichts wird gut. Ich habe einen Sohn. Er ist 13 und fett, wie ein Walross. Ich habe ihn damit aufgezogen. Ich habe ihn für seine Unfähigkeit gehasst. Dabei habe ich ihm genau das vorgelebt. Dinge nicht zu tun. Ich hasse mich und mein Junge hasst sich. Und mich. Scheiße was bin ich nur für ein Arschloch.“ „Mann, sei nicht so hart zu dir. Du bist ein nettes Arschloch.“ „Danke.“ „Tja. Dann lass uns mal los. Wir müssen einchecken.“ „Einchecken?“ „Ja, Petrus nimmt`s sehr genau. Nerviger Typ.“ Sie verlassen den Park. Akt Sie stehen vor einem Schreibtisch. „Äh.“ ,gibt K. Von sich. „Ja?“ „Was machen wir hier?“ „Du bist kein guter Zuhörer.“ „Das stimmt nicht. Wenn ich eins gut kann, ist es zuhören. Das war immer mein Problem. Mädchen fanden mich nie scharf oder aufregend. Ich war immer nur der Zuhörer. Der Idiot, der ihnen bei ihren Problemen half. Ärger mit dem Freund? Herbert weiß Rat. Stress mit den Eltern? Geh` zu Herbert, der weiß Bescheid. Generve mit den Hausarbeiten? Du kannst bei Herbert abschreiben. Aber, Eis essen oder ins Kino mit Herbert. Vergiss es! Langweilig! Spaßbremse!“ „Ja. Kenn` ich. Erinnerst du dich an Maria Magdalena? Die war ja mit Jesus zusammen. Große Liebe und so. Du weißt, was ich meine. Die ersten Monate war alles locker, aber dann fängt er an von Gott zu reden und liebe deinen Nächsten und diesen ganzen Scheiß und Zupp. Maria ist vollkommen genervt. Sie also zu mir und mich vollgequatscht. -Jesus ist nicht mehr zu Hause. Er zieht nur noch mit seinen Jüngern, um die Häuser, wäscht fremden Bräuten die Füße und tut keinen einzigen Handschlag mehr im Haushalt.- Naja rate mal wer sich diesen ganzen Mist anhören muss. Richtig. Als hätte ich nicht genug am Hacken. Das war zu der Zeit, als sie die ganzen Frauen gesteinigt haben. Ich hatte einen Sack voll Arbeit. Stattdessen sitze ich bei Maria in der Küche, trinke abgestandenen, warmen Apfelsaft und höre mir ihr Gemecker an. „Hast du Zigaretten dabei?“ „Hab´s vor dreitausend Jahren aufgegeben. Das ist Gift für deinen Körper.“ „Meinst du, das spielt in meiner Situation noch eine Rolle?“ Der Teufel denkt nach und schüttelt dann den Kopf. „Ich denke Petrus hat sich vom Acker gemacht.“ „Petrus?“ ,fragt K. „Ja. Der bedient den Check-in Schalter. Boah. Der ist so nervig. Wenn es nicht nach seiner Nase geht, geht`s gar nicht. Naja, wundern tuts mich nicht. Erinnerst du dich, als Jesus gekreuzigt wurde und die Römer die Gegend durchstreiften, um die Jünger auch ans Kreuz zu nageln? Rate mal wer gesagt hat, das er den Namen Jesus noch nie gehört hätte.“ „Echt? Petrus? Dieser kleine Sack!“ „Das hat er natürlich unter den Tisch fallen lassen. Ist bei seiner Bewerbung, als Himmelstürsteher, nicht aufgetaucht. Stand einfach nicht drin.“ „Genau und nicht nur ein mal, sondern zweimal.“ ,gibt K. seinen Senf dazu. „So ein kleiner Pisser und mich schwärzt er bei meinem Bruder an, weil ich ein paar Rosinen aus dem Garten Eden stibitzt habe.“ „Was für ein Arschloch.“ Beide nicken zustimmend. „Tja. Es muss trotzdem voran gehen. Also wolln mal sehen.“ Der Tod setzt sich an den Schreibtisch und holt ein Klemmbrett hervor. Er sucht nach einem Schreiber und findet einen Bleistift. „Name?“ „Du kennst meinen Namen.“ „Ich mache hier nur einen Job. Also. Name?“ Kandinsky verdreht die Augen. „Kamdinsky.“ „Vorname.“ „Herbert.“ „Wohnhaft in.“ „Semmelgasse 13. Gleich neben dem Bäcker.“ „Neben dem Bäcker?“ „Ja.“ „Ist das der Ferdinand Gruber mit seinem Zwillingsbruder Heinrich Lemke?“ „Ja.“ „Da muss ich heute auch noch hin.“ „Oh mein Gott. Die sind doch grad 25 geworden.“ „Und?“ „So jung zu sterben, ist grausam.“ „Ach so. Nein. Die machen so leckere Franzbrötchen und da wollte ich noch ein paar mitnehmen, für mich und meine Belegschaft. Du weißt ja, gutes Personal ist schwer zu kriegen und da muss man hin und wieder was springen lassen.“ „Ja. Ja. Können wir jetzt weitermachen?“ „Sei doch nicht so zickig. Oder hast du schon ein Date in meiner Unterwelt? „Na klar. Calligula. Herodes. Heinrich der VIII. Charles Manson. Ich freu mich drauf, mit diesen kranken Wichsern einen draufzumachen und so zu tun, als würden mich ihre perversen Geschichten interessieren.“ „Meine Güte. Bei mir gibt es auch ganz normale Menschen, die nur einen Anderen totgefahren haben.“ „ABER! WAS SOLL ICH DENN IN DER HÖLLE? VERDAMMTE SCHEIßE! ICH HABE NICHTS SCHLIMMES GETAN!“ ,schreit K.,völlig außer sich. „Schau mal, ich hab auch meine Vorgaben. Ich kann mich nicht um jeden Einzelnen kümmern. Weißt du wie viel ich tagtäglich hier durchschleusen muss?“ „Nein. Das weiß ich nicht und es interessiert mich auch nicht.“ „Ach, herrje. Jetzt bricht mir auch noch der Bleistift ab. Wie oft hab ich schon zu ihm gesagt, wir brauchen ein ordentliches, elektronisches Datenverarbeitungssystem, um die ganzen Seelen vernünftig zu erfassen und einzuordnen. Aber nein, der Herr weiß ja wieder mal alles besser. Ein Bleistift und eine sinnvolle Ablage reichen. Aber wie oft hatten wir schon den Falschen. Da mussten wir dann wieder einen Antrag zur Rückführung stellen. Dann war Petrus wieder nicht am Platz, weil er mit Gott einen Trinken war. Dann hatten sie den Antrag verlegt. Naja. Letztendlich musste er dann einfach da bleiben.“ „Wer?“ „Na der Dings, mit dem.....und den............Herr Gott. Wie heißt das denn jetzt. Na. Der hatte so ganz dünne Arme. Aus Indien. War früher Anwalt. Hat sein Volk von den Engländern befreit.“ „Gandhi?“ „Oh, mein Gott. Ja. Danke. Gandhi. Netter Typ. Aber ich mach mir ein bisschen Sorgen, weil er grade die ganzen bösen Jungs auf den rechten Pfad bringt und das zu Tumulten führen könnte. Das wäre blöd. Ich sagte ja schon: Wir sind chronisch unterbesetzt.“ „Ich glaube, das du deinen Job gründlich satt hast.“ „Aber so was von. Weißt du ich würde gern was mit Holz machen.“ „Figuren schnitzen?“ „Särge!“ „Särge?“ „Ja überleg doch mal. Was braucht jeder irgendwann mal.“ „Was in die Fresse?“ „Nein. Einen Sarg. Eine schöne Holzkiste. Verziert mit wundervollen Schnitzereien.“ „Das ist morbide. Warum nicht irgendwas Sinnvolles.“ „Ja. Vielleicht den Leuten Versicherungen andrehen, die sie nicht brauchen. Ich will etwas machen das mir Spaß macht. Das wolltest du doch auch. Ich sag dir was. Die sollen ihren Scheiß hier, von nun, an allein machen. Wir verziehen uns.“ In einer dramatischen Geste wirft er den Bleistift auf den Boden und den Tisch um. „Aber ich muss doch einchecken. Das gibt doch wieder nur unnötig Ärger. Und ich will keinen Ärger.“ ,jammert Kandinsky. „Du musst im Leben auch mal was wagen. Du musst aufstehen und sagen: Nicht mit mir! Hier ist Schluss!.......Sag es!“ „Was?“ „Sag: Nicht mit mir!“ „Nicht mit mir.“ „Lauter.“ „Nicht mit mir!“ „Lauter!“ „Nicht mit mir!!!!!!!!!!!!“ „Ja. Alles klar Kumpel.“ Der Tod klopft ihm anerkennend auf die Schulter „Und jetzt?“ ,fragt Kandinsky. „Jetzt fängt unser neues Leben an. Als erstes holen wir uns ein Franzbrötchen. Ich lad dich ein. Achso, trägst du dich noch aus der Liste aus.“ „Ist das wirklich nötig?“ „Wir sind doch keine Tiere. Ein bisschen Ordnung muss sein, Kandinsky.“ „Kannst du mich beim Vornamen nennen?“ „Sicher Kandinsky. Sicher.“ Beide gehen von der Bühne. Die Stimmen werden leiser. „Sind wir von Links oder von rechts gekommen?“ ,fragt der Tod. „Echt jetzt?“ „Scherz. Ich weiß, das wir von links gekommen sind.“ „Wir sind von rechts gekommen.“ „Wirklich?“ „Ja.“ „Lass uns trotzdem links gehen.“ „Warum?“ „Ich wollte immer schon mal sehen, was auf der anderen Seite ist.“ Der Vorhang schließt sich und Beifall brandet durch die Reihen. Ich sitze da und überlege, was der ganze Scheiß soll. Sicher. Es gab einige Höhepunkte und hier und da, war es auch witzig. Aber trotzdem hat es mir wertvolle Lebenszeit, die ich auch sinnlos vor meinem Fenster hätte verbringen können, geraubt. Naja was solls. Hin ist hin und weg ist weg. Ich entschließe mich also einigermaßen positiv in die Zukunft zu schauen und spucke einen Fussel, der sich in meinem Mund eingenistet hat, auf den abgelaufenen Teppich des Theaters. Jetzt hätte alles wunderbar laufen können. Zwei Frauen am Start. Das ganz große Ding im Theater. Geld im Überfluss. Sex, bis zum Abwinken. Leider kommt sie mir doch auf die Schliche, weil ich ihr schuldbewusst auf den Haaransatz gucke. „Was ist mit dir los?“ ,fragt sie. „Ich hatte was mit einer anderen Frau.“ ,sage ich gerade heraus, weil ich das Lügen satt habe. Tja, statt Sex in der Gardrobe gibt’s jetzt eine Ohrfeige und Gezeter. „Du bist so ein mieses, verlogenes Stück. Ich hasse dich.“ ,schreit sie mich an. „Aber...“ „Sag einfach nichts mehr. Ich habe dich geliebt.“ „Ja. Ich dich doch auch.“ „Lüg mich nicht noch an. Das kann ich nicht ertragen.“ ,brüllt sie. „Es gab doch auch schöne Zeiten.“ Voller Wut fegt sie mit der Hand das komplette Popcorn vom Tresen. „Heißt das: Es ist vorbei.“ ,frage ich. „Ja.“ „Also vorbei – vorbei? Zu Ende? Aus? Nicht einfach nur eine kleine Pause und morgen essen wir zusammen Eis?“ „Du bist wie dieser Typ im Theaterstück.“ „Der Brasilianer?“ „Der Pole. Victor. Der Pole. Du bist so vollkommen desinteressiert an allem, das es weh tut. Du bist ein Arschloch. Ich verstehe nicht, wie ich dich je lieben konnte.“ Ich gebe ihr innerlich recht. „Du blöder Wichser.“ ,sagt sie weinend und geht weg. Ich stehe da und merke das Erste mal wirklich, das ich tatsächlich ein blöder Wichser bin. Und zum Ersten mal, ist es mir nicht egal. Ich rufe also Blackbird an, die mich auch abserviert, weil sie mich, wegen Mandy, für ein komplettes Arschloch hält. So, jetzt hab ichs also geschafft. Natürlich hab ich auch nix ausbaldowert. Nix darüber rausgefunden, wo die Kohle oder die Meterbrote sind. Deshalb werden mich die Glorreichen Sieben also auch hassen. Scheiße. Ich bin ein Aussätziger. Ein Leprakranker. Jeder meidet mich und macht einen großen Bogen. Sogar der Abschaum. Die, mit denen sonst keiner redet. Sogar die ignorieren mich. Ich sitze in der Lampe auf meinem Stuhl, schaue aus dem Fenster und da sehe ich ihn. Ein großer Vogel. Ein Phönix erhebt sich aus der Asche. Seine Schwingen sind riesig. Er schaut mich an. Er ist wunderschön. Ich suche Ludwig in meiner Tasche und finde ihn nicht. Auch er ist fort. Ich bin traurig und allein. Ein Bier erscheint vor mir. Ich stehe auf und lasse es stehen. Draußen singen die Vögel. Ich habe sie nie zuvor gehört. Die Sonne scheint. Ich spüre sie auf meiner Haut. Ein Mädchen, mit einem weißen Kleid und roter Schärpe kommt vorbei. „Du siehst traurig aus.“ ,sagt sie. „Das bin ich auch.“ „Meine Mama sagt: Traurigkeit ist ein Gefühl.“ „Da hat deine Mama recht.“ „Hast du Gefühle?“ „Ich weiß nicht. Ich fühle mich manchmal so tot.“ „Meine Mama sagt, das das nicht geht, weil, wenn man tot ist, alles vorbei ist.“ „Kann sein.“ „Du bist nicht tot. Du atmest.“ „Das Leben ist langweilig.“ „Das Leben ist das, was wir daraus machen.“ „Sagt Mama?“ „Nein. Ich. Wenn ich hungrig bin, esse ich. Wenn ich durstig bin, trinke ich. Wenn mir langweilig ist, spiele ich.“ „Klingt einfach.“ „Ist es auch.“ Februar 2020 - Februar 2022 von Axel Bruss (Theaterstück) – (Der Rest)
  13. Axel

    Der Totschläger

    Der Totschläger Er bestand aus einem, mit Leder umwickelten Hartgummistab. Am unteren Ende befand sich eine Schlaufe und am Oberen eine etwa Golfball große Metallkugel, die ebenfalls in glattem Leder eingenäht und fest ummantelt war. Er konnte für verschiedene Dinge benutzt werden. Zum Betäuben von Fischen, um etwas in die richtige Form zu bringen oder um Menschen gefügig zu machen. d Bruno trug einen schwarzen, maßgeschneiderten Anzug. Immer. Die Hose besaß eine messerscharfe Falte an jedem Bein. Die Jacke, tailliert, hatte vorn zwei Brusttaschen, mit silbernen Druckknöpfen, die brüllende Löwen zeigte. Der Kragen, kurz und aufgestellt, gab ihm den Anschein von Korrektheit. Das schwarze Seidenhemd ließ er sich aus China kommen. Die dunkelblaue Krawatte mit den goldenen Lilien, sollte seine angebliche Verbindung zur französischen Monarchie zeigen. Er achtete grundsätzlich auf schwarze Socken und blankpolierte Schuhe, die, wie sollte es anders sein, schwarz sein mussten. Ein breiter, zusätzlicher Gürtel enthielt allerlei Gerätschaften: {} Handschellen, glänzend und silbern. {} Ein kleines Etui mit einer Lederschlinge. {} Einen engmaschigen Stoffsack, zusammengerollt. {} Ein Stab aus Ebenholz. Sein Kerbholz, mit fünf Markierungen. {} Und eben jener Totschläger. Bruno achtete auf seinen Körper und die entsprechende Hygiene. Er legte großen Wert darauf gut zu riechen. Sein rasiertes, markantes Kinn zierte eine kleine Narbe, die er sich, laut eigener Aussage, bei einem Hahnenkampf zugezogen hatte. Das diskutierten wir einige Tage, kamen aber auf keine Lösung. War er der Hahn? Schiedsrichter? Veranstalter? Oder lag es an einer Prügelei, mit dem Buchmacher, wegen verlorener Wetten? Hahnenkämpfe unterlagen seit einigen Jahren einem Verbot durch die Regierung, hatten aber sicher ihren Reiz, wenn man schwitzende, schreiende Männer die fiebernd und sabbernd um einen kleinen Pferch herumstanden, um ihr sauer verdientes Geld zu verlieren, mochte. Manche trugen kleine Messer. Andere Macheten. Die feineren Herren wurden von ihren Leibwächtern begleitet. Die nicht so Feinen von Flöhen und Kakerlaken. Der fürchterliche Gestank von Pferde Dung und das Schreien trächtiger Schweine gehörte ebenso dazu, wie das verrückte Lachen von Cotton Eye Joe. Ein missgestalteter Zwerg der aus Südamerika, mit einer Schauspieltruppe, eingereist war und hier vergessen wurde. Und alle hatten nur ein Ziel >>>>>>>>>>>>>>>>> Reich zu werden!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Gewalt beherrschte diesen Mikrokosmos in dem sich die komplette Gesellschaft der Menschheit widerspiegelte. Die Dummen. Die Hässlichen. Die Schlauen. Die mit und ohne Frauen und der Abschaum. Die Übergänge waren natürlich fließend und auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Es gab durchaus Jene, die nach außen hin ganz vornehm taten, aber innerlich total verfault waren. Da standen sie, ganz dicht gedrängt in zittriger Erwartung und wenn die Hähne endlich aufeinander losgelassen wurden, war es als würden die Männer miteinander kämpfen und ihr Blut und Leben lassen. Wir gestanden Bruno jede Art Gemeinheit zu, denn er war der Teufel in Menschengestalt. Die reine Bosheit und ein Schweinepriester erster Güte. Nichts war diesem Mann heilig und er kannte keine Grenzen. Von oben wurde er gedeckt und nach unten schlug und trat er, bis seine Schuhe blutig und verkrustet, vor die Tür zum Reinigen gestellt, am nächsten Morgen wieder sauber waren. d Wir lebten in einer fröhlichen, meist unbeschwerten Gemeinschaft. Unsere Gruppe bestand aus 6 Männern. Der 7te wurde vor 2 Tagen abgeholt, um einen vernünftigen Haarschnitt zu bekommen und ist bis jetzt nicht zurückgekehrt. Er hatte wahrhaftig lange Haare, aber ich muss bemerken, das dies absolut dem Schönheitsideal jener Zeit entsprach und er nicht der Einzige war, der aufgrund dessen von diesen finsteren Gesellen verschleppt wurde. Ich glaubte keine Sekunde an ein gutes Ende und es gab Gerüchte, die von einem dunklen Ort berichteten. Von Grausamkeiten wider der Natur. In der Nacht, wenn wir in unseren Betten lagen, hörten wir seltsame Geräusche. Ich wusste nicht, ob sie ob sie wahrhaftig erklangen oder meinem müden Geist entsprangen. Auch gab es auf dem großen Platz, gleich hinter den Bäumen ein Gebäude, das alle nur die Werkstatt nannten. Repariert und in Stand gehalten wurde dort nichts. Es passierten andere Dinge dort. Seltsame Dinge. Wie dem auch sei. Wir versuchten das Leben zu nehmen, wie das Leben eben war. Manchmal warst du oben. Manchmal warst du unten. Wir waren immer mittendrin. d Unsere Truppe saß im Erlebnisraum. Ein hübscher, viereckiger Kasten mit grellem Licht und nackten, gelben Wänden. Ich stellte mir immer vor, das es die Sonne wäre, dessen Schimmer sich im Kalk der Mauer brach und nicht das Neon Licht. Auch am Abend und in der Nacht, wenn die Wölfe ihr Unwesen in mir trieben. Das machte es mir leichter, zu vergessen, wo ich mich tatsächlich befand. Die staubblinden Fenster lagen hinter rostweißen Gittern, die innen und außen angebracht waren. Sie sollten Sicherheit vermitteln und das rechneten wir ihnen hoch an, denn Sicherheit war ja so wichtig. Zur Freude aller, wurden vor 3 Jahren Blumen angeschafft. Kakteen, Lilien, Farne und Disteln. Allesamt aus Plastik. Niemand durfte sie berühren und der Staub von 36 Monaten drückte ihre Blätter Richtung Boden. Der bestand aus Linoleum und zeigte ein Schachbrettmuster, auf dem die Könige und Bauern, am 1. Mai ihren Tanz vollführen durften. Gerade an diesem Tag dachte ich immer, das ich nur mit Idioten zusammen sei. Wir saßen also im Erlebnisraum und frönten einer unserer Leidenschaften. Dem Bleigießen. Allerdings ohne Blei, denn an dem herrschte Mangel. Doch davon ließen wir uns nicht beirren und versuchten es mit den verschiedensten, anderen Materialien: Stoff. Blätter. Sperma. Holz. Erde. Haarschuppen und die Haut von Egon. Nach diversen Experimenten fanden wir schließlich heraus, das es mit Kerzenwachs am besten ging. Egon stahl es, während des Küchendienstes, aus dem obersten Schrank. Gleich neben den abgezählten Nudeln und den nachgemachten Tomaten aus Holz. Die Arbeit in der Küche war bei allen beliebt, weil es dort am ehesten die Möglichkeit gab sich mal satt zu essen. Egon hatte das auch bitter nötig. Denn, obwohl er von den anderen nur PF, also Pommesfresse genannt wurde, verlor er wahnsinnig schnell an Gewicht, wenn er nichts aß. Seine 108 Kilo, bei einer Körperlänge von 1,48 waren Segen und Fluch zugleich. Natürlich versuchte er seine Masse zu halten und tat dies mit aller ihm zur Verfügung stehenden Schläue. Zugegebener Maßen war das nicht viel, denn seine Intelligenz stand in keinem Verhältnis zu seiner Körperfülle. Er schleppte einen riesigen, runden Bauch vor sich her und keuchte dabei wie eine liebestolle Dampflok. Seine viel zu kurzen, grauen Flanellhosen hielt er mit roten Hosenträgern an der richtigen Stelle. So knapp unter den Achseln. Damit machte er sich nicht nur innerlich sondern auch für jedermann sichtbar, zum Trottel. Nichts desto Trotz war Egon ein herzensguter Kerl mit braunen Augen, die keine Wimpern besaßen. Denn die rasierte er, genau wie die Brauen, immer mit einem blank geschliffenen Nagel ab. Er trug eine runde Brille. So, wie John Lennon, der Gitarrist der Beatles, in den 70ern. Egon`s schneeweißen, vollen Haare saßen wie eine Eins und waren akkurat an der Seite gescheitelt. Er hielt sie mit zahlreichen Kinderklemmen, die Marienkäfer und Hummeln obenauf hatten, an der richtigen Stelle. Diese standen ihm gut und unterstrichen seine weibliche Seite aufs allerschönste. Er fraß alles, was ihm zwischen seine Wurstfinger kam: Altes Brot, Schweinenackenkotelett das eine fauligen Beigeschmack hatte, Radieschen aus Wachs und Tomaten aus Holz. Kleine Lederstückchen aus den gestohlenen Einlagen Bruno`s und Katjes. Sein Appetit, war grenzenlos und seine Dummheit auch, denn eins war sicher, würde er so weitermachen, wäre ein Darmverschluss unvermeidlich und das wäre dann das aus für unseren Plan, den wir in einer Nacht im Sommer, kurz vor Mitternacht ausbaldowert hatten. Wir nannten ihn: Die große Flucht! Ein großartiger Plan. Er zeigte noch ein paar Lücken hier und da, aber im Großen und Ganzen, war er perfekt ausgearbeitet. Bis auf den Anfang....................und das Ende..........und die Mitte. Mit Einzelheiten hatten wir es nicht so. Aber wie sagte schon meine Oma immer: „Alles beginnt mit einer Idee.“ d Ich glaube es war an einem Mittwoch, weil das der einzige Tag in der Woche war, an dem wir baden durften, als Bruno alle zusammenrief und meinte: „Freunde, Genossen, Kupferstecher. Wir sind eine Gemeinschaft und in einer Gemeinschaft muss jeder seinen Beitrag leisten. Es gibt subversive Elemente, die glauben sich an unserer Gemeinschaft bereichern zu können.“ Für mich war das zu viel GEMEINSCHAFT. Er machte eine dramatische Pause, um gleich den Hammer raus zuhauen. …..............und schon ging´s weiter. Er stellte sich in Positur. Sah aus wie eine Ratte die sich streckt, um sich gleich darauf zu übergeben. „Die Welt, meine Freunde, teilt sich in zwei Bereiche. Die, die herrschen und die Anderen.“ ,tönte Bruno voller Überzeugung. Darüber waren wir alles andere als glücklich, denn wir wussten das es nun noch schlimmer werden würde. Wir nahmen einen bei uns auf der Treiber hieß. Ein komischer Kauz, der die eine Hälfte des Tages damit verbrachte sich die Hände zu waschen und die andere sie abzutrocknen. Den Rest vermied er zu berühren und ließ auch keinen anderen an seinen Leib. „Christus durfte auch keiner anfassen.“ ,betonte er immer. Das Ekzem, das sich auf seinem Körper ausbreitete, führte zu blutigen, aufgekratzten Stellen auf seiner bleichen Haut. Er machte den Eindruck, als ginge er auf Stelzen. Sein Gang wurde behindert durch eine Fehlstellung seiner Gelenke an den spargeldünnen Beinen. Seinen Rücken bedeckten zahlreiche, verheilte und wieder aufgeplatzte Risse, die er sich selbst, mit einem dicken Seil, zugefügt hatte. „Ich mache diese Welt zu einem besseren Ort, durch meine Qual.“ ,flüsterte er. Langsam bekam ich die Idee ich sei der einzig Normale in einer Welt voller Bekloppten. Aber sicher war ich mir nicht. Seine Nase zeichnete sich durch ständigen Schorf aus, den er immer wieder ab pulte, um zu verhindern das es heilte. Er meinte, das heile Haut zu bilden nicht der Weltordnung entspräche. Jeder hatte wohl seine eigene Vorstellung von der Welt und wie die Ordnung darin auszusehen hätte. Treiber ging, wenn ihm eine Zwangswaschpause auferlegt wurde, 18 Stunden am Tag im Kreis. Mir wurde schon schwindelig beim Zusehen. Jeden Dienstag bestand er auf eine zusätzliche Stunde, die ihm meistens gewährt wurde. Aber wenn nicht, herrschte großes Chaos in unserem Erlebniszimmer. Da wurde geschrien und Stühle flogen durch die Luft. Einige lachten und ein paar weinten. Treiber gebärdete sich wie der Typ, den sie später ans Kreuz nagelten, weil er übers Wasser ging. „Und Jesus ging in den Tempel hinein und trieb heraus alle Verkäufer und Käufer im Tempel und stieß die Tische der Geldwechsler um und die Stände der...“ Es schien mir immer so, als hätte Bruno genau auf diese Momente gewartet, denn dann kam sein geliebter Totschläger zum Einsatz, den er freudig hervorholte, um die Ruhe wieder herzustellen. Zu unser aller Entsetzen zog er manchem auch das Spucknetz über den Kopf. Es sollte verhindern, das der Geschlagene sich durch Speichelfluss oder herausschleudern selbigen, gegen die Prügelattacke wehrte. d Der Mittwoch begann mit einem wundervollen Frühstück: Eine Tasse Tee. Ein Brötchen. Ein kleines Stück Butter. Etwas Marmelade. Ein Ei. Darüber waren alle glücklich. Bis auf Manolito. Ein kleiner Spanier mit dunklen, freundlichen, angsterfüllten Augen. Der Mittwoch, sagte er, sei schrecklich, da sein Ich und sein Körper sich bis Mitternacht in Glas verwandelten und ihn, bis dahin, keiner berühren dürfte, da er sonst in tausend Stücke zerspringen würde. Zu diesem Zweck stellte er sich in die äußerste Ecke des Raumes und baute einen Wall von Tischen und Stühlen, um sich herum auf. Die kleinen Fähnchen die er gebastelt hatte, standen dekorativ darauf und wehten beim Öffnen des Fensters lustig im Wind. Manolito lachte allerdings nie am Mittwoch. Niemals nicht, wie er ständig sagte. Nicht mal ein Grinsen. Auch kein zucken der Mundwinkel. Wir überlegten, ob wir Gürkchen, Eiersalat und Melonen Stücke zu den Fähnchen stellen sollten und sprachen über ein Barbecue. Das verwarfen wir allerdings nach 20 Minuten, da auch daran Mangel herrschte. Bruno beobachtete uns, mit seinen triefenden, geröteten Augen, am Mittwoch besonders genau. Er war an diesem Tag die Trompete und Manolito`s Stühle Festung Jericho. Fast schien es mir als hätte Bruno uns alle auf den Kieker und konnte uns nicht leiden. „Er kann uns nicht nur, nicht leiden, sondern er hasst uns.“ ,grollte Treiber. „Aber manchmal sehe ich den Ansatz eines Lächelns.“ ,sagte ich sanft. „Du bist so ein Arsch.“ ,zischte er und schaute mich böse dabei an. Ich ließ es dabei bewenden, weil ich keinen Streit provozieren wollte, konnte aber den ganzen Tag nichts essen, weil es mich mental doch ganz schön mitnahm. Da passte es ganz gut das Mittagessen und Abendbrot ausfielen, weil gerade Mangel an Nudeln und Brot herrschte. Bruno`s blutunterlaufene Augen starrten auf unsere Köpfe ohne zu blinzeln, was wahrscheinlich die blutunterlaufenen Augen erst möglich machte. Ich bewunderte ihn fast, denn auf seine kranke Art, wie nur er sie zeigen konnte, tat er alles, um seinen sadistischen Job so gut wie möglich zu erledigen. Mein bester Kumpel hieß Ivan. Sein langer, dünner Körper steckte in viel zu kleiner, viel zu kurzer Kleidung. Er betonte immer das Hose und Jacke die richtige Größe hätten, aber durch eine Laune der Natur, würde er jeden Morgen um halb sieben 2,35 m groß werden und dadurch in Kinderklamotten stecken. Gott. Er war so lustig. Wir lachten immer Tränen, wenn er von seiner Heimat im Ural erzählte. Von seiner Mama und den wollenen, langen Unterhosen. Den kleinen Lehmhäusern und seiner Babuschka, die ihn immer an die Schweine verfüttern wollte, weil er ein Tunichgut und Physiker war. Ich sagte darauf immer: „Aber da gibt es doch keinen Unterschied!“ ,worauf alle wieherten, wie die Wildpferde in Kasachstan. Konnte ,mit ihm über alles quatschen. Sein Intelligenzquotient lag weit über dem Durchschnitt. Ich war nicht ganz so schlau, aber natürlich klüger, als all die anderen Knallköpfe aus der Gruppe. Ivans gutmütiges Naturell und sein Pferdegebiss mit dem er die Nationalhymne klappern konnte hatten eine positive Wirkung auf uns alle. Wenn er in das Zimmer kam sah es aus, als ob er die Sonne mitbrachte und das konnten wir alle gut gebrauchen. Ein besonders stiller Kumpan saß grundsätzlich vor dem riesigen Fenster auf der linken Seite des Zimmer. Der Axt Mann. Sein faltiges Gesicht erzählte tausend Geschichten. Die schweren Lider verdeckten fast komplett die Augen und ließen nur kleine Sehschlitze frei. Ich war mir nicht sicher, ob er überhaupt Augen besaß, oder nur dunkle Höhlen. Es gelang mir nie, ihn direkt anzusehen, weil ich immer das Bild dieser furchtbaren Leere vor mir hatte. In einer stillen Minute verriet er mir, das er vor 40 Jahren seine Adoptiveltern erschlagen hat. „Mit diesen Händen.“ ,sagte er immer wieder und blickte die ganze Zeit auf seine geöffneten, verkrampften Finger. „Ich verstehe meine Gewissensbisse nicht. Sie haben es verdient.....“ ,fuhr er fort. „Menschenhandel. Prostitution. Drogen. Und ich mittendrin. Irgendwann hab ich`s nicht mehr ausgehalten.“ Er erzählte noch andere Dinge. Schreckliche Dinge. Unaussprechliche Dinge. Danach wollte ich sie auch erschlagen. d In unserem Verein gab eine einzige Person, die es besser, als all die anderen hatte. Er sah merkwürdig aus. Wie aus einer anderen Galaxie. Ein Außerirdischer. Ein Freak. Seine Stirn zeichnete sich durch eine wulstige Ausbuchtung, die wirklich abnorm groß über seinen Augen hing, aus. Dadurch passte ihm kein Hut. Seine fusseligen, schwarzen Haare lagen spärlich auf dem fast kahlen Kopf herum, doch er versuchte es durch vergebliches herumlegen und herüber kämmen zu kaschieren. Er schielte stark und seine großporige Haut zeigte riesige Krater, wie auf der Mondoberfläche. Als wären tausend Meteoriten eingeschlagen und hätten ihn für immer deformiert. Ein starker Haarwuchs auf seinem Körper führte zu Stellen mit langen, schwarzen Büscheln, die wie geheimnisvolle Inseln auf seinem Leib rumlagen. Er weigerte sich, sie abzurasieren, weil sie ihm eine mystische Aura verliehen. und er glaubte seine Kraft zu verlieren, wenn er sie abrasieren würde. „Ich brauche sie.“ ,jammerte er in seinen schwachen Momenten. Er war ein nerviger, kleiner, paranoider Sack. Wir liebten ihn sehr. Tiomkin lag in einem Einzelzimmer. Das richtete er sich wunderschön mit aufblasbaren Dinosauriern an den Wänden und einer Wachstischdecke ein. Das Plastikgeschirr, von dem er seine Nahrung einnahm, bezog er aus Japan. Die Zeit, als Schönheitschirurg lag schon einige Zeit zurück, dennoch hatte er sich die Würde und Arroganz dieser Handwerkskunst bewahrt und betrachtete jeden, unterhalb eines Professors, als nichtsnutziges Schlachtvieh und Bodensatz der Gesellschaft. Seine Hände strahlten eine überirdische Schönheit aus. Jedes mal, wenn ich sie ansah hörte ich die wundervolle Musik Mozarts in meinem Innern. Seine Augen brauchten eine Sehhilfe, aber er besaß nicht einfach eine Brille. Nein. Tiomkin klemmte sich ein Monokel vor das rechte Auge und sah damit auf uns herab. Wir fragten uns, warum er sich zum 16:00 Uhr Tee einen Smoking überzog, wenn er sowieso allein war? Aber alle stimmten damit überein, das niemand dieser Kleidung mehr Würde verleihen konnte, als er. Bei dem Anblick seiner tiefblauen Augen und grauen Schläfen musste ich immer an, Vom Winde verweht, denken. Ein großartiger, 4 Stunden dauernder Film, bei dem mir regelmäßig der Hintern einschlief. Und ich an den Spruch meines Kumpels denken musste: „Jetzt schläft der Arsch schon wieder!“ Aber ich schweife ab. Der Donnerstag war mir, abgesehen vom Freitag und Sonntag, der liebste Tag der Woche, denn an diesem Tag gab es Kartoffelbrei mit brauner Soße. Dieses Essen verbreitete nur durch seine bloße Anwesenheit einen üblen Geruch und schlechte Laune, die allerdings in strahlenden Sonnenschein gewandelt wurde, da ich wusste, das Mr. Magic ein kleines Tütchen von seinem Zauberpulver unter dem angebrannten, säuerlichen Kotelett hinterlegte. Mr. Magic, unser örtlicher Drogenkurier, legte großen Wert auf einwandfreie Ware, solange die Penunsen in ausreichender Menge und geordnet in seine Tasche flossen konnten wir alles ordern, was der Markt bieten zu bieten hatte. Tiomkin bunkerte reichlich Zaster in seiner Matratze. Die Kohle nahm er damals den alten, reichen Lady`s für die Wiederherstellung ihrer Gesichtsbaracken ab. Und da es stinklangweilig in unserem Laden und das Essen zum Kotzen war, gab es nur eine folgerichtige Entscheidung. Wir mussten mit dem besten Koks, das die Westküste zu bieten hatte, versorgt werden. Die Erscheinung von Mr. Magic glich tatsächlich der eines Zauberers, obwohl er nur der Hilfskoch war. Von mickriger Gestalt, trug er nur die besten Markenklamotten und ließ sich von den teuersten Nutten seinen Schniedel polieren. Er war ein Protzer vor dem Herrn und liebte es sich in Szene zu setzen. Zur Arbeit fuhr er grundsätzlich mit seinem metallic - blau lackierten Caddy. Er stellte extra einen Zwerg aus der nahen Gnomschule an, damit der seine Chromteile wienerte, bis sie blitzten und blinkten. Natürlich hatte Mr. Magic, wie wir alle, nicht alle Latten am Zaun und ohne Koks wäre er genauso ein armes Würstchen gewesen, wie wir. Er erzählte Geschichten von der Welt da draußen. Er konnte gut erzählen und in jeder Story, war er der strahlende Held. Er schlug jeden zu Boden, der ihm blöd kam. Er schleppte die tollsten Frauen ab. Er fuhr die teuersten Karren und alle Unterweltbosse schauten zu ihm auf. Wenn man ihn so reden hörte, gehörte ihm Amerika, inklusive Kanada und Großbritannien. Die Kolonien Indien und China hatte er abgegeben, weil ihm das zu viel Arbeit kostete, aber er wolle sich demnächst mal in Russland umschauen und wenn es ihm gefiele dort König oder Kaiser werden. Als ich meinte in Russland könne er nur Zar werden, wurde ich 1 Woche vom weißen Pulver ausgeschlossen und schniefte statt dessen eine Mischung aus Pfeffer und kleingehackten Pekannüssen, versetzt mit Scheuerpulver. Anfangs knallte das ganz gut, bis ich anfing Engel zu sehen die mir den Stinkefinger zeigten. Also die Idee war dann doch nicht so gut und ich hörte damit auf, als mein Riechkolben auf die Größe einer Bananenstaude aus Südamerika anschwoll. Aber in der darauffolgenden Woche, war ich wieder der beste Freund von Puff the magic Dragon und nach einer extra Zahlung von Tiomkin entsorgten wir das komplette Mittagessen und zogen uns das Pulver, an den Löchern der Nasenscheidewand vorbei, ins Gehirn, bis unsere Zähne klapperten und uns der Schleim von einer Woche aus der Nase Lief. Wir fühlten uns unbesiegbar. Wir waren die Faust im Nacken des Feindes. Der Speer auf dem Weg ins Ziel. Wir waren Handgranaten und wir zogen selbst den Sicherungsstift und explodierten. Das war immer ein schwieriger Moment für alle, da Bruno seit einigen Wochen seine Lauscher in Hab Acht Stellung brachte, um zu erfahren wohin der Hase lief. Er spürte, das da irgendetwas im Busch war und er wollte sich nicht die Gelegenheit für ein brutales Vorgehen entgehen lassen. Da stand er also. Genau in der Mitte des Erlebnisraumes und beobachtete uns. „Wer von euch braucht einen neuen Haarschnitt? Wer will in die Werkstatt?“ , wiederholte er in einer Tour. Er ließ den Totschläger immerzu durch seine, mit dunklen Adern durchzogene, ekelhafte Hand gleiten und glotzte mit Argusaugen von einem zum anderen. Wild entschlossen jemanden zu finden der aufmuckte. Wir taten so, als würden wir es nicht bemerken und mussten uns das Lachen über soviel Dummheit verkneifen. Vollgepumpt bis zum Stehkragen hielten wir uns für schlauer, als dieser dämliche Penner. Wir spielten blinde Kuh und die Reise nach Jerusalem. Alles lief seinen gewohnten Gang, bis Tiomkin sich auszog und anfing wie ein Hahn zu krähen, da er meinte die Sonne wäre aufgegangen und er müsste seinen Job nun mal erledigen, egal was die anderen Schweine und Esel dazu sagten. Wir fingen fürchterlich zu lachen an. Alle. Bis auf Bruno. Der kam, mit schnellen Schritten auf Tiomkin zu und knallte ihm seinen Totschläger auf den Kopf. Es knackte in Tiomkins Schädeldecke und dann fiel er einfach zu Boden. Bamm. Da lachten wir dann nicht mehr. Das rote Blut sah, auf dem Linoleum, mit dem Schachbrettmuster, wie ein künstlerisches Gemälde von Da Vinci oder van Gogh aus. Irgendwie schön. So, als hätte Tiomkin es selbst arrangiert. Das gönnten wir ihm. Die Leichenträger hatten Mühe ihn auf die Bahre zu legen, weil alles so glitschig war. Die Polizei wurde nicht benachrichtigt, weil das ja nur ein bedauerlicher Unfall war. Das sagte jedenfalls der Direktor und es gab keinen Grund das zu bezweifeln. d Ich hatte großen Appetit auf eine Birne, aber leider herrschte auch da großer Mangel. Als ich Bruno freundlich darauf ansprach. wurde er sehr ungehalten und schrie ich sollte mich um meinen Kram kümmern. Darauf meinte ich, das dies doch mein Kram wäre. Er schlug mir mit seiner Faust ins Gesicht, wobei ich meinen oberen Schneidezahn einbüßte, und trat mir, mit seinen schwarzen, blankpolierten Stiefeln in den Bauch. Auf der Krankenstation gab man mir einen Einlauf und zwei Aspirin. Es ist gut, Fachpersonal an der richtigen Stelle zu haben. Nach zwei Wochen, Bruno hatte seinen freien Tag, setzen wir uns zusammen. Treiber, Egon, Manolito, Ivan, Axt Mann und ich. Wir tranken Kaffee und taten so, als wenn wir uns über das Wetter und die dicken Weiber in Block A unterhielten. (Wir taten auch so, als ob wir Kaffee tranken, denn daran herrschte Mangel.) „Wir sollten dieses Schwein einfach erschlagen.“ ,meinte Axt Mann. „Und dann? Wir wären immer noch hier und die hätten die Schlüssel.“ „Wir könnten eine Untersuchung aller Vorfälle beantragen.“ ,sagte Manolito. „Ich beantrage ein Fenster zu öffnen, die Luft ist sehr stickig.“ ,flüsterte Ivan. „Die Fenster lassen sich nicht öffnen.“ ,sagte ich. „Wann ist eigentlich Donnerstag. Ich halte das nicht mehr lange aus.“ ,jammerte Treiber. „Heute ist Freitag.“ ,stellte ich fest. „Was!!!!!!!!!!!!!“ ,heulte Treiber auf. „Freitag?“ „Lasst uns Bruno einfach erschlagen. Ich besorge uns eine Axt.“ ,flüsterte Axt Mann. „Aber woher denn. Es herrscht bestimmt Mangel an Äxten.“ ,stellte Manolito fest. „Mr. Magic wird uns helfen. Macht eure Kohle locker.“ ,befahl der Axt Mann. „Ich hab` Hunger.“ ,stellte Egon fest. „Es ist wirklich stickig hier. Was war nochmal mit den Fenstern?“ ,fragte Ivan. „Die lassen sich nicht öööööööööööööööööööööffnen.“ ,antwortete ich gereizt. Da alle ins Wochenende wollten, wurde die Sache beschlossen und die Hinrichtung auf Sonntag nach dem eingebildeten Kaffee gelegt. Vielleicht gab es ja auch eingebildeten Kuchen, am besten Erdbeer. Das passte allen am besten, denn eine halbe Stunde später gab es >Vom Winde verweht< und das wollte niemand verpassen. Samstag war ja immer Kinoabend. Am Sonntagmorgen schien die Sonne in unser Fenster und der Schlafsaal wurde in in helles überirdisches Licht getaucht. Ein großer Apfelbaum stand an der Straße Bismarckallee und gab den Menschen Frieden und Schatten. Die radioaktiven Brennstäbe strahlten mit mir um die Wette und ich machte das Rennen. Endlich konnte ich im Dunkeln leuchten. Ein Einhorn flog um einen Kirchturm, wieherte fröhlich und wollte mich zum Bier einladen. Ich lächelte. Plötzlich schlug Bruno mit seinem Totschläger gegen das nächstliegende Bett und stahl mir meinen Traum. Das grelle Neonlicht klatsche mir direkt auf das Gesicht und in die Pupille und gleich darauf kam auch der erste Schlag. „Ich hab gesagt du sollst aufstehen. Du blöde Sau.“ ,schrie Bruno in mein Ohr. Ich zuckte mit meinen schmächtigen Schultern und gähnte herzhaft. „Wo sind eigentlich die Nudeln mit roter Soße, die man mir seit 12 Monaten versprochen hat?“ ,fragte ich unschuldig. „DIE WAS!!!!!!!!“ ,brüllte er in mein anderes Ohr. „Nudeln....Tomatensoße....12 Monate.....versprochen.“ ,wiederholte ich die entscheidenden Wörter. Bruno lief rot an und begann zu schwitzen. Kleine Tröpfen bildeten sich auf seiner runzeligen Stirn und liefen schließlich in kleinen Bächen über sein hässliches Gesicht. Stellte mir vor, wie es von Axt Mann heute gespalten würde. Das gäbe eine ganz schöne Sauerei. Überlegte, ob ich eine Gummischürze tragen sollte. Verwarf das aber gleich wieder, da mir weißes Gummi einfach nicht stand. Außerdem bestand ein großer Mangel an weißem Gummi. Da hatte ich wohl mal Glück. Bruno wendete sich einem anderen Opfer zu. Treiber zog gerade seine blauen Socken mit den Löchern an, als ihn der Totschläger hinterm Ohr traf und er zu Boden ging. Es war nur ein leichter Schlag. Nur eine Zurechtweisung. Röchelnd nahm Treiber die gelben, heilen Socken aus dem Schrank und zog sie über die Blauen. Es wurde sehr viel Wert auf ordentliche Kleidung gelegt. Bruno stürmte aus dem Saal. Laut fluchend. Stühle und Betten umwerfend. Wir brauchten unbedingt einen großen, festen Plastiksack in dem wir seinen scheußlichen Körper verpacken konnten. In meiner Heimat gab es einen tiefen See in den meine Freunde und ich allerlei Sachen versenkten. Wir waren Kinder und warfen die Weidenstöcke unserer Väter, mit denen sie uns verprügelten, die Schlüssel der Keller, in die sie uns sperrten, die Kochlöffel, die wir auf unserem Rücken spürten, wenn wir nicht spurten, hinein. Bruno würde sich in diesem See auch gut machen. Er wäre in guter Gesellschaft. Er wäre endlich dort angekommen, wo er hingehörte. Nun ja. Meine Pläne wurden über den Haufen geworfen, als Treiber dem Oberarzt, der ihm gerade eine Beruhigungsspritze geben wollte, einen Bleistift in den Hals rammte und Manolito den Schwestern und Pflegern Rattengift ins Essen mischte. Wir legten die Körper in den Kühlraum und stellten fest, das es reichlich Fleisch, Obst, Nudeln und alle möglichen Soßen gab. Wir waren im Schlemmerparadies gelandet. Halleluja. Wir waren sehr glücklich und warteten auf Bruno der sich in der Toilette eingeschlossen hatte und seinem Ärger, durch das Fluchen richtig schlimmer Worte, Luft machte. Der Hilfskoch, Mr. Magic, nutzte die Zeit, warf reichlich Nudeln in den Topf und in einen anderen unsere geliebte rote Soße. Die Sonne schien durch das Fenster und verwandelte die Küche in ein paradiesisches Trotoar auf den Seyschellen. Treiber sagte, Trotoar sei französisch und hieße Bürgersteig. Ich meinte, wenn das wirklich so wäre, läge China sicher auch in Billstedt und Trump wäre Eisverkäufer in Wilhelmsburg. Er entgegnete das China in Asien läge und dieser Trump ihm nicht geläufig sei, da er schon 20 Jahre in dieser Einrichtung sein Leben fristete. Axt Mann bekam einen Rappel und schnappte sich das Beil vom Tresen, stürmte in die Toilette und zerrte Bruno da raus. Der zog seinen Totschläger und schaute, wie ein wild gewordener, brünstiger Elch in die Gegend. Manolito schlug ihm das Höllenfolterwerkzeug aus der Hand und gab ihm eine saftige Ohrfeige. Axt Mann nahm den Totschläger an sich und ließ ihn in seiner Hand hin und her rollen. Er schien zu überlege, wie es weiter gehen sollte. 2 Minuten lang herrschte eine unwirkliche Stille. Eine Ameise lief an der gelben Wand entlang und schaute sich immer wieder nach seiner Königin um. Ich saß vor meinen Nudeln und traute mich nicht zu Essen, da ich befürchtete diese elektrisierende Stimmung kaputt zu machen. Axt Mann legte den Totschläger und das Beil auf den Boden. „Wenn du es schaffst deinen Scheiß Schläger auf zu heben, bevor ich mein Beil hochnehme, kannst du gehen.“ richtete er sich an Bruno. Dieser griff sofort nach seinem Mordinstrument. Doch bevor er es in den Fingern hatte, wurde ihm die Hand mit der Axt abgeschlagen. Das Blut spritzte in einer Fontäne heraus. Das war ekelhaft und versaute mir den Appetit auf meine Nudeln mit roter Soße Und während er verblutete sprachen wir über die Zukunft der Irrenanstalt. Keine Wärter Immer genug zu essen Musik in den Pausen zwischen den Mahlzeiten. Jeder durfte das tragen, was ihm gefiel. Keine Totschläger. Und weil das alles gerade so gut lief dachten wir uns einen neuen Namen für diese Etablissements aus. Im Film >vom Winde verweht< gab es eine Südstaatenranch, die 12 Eichen hieß. Unsere Glückszahl war 13. Und weil wir uns damals wie Sklaven fühlten, hieß unsere Einrichtung ab sofort: 13 Eichen Wir zogen uns weiße Anzüge, mit Panama Hüten, an und leiteten ab sofort die Anstalt mit großem Erfolg. Die früheren Betreiber, inklusive dem Direktor und seiner Geliebten, Schwester Kriemhild, verbrannten wir im hauseigenen Krematorium. Dann bestellten wir Vanille Eis und Pfirsiche In der Werkstatt stand ein Bett mit Lattenrost aus Metall. Daneben gab es einen Transformator und reichlich Kabel die an die Delinquenten angeschlossen wurden, um ihnen Stromstöße zu verpassen. Das Gebäude machten wir dem Erdboden gleich und niemand musste mehr zum Friseur, wenn er nicht wollte. Am Sonntag saßen wir im Park und ließen uns die Sonne auf den Bauch scheinen. Jeder Neuzugang bekam frisches Bettzeug und ein Lächeln. Am Abend sangen wir Lieder über Liebe und Sehnsucht. Das fanden alle gut. Auch die schweren Fälle. Nachts zog manchmal ein feiner süßer Geruch von den nahen Feldern zu uns herüber. Dort hatten wir die Asche der Entsorgten verstreut. Dann schloss ich meine Augen und dachte, das der Wahnsinn bei uns auszog, nachdem wir eingezogen sind. Alles in allem gingen wir rosigen Zeiten entgegen. Februar 2020 von Axel Bruss
  14. Axel

    Abgeschminkt

    Abgeschminkt Also, das ist eine Geschichte, wo ich nicht genau weiß, ob ich die erzählen soll, oder lieber nicht, weil alle sagen werden, das ist bloß Spinnerei. Das hast du dir ausgedacht. Aber der Glasaugen Schorsch kann das alles bestätigen. Der arbeitet in der Nähe von Hamburg und hat verschiedene Projekte am Laufen. Sein Ziel sind künstliche Augen im ganz großen Stil. Als wenn die Menschen dadurch besser sehen könnten. Die schauen ja jetzt schon nicht genau hin. Es geht um drei Typen: Silence und Bronco und mich. Ich heiße Houston. Wir leben in einer Großstadt und sind auf der Suche nach dem Glück oder 5 Euro oder einfach, was zu rauchen, um mal wieder high zu werden. Jedenfalls. Der Zirkus - VEB Ameise - , gastiert wieder in der Stadt und hat sein Zelt in der Nähe unserer Straße aufgeschlagen. Der kommt aus der früheren Ostzone. Manche haben das auch DDR genannt. Deutsche Demokratische Republik. Der Penner der sich den Namen ausgedacht hat, meinte wahrscheinlich ein anderes Land, denn mit Demokratie hatte das nicht viel zu tun. Weil, die waren alle durch eine Mauer eingesperrt und wurden Tag und Nacht überwacht und hatten auch keine Bananen. Aber Zirkus hatten die da auch. Jeden Tag. Die Artisten, in dem aus Asbach stammendem Zelt, sind alle schon uralt und ihre Show auch. Die ist so langweilig, das sich alle Ameisen im Umkreis von fünf Metern gemeinsam in die heiße Popcornmaschine stürzen. Ihre Attraktion ist ein greiser Mann, den alle nur Pepino nennen. Er ist der Clown und soll für Spaß beim Publikum sorgen. Aber er ist so traurig, das mir das Herz blutet. Er versucht seine Melancholie unter einer dicken, weißen Schminkschicht zu verbergen, aber ich durchschaue ihn. Er ist nicht das, was er vorgibt zu sein. Er ist nicht witzig. Wir alle tun so, als wäre alles in Ordnung. Als würden wir lächeln, oder interessiert sein, aber tief in uns ist diese Sehnsucht. Diese Sehnsucht dem Nächsten eine in die Fresse zu zimmern. Eine Ablenkung kann also nicht schaden. Mädchen mit ihren kurzen Röcken, locken uns, wie Motten das Licht, in den schäbigen, glitzernden Zirkus. Wir sitzen auf billigen Plastikstühlen, direkt vor der Manege. Es stinkt nach Pferdeäpfeln und Essig. Wir lachen und klatschen uns die Hände wund. Mitleid! Mein Opa hat mir Zirkusgeschichten erzählt. Aber, da war es immer bunt und schön und roch nach Zuckerwatte. Komisch. Selbst die blöden Sachen hat er schön geredet. Das fand ich doof. Warum hat er das bloß gemacht? Die Erinnerung an etwas, ist wohl immer besser als das Erlebnis. Muss vielleicht so sein, weil wir sonst durchdrehen. Pepino geht mir einfach nicht aus dem Kopf und als die Show zu Ende ist und jeder seiner eigenen Wege geht, kehre ich an den Platz des Stumpfsinns zurück und sehe ihn in seinem Wagen vor dem Spiegel sitzen und sein Gesicht abschminken. Er braucht lange dazu. Seine Bewegungen sind langsam. Immer wieder macht er Pause. Seine Hände zittern und seine Lippen beben, als wollten sie jeden Moment aufplatzen und alle gesprochenen Worte in einen dunklen Schlund reißen. Sein Gesicht kommt zum Vorschein. Es ist zerfurcht und hat viele Flüsse gesehen. Es hat Wanderungen durch die Wüste erlebt und Überflutungen, die ihn fast haben ersaufen lassen. Und trotzdem ist er immer noch da. Trotzdem will er nicht loslassen und aus dem Vollen schöpfen. Er krallt sich an jede Minute. Jede Sekunde. Er weiß das es sinnlos ist, aber da ist auch diese Liebe zum Beruf und zu den Menschen. Oh, Mann. Meine Fantasie geht mit mir durch. Vielleicht ist er doch nur ein alter, griesgrämiger Mann, mit schlechten Zähnen und Mundgeruch. Pepino erfasst mich mit seinem Blick. Ich erschrecke. Fühle mich ertappt. Doch seine Augen lächeln und schicken mich auf eine Reise. Wir sind unfertige Geschöpfe. Nur die Hälfte von einem Ganzen. Ein Leben lang suchen wir die Andere und bilden uns ein, das es sie irgendwo gibt. Wir bauen uns Häuser in den Wolken und hängen uns an Frauen, wie Fledermäuse ans Geäst. Die Welt kümmert sich nicht um uns. Warum auch. Wir sind der Welt egal? Wir sind Staubkörner. Ach, nicht mal das. Wir sind ein Irgendwas. Jedenfalls. In ihrem kleinen Zoo, gleich hinter dem Zelt, haben sie viele interessante Tiere im Gebäck. Oder heißt es Gepäck? Mmmmmh. Vielleicht heißt es sogar Gebälk!? In einem Käfig befinden sich feuerspeiende Geckos, Blindschleichen und marodierende Buntspechte. So ein Buntspecht ist ja bekannt für seine Farben. So Regenbogen mäßig. Der, hinter den Gittern, ist aber nur grau. Beim genaueren Hinsehen ist es doch nur eine Taube. Die stößt immer wieder ihren Kopf nach vorn und beäugt mich. So, als könnte sie gar nicht glauben, das so ein interessanter Kerl, wie mir einer ist, vor ihr steht. Passiert mir nicht zum ersten Mal. Im Normalfall krieg ich dann was auf die Fresse. Heute aber nicht. Ich nenne die Taube Picum. Das ist lateinisch und heißt Specht. Das passt zwar gar nicht, erinnert mich aber an den Clown und das ist gut. Nebenan trabt ein Huftier gemächlich vor sich hin. Das kleine Pony heißt Oskar und ist mit weißen und schwarzen Linien bemalt. Wahrscheinlich, sichert es nur die Straße vor dem Zirkus, weil es ein Zebra ist. Während der Show, nennen sie den Teil dieser fantastischen Darbietung: Abend in der Savanne. Am Anfang steht Oskar ganz allein in der Manege und langweilt sich. Genauso wie das Publikum. Im Hintergrund hören wir die Themen Musik von Lawrence von Arabien. Das ist ein großartiger Film, der von den Lügen der Engländer in einem fernen Land handelt und Lawrence von einem Türken vergewaltigt wird. Keine Ahnung, wieso mir gerade das im Gedächtnis geblieben ist. Vielleicht, weil mein Bruder, der ein Säufer, Anarchist und Vergewaltiger war, sich mit seiner Pistole das Hirn raus geblasen hat. Das war zu Weihnachten und ich war elf und einsam. Eigentlich, hatte ich mir von ihm eine Gitarre und keinen blutbefleckten Sessel im Wohnzimmer gewünscht. Jedenfalls. Eine ältere, dickliche Dame in einem viel zu knappen Ballettkostüm macht auf Primaballerina, während Oskar müde um sie herum trabt und in einer Tour gähnt. Das ist so ansteckend, das alle im Publikum auch gähnen müssen. Dem Herrn neben mir fallen seine dritten Zähne aus dem Mund und alle lachen sich checkig. Das ist dann auch der Höhepunkt des Abends. Die ältliche Dame in der Manege macht noch auf Schwanensee und verstaucht sich den Fuß beim Spitzentanz. Wir lachen, weil wir glauben das es zur Show gehört, aber nachdem der Krankenwagen sie ins nahe gelegene Sauerstoffzelt bringt, wollen wir nur noch eins: Alles vergessen! Die faltigen Gesichter. Die schlaffen Körper. Das traumatische Versuchen ein Star zu sein, während ein schwacher, matter und unwilliger Lichtstrahl alles gibt, um die langsamen Gestalten in ein gnädiges Farbenmeer zu tauchen. Der einzige Lichtblick in diesem Sammelsurium der verpassten Gelegenheiten ist die Sibille. Sie reißt die Eintrittskarten ab, schaut mich lieb dabei an und zwinkert mir zu. Später stellt sich raus, das sie eine Bindehautentzündung hat. Die Sibille ist so eine Art Göttin in unserer Straße. Sie glänzt, wie reines Gold und überstrahlt sogar die Diamanten beim Kiosk. Das sind zwar keine Echten, aber die sehen original so aus, wie die geschliffenen Klunker bei Tiffany. Früher gehörte der Kiosk dem Hühner Hugo, aber der ist an der Vogelgrippe gestorben. Der Hühner Hugo hatte früher eine gut funktionierende Schlachterei in Polen. Die hieß Kempinski oder Kandinski oder Koslowski oder so. Er malte in seiner Freizeit Hühner auf große Plakate. Da war nichts anderes drauf. Nur überlebensgroße, hässliche Hühner. Die haben einen immer so frech angeglotzt. So, als würden die genau wissen, wie der Hase läuft. Jedenfalls. Der Silence und der Bronco sind meine besten Freunde. Wir können uns alles erzählen. Auch Geheimnisse. Weil wir wissen, das der andere nie etwas darüber sagen würde. Ehrensache! Auch nicht unter der Folter. Manchmal, wenn wir bekifft auf dem Sofa sitzen und ein paar Dosen knacken, nennen wir uns die Stählernen und erzählen Geschichten, wie wir die Welt zu einem besseren Ort machen. Leider wissen wir am nächsten Morgen nichts mehr davon. Das ist schade. Aber wahrscheinlich würde sich eh nichts ändern, weil, wenn drei Leute schlau sind und die restlichen 89 Millionen doof, kannst du denen nicht beibringen mit Messer und Gabel zu essen. Versteht ihr, was ich meine? Seit Jahren reden Wissenschaftler und Aktivisten von der Zerstörung der Umwelt. Der Verpestung der Luft. Der Vermüllung der Weltmeere. Dem Abschmelzen der Eisberge. Aber so richtig kümmern tut sich niemand. Die tun immer nur so. Ausschüsse werden gebildet und dann wird geredet und Kuchen bestellt. Ich glaube man müsste den Politikern mal ein Zelt in die Wintergasse stellen und eine Woche da campieren lassen. Da würden die aber ziemlich schnell merken, warum wir alle den Bach runtergehen. Am besten direkt an der stinkenden Mülldeponie. Da, wo die Verwaltung die alten Reifen verbrennt. Mal sehen, ob sie dann erkennen, wie unser Planet tatsächlich aussieht. Meine Kumpels und ich, halten uns für ganz schön ausgebufft und durchschauen die ganzen Lügen, die uns die Regierung, meine Mum und das Internet auftischen. Wären wir noch schlauer, könnten wir vielleicht sogar mit den Drogen und dem Alkohol aufhören. Aber, vielleicht sind wir auch viel zu schlau, um die Finger von dem Zeug zu lassen, weil wir dann nämlich merken würden, wie sehr uns die da oben verarschen. Und wenn wir das merken, würden wir sicher sofort eine Revolution starten. Wie damals im Oktober, in Moskau. Der Bronco hat `ne Schwester, die Ursula. Die ist 23. Hängt immer mit den Rocker Typen rum. Naja, eigentlich haben die nur Mofas, machen aber auf dicke Hose. So als hätten die `ne Harley unterm Hintern. Die Ursula, das ist sone ganz kesse Biene. Nach der Schule geht die immer gleich in die Zoohandlung, um bei Dr. Grizmek (nicht der Echte) zu arbeiten. Der ist überall als Lustmolch bekannt. Guckt jedem Rock hinterher und der Sabber tropft ihm dabei aufs verschmierte Frühstückshemd. Aber da kommt er bei der Ursula an die falsche Adresse. Die hat ihm gleich mal gezeigt, wo der Hammer hängt, als der mit dem Grabschen anfing. Die hat ihm dann die drei Zinken Gabel aus Edelstahl in den Handrücken gerammt. Kein Wort hat der Grizmek gesagt. Nicht mal geschrien oder gejammert. Weil der genau wusste, das die Ursula ihm sonst die Eier abreißt. Der Willi ist der Dorftrottel in der Straße. Den finden alle lustig, aber eigentlich ist der `ne arme Sau. Wer hat es schon gern, das alle über einen lachen. Nur gut, das der Willi das nicht merkt. Die Sibille ist mit dem Hornochsen zusammen. Eigentlich heißt der Udo Horn und er hasst es, wenn jemand Hornochse zu ihm sagt. Deshalb sagen das auch alle. Nur nicht in sein schönes Gesicht, weil der Udo Take won do macht und einem die Nase platt schlägt, wenn sich jemand über ihn lustig macht. Alle finden den Udo doof, weil der so eine tolle Freundin hat. Die hat wunderschönes Haar. Lang. Dunkel. Wie Seide. Für mich ist das Feenhaar, weil da soviel Magie drin steckt. Natürlich kann ich das keinen sagen, weil ich sonst der Dorftrottel bin. Ihre Brüste stecken in aufreizenden BH`s, die mir aus ihren knappen Tops zuwinken. Bestimmte Körperteile, von mir, winken unaufhörlich zurück. Peinlich. Ich stelle mir manchmal vor, das sie mich zu Hause besucht und ich ihr erst mit meinen Blicken und dann mit den Fingerkuppen über ihren perfekten Körper fahre. Das ist großartig und geil, denn die Haut der Sibille hat so ein mattiertes, helles Karamellbraun und ihre dunklen Augen sind, wie wie der See im Park. Wenn ich da rein schaue, weiß ich gar nicht mehr genau wer, oder wo ich bin. Das ist, wie ein tiefes Loch in das du reinfällst und dich nicht wieder findest. Alle sagen, das sie eine Jugolawenschlampe ist. Ich nicht. Ich finde sie einfach nur schön. Ihr Papa, der Jugo hat einen dicken Bauch und einen großen, schwarzen Schnurrbart. Im Sommer sitzt er immer mit seinen Kumpels, auf Campingstühlen vor dem Haus und trägt nur Kakifarbene Shorts. Sein Rücken und seine Arme sind mit langen, schwarzen Haaren bedeckt. Deshalb heißt er in Fachkreisen Dschungel-Jugo. Er gehört zu einem Clan, die in unserer Straße für Ordnung sorgen. Die Polizei hält sich fern, nur der Oberwachtmeister Ranzel kommt manchmal vorbei und kassiert sein Schmiergeld. Der Ranzel ist ein komischer Kauz. Er lächelt ununterbrochen und seine gelben Augen zucken verrückt hin und her. Die dicke Nase macht einen großen Schlenker nach links und sieht irgendwie verzweifelt aus. Seine Hasenscharte hüpft beim Sprechen immer zur Seite und seine Uniform ist dreckig. Er zieht einen unangenehmen Geruch hinter sich her und alle Schmeißfliegen lieben ihn deswegen. Wir finden ihn einfach nur ekelhaft. Der Jugo, so sagt man, hat alles unter Kontrolle. Schutzgelderpressung. Prostitution. Wettbüros. Drogenhandel. Glücksspiel. Einarmige Banditen. Sein Schwippschwager, der Bogdan, war früher Priester. Bis er sich aufs Geldeintreiben verlegte und sein Baseballschläger immer mehr Kerben bekam. Das war auf der einen Seite gut, weil der Bogdan wirklich gut schnitzen konnte. Marienbilder und so. Auf der anderen Seite, aber auch schwierig, weil die Kieferorthopäden einen unglaublichen Zulauf säumiger Schuldner bekamen. Der Bogdan antwortet oft und ungefragt: „Mein Name bedeutet Gottesgeschenk und das bin ich auch. Der Jugo ist mein bester Freund und arbeitet im sozialen Bereich. Ich berate ihn bei den Kapitalerträgen, um meinen Landsleuten und allen Menschen auf die Beine zu helfen, wenn sie gefallen sind. Gott sei Ehre in der Höhe.“ Natürlich lässt er unerwähnt, das er sie erst zum, in die Knie gehen bringt. Aber, was sind schon ein paar zertrümmerte Kniescheiben und ein paar fehlende Zähne, wenn man das große Ganze sieht. Das war bei Gott ja auch so. Der hat bei der großen Sintflut den Hauptteil der Menschen und der Tiere absaufen lassen und mit dem Rest die Erde neu bevölkert. Das war schlau. Denn im Großen und Ganzen traute sich jetzt keiner mehr, auch nur Piep zu sagen. Und, weil der Bogdan sehr gläubig ist, weiß der natürlich, das alles was in der Bibel steht Einhundert prozentig wahr ist. Und, weil das so ist, glaubt er auch an Gerechtigkeit und das ihm bestimmte Sachen einfach zustehen. Und da ist es ihm ganz wichtig in seinem eigenen Benz, persönlich, seine Sozialhilfe abzuholen, weil er meint: „Gewisse Dinge kann man keinem Anderen anvertrauen, da muss man selbst ran.“ Die Villa am Rande der Stadt, bewohnt er mit seiner Frau, der Slotschka. Die ist rund und gesund. Jede Erkältung zieht an ihr, wie ein Fliederbusch vorüber und landet beim Bogdan. Der leidet dann, wie ein Hund und jault drei Tage den Mond an. Seine Frau kocht dann Hühnersuppe, die sie am Kiosk kauft. Kochen kann die Slotschka nicht. Das ist auf der einen Seite schade, weil der Bogdan dadurch schon 30 Kilo abgenommen hat. Auf der anderen Seite wiegt er immer noch Einhundertdreiundvierzig Kilo. Also muss sich keiner Sorgen machen. Die Slotschka hat fünf erwachsene Kinder: Flavo 18 185 A Besitzt nur fünf Finger. Trägt gern Holzschuhe. Rako 19 186 A Besitzt Aktien. Trägt gern Handschuhe Nako 20 187 A Besitzt ein Haarteil. Trägt gern Leopard. Lako 21 188 A Besitzt Gummipuppe. Trägt gern Pumps. Bernd 22 189 A/B Besitzt eine 45er. Trägt gern Skalps. Ihre fünf Söhne haben die platte Nase der Mutter, die Bauernschläue und Skrupellosigkeit des Vaters geerbt. Gute Voraussetzungen für eine kriminelle Karriere in der Wintergasse. Der Glasaugen Schorsch meint, das das alles böse enden wird. Darauf verwettet er seinen linken Hoden. Ich würde niemals meine Kronjuwelen in die Waagschale des Glücks werfen. Niemals. Jedenfalls. Früher war unsere Straße ein beschaulicher Ort, mit netten Omas, die auf ihren dicken Kissen am offenen Fenster saßen und auf einen Klönschnack mit den Nachbarn warteten. Kinder die auf sauberen Spielplätzen Cowboy und Indianer spielten. Mädchen, auf Decken die Oblaten tauschten. Alte Herren, die ihre Hunde spazieren führten. Sommer, die Sommer waren und Winter die massenhaft Schnee brachten. Auch am heiligen Abend. Und auch, wenn wir nicht mehr an den Weihnachtsmann, oder Gott oder Woolworth glaubten, kamen wir doch in eine aufregende, glimmernde Stimmung, die uns im Herzen froh machte. Und wir freuten uns, am 24., auf drei Tage ohne Gemecker von den Eltern und das halbe Hähnchen von Karstadt. Dazu gab es selbstgemachten Kartoffelsalat von Muttern und schlaue, witzige Sprüche von Vattern. Wir sangen Weihnachtslieder und besuchten meine schwerhörige Oma im Altersheim. Die war sechsundneunzig und nörgelte die ganze Zeit über das Essen. Die hörte immer das Getrappel von Ameisen in ihrem Zimmer und nervte alle mit ihrem lauten Organ, weil sie glaubte, alle Anderen wären auch taub. Am 26., im letzten Jahr, saß sie geschrumpft in ihrem Sessel und sagte: „Ich höre wieder die Ameisen. Die holen mich bald. Heim ins Reich.“ Ich weiß bis heute nicht, was sie damit meinte, aber am nächsten Tag war sie tot. Auf ihrem Nachtschränkchen stand ein Bild von ihr in Mädchentracht, des BDM – Bund deutscher Mädel. Der wurde 1930 gegründet, um die Mädchen auf die Nazis einzuschwören. Genau wie die Hitlerjugend. Meine Oma hieß Jutta Rüdiger und hat es wohl in den 50ern ganz schön wild getrieben. Das wurde immer auf den Festen untereinander getuschelt. Auch, das der Hitler heutzutage ganz schön viel aufzuräumen hätte. Mit dem Gesocks und so. Und wir uns dann nicht mehr für die Lügen entschuldigen müssten. Wegen der Juden. Merkwürdig! Wo sind denn die sechs Milionen Juden abgeblieben, wenn die Nazis sie nicht umgebracht haben? Tasmanien? Usbekistan? Woolwort? Ich habe mal nachgeschaut: Eine Lüge ist eine falsche Aussage, die bewusst gemacht wird, um jemanden zu täuschen. Tja. Im Grunde sind wir wohl alle Lügner. Auf die eine oder andere Weise. Es gibt im Nebenhaus eine Familie, die wir alle nur die -Besoffkis- nennen. Eine Mutter. Zwei Söhne, elf und vierzehn. Eine Tochter sieben. Die haben eine rote Hakenkreuzfahne aus dem Fenster hängen und schreien ihre Parolen. Das nervt. Die glauben Hitler ist sowas wie Gott oder der Weihnachtsmann oder Zorro. Aber die vergessen, das wir alle nur Abschaum sind und der Hitler uns sicher in eins seiner Konzentrationslager geschickt und ausgeweidet hätte. Eigentlich ist das alles zum Lachen. Nur, das einem das Lachen im Halse stecken bleibt und man daran erstickt. Jedenfalls. Am Sonntag gingen wir in die Kirche und meine Mum ließ die Kollekte mitgehen. Sie meinte, der Glaube sei in allen Christen so stark, das sie verstehen würden, wenn unsere Familie sich davon ein bisschen Dope kaufen würde. Jesus hätte ja auch kein Geld gehabt und die Wucherer aus den Gotteshäusern vertrieben. Am Abend schien ein großer Stern am Himmel. Ich stellte mir vor, das es der Stern von Bethlehem war und ein neuer Jesus geboren wurde, weil der alte Jesus ja schon vor 2000 Jahren ans Kreuz genagelt wurde. Das machte mich ziemlich glücklich und hoffnungsvoll, weil die Zeiten in denen wir jetzt leben, ja alles andere als rosig sind. Der Pastor meinte, das die Jutta Rüdiger, meine Oma, ein ganz toller Mensch gewesen wäre und alle sie geliebt hätten. Das sie eine ekelhafte Tratschtante und glühende Verehrerin des Nationalsozialismus war, kam nicht zur Sprache. Auch, das sie persönlich für das erhängen der Judenkinder in ihrem Viertel sorgte fiel unter den Tisch. Wir brauchen wohl die Lügen, weil wir sonst alle Menschen hassen würden. Aber Wenn ich so zurückdenke, hatte ich eine glückliche, Sonnendurchflutete Kindheit. Regelmäßig etwas zu essen. Kleidung. Schuhe. Und alle zwei Tage etwas hinter die ungewaschenen Löffel. Heute ist alles anders. Die Straßen sind dreckig. Müll und alte Möbel stapeln sich vor den Häusern. Die Briefkästen sind abgerissen und jeder geht mürrisch und tief eingesunken seiner Wege. Nein, dies ist nicht mehr die Straße meiner Kindheit, dies ist ein Ort der Verzweiflung und der Nutzlosigkeit. Fremde Mächte haben sich eingenistet und wir sind unfähig uns dagegen zu wehren. Es ist Sommer. Es ist heiß. Die Hitze lähmt uns. Ich sitze mit Bronco auf dem versifften Spielplatz und qualme eine nach der Anderen. Ich bin gefrustet. Mein Name ist Houston. Das wisst ihr ja schon. Das ist nicht mein richtiger Name. Ich habe ihn mir selbst gegeben. Er wird - Justen – ausgesprochen. Ich bin 16. 173 groß. Blaue Augen. Dunkelblonde Haare. Schlank. 10 Finger. Zehn Zehen. Eine Nase. Zwei Ohren. Eine Neigung zur Melancholie und viel Leidenschaft im Herzen. Der Bronco ist mein bester Freund. Er hält sich für wild und ungezähmt und deshalb meint er, das der Begriff für ein Wildpferd gut zu ihm passt. Sein Vater ist Schlachter und arbeitet bei Woolworth. Ja. Das ist merkwürdig, und den Zusammenhang versteht niemand, nicht mal seine Familie. Es gibt die wildesten Spekulationen darüber. Er soll angeblich eine Zeit lang für das FBI spioniert haben und dann der Mafia beigetreten sein, um für einen gewissen Snorky, den Geldeintreiber zu machen. Sein Dad, so sagt es der Schorsch, ist nicht der richtige Dad von dem Bronco, weil der nämlich in einem Hinterzimmer einer Seilerei, vom KGB geklont wurde, um den deutschen Staat zu unterwandern und wieder einen Zaren zu etablieren. Der würde dann für Wodka sorgen, bis wir alle kotzen müssen und die Romanoffs für Chorknaben halten. Das ist natürlich alles Blödsinn. Denn in Wirklichkeit, und das weiß ich aus sicherer Quelle, ist er ein Alien und kommt vom Planeten 34/167 im Sonnensystem der Jungfrau. Jedenfalls. Der Bronco hat auch alle nötigen Arme, Beine und Finger. Sein Körper gleicht einem Schluck Wasser, das nur mühsam, von einem dünnen Plastikbecher, den er seinen Körper nennt, in Form gehalten wird. Der Bronco ist dick und er hasst es, obwohl er immer sagt, das es ihm egal ist. Sein Doppelkinn versucht er durch einen spärlichen Bartwuchs zu verdecken. Die übergroßen Shirts, Größe XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXL, bestärken nur den Eindruck ausufernder Leibesfülle. Die lustigen Sprüche auf seinen Shirts hat er sich selbst ausgedacht und weil der Bronco einen tollen Geschäftssinn hat, wird er irgendwann viel Geld damit verdienen. Vielleicht nicht Heute oder Morgen, aber bestimmt, wenn die Wale laufen lernen. Hier ein paar Sprüche: Ich bin nicht dick, die Anderen sind zu dünn! Oder Moby Dick war kein Wal, sondern ein Pornostar aus den 80ern. Oder Alle Dünnen sind Titanic! Fett schwimmt oben! Sie tragen allerdings nicht dazu bei, ihn reich und berühmt zu machen. Sein Bild Logo, das auf jedem Shirt drauf ist, ist ein Zigarre paffender Mops in einem riesigen, grünen Ohrensessel. Der Bronco sagt, das ist wichtig, weil... Jeder sich damit identifizieren kann und Paffen gesünder ist als inhalieren und Niemand so geile Ideen, wie er hat. Der Bronco denkt viel nach. Über das Leben und, wie er es verbessern kann. Er hat schon großartige Projekte auf den Weg gebracht: Internet Lover! Der Bronco findet es halt schade, das so viele Menschen einsam sind und noch keiner die tollen Qualitäten von ihm, als großartigster Liebhaber der ganzen Welt erkannt hat. Weil, nämlich, der Bronco übt viel, wenn er alleine ist und da hat er erkannt, das er das auch gut kann. Also, das mit dem Lieben. So hat er auch die Liselotte kennengelernt. Auf einer – Meet&Greet – Plattform: Love and Fuck Das klingt jetzt erst mal anzüglich und vulgär, aber für die Liebe nimmt der Bronco alles in Kauf. Sogar Sex. (Lechz) Die Liselotte ist eine 63 jährige Wienerin aus Tansania. Die ist voll hübsch und wenn die Binden ihrer verpfuschten Hautstraffung abkommen, wird der Bronco auch ihr Gesicht das Erste mal sehen. Er hat im Fernsehen etwas über Love Scamming erfahren. Das sind Liebeslügen im Internet, um den anderen dazu zu bringen Geld zu überweisen und dadurch so reich zu werden, wie der Jugo. Ich hab den Bronco gefragt, ob das nicht ungesetzlich ist? Da meinte er: Ne. Das wär schon ok, weil ja jeder was davon hätte. Er das Geld und die Frauen, seine ganze Liebe. Nützt alles nichts. Wir sind arm, wie Kirchenmäuse. Unsere Eltern sind Looser und leben von staatlichen Zuwendungen und haben verlernt stolz auf sich zu sein. Jeder neue Tag ist, wie der Tag zuvor. Lange schlafen. Glotze. Rauchen, bis die Lungen mit den Spatzen um die Wette pfeifen. Streiten. Bier trinken. Den Staubsauger versetzen. Schmutzige Seemannslieder auf dem Balkon singen und besoffen mit den Nachbarn streiten. Jedenfalls. Jeden Morgen, um 10:00 fährt der Jugo mit dem Fahrrad zum Schinken Fred. Das ist der neue Kiosk Besitzer an der Ecke und holt dreißig Brötchen. Gemischt. Seine große Familie muss schließlich versorgt werden. Die ganzen Kusinen und Tanten und Hunde und Katzen und so, haben es gut bei ihm. Er ist Der Boss. Er sorgt für sie und sie müssen das tun, was er sagt. Er ist in seinem Reich der König. Er ist das Gesetzt. Gehorcht jemand nicht, wird er bestraft. Weigert sich jemand seine Anordnungen auszuführen, wird er bestraft. Seine Organisation ist straff organisiert. Er nennt seinen Clan: Dragon against all odds. Das bedeutet: Piss mir nicht ans Bein, sonst reiße ich dir den Kopf ab. Oder so ähnlich. Die Englisch Stunden bei der Raszikowa, waren zwar aufregend und lehrreich, aber nur, weil sie immer diese engen Röcke und Pullover trug. Schule fand ich langweilig. Ich habe nie verstanden, was der ganze Unterricht mit dem Leben zu tun hat. Naja. Hab erst später gemerkt, das Wissen Macht ist. Jetzt lese ich alles Mögliche und bilde mich so weiter. Von Angorakatze bis Zeppelin. Und das Verrückte ist: Es macht mir Spaß. Der Jugo ist natürlich sonst ein total netter Typ. Bullig. Klein. Unberechenbar. Winzige Fredl Fesel Augen und buschige, wild wuchernde Augenbrauen. Seine Glatze sieht, wie eine blank polierte Bowlingkugel aus und hat auch die gleiche Form. Die Fingerknöchel treten hervor und erinnern mich an die Laufhilfen von Gorillas. Seine dröhnende, keinen Widerspruch duldende, Stimme und die wulstigen, aufgesprungenen Stumpfnasenaffenlippen schnappen bei seinen wüsten Beschimpfungen nach Luft und verbreiten einen todesähnlichen, stinkenden Mundgeruch. Jeden Tag von 12:00 - 15:00 hält er seine Besprechungen ab. Dann sitzt er, wie ein König, auf seinem riesigen Sessel, nimmt Huldigungen, kleine, abgeschnittene Finger von Konkurrenten und die Tageseinnahmen entgegen. Danach zieht er sich in seine Privaträume zurück und haut sich für 5 Minuten aufs Ohr. Nur so, um ein bisschen Frust abzubauen und keinen umzubringen. Danach muss er sich 30 Minuten hinlegen, um zu entspannen. Den Rest des Tages, bis Mitternacht, besucht er seine Geschäftsstellen und schaut nach dem Rechten. Schlägt hier und dort ein paar Fressen ein und überlegt sich neue Strategien. Würde er für die Regierung arbeiten, hätten wir eine florierende Wirtschaft und eine Diktatur. Der Jugo hat sich einen Leitspruch auf die Innenseite der Unterlippe tätowiert: Sei hart und gemein. Und mache NIEMALS Zugeständnisse. Natürlich gibt es auch Widerstand. Wäre ja sonst langweilig. Eine Rockergang. Die Lappen! Ich halte den Namen ja eher für suboptimal. Wenigstens gibt es ein Ausrufezeichen. Der Boss ist ein gewisser Dagobert. Keiner weiß, ob das sein richtiger Name ist. Der ist mit seinen Leuten immer auf einer Harley, inklusive ZWEI Beiwagen, unterwegs. Ist natürlich ein unheimliches Gedränge. Da sitzen dann acht Mann drauf und drin und quetschen sich die Eier ab. Der Dagobert ist lang und dünn. 222. Blutgruppe A. Genau wie die Bogdan Hirnis. Außer Bernd, aber der schlägt sowieso aus der Art. Der Dago, wie er auch in Fachkreisen genannt wird, hat aufgrund einer Vererbung Väterlicherseits keine Brüste. Da kann der, aber echt froh sein, weil sein Onkel aus Berlin Charlottenburg BH Größe 85 C hat. Merkwürdigerweise machte ihn das bei den Bräuten unheimlich beliebt. Aber verheiratet, war der nie. Jedenfalls. Der Dagobert, war die Schusseligkeit in Person. Wenn der Hummer und Austern zubereiten wollte, hat der glatt vergessen, wie das geht. Oder beim Küssen hat der immer den Mund zugelassen. Hat man so was schon gehört? Seine Füße gleichen Schwimmpaddeln. Das ist bei einem Schlauchboot sehr vorteilhaft, aber beim Finden von richtig coolen Motorrad Stiefeln total bescheuert und teuer. Der Glasaugen Schorsch hat mir erzählt, das die Lappen! in so einer Art Geheimorganisation sind. Die ist so geheim, das nicht mal die Lappen! davon wissen. Da gab es offenbar Experimente mit einer speziellen Substanz. Voll gefährlich und voll geheim. Niemand kann etwas Konkretes darüber sagen. Genau gesagt, kann sogar niemand etwas Unkonkretes darüber sagen. Jedenfalls. Die Lappen! haben sich überall eingemischt: Preiserhöhung bei Woolworth. Wer stand am nächsten Tag vor der Tür? Die Lappen! Die roten Gummibärchen, durch Blaue ersetzt. Wer hat den Kiosk boykottiert? Die Lappen! Der Präsident wurde entführt. Wer hat Flyer verteilt? Die Lappen! Der Clan hat sich natürlich total totgelacht über diese Vollidioten. „Das sind Männer, die Erwachsen spielen, aber noch an Mamas Titten nuckeln.“ Die sind laut und kindisch, aber die haben den Hühner Hugo in einer kleinen, schwarzen Pfütze ertränkt. Nur, weil der keinen Aquavit in seinem Kiosk hatte. Zwischen Jugo und den Rockern, war alles im Gleichgewicht. Jeder hat sein eigenes Betätigungsfeld. Bis zu dem Augenblick, als der Dagobert was mit der Ursula anfing. Aus irgendeinem Grund fand der Jugo das gar nicht gut. Der Glasaugen Schorsch hat mir erzählt das die Ursula oft in dem Club Haus von den Lappen! gewesen ist. Erst wollte die Ursula den Dago nur ärgern,aber dann hat sie erkannt, das der richtig tiefsinnige Gespräche führen kann und das der in seinem Leben viel Scheiße erlebt hat und das der in so eine traurige Aura eingehüllt ist. Das kommt bei den Bräuten unheimlich gut an, wenn du so eine verletzliche Seite hast, meint der Schorsch. Und eine richtige Rockergang, war das ja eigentlich auch nicht, sondern mehr so Spako Treffen beim Hühner Hugo. Die haben meistens nur gesabbelt und sich die Birne zu gesoffen, meint der Schorsch. Ich glaub die Ursula und der Dago waren richtig glücklich. Und, wenn das so ist, gibt es immer jemanden, dem das nicht passt. Die sind entweder neidisch oder sehen eine Bedrohung darin. Jedenfalls. Der Jugo hat dann den Bogdan losgeschickt, um da mal Tachless zu reden. Die sollten ein klares Zeichen setzen, wer in dem Viertel das Sagen hat. Der Bogdan hat dann so ein heidnisches Fest gefeiert. Die Wintersonnenwende oder auch Julfest genannt. Die Germanen und Kelten haben das damals ziemlich wild gefeiert und zwar zu Ehrten von Odin. Ihr wisst schon: Gottvater. Wikinger. Thor. Loki. Asgard. Die ganze Bagage hat damals mächtig einen drauf gemacht und der Bogdan hat mit seinen Söhnen das Clubhaus abgefackelt. Dabei hat Dago seine Augenbrauen verloren, weil die bei dem Brand weg geschmorgelt sind und sich nun beständig weigern nachzuwachsen. Da hat der Dago der Ursula bei einem heiligen Schwur geschworen, das er nicht eher ruhen wird, bis die Ehre der Lappen! wieder hergestellt ist. Der Schorsch meint, damit hat der Dago ganz klar gezeigt, wo der Hammer hängt. Beziehungsweise der Lappen! Obwohl ja alle im Umkreis von dreißig Zentimetern nur eins gedacht haben: Die haben nicht alle Lappen beisammen! Und weil der Dago das echt persönlich nimmt, will der jetzt den Dragon Clan vernichten. Er hat es besonders auf den Bogdan und seine fünf Söhne abgesehen. Logisch. Im Rocker Club gibt es gezeichnete Porträts von den Bogdans. Auf dem Plumsklo. „Das ist psychologisch.“ ,sagt der Dago. „Damit die Säcke gleich merken, wie ich von ihnen halte.“ „Es heißt was.“ ,sagt da die Ursula. „Was?“ „Genau.“ „Ich meine, was willst du mir mit WAS sagen?“ ,gibt der Dago ärgerlich von sich. „Es heißt nicht: wie ich von ihnen halt, sondern, WAS ich von ihnen halte.“ „Bist du jetzt auch noch eine Scheiß Lehrerin?“ „Nein. Aber wenn du ein Anführer bist, verhalte dich auch so.“ Da hat der Dago der Ursula eine gepfeffert, aber nur mit dem Handrücken. Die Ursula hat zurückgeschlagen. Das fand der Dago überhaupt nicht gut und hat angefangen sie zu würgen. Am Hals. Naja. Woanders hätte es vermutlich auch keinen Sinn gemacht. Die Sache ging wohl gut aus, weil der Schorsch keine tote Ursula oder einen Eierlosen Dago erwähnt hat. Das mit dem Plumsklo ist besonders im Winter, für die Lappen! nervig, weil man sich da echt die Eier abfriert. Jedenfalls. Der Dagobert hat bei der Bauaufsicht schon den Anschluss an das Wasserwerk beantragt, damit das Elend endlich ein Ende hat. ------------------- Heute ist ein schöner Tag. 1. Mai. Tag der Arbeit. Da haben alle frei. Hat für die Wintergasse aber keine Bedeutung. Denn hier haben ja alle immer frei. Der Bronco, der Silence und ich, hocken so auf gemütlich, auf dem Spielplatz und überlegen, ob wir die Fixernadeln, die zu Hauf hier rumliegen, mal entsorgen sollten. Die Wichser hauen sich hier oft das Gift in die Vene. Kinder spielen schon lange nicht mehr im Sand. Zu dreckig. Zu ekelig. Zu gefährlich. Früher hat sich jeder darüber aufgeregt. Der Oberwachtmeister Ranzel wurde beauftragt für Ordnung zu sorgen, aber der Jugo meinte, das würde nur den Abverkauf stören. Und so blieb alles beim Alten. Eine Zeit lang sprachen die Anwohner noch darüber, doch dann kam ein Vorfall im Chemiewerk dazwischen. Wir werden wohl in ein paar Jahren alle Hautausschlag und Nierenversagen bekommen. Dann wäre eine Abfindung schön, aber das bekommen nur die Reichen, damit die sich noch zusätzlich ein Schloss am Wörthersee leisten können. Jedenfalls. Die Zigaretten gehen uns aus und wir hocken die ganze Zeit gefrustet auf den Bänken und warten, das irgendwas passiert: Das der Himmel einstürzt. Oder Jesus aufersteht. Oder die Ursula vorbeischlendert und jeden von uns zum Eis einlädt. Aber es passiert rein gar nichts. Plötzlich reicht es dem Silence und er sagt: „Das nervt total!“ „Aber Hallo!“ ,pflichtet ihm Bronco bei. „Wir könnten alle in den grünen Eimer da werfen.“ ,gebe ich meinen Senf dazu. „Ich fass die nicht an. Nachher bekomme ich noch die Vogelgrippe oder Rinderwahnsinn oder Titten, wie der Onkel von Dings. Und dann?“ ,sagt Silence. „Ja. Vogelgrippe ist Scheiße. Du weißt auch nicht, wie du den Hustensaft ins Federvieh bekommen sollst, damit es denen wieder gut gut. Wegen Grippe und so.“ ,meint Bronco. Da mich das Grundlagenwissen von Bronco begeistert pflichte ich ihm bei und konstruiere aus zwei Stöcken einen Greifer und beginne die Spritzen einzusammeln. Meine Kumpels finden das richtig geil und bauen sich auch welche. Nach einer halben Stunde haben wir alle entsorgt. Das ist schon mal gut, aber jetzt erkennen wir, wie schäbig der Spielplatz aussieht. Die Kette der Schaukel ist gerissen. Das Holz des Klettergerüsts an vielen Stellen gesplittert. Einige Latten haben sich gelöst und so weiter und so fort. Da wir alle einige Monate eine Ausbildung in diversen Jobs genossen haben, wissen wir im Grunde was zu tun ist. Als erstes klauen wir Werkzeug. Dann klauen wir Holz und Schrauben. Und dann klauen wir einen Erste Hilfe Koffer. Man weiß ja nie. Der Silence hat mal drei Monate eine Ausbildung, als Schreiner gemacht. Er fand die Arbeit auch ganz gut, aber weil sein Chef so ein Hirni war, immer nur genörgelt und seine Arbeit schlecht gemacht hat, wurde ihm das eines Tages zu viel. Und, als dann der Heinrich, sein Chef, sagte, er sei ein vollkommener Idiot, weil er den Unterschied zwischen Panhead-, Linsen und Sechskantkopf Schrauben nicht wusste schmiss der Silence ihm viertausend Kreutzschlitz-Spax-Holzschrauben vor die Füße und soff sich bei Fred, am Kiosk einen an, bis die Polizei kam und er nach Hause gefahren wurde. Zu Hause war dann natürlich dicke Luft. Was wohl die Leute sagen, wenn er mit dem Polizei Auto nach Hause gefahren wird und wieso er kein Bier mitgebracht hätte, obwohl ja klar war, das es alle ist. Und ob er nicht wüsste, das die Bullen alle Schweine sind? Da fragt der Silence seine Rabeneltern, ob ihnen die Feuerwehr lieber gewesen wäre? Sein Dad sagte, wenn schon, dann Krankenwagen, denn dann hätte man wenigstens jemanden verklagen können. Aber so? Wie viele andere Kinder auf dieser großen, weiten, einsamen Welt glaubte er auch das seine Eltern nicht seine richtigen Eltern waren, sondern das sie ihn irgendwo gestohlen haben. Mit acht malte er sich aus, wie er bei den Windsors in einem Schloss lebte und jeden Tag Entenbrust zu essen bekam. Er hatte goldene Kleider und Diamanten besetzte Teddybären. Sein Leben hätte ein ewiger Reigen großartiger Erlebnisse sein können. Aber nein, er lebte in der Wintergasse und musste jeden gottverdammten Tag um sein Überleben kämpfen. Schön wäre es gewesen, wenn es einfach mal einfach gewesen wäre. Gemeinsam am Frühstückstisch. Ein Lächeln. Ein liebes Wort. Cornflakes mit Milch. Jedenfalls. Der Silence kennt sich gut aus. Seine riesigen Hände und seine schiere Muskelkraft sind in der Lage schwere Dinge zu heben und zu bewegen. Das hat er immer bei der Katrin bewiesen. Seiner Freundin aus Kindertagen. Die Katrin war kein Federgewicht. Im Gegenteil. Aber sie sah Klasse aus und schien an den richtigen Stellen die richtigen Polsterungen zu haben. Konnte man immer schlecht sehen, wegen der Pullover in Übergröße. Hatte die gar nicht nötig. Aber es gab natürlich immer ein paar Spacken, die sie wegen der paar Kilo niedergemacht haben. Der Silence ist ein exzellenter Schwimmer und ein Sport Ass. Erinnert mich immer an Raimund Harmsdorf, der hat früher den Seewolf, in meiner Lieblingsserie aus den 70ern gespielt. Der konnte mit bloßen Händen eine ungekochte Kartoffel zerdrücken. Genauso ist der Silence auch. Stark, wie ein Bär und sanft, wie ein Lamm. Erinnert mich an Jesus, Ostern und den Auszug der Israeliten aus Ägypten. Also der Jesus wurde ja ermordet, weil der mit den Pharisäern nicht so gut konnte. Das war damals eine religiöse Elite, die ihre Macht unter allen Umständen behalten wollten. Deshalb haben die ihn bei den Römern angeschwärzt. Der Jesus wird oft als Lamm dargestellt, weil das Reinheit und Opferbereitschaft symbolisiert. Zu Ostern ist er dann auferstanden und da haben die Jünger dann erst mal richtig abgerockt. Also Glühwein, bis zum Abwinken und rum knutschen mit Maria Magdalena. Die war nämlich total froh das Jesus wieder da war, um nochmal richtig auf den Putz zu hauen. Viele haben ja vergessen, das die Maria damals eine richtig heiße Braut gewesen ist, auf die alle total scharf waren. Sogar der Judas. Der hat ja am Ende dreißig Silberlinge erhalten, weil er Jesus verraten hat. Aber mit der Maria ist er trotzdem nicht zusammen gekommen. Logisch. Weil ja die Frauen damals schon viel schlauer, als die Männer, waren. Der Judas hat seine Tat bereut und das Geld zurückgegeben und sich erhängt. Das half dem Jesus aber nicht weiter, denn der hing mit Dornenkrone, Lendenschurz und Nägeln in den Händen am Holzkreuz. Tja. Jetzt kann man natürlich fragen wieso sein Dad, also Gott, ihn nicht aus der Scheiße raus gehauen hat? Ich stelle mir das so vor: Eintausenddreihundert Jahr zuvor sind die Israeliten vor den Ägyptern geflohen, weil Moses die Schnauze, von den ganzen Bevormundungen voll hatte. So wie der Silence. Der Moses konnte ein paar tolle Zauberstücke. Er hat das Meer geteilt und Brot vom Himmel regnen lassen und Gott dazu gebracht die zehn Gebote in Steintafeln auf die Erde zu schicken. Der Moses muss ein starker Kerl gewesen sein, weil der ja diese verdammt schweren Tafel immer mit sich rum geschleppt hat. Damals war Gott noch gut drauf und hat den Menschen geholfen. Warum hat er dann später seinen Sohn in den Tod geschickt? Lebendig wär der doch viel wirksamer gewesen. Oder war das, weil so ein Märtyrer mehr Eindruck hinterlässt, als ein Wohltäter? Auf jeden Fall bringt mich das Ganze wieder zurück zu den Eltern vom Silence, denn die haben sich auch nie um ihre Kinder gekümmert. Meine Freunde und ich stimmen darüber überein, das es besser ist zu handeln, anstatt immer nur von einer besseren Welt zu labern. Wenn ich nochmal auf die Welt komme, dann nur, als Küchenschabe. Du brauchst dich um nichts zu kümmern. Du lebst so in den Tag hinein. Kannst ausschlafen. Achtest auf große Schabenklatschen, die dich erledigen wollen und ernährst dich von dem was den Typen aus dem Mund fällt. Nachts, wenn alle pennen, ziehst du um die Häuser und schäkerst mit ein paar Schnecken. Und, wenn du wirklich mal eine Entscheidung treffen musst, kann die niemals falsch sein. Weil, als Schabe kannst du überall leben. Selbst nach einem Atomkrieg sind wir die einzigen Überlebenden. Jedenfalls. Der Bronco hat eine Säge dabei und bringt die Latten auf die richtige Länge für das Baumhaus und sagt, so aus dem Bauch heraus: „Die Lappen brauchen Latten, um die Pappen an die Wand zu tacken.“ Wir lachen uns scheckig, während der Wind auffrischt und unsere Frisuren durcheinander wirbelt. Zeit für eine Pause. Da wir uns auf einer Baustelle befinden, lassen wir die Korken knallen und knacken ein paar Holsten. Lecker. Wegen der Sicherheit beschränken wir uns auf 15 Dosen. 0,5. Danach können wir allerdings nicht mehr geradeaus gucken und machen für heute Schicht im Schacht. Das Werkzeug und die Nägel nehmen wir mit nach Hause. Wegen der Kinder und der Diebe. „Das mit den Spritzen ist echt Scheiße. Was ist nur mit diesem Viertel passiert? Früher haben wir hier in der Sandkiste gespielt.“ ,spricht Silence in den Wind. „Die Umstände.“ ,erkläre ich. „Was soll das heißen?“ „Ich seh das so: Jugo ist der König. Bogdan sein Kriegsminister und seine Söhne sind die Generäle.“ ,meint der Bronco. „Furcht und Gewalt.“ ,doziere ich. „Hab ich kein Bock mehr drauf.“ ,erklärt Silence. „Alter du bist besoffen und hast den Durchblick verloren.“ ,sagt Bronco „Ich hab die Dinge noch nie so klar gesehen.“ Wir schauen uns an und blicken uns direkt in Herz. „Wir sind die vier Musketiere. Nur eben zu dritt.“ ,sage ich „Dumas hat genau gewusst worauf es ankommt. Man muss für seine Überzeugungen einstehen. Sich zur Wehr setzen.“ ,erklärt der Silence „Und immer für kühle Getränke sorgen.“ ,beteiligt sich der Bronco. „Was die Sibille wohl gerade macht?“ ,spreche ich nachdenklich. „In dem Buch von Dumas gibt es eine Lady Winter, ob das die Bille ist? „Sie hasst es, wenn man sie Bille nennt, aber ich finde das schön.“ ,meine ich. Schweigen. „Morgen bauen wir den Spielplatz wieder auf und holen uns ein Stück Leben zurück.“ ,rufe ich heldenhaft in die weite des leeren Raums. „Einer für alle...“ ,sagt der Silence. „...und alle für Einen.“ ,vollenden wir den Satz. Wir klopfen uns auf die Schulter und lachen und sind das erste Mal, seit langer, langer Zeit glücklich. Ich bin Houston. Ein zu kurz geratener Riese. Ein Träumer. Gedichteschreiber. Schönredner. Mädchenversteher. Liebling der Mütter. Ein Zwischendrin. Ein Möchtegern und Zweifler. Liebenswert. Dumm. Klug. Mensch. Manchmal möchte ich einfach nur weg. Fort von diesem ganzen Mist. Weg von dem Elend. Dann male ich mir ein neues Bild. Regenbogen, die in den Augen der Kinder leuchten. Farben, die klar und leuchtend in ihrem Blick zu erkennen sind. Hier ist alles stumpf und tot. Der Bronco rempelt mich lachend an und meint, das die Ursula eine geile Schnalle ist. Die Ursula ist sexy. Alle Jungs reden von ihrem Körper und wie geil das ist da drauf zu liegen. Ich finde das ekelhaft. Auch, wenn die Ursula eine Schlampe ist, darf man doch nicht so von Menschen reden. Und was soll das überhaupt heißen: Schlampe? Ist das, weil die Anderen eifersüchtig sind, weil sie nicht ran dürfen? Oder, weil irgendjemand ein Gerücht in die Welt gesetzt hat, das sich nun verselbstständig hat? Warum machen wer die Menschen kleiner, als sie sind? Nur, damit wir selbst größer erscheinen? Die Ursula guckt manchmal so traurig, das es mir in der Seele weh tut. Aber zeigen darf ich das nicht. Zu weich zu sein, heißt zu verlieren in einer Welt voller Tölpel. ----------------- Ein schöner Tag. Mein Schädel brummt. Wir rauchen erst mal eine Lucky. Es ist zehn Uhr morgens. Da drehe ich mich normalerweise noch mal um. Seit zwei Stunden sind wir am Schaffen. Erst haben wir wieder die Spritzen beseitigt und einen Fisch, so nennen wir die Süchtigen, verprügelt. Wir wollen ein Zeichen setzen. Dieses Gebiet ist tabu für Kokser und Fixer und Wichser. Dieses Gebiet ist eine Enklave. Ich habe extra nachgeschaut. Eine Enklave ist ein Gebiet das komplett von einem anderen Staat eingeschlossen ist. Zum Beispiel das gallische Dorf in dem Asterix und Obelix wohnen oder die DDR. Jedenfalls. Ich muss wieder an die Bille und die Ursula denken und das ich noch nie mit einem Mädchen geschlafen habe. Alle anderen schon. Natürlich. Aber, ob es wahr ist, weiß ich nicht. Keiner gibt gern zu, das er ein Looser ist. „Jetzt lass mal durchstarten. Mir geht das alles auf den Sack. Ich will für die Kids was auf die Beine stellen.“ ,rufe ich, um von meinen blöden Gedanken wegzukommen. Wir knien uns voll rein und kriegen gar nicht mit, das Bogdan und seine fünf Söhne auf einmal vor uns stehen. Sie machen auf Marvel Comic Figuren mit so coolen Heldenposen. Nur sind die Spacken in ihren Alltagsklamotten nicht wirklich cool, sondern nur lächerlich. Der Bogdan hat einen großen, weißen Panamahut auf und pfeift ein altes jugoslawisches Volkslied das keiner kennt. Es ist trotzdem schön, auch wenn der Bogdan ein Arsch und gemeiner Hund ist, hat er einen Sinn für Melodie und Melancholie. Flavo, sein Ältester, ist mit seiner liederlichen Erscheinung und seinem rotzigen Benehmen genau der Richtige für den ersten Zug: „So. Ihr seid hier also die Müllentwerter. Mein Onkel war früher Tierentsorger. Er hat die ganzen streunenden Hunde im Bezirk gefangen, umgebracht und anschließend in seinem großen Ofen verbrannt.“ „Mein Onkel, Richard Zimmermänn, ist Eisenbahnschaffner in Aschaffenburg.“ ,sagt Bronco und nickt dabei ganz langsam und ganz geheimnisvoll. „Und?“, ,mischt sich der piekfeine Rako ein. Er trägt grundsätzlich eine beige Buntfaltenhose und eine grüne Seidenkrawatte. Seine braunen Wanderschuhe sind spiegelglatt poliert. Naja. Piekfein ist wohl anders, aber sauber ist er allemal. „Wenn der mit seiner Kontrolle beginnt, sucht er so lange, bis er was findet. Und er findet immer was.“ ,fährt der Bronco fort. „Du solltest uns nicht drohen, du kleiner Wichser.“ ,erklärt Nako zischend durch die aufeinander gepressten Zähne. Sein Kaschmir Rollkragen Pullover ist viel zu warm für diese Jahreszeit, aber er ist Mama`s Liebling und dieser Pullover ist ein Geschenk von ihr. Nachts träumt er von ihr unzüchtige Träume. Er ist ein verkorkster, junger Mann, der ohne mit der Wimper zu zucken Ameisen mit der Pinzette die Beine ausreißt. „Wir wollen nicht drohen und keinen verpfeifen. Wir wollen das die Kinder wieder spielen können.“ ,sage ich mit einem Anflug von Bitten und Unterwürfigkeit, obwohl ich das gar nicht will. „Hat euch jemand erlaubt das zu tun? Hat euch jemand dazu aufgefordert?“ ,hören wir die Stimme von Lako, der in seiner sportlichen Erscheinung und den kurzen roten Hosen, eher wie ein Möchtegern Rapper aussieht. Oder wie ein Niemand von der Freiwilligen Feuerwehr. „Keiner hat uns aufgefordert irgendetwas zu tun. Und wir wollen auch keinem auf die Füße treten. Wir wollen die Eltern beruhigen, damit die Geschäfte für euch, wie gewohnt weiter laufen können.“ , meint Silence und drückt seine Kippe am Holz aus. „Wisst ihr...“ ,meldet sich Bernd zu Wort. „Ihr kommt mir vor, wie dieser kleine Junge der neunundvierzig Euro im Sand findet und statt sich darüber zu freuen, traurig ist, das ihm ein Euro zu den Fünfzig fehlt. „Bernd...“ ,rufe ich dazwischen. „SCHNAUZE!!! JETZT REDE ICH. Unsere Familie hat für Wohlstand und Ordnung in diesem heruntergekommenen Viertel gesorgt und wir lassen nicht zu, das irgendwelche Möchtegern Weltverbesserer diese Ordnung stören.“ In die folgende Pause hinein, fällt ein Eichhörnchen vom Baum und bricht sich die Pfote. Jugo hebt es liebevoll auf und wickelt es in seinen Seidenschal. „Wir kümmern uns um die Familie. So oder so. Manche Dinge sind lebenswert. Andere erfüllen ihren Zweck. Und wieder Andere sind einfach nur eine Belastung. Der Unterschied zwischen erfolgreich und nutzlos sind Entscheidungen, die man bereit ist zu treffen und auszuführen.“ Mit einer kurzen Bewegung seines Daumens bricht er dem Eichhörnchen das Genick und wirft es samt Schal in den Mülleimer. Dann steigen alle in ihre teuren Autos und brausen davon. „Der Bernd wurde als Säugling vor ihrer Tür abgelegt. Der ist auch von Jugo, aber von einer anderen Frau. Alle nennen ihn Wechselbalg, weil er ein Dämon ist der ihnen untergeschoben wurde.“ ,flüstert Bronco. „Du liest zu viele Schauergeschichten.“ ,sagt Silence. „Unser ganzes Leben, ist eine Schauergeschichte.“ ,füge ich hinzu. ----------------- Die Sibille föhnt ihr seidiges Haar. Sie ist in ihrem Zimmer. Ein Mädchenzimmer. Rosa Wände. Plüschtiere auf ihrem Bett. Ein Poster von Jon Bon Jovi an der Decke darüber. Ihr großer Schminktisch ist gefüllt mit den Dingen ihres glamourösen Lebens: Falsche Wimpern. Tusche dafür. Pads. Lidschatten. Tagescreme. Primer. Puder. Concealer. Foundation. Rouge. Highlighter. Holzkohle. Malachit.Bleiweiß. Asbest. Bei den letzten Dingen bin ich mir nicht sicher. Da der Willi unser Dorftrottel und Spanner ist, hockt er im gegenüberliegenden Baum und beobachtet die Sibilli. Dabei ist er schon dreimal heruntergefallen und hat sich den Arm gebrochen. Der steht jetzt schräg von seinem Körper ab. Wie so ein verdorrter Ast aus einer alten, toten Eiche. Der Willi hat ganz helle, blonde Haare mit einem Seitenscheitel. Er hat es hinten und an den Seiten ausrasiert. Seine schwarzen Springerstiefel und die Armeehose runden das Bild eines waschechten Neo-Nazis ab. Die durchdringenden, blauen Augen vom Willi haben diesen gewissen, wahnsinnigen Charme eines Serienmörders. Früher wollte er immer Präsident der Vereinigten Staaten werden. Aber als ihm jemand sagte, das dieses Amt schon von einem Schwarzen besudelt wurde verabschiedete er sich von dieser Idee und wurde Berufsspanner. Das kam jetzt bei den Anderen nicht so gut an und er wurde oft von Udo Horn verprügelt. Denn, wie alle in unserem Viertel, war er in Sibille verliebt. Da der Udo von allen nur Hornochse genannt wurde, ist wohl allen klar das auch dieser Seitenstrang dieser Geschichte in den Untergang führen muss. Genauso, wie das Ende von Adolf. Die Bille mag weder den Willi, noch den Adolf und außerdem interessiert sie sich nur für ihr Instergram-Account und die neuen Fingernägel von Flexa-Form. Der Willi existiert für die Bille gar nicht. Der Willi ist ein Schnupfen, oder ein Ebola Virus. Etwas, was die Bille auf keinen Fall haben will. Der Udo ist der zweieiige Bruder vom Willi. Der Udo ist Neo-Kommunist. Klingt erst mal komisch. Ist es aber nicht. Denn der Udo meint, das der Stalin in Wirklichkeit ein ganz dufter Typ war, dem alle nur so blöde Sachen nachgesagt haben. Und der Lenin, sein Kumpel aus der Oktoberrevolution 1917, hatte echt üblen Mundgeruch und musste deshalb auch immer auf der unbequemen Couch schlafen. Seine Frau, die Nadeschda Konstantinowna Krupskaja hat den Lenin immer angemeckert, wenn der in der guten Stube geraucht und die Erschießungskommandos zum Umtrunk mitgebracht hat. Der Trotzki, war ja auch ein Freund vom Lenin, aber nicht vom Stalin. Deshalb hat der ihm den Kopf in Mexiko mit einem Eispickel einschlagen lassen. Aber sonst, war der Stalin ein ganz dufter Typ. Ein ganz Dufter. Jedenfalls. Ich hasse den Willi und den Udo und alle Anderen, denn ich bin der Einzige der nicht nur den heißen Körper der Sibilli liebt, sondern auch ihren Charakter. Und wenn ich mich bald traue sie anzusprechen, wird sie auch meinen lieben. Körper und Charakter! Zwei Dinge, die ich an einem Mädchen schätze. Manche hams für viele, manche nur für sich. Da lob ich mir die Bille, die hat es nur für mich. Ja. Schön wär`s. Mich guckt die Bille auch nie an. Ich bin nur ein Fensterglas. Manchmal, wenn ich Zuhause sitze und die Regentropfen zähle, wünsche ich mich in einen anderen Körper, um bei der Bille Eindruck zu schinden: Robert Redford. Brad Pitt. Peter Alexander. Daniel Day-Lewis. James Dean. Marlon Brando. Black Panther. Leonardo Di Caprio. Bucky Barnes. Daredevil. Da das nie passieren wird, schreibe ich weiter und weine in mein Bierglas. Ich mache nur Spaß. Ich habe kein Bierglas. ------------------ Wir sind ziemlich am Ende und mutlos. Wieder ein Traum, den diese Arschlöcher in den Boden gestampft haben. Eine Enttäuschung mehr. Für mich. Für uns. Für die Kinder. Scheiße. Wir stehen hinter dem Club Haus der Lappen! und killen eine Dose nach der Anderen. Wir rauchen wie die Schlote in der Gummifabrik, in der sich die Arbeiter, für ein paar Kröten die Rücken krumm schuften. Dann ist alles Alle. Kein Bier mehr. Keine Zigaretten. Keine Hoffnung. Scheiße. „Ich besorg was.“ ,meint Bronco und zückt den Schraubenzieher. Wir nicken nur und gucken in eine andere Richtung. Da wo eigentlich die Sonne sein sollte, aber jetzt nur Wolken sind. Schwere düstere Wolken. Das nennt man wohl Metapher. Scheiß egal. Ich bin so müde und mutlos, das es weh tut. Plötzlich geht die Tür auf und Dagobert erscheint. Er schaut ganz irre in die Gegend. So, als will er jeden Moment einen umbringen. Die Crackpfeife in seiner Hand glüht noch. „Na, ihr Säcke. Ist wohl nichts mit Spielplatz!“ „Halt einfach die Fresse.“ ,murmelt Bronco. Mit einem Sprung ist der Dago bei ihm und packt ihm am Hals. Instinktiv rammt ihm der Bronco den Schraubenzieher ins Bein. Der Dago merkt das nicht mal. Nur mit Mühe können wir ihn davon abringen ihn umzubringen. Schwer atmend hocken wir alle im Dreck und Silence schmeißt `ne Runde Lucky`s. Dago fischt aus der Hosentasdche einen Flachmann. Schmeckt wie warme Büffelpisse. Ekelhaft. Der Alk bringt uns wieder auf die Beine. Der Dago zieht sich den blutigen Schraubenzieher selbst aus dem Oberschenkel und verklebt die Wunde mit einem breitem Klebeband. Dabei verzieht er keine Miene und ich denke an John Wayne, der ja ein amerikanischer Cowboy war, und Mexikaner nicht ausstehen konnte. „Panzertape. Beste wo gibt.“ ,meint der Dago. „Mein Opa, war bei der SS.“ ,steuert der Bronco bei. „Mein Opa, war bei der Heilsarmee.“ ,grinse ich. „Mein Opa ist in Vietnam erstochen wurden.“ haut der Silence raus. „Echt?“ ,fragt der Bronco. „Ja. Direkt da unten, beim Chinesen Mann. In der - Spelunke zur alten Unke. - Vor zehn Jahren.“ „Scheiße.“ ,sage ich mitfühlend. „Ist nicht schade drum. Er war ein Schweinehund hat kleinen Kindern den Schnuller geklaut und meinen Dad in den Knast gebracht.“ Ich bin schockiert, wie selbstverständlich er das sagt, lasse mir aber nichts anmerken, sondern nicke nur. „So ihr Lutscher habt ihr jetzt eure Familiengeschichte durch? Wir müssen was besprechen.“ „Meine Oma hatte übersinnliche Fähigkeiten und konnte, nur durch besprechen, Warzen verschwinden lassen.“ ,dringt der Bronco in unsere Gehörgänge vor. „Meine Oma hatte einen Gemüseladen in Bombay.“ ,sage ich. „Meine Oma.......“ ,setzt der Silence an. „Jetzt haltet doch mal eure Fresse!“ ,schreit der Dago. Sofort halten wir unsere Fresse, denn wir haben gemerkt, das der Dago voll auf Zinne und außerdem doch keine Lusche ist, sondern ein wirklich harter Knochen. Und die ganzen Geschichten, die wir über seine Gang kennen sind offensichtlich gelogen. Da ich das alles ganz schön despotisch und extravagant finde, denke ich an Nero: Nero ist 37 nach Christi gestorben. Nero soll ja ein Wahnsinniger und Künstler gewesen zu sein. Ich weiß nicht, wo da der Unterschied ist. Irgendeiner aus seiner Verwandtschaft hat gesagt, er habe Rom selbst angezündet, um mehr Platz für seinen Palast zu schaffen. Ich weiß nicht, ob das stimmt, aber er half der Bevölkerung, nachdem ein Großteil niedergebrannt war. Er stand drauf in Frauenkleidern aufzutreten und der Mob liebte es. Hab ich gelesen. Mit Mob ist nicht das Ding zum Wischen gemeint, sondern die Bevölkerung. Nero baute Rom wieder auf und schaffte Sicherheiten, um einem weiteren Brand entgegenzuwirken. Er baute sich selbst ein paar neuen, luxuriöse Bäder und schaffte so neue Arbeitsplätze. War er nun ein Tyrann oder ein Wohltäter? Ehrlich. Ich weiß es nicht. Seine Stimme hallt auch jetzt manchmal, in stillen Nächten, durch die dunklen Gassen der römischen Sadt. Jedenfalls. „Gott erschuf die Welt in sechs Tagen und wir werden diesen Scheiß Kinderspielplatz in sechs Stunden auf Vordermann bringen.“ ,sage ich. „Endlich kommt mal ein bisschen Schwung in die Sache.“ ,pflichtet der Dago mir zu und blutet fürchterlich aus dem Oberschenkel. „Vielleicht kann ich nach dieser Heldentat, auch bei der Ursula landen.“ „Wenn du dann noch am Leben bist, können wir darüber reden. Aber jetzt rufe ich meine Jungs zusammen.“ Alles läuft nach Plan. Also bis auf ein paar Ausnahmen: Der Dago lässt sich die Wunde mit einem glühenden Messer ausbrennen, wird ohnmächtig und muss ins Krankenhaus, weil der schon voll blutleer aussieht. Ich klingel bei der Bille und sag ihr, was ich für ein geiler Typ bin, während ich ihr eine rote Rose überreiche. Sie drückt mir den Müllbeutel zwischen die Pfoten und knallt die Tür zu. Läuft! Die Jungs vom Dago versacken in der Schneckenklause und vergessen das wir eigentlich dem Jugo so richtig einen rein drücken wollen. Die Daggi, die mit dieser Geschichte so gar nichts zu tun hat geht mit einem superkurzen gelben Minirock die Straße runter und alle Idioten pfeifen ihr hinterher. Natürlich auch der Willi und der Udo. Daraufhin kriegen die von dem Oberwachtmeister Ranzel so richtig auf die Fresse, weil das nämlich seine Tochter ist. Währenddessen hämmern wir, wie die Bekloppten, die Bretter zusammen und vertreiben zwei Fische die sich grad einen Schuss setzen wollen. Wir schaffen es tatsächlich, den Spielplatz, in sechs Stunden auf Vordermann zu bringen und fühlen uns, wie die drei Weisen aus dem Morgenland. Am nächsten Tag stoßen Dago und seine Markomannen zu uns und wir bilden eine Verteidigungslinie, die aus einem angelegten Biervorrat und Böllern aus dem Jahr zuvor bestehen. „Das erinnert mich voll an Herr der Ringe.“ ,sagt der Bronco. „Mich erinnert das eher an Dumm und Dümmer.“ ,kontert der Silence. „Wir kämpfen bis zum letzten Mann.“ ,sage ich heroisch. „Das sagte Hitler auch zu seinen Soldaten in Stalingrad.“ ,meint der Dago. Wir warten drei Stunden und nichts passiert. Schließlich kommt der Glasaugen Schorsch und sagt die Bille lädt uns alle zum Schlemmen bei der – Spelunke zur alten Unke - ein, weil der Bogdan vom Jugo auf die Fresse bekommen hat und jetzt nicht mehr den Macker machen darf. Da jubeln wir alle und ich gehe noch mal schnell zur Tierhandlung von dem Dr. Grizmek und frag die Ursula, ob sie Lust auf einen Hühnerflügel hat und das ich sie schon lange richtig gut finde, aber immer geglaubt habe, das die Bille die Richtige für mich ist. Sie sagt tatsächlich ja und wir wir schlendern gemeinsam die Straße runter. Als ich ihr sage das ich den Gerüchten nicht glaube, das sie eine Schlampe ist boxt sie mir in den Bauch, das mir die Luft wegbleibt. Ich sage nichts dazu, weil ich merke, das ich jetzt den Job des Dorftrottels habe und weil sie mir direkt danach einen Kuss auf die Wange gibt. Tja. Scheiße Mann. Man muss auch mal Glück haben. Um das Problem Jugo kümmern wir uns dann morgen. Rom wurde schließlich auch nicht an einem Tag erbaut. Jedenfalls. Ich glaube das mit der Ursula könnte was Festes werden und der Jugo kann sich die Wintergasse abschminken. Denn es sind neue Sheriffs in der Stadt. Der Bronco. Der Silence. Und ich. Der Houston. Dezember 2021 von Axel Bruss
  15. Axel

    Superfly

    Hi Ich sitze gerade zwanglos herum und scheibe an einer neuen Geschichte, als ich deine Nachricht entdecke. Danke für dein Feedback. Liebe Grüße Axel
  16. Rüdiger und das verlorene Paradies Die Sache fing ganz harmlos an. Hatte mich für ein paar Wochen von der Welt losgesagt und chillte in meinem Lieblingssessel vor dem Fernseher. Versuchte mich zu entspannen und an etwas anderes zu denken, als den, ihr wisst schon was ich meine. War gar nicht so einfach da er jede Nacht die Sonne ablöste und am Himmel klebte, wie ein Kaubonbon am Gaumen. Irgendwie, war mein Lachen verloren gegangen. Suchte es überall, aber fand es weder bei Animal Wellness, noch bei Trixi. Die war noch weiter weg, als vor meinem Geheimagentenaufstieg. Naja, der Mops hatte seine Schuldigkeit getan, der Mops konnte gehen. Fühlte mich, wie ein Schluck Wasser in der Kurve. Völlig haltlos. Holte mir `ne Cola und flänzte mich wieder in den Sessel. War zwischen einem leichten Brechreiz und Langeweile hin und her gerissen. Mal sehen was die Glotze zu bieten hatte. Das war ein anderer Begriff für Fernseher, den hatte ich von Schrappnel gehört, als er mit Timmy über Raketen sprach. Machte auf Springer. Was soviel bedeute wie: 120 Sender in 30 Sekunden. Die Bilder flogen nur so an meinen müden Augen vorüber. RZwo-DZwo – Kaukasien im Sommer – Münchhausen – Winter in Florida – Windeln Elvis in Havanna - Kindergarten Chaos – Niki Lauda – Hard Headed Hanna - Rausch im Silberwald – Wolverine – Fackeln im Sturm – Sand im Getriebe - Verlorene Paradiese......... War schon ganz wirr im Kopf. Schloss also kurz die Augen. „Verrückte Geschichte. Erlebten die anderen Möpse auch so viel?“ ,dachte ich. Vorbereitung zum Mondflug. Egon Grimbart. Mafia. Don Alfredo. Schoko. Trixi. Fesselung. Hundini. Befreiung. Bertram. Ice Cube. Esmeralda. Verlorene Paradiese? Oh, Mann. Ich war sooooooooo traurig. Wollte einfach nur weg! Meine Zelte abbrechen und dort oben, ihr wisst schon, wo ich meine, wieder aufschlagen, um endlich glücklich zu sein. Ich war ein Punching Ball im Widerhall der Geschichte. Keine Ahnung was das bedeutete. Klang aber wirklich bedeutungsvoll. Darüber dachte ich eine ganze Zeit nach und ließ meinen Blick im Zimmer umherschweifen. Waren das etwa Kakao Flecken auf meiner Lieblingskuschelmuschelsuperfluschel, daunenweichen Flusendecke? Oh, nein. Wenn ich nicht aufpasste, war das der Anfang vom Ende. Meine Tante Frieda, erzählte mir mal eine Geschichte von diesem zerbrochenen Spiegel, was ja bekanntlich sieben Jahre Unglück bedeutete. Und so ein Fleck, auf meiner Decke, war genau das gleiche. Ich geriet ein bisschen in Panik, was sofort meinen Speichelfluss erhöhte und meine Innereien dazu brachte Kasatschok zu tanzen. Und gerade, als ich mich kräftig übergeben wollte, sah ich, wie der Kakao Fleck sich erhob und zu einer Fliege wurde. „Alles gut Spiky, alles gut.“ ,sagte ich zu mir selbst. Meine Systeme fuhren wieder auf ein normal Niveau herunter und meine Muskeln entspannten sich. Ich gähnte gerade herzhaft und streckte meine Glieder nach allen Himmelsrichtungen aus, die ich kannte. Plötzlich war da dieses Summen an meinem Lieblingsohr. „Hi. Ich heiße Rüdiger und bin hier die örtliche Eintagsfliege.“ ,stellte Rüdiger sich vor. Ich sah mich schnell um, aber entdeckte natürlich niemanden. „Spike.“ ,sagte ich. „Entschuldigen sie, das ich mich so in den Vordergrund dränge, aber meine Zeit ist aufgrund meiner Lebensform begrenzt. Wie schon der Name meiner Art ausdrückt, verweile ich nur für einen Tag auf dieser Welt. Ich habe sie beobachtet und festgestellt das sie ein wirklich cooler Hund sind.“ Ich fand, das er total recht damit hatte. Ich war ein cooler Typ. „Jo. Was kann ich für dich tun?“ „Ich möchte ihnen gern meine Freundschaft anbieten und sie fragen, ob sie aus diesem einen Tag, meinem ersten und letzten, einen glücklichen und Erinnerungswerten machen könnten? Ich bin ein wenig unerfahren in diesen Dingen.“ Also für eine Eintagsfliege quatschte er ganz schön viel, aber ich wollte nicht unhöflich sein und sagte zu. Irgendwie mochte ich ihn sofort. Er hatte so eine offene Art mit seiner begrenzten Lebenszeit umzugehen. Ich rekelte mich und schubberte meinen Rücken an der Lehne. Herrlich. Jetzt der Bauch. Die Stirn. Die Schultern. Der Solarplexus. Ich steigerte mich so richtig in eine Kratzorgie hinein. Wunderbar. Dann rutschte ich vom Sessel und fiel aufs rechte Ohr. Ohje. Oh nein. Bitte nicht. „Rüdiger?“ ,rief meine, sich überschlagende, Stimme. „Ja. Hier.“ ,kam es von oben. „Oh, mein Gott, ich dachte du wärst........ Ich hab mir Sorgen gemacht.“ „Sie sind so ein lustiger Hund. Sind alle in ihrer Familie so?“ „Kann mich an meine Familie nicht erinnern.“ „Das tut mir leid. Ich auch nicht, aber ich glaube ich habe viele Geschwister.“ „Was hast du die letzte Zeit so getrieben?“ „Hab` mir was von dem Marmeladenbrot, auf dem Tisch reingezogen. Lecker.“ Mist. Das muss ich übersehen haben. Mein Magen brüllte irgendwas von Hunger. Wurde, aber gleich wieder abgelenkt, weil Rüdiger einen Salto, einen Looping, einen Humpty-Bump, einen Rollenkreis UND einen Immelmann flog. Seine Facettenaugen lächelten und ich sah die Freude in jeder seiner Bewegungen. Er verstand es das Jetzt zu leben. In diesem Moment, war er der coolere Typ von uns beiden. Ich beneidete ihn. Hätte gern mit ihm getauscht. „Hey Rüdiger. Haste Lust mit mir auf den Mond zu fliegen?“ ,rief ich ihm zu. Er landete auf meiner Nase. Meine Augen schielten ihn an. „Mond? Na klar bin dabei. Wann geht’s los?“ „Muss noch ein paar Sachen klären. Ich meld` mich bei dir.“ Er freute sich, wie ein Schneekönig und drehte noch ein paar Runden. Ich holte meine Leine und kläffte Timmy wach, der eingepennt war, weil er die ganze Nacht an der Rakete getüftelt hatte. Würde sicher bald losgehen. Mmmmh. Aber die Größe der Rakete machte mir zu schaffen. Wie sollte das gehen? Wenn ich meinen Bauch einzog, konnte ich mich vielleicht ins Cockpit quetschen, aber was war mit den Anderen und dem Proviant und meiner: Lieblingskuschelmuschelsuperfluschel Decke. Man hörte ja soviel. Auch, das es auf die Größe nicht ankäme, aber vielleicht sagten das alle nur, um uns zu beruhigen. Naja, ich war nur der Astronaut und nicht der Ingenieur. Jetzt aber erst mal zum nächsten Baum und dann was futtern. Lud mich bei Egon ein. Der hatte grad` was Leckeres auf dem Herd. Um genau zu sein, lag es bereits in den Näpfen für uns bereit. Er hatte es bei der Nachbarin mit den roten Haaren und der sonnenverbrannten Haut abgestaubt. Er sagte, die wäre total nett gewesen und hätte immer was von einem Tommy, die Haselnussmaus, gemurmelt. Irgendwann machte sie die Augen auf, aber da war Egon mit der Tomatensoße und den Fleischklößchen bereits durchgebrannt. Wo lernte er nur diese ganzen merkwürdigen Gestalten kennen? Bei Egon herrschte eine komische Stimmung. Bertram und Lucy saßen in einer Ecke und unterhielten sich lautstark über die Kosten der Kindergärten und wo sie einen Antrag über Förderung von hochbegabten Kindern bekommen könnten. Egon rollte mit den Augen und nickte Richtung Ehepaar. „Das geht schon den ganzen Morgen so.“ ,meinte er genervt. In einem unbeobachteten Moment durchwühlten wir die Handtasche von Lucy. Und tatsächlich. Wir fanden ein kleines Päckchen mit 6 Ice Cube`s. Nahmen sie heraus und wollten sie im Katzenklo runterspülen. Stellten dann aber fest, das es keine Spülung gab. Also vergruben wir sie unter dem Haus. Mit diesem ganzen menschlichen Gequatsche musste Schluss sein. Schließlich hatte das Leben soviel mehr zu bieten, als das Hinterherhetzen von selbstgemachten Problemen. Würde sicher lustig werden, wenn die beiden ihre Dosis nicht mehr bekamen. Hoffentlich, war ich dann schon unterwegs zum Mond. Dachte noch mal an Immelmann. Egon hatte mir erklärt das sein Schwager früher in der russischen Fliegerstaffel in Moskau gewesen war. Als Maskottchen. Der meinte. Ein Immelmann wäre eine Kunstflugfigur mit halbem Überschlag und anschließender halben Rolle. Klang spektakulär. Nun war ich schon mal schlauer. Aber was zum Teufel war ein Maskottchen? j Es wurde wärmer und der Frühling schneite herein. War mir recht. Mit ihm kamen meine besten Freunde. Norbert machte auf Eintänzer und wollte sich mit Esmeralda treffen. Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen, war aber total genervt. Wie kam er dazu, sich mit meiner Lieblingsvorstellung zu verabreden? Ich ließ meinen Ärger an Fritz aus, der ja nun wirklich nicht dafür konnte. „Boah. Wie oft hab ich dir jetzt schon gesagt, putz deine Pfoten ab, wenn du reinkommst.“ ranzte ich ihn an. „Aber ich hab meine Pfoten abgetreten.“ ,verteidigte er sich. „Ach ja, und was ist das hier?“ Ich hob einen Dreckklumpen vom frisch gewachsten Boden auf und hielt diesen triumphierend in die Luft. „Hah!“ ,rief ich. „Den hast du selbst mit reingeschleppt.“ ,sagte Fritz. „Ach ja?“ ,gab ich zurück. „Ja!“ , sagte er. „Ja?“ ,sagte ich. „Ja!“ ,sagte er. „Der ist von dir.“ ,warf Egon ein. „Alter Schwede. Seid ihr jetzt ein Paar? Boah. Zieht doch zusammen!“ Ich stürmte hinaus und hätte gern die Tür ins Schloss geworfen. Ging aber nicht. Hundeklappe. Mist. Rannte ziellos durch die Straßen. Worüber regte ich mich eigentlich auf? War ich vielleicht eine Grille im Mixer? Oder, die Pampelmuse, die überreif am Baum hing? Und die Master Frage. Warum, zum Teufel hatte Trixi sich nicht mehr gemeldet? Ich fühlte mich so benutzt. Hätte gern geduscht, um den ganzen Schmutz abzuwaschen, aber dann fiel mir ein, das ich Wasser hasste. Also, ab auf die Wiese und ordentlich den Rücken geschubbert. Vielleicht erwischte ich sogar noch etwas Morgentau. Ahhhhhhh. Schon besser. Was dachte sie sich nur? Hatte ich nicht alles getan, um sie zu erobern? Meine Güte. Ließ mich sogar gegen meinen Willen, als Agent verpflichten. Ich war so dumm. Dumm! Dumm! Dumm! Schlug mir, während ich es dachte, mit der Pfote auf meine Stirn. Strich sie auch sofort von meiner Valentins Liste und wollte ab sofort nie mehr an sie denken. Auch nicht morgens, wenn ich mir Rasierwasser auf die Schnauze klatschte, um gut zu riechen. Und schon gar nicht, wenn ich mir die Augenbrauen von Paolo dem Papagei, zupfen ließ. Das war alles Schnee von gestern. Und Tschüß. Trixi? Noch nie gehört. Arrivederci. Tschau. Good by. Esmeralda kam mir wieder in den Sinn. Fühlte einen Stich in meinem kleinen Hundeherz. Warum war ich eifersüchtig auf Norbert? Meinem besten Kumpel und Weltraumkollegen. Was war nur mit mir los? Wo war der gute, alte, sorglose Spiky? „Hi.“ ,hörte ich eine Stimme in meinem Ohr. „Rüdiger?“ „Ja. Mein Herr. Lust auf Abenteuer? Die Welt ist so groß und wunderbar.“ „Mmmh..... Naja...... Ok.“ „Wollen wir auf den Jahrmarkt? Mein Onkel Dave arbeitet dort bei den Flying Bananas.“ „Sind das die Artisten, die sich mit einer Liane, in einem gelben Trikot, von Baum zu Baum schwingen?“ „Ja. Spannend. Oder?“ „Mmh. Macht Dave da auch mit?“ „Nein. Er hat mehr so eine hängende Aufgabe. Er ist eine Fledermaus.“ „Du sagtest, Onkel?“ „Ja... also........... mehr so.................. weitläufige Verwandtschaft.“ „Ahhhh. Verstehe.“ Ich verstand kein Wort. Fledermaus? Fliege? Ganz schön schräg. Mochte mir gar nicht vorstellen, wie das passiert war. Obwohl. Haben ja alle Flügel. Naja. Ich war Astronaut. Kein Naturwissenschaftler. Wir galoppierten also Richtung Abenteuer. Rüdiger hatte sich in meinem Nackenhaar festgekrallt, obwohl er ohne mich sicherlich schneller gewesen wäre. Auf dem Weg zum Jahrmarkt, sangen wir ein Lied, das wir beide liebten. Sein Onkel Dave, hatte es ihm immer in seiner Kinderstube vorgesungen. „I come from Alabama with my banjo on my knee. I`m goin` to Louisiana my Susanna for to see. Oh, Susanna why don`t you cry for me. I come from Alabama with my Banjo on my knee!!!!“ Wir wurden fröhlich und es war schön, für einen Moment meine Probleme zu vergessen. Man muss auch mal ausspannen können, denn morgen gings in den Weltraum. Und Rüdiger würde ich mitnehmen. Zwei außergewöhnliche Glücksritter auf einer tierischen Mission. Die Sonne verabschiedete sich und wir begrüßten die Dämmerung mit einem Jauchzen und bellen. Meine Herren, auf dem Jahrmarkt war was los. Da gab`s Karussells, Zuckerwatte, Autoscooter, Achterbahn und Würstchen. Ich wollte alles auf einmal. Nach einer kleinen Diskussion, in der Rüdiger klar machte das ein Würstchen vor der Achterbahn, nur ins Chaos führen würde, begannen wir mit der Zuckerwatte. Ich bellte den Losverkäufer solange an, bis er eine Gummischlange nach uns warf, mit der wir dann die Besucher in der Geisterahn erschreckten. Im Glaskabinett lachten wir uns checkig, weil wir ständig gegen Glasscheiben rannten. Nachdem die Kopfschmerzen abgeklungen waren, kam die Achterbahn dran. Mir schlotterten die Knie vor Angst. „Hab` noch nie so eine kleine, purzelige Purzelbahn gesehen.“ ,sprach ich lässig. „Ich auch nicht.“ ,sagte Rüdiger. „Lohnt sich überhaupt nicht da rein zugehen!“ „Neeee. Is` echt verschwendete Zeit.“ Wir logen uns eine ganze Zeit was vor, bis mein neuer Freund sagte: „Weißt du was Spike? Ich will nicht rein, weil ich Angst habe.“ „Mir geht`s genauso.“ ,sagte ich leise. Hätte ihn gern umarmt. Ging leider nicht. Aber ich schenkte ihm meinen besten Freundschaftsblick. Das machte ihn sehr stolz. Er meinte, ich wäre sein erster echter Freund auf dieser Welt. Das machte mich sehr stolz. Nach dem Feuerschlucker, bei dem sich Rüdiger die Flügel ankokelte, weil er unbedingt sehen wollte, wie der Trick funktionierte, schlenderten wir zu Dave. Der hing an einem Baum und meditierte. Seine Flughäute waren um seinen Körper gewickelt und er sah aus, wie Graf Dracula persönlich. Rüdiger sagte: „Hello, Dave!“ Mann, wie der sich freute. Ich wollte auch cool sein und sagte: „Hello, Stranger!“ Seine kleinen Augen blinzelten kurzsichtig in die Nacht und als er einatmete, hatte er sofort Rüdiger verschluckt. Natürlich erkannte Dave sofort seinen Fehler und spuckte ihn wieder aus. Kommt in den besten Familien vor. Rüdiger nahm es ihm nicht übel. Vollgeschleimt saß er auf meiner Nase und blickte mich mit seinen großen Augen an. Ich blies ihn trocken und die Welt war wieder in Ordnung. Dave hatte reichlich Freikarten für uns. Als erstes wollte er mit uns in den Flohzirkus. Ich meinte, das wäre grundsätzlich `ne gute Idee, würde aber als Mops diese Quälgeister meiden, weil sie mich zu sehr an meinen Opa mütterlicherseits erinnerten. Sein Name war Heribert von Maulenhausen und er war der größte Schnorrer weit und breit. Er hatte nicht mal einen eigenen Napf, den lieh er sich immer von einem Nashorn das Eddie hieß. Dave hatte dafür Verständnis, also besuchten wir die Wahrsagerin Annabelle. Die lebte unter einem Wohnwagen und war in tausend bunte Tücher gehüllt. Logisch. Weil Wahrsagerin. Die trugen nun mal keine Hundecapes. Wir gingen rein und jetzt haltet euch fest! Wisst ihr wer das war? Kommt ihr nie drauf! Sie führte offenbar ein Doppelleben und noch bevor ich überhaupt piep sagen konnte, raunte sie: „Reich mir deine Pfote, Kumpaniero!“ „Esmeralda?“ ,fragte ich fassungslos. „Hier bin ich Annabelle, mein Süßer.“ „Kommt als nächstes Elvis um die Ecke und singt Return to Sender?“ „Ich muss dir etwas sagen. Es gibt einen Grund, weshalb du hier bist.“ Ich schluckte. „Der Heilige Knochen hat mich beauftragt, dir zu danken.“ ,sprach sie weiter. Ich war kurz vor einer Ohnmacht. Der Heilige Knochen. Das Heiligste der Heiligen in einem unglaublich unheiligen Land bedankte sich bei einem unwürdigen, dennoch gutaussehenden, klugen Astronautenmops. Wow. Doppelhammer. „Also Freunde.“ , begann ich. „Das ist der größte Schwachsinn, den ich je gehört habe. Jeder. Wirklich jeder auf diesem Planeten weiß, das der heilige Knochen in Florida wohnt und nicht in Hamburg und außerdem nicht mit Esmeraldas sprechen, die sich als Annabelle verkleidet haben.“ „Mein lieber Spike. Du bist der Auserwählte.“ flüsterte Dave in mein rechtes Ohr. Jetzt musste ich mich doch erst mal übergeben. Koooooooooooooooooooooootz! Oh. Den Hawaii Toast, vor dem Nudelgericht, hatte ich gar nicht mehr auf dem Zettel. „Du wirst tatsächlich der erste Mops auf dem Mond sein. Du hast dich für würdig erwiesen, dort eine Kolonie aufzubauen.“ ,sagte Esmeralda. Ich übergab mich ein zweites Mal. „Sorry, aber das ist echt zu viel für mich.“ ,murmelte ich und fiel gleich darauf in Ohnmacht. Ich erwachte in den Pfoten von Esmeralda oder Annabelle oder wie auch immer sie hieß. Mein Gott, die war so niedlich. Diese schönen Augen. Dieses süße Näschen. Einfach entzückend. Ich schleckte ihr einmal übers ganze Gesicht. „Spike, wir sind hier nicht zu unserem Vergnügen.“ ,sagte sie mit gespielter Entrüstung. „Ich hab` mich in dich verknallt.“ ,sagte ich gerade heraus. „Und Trixi?“ ,fragte sie. „Das ist geschmolzener Schnee. Ich wollte immer nur dich, wusste es nur nicht.“ „Das sagen alle.“ „Ich meins ehrlich, Esmeralda. Ich bin ein dummer Hund. Manchmal weiß ich selber nicht wo`s langgeht. Ich will nur dich. Lass es uns versuchen.“ Schaute sie mit meinem schmachtenden, ich kann ohne dich nicht leben, Blick an. Sie schleckte meine Nase ab und sagte: „Wir werden sehen.“ Damit machte sie mich zum glücklichsten Hund nördlich des Äquators. Das war kein Nein. Hah. Norbert alter Kumpel. Sie liebte mich. Sofort schlich sich das schlechte Gewissen in mein Hirn. Mist. „Esmeralda. Ich hab dich sehr lieb, aber das kann ich Norbert nicht antun. Er ist mein bester Freund und er wünscht sich, glaube ich, mit dir zusammen zu sein.“ ,murmelte ich. Sie nahm mein Gesicht zwischen ihre Pfoten und meinte zärtlich: „Er ist nur ein Kumpel. Du bist für mich etwas ganz besonderes. Ich kann dich gut leiden.“ Mein kleines Hundeherz wurde zentnerschwer. Gut Leiden? Warum sagte sie nicht gleich, das sie mich nicht ausstehen konnte? „Tja, ich muss dann auch los und die nächste U-Bahn finden, hinter die ich mich werfen kann.“ sagte ich leise. „Man wirft sich nicht dahinter, sondern davor.“ ,meinte Dave. „Noch so ein Schlauberger. Musst du nicht irgendwo abhängen, um über das Ende der Welt nachzudenken? Du brauchst mich nicht Esmeralda. Kann sein das ich der Auserwählte bin. Interessiert mich aber nicht die Bohne, wenn ich es nicht für dich bin.“ „Aber so meinte ich das doch gar nicht, Spike.“ rief sie. Hörte schon nicht mehr zu. War zu niedergeschlagen. Ging einfach weg. Rüdiger verbiss sich in mein Ohr. Spürte es nicht mal, so traurig war ich. Um ehrlich zu sein. Es tat verdammt weh. Konnte mich kaum auf meine miese Stimmung konzentrieren. Ließ mir, aber nichts anmerken und klammerte mich an meinem Liebeskummer fest. 6 Die Nacht hatte uns erreicht, also heulte ich den Mond an. „Ruhe!“ , schrie eine dunkle Männerstimme. Das ließ ich mir nicht zweimal sagen und jaulte noch lauter. Ein Hausschuh sauste an meinem Kopf vorbei, also legte ich einen Zahn zu. Ich jammerte so laut und erbärmlich, das selbst die Steine in der näheren und weiteren Umgebung anfingen zu weinen. Dann kam der endlich der Zweite. Die Lichter in den Häusern gingen an. Gezeter. Genervtes Türen klappen. Frauen in Schlafhemden und Lockenwicklern. Sah lustig aus. So Außerirdisch. Dann kamen die Männer mit dicken Bäuchen und 6 Tage Bart. Sah peinlich aus. So Unterirdisch. Wie die Comics von Timmy. Die, wo die Menschen sich in Körperfresser verwandelten. Nun wurde es lebhaft. Die Nachbarn taten sich zu Gruppen zusammen und suchten den Störenfried. Das Spiel gefiel mir, also versteckte wir uns hinter den Mülltonnen. Rüdiger und ich mussten kichern. Wir waren wirklich ein tolles Team. Hatte schon lange nicht mehr so viel Spaß. Machte einen Purzelbaum und lachte mich schlapp. Lag auf dem Rücken und schaute in den Nachthimmel. Hatte ihn noch nie so klar gesehen. Die ganzen Sterne. Den Mond. Alles war soooooooooo nah. Fühlte mich mit allem so verbunden. Sah eine Sternschnuppe, die verglühte. Wünschte mir sofort meinen sehnlichsten Wunsch: Esmeralda sollte das ganze Glück der Erde bekommen und nur noch lächelnd den Morgen begrüßen, auch wenn das mit meinem besten Kumpel wäre. Fühlte mich für zwei Minuten, wie ein König und sooooooooo erwachsen. Hatte für zwei Minuten, die Kindheit hinter mir gelassen. Plötzlich begann es in meinem Ohr zu husten. Ich wusste sofort das das kein gutes Zeichen war. „Es ist Zeit...“ ,hörte ich seine schwache Stimme. „Was soll das heißen? Mach jetzt bloß nicht schlapp.“ ,sagte ich besorgt. Der winzige Körper von Rüdiger fiel aus meinem Ohr. Versuchte es sofort mit einer Mund zu Mund Beatmung. Als ich das nächste Mal hinsah war er weg. Hatte ihn versehentlich eingeatmet. Das ging wohl nicht. Spuckte ihn aus und blies ihn trocken. „Du bist soooooo witzig, Spike.“ ,sagte Rüdiger matt. „Verlass mich nicht.“ ,jammerte ich. „Wir müssen alle irgendwann gehen. Hätte gern mit dir den Mond besucht. Vielleicht im nächsten Leben. Warst ein guter Freund.“ ,raunte Rüdiger. Dann hörte sein kleines Herz zu schlagen auf... Erinnerte mich nicht, jemals zuvor so traurig gewesen zu sein... Ich begrub ihn unter der alten Eiche. Wusste nicht, was ich sagen sollte, also sang ich unser Lied. Ganz langsam. „I come from Alabama, with my Banjo on my knees. I`m goin`to Louisana my best friend for to see...“ Dann schlich ich nach Hause. Der Kummer folgte meinen kurzen Beinen. Vor meiner Hundeklappe warteten alle auf mich. Esmeralda nahm mich in ihre Pfoten. Fritz legte seine Krallen auf meine Schulter und bohrte sie durch mein Fell. Ich spürte nichts. Norbert flüsterte etwas in mein Ohr, das ich nicht verstand. Tat trotzdem gut. Egon brachte mir einen Kamillentee, den ich widerwillig hinunterwürgte. Ich machte es gern. Hatte sie alle ganz tief in meinem Herzen. Ja, ich war wirklich der Auserwählte, denn ich hatte Freunde. Wir gingen ins Haus. Genauer. Unter das Haus. Dave hing unter der Decke und wollte mit niemanden sprechen. Er machte den Verlust mit sich selbst aus. Typisch Fledermaus. Bertram und Lucy liefen wie Aufziehpuppen hin und her und versuchten von den Ice Cube`s wegzukommen. Sie waren schon fast wieder die alten, denn Bertram nervte uns mit seinen Geschichten über Alaska und seiner tollen Persönlichkeit. „Hatte ich euch schon die Geschichte von der wundersamen Rettung meines Herrn durch einen unglaublich klugen Husky erzählt?“ „Erst zwölf mal, Bertram.“ ,sangen wir alle im Chor. Wir setzten uns in einen Kreis und ich erzählte von den Geschichten, die ich mit Rüdiger erlebt hatte. Das war schön. Für einen Moment war er da. Dann konnte ich ihn gehen lassen. Der nächste Morgen war voller Sonnenschein und Liebe. Ich erwachte Nase an Nase mit Esmeralda. Das war ganz schön aufregend. Sie war das schönste was ich je gesehen hatte. Trixi war eine Vorstellung. Ein Trugbild, das ich mir in meinem Köpfchen zurechtzimmerte. Schaute Esmeralda einfach an. Hörte ihren gleichmäßigen Atem. Wünschte die Zeit anhalten zu können. Immer so daliegen zu können und sie zu beobachten. „Hatte ich dir schon die Geschichte von der wundersamen Rettung meines Herrn durch einen unglaublich klugen Husky erzählt?“ ,flüsterte Bertram in mein Ohr. Mein Körper zuckte zusammen und meine Geliebte wurde wach. „Hatte ich dir schon die Geschichte von der wundersamen Fesselung eines unglaublich nervigen und redseligen Husky`s erzählt?“ ,presste ich hervor. „Nein. Klingt spannend.“ Oh, Mann. Manche Hunde merken, aber auch gar nix. „Was macht eigentlich Lucy?“ ,fragte ich ihn. „Wir haben uns getrennt. Unsere Weltanschauungen, waren einfach zu unterschiedlich. Ich bin ja zur Hälfte eine Hauskatze.“ „Eine Hauskatze. Du bist eine Hauskatze? Drehst du jetzt völlig durch?“ „Nein Spike. Ich will damit nur sagen. Lucy und ich, wir passen einfach nicht zusammen.“ Es entstand eine Pause. Die war ganz schön lang. „Verstehst du die Problematik?“ ,sprach Bertram weiter. „Auf jeden Fall. Ihr habt nach einem Grund gesucht euch zu trennen und ihn gefunden.“ „Seien wir ehrlich Spiky. Sie war voll nervig. Wollte immer, das meine Pfoten sauber sind und so. Ich bin doch ein Schlittenhund. Wie soll das gehen?“ Egon brachte das Frühstück und rettete mich. Endlich was zu fressen. War am Verhungern. Es gab Würstchen im Schlafrock. Echt lecker. Wurde nach dem Essen auch sofort wieder müde. Schlafrock und so. Fragte mich, wie es mit Bertram und Lucy weitergehen würde. Hatten sie sich noch einen Ice Cube reingezogen? Sie sollten sich aussprechen und wieder versöhnen. Aber vielleicht sollte ich mein Maul lieber nicht so weit aufreißen. Denn ich hatte ja nun überhaupt keine Ahnung vom weiblichen Geschlecht. Nach dem Essen setzten wir uns zum Morgenkreis zusammen. Wir hielten uns an den Pfoten und Bertram ergriff das Wort. „Oh, Heiliger Knochen. Unser Spike wird bald auf den Mond fliegen und unsere Gedanken begleiten jeden seiner Schritte. Er ist der Auserwählte und wird unsere Gattung zu neuem Ruhm und großer Erhabenheit führen.“ Häh! War mir definitiv zu viel Trippel Trappel. Fühlte mich echt unwohl bei diesem ganzen Gerede. „Das ist nicht meine Welt Freunde. Seid mir nicht böse, aber das ist mir ein Zacken zu viel Religion und erhabenes Gequatsche.“ Stand auf und schlenderte befreit ins Freie. Schoko grüßte mich freundlich und warf mir eine Nuss zu, die ich mit meinem rechten Nasenloch auffing. Auf einmal waren Egon, Fritz und Esmeralda an meiner Seite. Wir blickten uns an und lächelten. Ich drehte mich, so Bogart mäßig, zu Esmeralda um, schaute ihr tief in die Augen und sagte mit meiner besten -Ich steh auf dich Baby- Stimme: „Der Mond ist verdammt groß, aber im Vergleich zu meiner Liebe, ist er klein, wie eine Erbse. Magst du auch mitkommen Esmeralda? Ohne dich wird’s mir da oben zu langweilig.“ Sie nickte. Endlich war ich kurz davor alle meine Träume wahr werden zu lassen. Ich lud alle in Rick`s Cafè zu Richy ein. Als wir so da saßen, dachte ich an all die Dinge die ich erlebt hatte und die Wege die ich gegangen war. Fühlte mich wie Methusalem, der alte, weise und zottelige Puli Hund aus Manhatten. Fühlte mich pudelwohl. Esmeralda gab mir einen feuchten Kuss und die anderen wurden ganz schön neidisch auf mich. Endlich ging es voran. Heute hatte ich Esmeralda erobert und morgen den Mond. Aber jetzt musste ich unbedingt pieseln. Also. Wo, zum Teufel, war der nächste Baum? Januar 2019 von Axel Bruss
  17. Axel

    Nachts, wenn alles schläft

    Nachts, wenn alles schläft Eine große Unruhe breitet sich in mir aus. Sie ist spürbar. Greifbar. Ein Etwas. Ein Gürtel der mich schnürt und mich dennoch nicht von der Last der düsteren Gedanken befreit, sondern sie festhält und lebendig macht. Dieser Aufruhr in mir ist ein lärmendes Tier, das nach mir schnappt und mich hinab zieht in die dunklen Tiefen meines Ichs. Bin voller Besorgnis und Selbstzweifel. Bin Prometheus, der an den Berg gekettet und vom Adler der Leber beraubt, zur Untätigkeit verdammt ist. Es muss heute Nacht gelingen. Die Welt ist eigensinnig und zerstörend, doch sie wird von mir hören und mich im Gedächtnis behalten. Reglos stehe ich am Fenster und schaue hinaus. Die Dunkelheit legt sich über das Leben und die Landschaft. Die vormals grünen Wiesen sind nun grau. Die Bäume in ein mattes braun getaucht, haben ihren Sinn und ihre Helligkeit verloren. Sie helfen uns nicht mehr beim Atmen. Sind nun selbst bedürftig. Mutlos sinke ich auf den alten, knarrenden Stuhl neben mir. Die Sitzfläche wölbt sich nach unten und ächzt und seufzt unter der Belastung. Sie wird brechen und mich auf den nackten Boden stürzen lassen. Sodann, ich Staub werde und ins Vergessen hinabsinke. Dies ist die kalte Wahrheit. Doch nicht heute. Nur nicht heute. Das lasse ich nicht zu. So stehe ich also wieder am Fenster und erwarte das Unwetter. Alles ist vorbereitet. Der Kadaver liegt auf dem Tisch. Er ist festgeschnallt. Der Hauch des Todes fließt durch den Raum und setzt sich in den kahlen Wänden fest. Heute Nacht werde ich ihn durchbrechen und besiegen. Das ewige Leben ist mein Ziel. Es zu erreichen, nur eine Frage von Stunden. Ein Sturm zieht herauf. Er peitscht und schlägt die Bäume wund. Ich wandere auf und ab in meinem Laboratorium. Die Welt mag sich winden und strecken. Sie wird erkennen, das ich ein großer Meister meines Faches bin. Das Erdenrund, wird dann nur einen Namen rufen: Frankenstein! Es ist noch Zeit. Das Grollen und Donnern der Naturgeschütze ist noch weit und so will ich etwas zu meiner Person berichten. Beginnen wir bei meiner Geburt 1862. Auf der Isle of Wight. 6 Es war ein schöner Ort. Beschaulich und ruhig. Eine Insel. Sie lag an der Südspitze Englands und ist 35 km lang und 20 km breit. Eine eigene Welt auf der Trolle und Hexen wohnten. Die Bewohner dieser kleinen Insel, in der Nähe von England, waren redliche und freundliche Leute, die jeder Mann wohlgesonnen und die Sonne im Herzen zu haben schienen. Immer bereit einander zu helfen und mit einem wohlmeinenden Wort, dem Anderen, ein Lächeln auf das Gesicht zu zaubern. Jedenfalls auf den ersten Blick. Denn, wie es nun mal in unserer Welt so ist, zeigt sich die wahre Fratze erst, wenn wir genauer hinsehen. Unter dem Puderzucker des Lächelns und der Freundlichkeit, offenbart sich das Dasein von einer gänzlich anderen Seite. Meine Mutter war eine wunderschöne Frau, mit wachem Geist, die sich in einen versoffenen, hergelaufenen Hausierer, namens George verliebte. Ein Hallodrie Erster Klasse. Immer zu einem Scherz aufgelegt, hielten ihn seine Saufkumpane für einen vorzüglichen Unterhalter und klugen Mann. In seiner Freizeit, die er sich reichlich nahm, befasste er sich mit dunklen Machenschaften. In der Alchimie und alten Beschwörungsformeln fand er seine Bestimmung. Den Stein der Weisen wollte er finden, um Gold zu machen. Er wurde hinter vorgehaltener Hand von allen belächelt, verteufelt und gebrandmarkt und die Spießbürger, aus dem Dorf, mieden ihn. Spazierte er auf der rechten Seite des Bürgersteiges gingen sie auf der Linken. Stand er in einem Laden, um einzukaufen, wurde er nicht mit einem >Guten Morgen<, sondern mit abschätzigen Blicken bedacht. Das betrübte ihn sehr und er versuchte sein Leben zu ändern, da auch meine Mutter unter der Ablehnung litt. Ja, er gab sogar das Trinken auf und half bei manch großem Projekt für die Allgemeinheit. Doch, bevor es auch nur die Möglichkeit gab, das Blatt zu wenden, stürzte er vom Dach der Scheune und ertrank im Ententeich, während ein paar dumme Hühner zusahen. Die hießen Waltraud, weil die sich nur im Wald traut, und Irmgard. Die Töchter der Wacholder Liesl und strohdumm. Statt meinen Vater herauszuziehen und ihm so das Leben zu retten, liefen sie in den Wald und spielten Rotkäppchen. Tiere gab es es auf dem Hof nicht, weil die Bauern arm waren. Die waren so arm, das sie ihr Toilettenpapier vom Nachbarn leihen mussten. Das bestand hauptsächlich aus dem Guardian. Eine Zeitung, die wenig Bilder und viel Text besaß und somit für alle, bis auf den Gutsherrn, nicht in Frage kam. Tja. Meine Mutter musste nun in ihrem hochschwangeren Zustand arbeiten und das fiel ihr sehr schwer, denn sie schleppte Tag für Tag große Milchkannen aus der Scheune in ein Nebenhaus, um es dann in kleine Flaschen zu gießen und an die umliegenden Haushalte zu verteilen. Ihre einzige Freude war der Guardian, bei dem sie immer so tat, als würde sie ihn nur für die Sauberhaltung ihres, ihr wisst schon was ich meine, benutzen. Doch sie las Zeile für Zeile und vergrößerte ihr Wissen jeden Morgen, um ein weiteres Stück. Da sie klug war, wusste sie genau, das Intelligenz bei den Anderen Unsicherheit und noch mehr Dummheit hervorrief. An einem Freitag, war es dann soweit. Mir wurde die Zeit im Mutterleib zu langweilig, also beschloss ich mal nachzuschauen, was mich draußen erwartete. An jenem 13. des Monats, kurz vor Mitternacht, lag ich in den Armen meiner Mama und fühlte mich warm und sicher. So würde es immer sein. In meiner Welt hatten Lügen und Verderbtheit keinen Platz. Kein Wunder, ich war gerade mal 2 Minuten alt. Es wurde berichtet, das sich am Tag meiner Geburt die Sonne verdunkelte. Die Katze des Bauern Anton Porridge verlor ein Auge und die Kühe der Familie Milkcoast, bei der meine Mutter arbeitete, gaben keine Milch mehr. Ich glaube, es wäre vermessen daran zu glauben, das ich daran einen Anteil hatte. Obwohl sich bald herausstellte, das ich ein überaus schlaues Bürschchen war, verlief meine Kindheit glücklich und lehrreich. Lesen und rechnen lernte ich mit drei und mit sieben widmete ich mich der Integralrechnung. Die Bibel las ich an einem Wochenende und fand sie sehr unterhaltsam. Mit vier konnte ich diverse Sonette von Shakespeare hersagen und Mozarts Entführung aus dem Serail fehlerlos auf dem Spinett spielen. Mit fünf lernte ich die großen Philosophen kennen und lieben. Ich war mit neun Jahren in der Lage komplizierte, mechanische Dinge und Spielereien zu erfinden und wuchs in einem abgeschlossenen, geräumigen Keller unseres Hauses auf. Ich wurde von meiner Mutter dort unten gefangen gehalten, aber sie versicherte mir immer wieder, das es nur aus Liebe und zu meinem Besten geschehen würde. Als sie in einer frostigen Winternacht, am heiligen Abend starb, bemerkte ich das Erste mal, das kein Spiegel in unserem Haus an den Wänden hing und alle glatten Flächen entfernt wurden waren. Ich begrub meine Mutter unter der alten Eiche, die sie so sehr liebte und sang, zum Abschied ein Lied, das sie mir immer vorgesungen hatte, wenn ich traurig im Bettchen lag und meine Gedanken keine Ruhe gaben: „Nachts, wenn alles schläft und der dunkle Vorhang sich schließt, kommen die Geister und bevölkern unsere Welt. Sie jagen und necken kleine Buben, die sich an das Wachsein klammern, drum schlafe mein Kindchen, schlaf` ein.“ Mutlos und deprimiert streifte ich durch das Haus. Die Möbel befanden sich in einem desolaten Zustand. Ebenso die Räume selbst. Tapeten, die in langen Streifen von den Wänden perlten und Wasserhähne die sich tropfender Weise des Wassers in ihnen entledigten. Auf meinem Gang durch dieses alte, in allen Fugen, krächzende Haus und begleitet von umher schwirrenden Staubpartikeln, die sich im Sonnenlicht tummelten, fand ich in der Diele einen Spiegel aus blank poliertem Stahl. So kalt und hart, wie diese Welt in der ich mich nun zurecht finden musste. Mit meinen Fingern fuhr ich über die glatte Fläche und schaute hinein. Dieser erste Blick, auf mich selbst, schockte mich aufs Äußerste. Ich war ein hässlicher Gnom. 1,43 groß. Ein deformierte Kopf. Augen die in unterschiedlichen Höhen in den Schädel eingelassen waren. Runzelige, alte Haut. Ich war mir sicher, das meine Mutter die Rinde von einer uralten Eiche geliehen hatte, um sie mir über das Gesicht zu ziehen. Ein paar lange, schwarze Haare, die mutlos von meinem verbeulten Schädel herabhingen und sich strähnig, würgend um meinen Hals legten. Die verbogene Nase und der Riss, welcher senkrecht durch mein Gesicht lief, erlaubte es mir nur durch den Mund zu atmen. Mein fliehendes Kinn hob die Hasenscharte, die meine Lippen, teilte umso mehr hervor. Der Buckel führte zu ständigen Schmerzen in meinem Rücken und erlaubte es mir nicht mich komplett aufzurichten. Die einzige, schöne Besonderheit an diesem entstellten Körper waren meine seelenvollen, hellblauen Augen. 6 Die Welt mag jammern und sich vor Schmerz verzehren. Sie mag lachen und sich lieben. Letztendlich führt alles Lebende nur ein begrenztes Dasein. Mit dem Skalpell ritze ich diese Worte in meinen Arbeitstisch und freue mich auf die Möglichkeit diesen Lehrsatz für alle Zeiten zu ändern und Lügen zu strafen. Vielleicht wird es mir sogar möglich sein, meine Mutter zu erwecken. Vielleicht!!! Die Tür öffnet sich und Lord Byron tritt unaufgefordert in mein Reich. Er ist ein reicher, ungehobelter Kerl, der von allen bewundert und geliebt wird. Er verkörpert all das was ich abgrundtief hasse. Er ist, wie mein Vater. Mit dem Unterschied das Byron reich und erfolgreich ist. Dies blieb meinem Vater, aufgrund seiner Dummheit, verwehrt. Byron ist ein echter Lord. Ein Dichter und Schriftsteller. Ein schöner Mensch, aber innen drin verfault und liederlich. Er benutzt die Frauen. Sie sind für ihn nur Objekt und niemals Wesen. Sein absonderlicher Geschmack, hinsichtlich sexueller Lust mag manchen in seiner Fantasie beflügeln. Ich finde es nur ekelerregend und abstoßend. Leider zieht er auch Mary Shelley in seinen Bann. „Guten Abend mein hässlicher Freund.“ ,begrüßt er mich aufs aller freundlichste. „Sir.“ ,sage ich nur knapp. „Schön hast du`s hier. Erinnert mich an den Friedhof in Paris.“ ,redet er weiter. „Ja. Paris ist schön.“ „Du weißt nichts von Paris oder Schönheit. Du bist das Schoßhündchen von Mary. Nichts weiter.“ ,erklärt er mir. „Sicher.“ ,erwidere ich. „Die Welt, mein Freund, ist ein Scherbenhaufen und wir sind die Totengräber.“ Ich sage nichts darauf und hoffe, das er wieder geht. Doch er steht einfach da und schaut nachdenklich aus dem Fenster. Sein grünes Samtjacket, würde eine Familie 12 Monate ernähren und am Leben halten. Aber Seinesgleichen schert sich nicht um diese Art Banalitäten. Er ist die Sonne, um den sich alle anderen, unwürdigen Planeten drehen dürfen. Der König, bei dem alle kuschen und niederknien müssen, um seine Befehle entgegenzunehmen. Für mich ist er nur das Furunkel am Arsch einer 5 Pence Hure, wie ein anderer hundsgemeiner Schweinepriester im Zirkusfrack immer sagte. „Das Licht, Fritz. Das Licht scheint für alle gleich, aber die meisten sehen nur die Dunkelheit. Ich nicht. Ich BIN die Dunkelheit.“ ,sagt Byron. Nun ja. Er ist ein ekelhafter Mensch, aber er weiß es und ist konsequent in seinem Denken und Tun. Das sollte einem Bewunderung abnötigen. Tut es, aber nicht. Ich antworte nicht. Mein Blick irrt im Zimmer umher und bleibt hängen. Die Öllampe am Fenster ist verrußt. Mühsam erhebe ich mich und gehe langsam, mit schmerzendem, krummen Rücken darauf zu. Eine Motte versucht verzweifelt den Glaszylinder zu durchdringen, um an das Licht zu gelangen. In der Hoffnung Göttlichkeit oder einen Sexualpartner zu finden. Sie weiß nicht, das sie verbrennen würde. Ihre Unwissenheit schützt sie vor der Idiotie und der Traurigkeit des Lebens und führt sie fröhlich in den Tod. Lord Byron hilft ihr und hebt den Zylinder. Gierig stürzt sie sich hinein. Erst sind es nur die Flügelspitzen. Sie glimmen und fangen schließlich Feuer. Einem Streichholz gleich, das entzündet und fortgeworfen wird fällt es in die Tiefen des ewigen Schlafes. Wie einst Tantalos, der den Göttern Nektar stahl, um sich zu bereichern. Als König und Sohn des Zeus, glaubte er seine Gier nach Reichtum zu befriedigen und ungestraft davon zu kommen. Dies wurde ihm schließlich zum Verhängnis. Zur Strafe stellten sie ihn gebunden in einen Teich. Doch er konnte weder seinen Durst noch seinen Hunger stillen und so litt jeden Tag furchtbare Qualen. Nun brennt die Motte lichterloh und rast dem Boden entgegen. Er zertritt sie mit dem Fuß und lacht. „So, mein Freund, endet unser aller Leben. Ein bisschen vorgegaukelte Liebe. Ein paar Lügen, die das Leben erträglicher machen, um dann mit flammendem Schwert unterzugehen.“ ,sinniert er vor sich hin und verlässt mich. Ich bin froh, wieder allein zu sein. Der Mond zeichnet sich schwach hinter einer Wolkenwand ab. Ein leichtes Abendmahl steht für mich bereit: Ein halbes Glas Wein. Etwas Brot, das doppelt gebacken wurde. Feinstes Olivenöl, in das ich die abgerissenen Brotfetzen tauche. Salz und Pfeffer, um ihnen und meinem Leben etwas Würze zu geben. Ich zerkaue es genüsslich und langsam. Genieße jeden Bissen und freue mich über jede kleine angenehme Abwechslung, die meine Studien und Experimente für ein Augenblinzeln unterbrechen. Doch ich darf nicht ruhen und mich der Völlerei hingeben. Ich habe eine Aufgabe zu erfüllen und doch nistet sich Einsamkeit in mir ein. Ein kleiner Vogel landet erschöpft und durchnässt auf dem Fenstersims. Er kommt aus der Finsternis. Seine Schwingen, matt und müde, wollen sich dem ewigen Schlaf ergeben. Sein kleines Herz schlägt noch schwach in seiner Brust. Er ist mein Phönix. Im Feuer verbrennend und auferstehend. Er ist mein Zeichen. Wird ER überleben, werde ich es auch. Ich hole ihn herein und bereite ihm ein warmes Nest aus meinem roten Schal. Mary Shelley gab ihn mir, als ich in ihre Dienste trat. Sie wurde abgeschreckt und angezogen von meiner Statur und meiner Abartigkeit. Ich wurde ihr Faktotum. 6 Da meine Mutter nun tot war, musste ich hinaus in die Welt um meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Doch wer stellte einen verunstalteten Zwerg, der kein Handwerk gelernt hatte wohl ein? Niemand! Wie der Zufall oder die Vorsehung es wollte, zog ein Schausteller durch unser Dorf. Fröhliche Musik begleitete diesen Zug der Abnormitäten und Abenteuer Schau. Ich schloss mich ihnen an. Wir hatten verschiedene Attraktionen im Gepäck: Einen schwarzen Afrikaner, der nur einen Lendenschurz aus Leopardenfell trug und ständig einen Schnupfen mit sich herum trug. >Kiano< Eine Riesenmaus, die eigentlich eine Bisamratte war. >Mello< Einen Hummerjungen, der statt Hände, Zangenähnliche Auswüchse an den Armen besaß. >Grady Stiles< Eine vierbeinige Frau mit langem schwarzen Haar. >Myrtly Corbin.< Zwei siamesische Kampfhunde, die zusammengewachsen auf die Welt gekommen waren. >Remus & Romulus< Und mich, den Mann mit den zwei Gesichtern und den traurigen Augen. >Fritz< 6 Ich bin sehr durstig und schenke mir ein Glas Wasser aus der Karaffe nach. Sie ist aus Bleikristall und wunderschön. Ein Geschenk von Lady Shelley. Ich kann sie gut leiden und sie mich auch. Sie hat ein Verhältnis mit Lord Byron. Es ist keine Liebe, sondern eine Art der grausamsten Abhängigkeit. Er behandelt sie, wie seinen Hund und sie scheint es zu genießen. Er nennt sie Justine. Es erinnert mich an das Buch von de Sade das er vor dreißig Jahren als Gefangener in der Bastille schrieb. Ein krankes, perverses Machwerk, das sich sicher auch im Bücherschrank von Byron befindet. Dieser Filou treibt sich nicht nur in der Weltgeschichte, sondern auch bei den Frauen rum. Manche munkeln gar, das er Erfahrungen mit Männern sammle. Das ist nicht nur merkwürdig, sondern auch strafbar und käme es heraus, würde er sicher am Galgen baumeln. Auf der anderen Seite, werden reiche Leute nicht gehängt. Sondern nur von Ihresgleichen verachtet. Und das ist wohl ebenso schlimm für sie. Heute beim Mittag sah ich ihn mit Lady Macbeth, einer vollbusigen, breithüftigen, sinnlichen Highländerin in der Küche schwatzen. „Gefällt ihnen der Braten?“ ,fragt sie flüsternd. „Er riecht wundervoll. Wie alt ist er?“ ,entgegnet er. „Nun, ebenso so alt, wie ich selbst. Natürlich.“ „Ist er denn schon reif genug für meinen Gaumen?“ „Das kommt auf ihre Erfahrung mit dieser Art Genüssen an.“ „Oh, ich bin sehr erfahren. Besonders meine Zunge vermag die Würze genau zu erkennen.“ „Aber sie wissen, das dieser Braten einem anderen Mann gehört.“ „Um so anregender ist der Genuss an ihm. Sagen wir um Mitternacht.“ „Die Zeit der Geister? Haben sie denn keine Angst, von ihnen fortgerissen zu werden?“ „Die einzige Furcht, die mich begleitet, ist, den Braten ohne Lust und Freude zu genießen.“ „Dann sei es so. Um Mitternacht.“ Die Geilheit troff aus jedem ihrer Worte. Er schaute sie dann an, wie ein wildes Tier und sie genoss diesen Blick und ein Zittern, das das Unterkleid zum Rascheln brachte, ging durch ihren Leib. 6 In dem Schaugeschäft verdiente nur einer wirklich Geld. Ein schrecklicher Mensch, der sich den Namen Othello gegeben hatte. Seine Haut besaß diese dunkle Färbung, wie sie manchmal Italiener aufwiesen und seine dunklen, gefühllosen Augen schauten gefährlich in die Gegend. Die großen Hände konnten sich zu Fäusten ballen und mit gemeiner Gewalt auf alles Lebende eindreschen. Er zeigte sich gern mit freiem Oberkörper. Ein dichter Pelz bedeckte die Haut und sein Schweißgeruch lockte allerlei Getier, doch das schien ihn in keiner Weise zu stören. Im Gegenteil, er ließ sie gewähren und sie dankten es ihm mit reichlich Nachkommen. So wurde auch er zur Attraktion in unserer Abarten Schau. Er nannte sich selbst: Othello – Der lebende Tierpark! Es gab einen Zirkushund, den alle Lysander nannten. Eine zerzauste, kleine, allerliebste Promenaden Mischung, die bei jedermann beliebt war. Nur nicht bei unserem Direktor. Er nannte ihn nur Köter oder saublöder Scheißhaufen der jedem vor die Füße läuft. Mit seinen schweren Lederstiefeln trat er jeden Morgen nach dem Hund. Und jeden Morgen jaulte das arme Tier fürchterlich auf. Manchmal nahm er einen Stock zu Hilfe, doch wich der Hund, seinem Herrn nicht von der Seite. Im Gegenteil, je mehr Schläge er bekam, desto anhänglicher wurde er. Wir lebten in alten Wagen, die von ebensolchen alten Gäulen gezogen wurden. Mit denen wir über das Land fuhren und auf Jahrmärkten unsere Missgestaltungen zeigten. Die Menschen ängstigten sich vor uns und waren gleichzeitig magisch von dem Grauen angezogen. Sie schrien und lachten und bewarfen uns mit Essensresten. So, als wären wir Zootiere, die in einem Gehege wohnten. Niemals hielten sie uns für Menschen, die auch Gefühle hatten. Die ebenso gern lachten wie sie. Die hin und wieder weinten und sich stritten. Wir alles hassten es, uns so zu zeigen, doch unser Direktor sorgte mit Schlägen, Versprechungen und Erniedrigungen für eine Umgebung der Angst und so taten wir, was von uns gefordert wurde. Für ihn waren wir ein undankbares, dreckiges Pack. Was blieb uns anderes übrig, als bei ihm zu bleiben, wenn wir überleben wollten? Othello nannte sein “Theater“: Die Mumien, Monstren und Mutationen Schau! An einem Tag im Mai, es hatte die ganze Nacht geregnet, fing Othello schon am Morgen an zu trinken. In seinem Wagen sang und lachte er, doch wir wussten genau, das es nur eine Frage der Zeit war, da er zu uns kommen würde, um uns zu beschimpfen und zu prügeln. Für ihn waren wir nur Mittel zum Zweck. Abschaum. Nicht viel besser, als Sklaven. Dreck, den er in seiner Großzügigkeit aufnahm und zu etwas Brauchbarem formte. Er prahlte oft damit, seine Frau umgebracht zu haben. „Das Leben ist, wie das Leben eben ist.“ ,sagte er dann immer. An einer dünnen Silberkette trug er ein Medallion um seinen breiten Hals. Wir beobachteten, wie er, oft stundenlang, vor dem aufgeklappten Bild hockte. Wie er es stumm anstarrte und der Groll in ihm wuchs. Wie der Hass in ihm emporstieg. Auf seine Frau, auf die Welt, auf Uns. Wie er dann weinte er und den Hund fast tot schlug. Dann wischte er sich den Rotz von seiner Nase und seinem Kinn und scholt den Hund, das der ihn wieder dazu gebracht hatte ihn zu schlagen und das er genau so wäre wie seine Frau. Ungehorsam und betrügerisch. Nie habe ihn jemand geliebt, obwohl er jedem wohlgesonnen sei. Aber damit sei Jetzt Schluss. Wir wussten nicht in welcher Welt er lebte, aber es musste ein Gefängnis für ihn sein, aus dem er keinen Ausweg wusste. Er war ein Gefangener seiner Brutalität und seiner Einsamkeit. Früher, als außergewöhnlicher Magier, hatte er ein großes Publikum und wurde von allen bewundert, nur nicht von seiner Frau. Die verachtete ihn aufgrund seiner Grobschlächtigkeit und seiner Dummheit. Das alles konnte er vertragen, doch, als er von dem Fehltritt seiner Titania erfuhr, steckte er sie in seine Zauberkiste und sägte sie in der Mitte durch. Da war dann Schluss mit lustig. Er konnte fliehen, aber seine blutige Tat folgte ihm. Die konnte er nicht abschütteln. Die haftete an ihm, wie Pech. In den Tiefen seiner selbst versteckte er die Gedanken daran und tat alles, um zu überleben. Mehr und mehr starb das Gefühl für Andere in ihm ab. Er stahl, log und betrog und fand immer einen Weg den Anderen noch kleiner und armseliger zu machen, als er ihn vorfand. In der Gosse, war er der König. Doch selbst dort erntete er von den Elenden der Straße nur Verachtung. Ich dachte an Victor Hugo, der sagte: „Jeder von uns ist sein eigener Teufel und wir machen uns diese Welt zur Hölle.“ Othello tat dies nicht nur für sich, sondern auch für alle Anderen, denen er begegnete. So säte er das Böse und erwartete eine reiche Ernte. In Boston erstach er einen Mann, weil der ihm seine Hure weggenommen und schlecht über seine Frau geredet hatte. Denn da sie ja nun tot war, erhob er sie zur Göttlichkeit und besten Frau von allen. Sie wurde zu seinem Ideal, dem er erfolglos nacheiferte. Schließlich verließ er Amerika und ging nach England. Er traf auf die Monstrositäten Schau und verdingte sich als stärkster Mann der Welt. In stabile Ketten eingeschnürt und in einen Wassertank geworfen, sprengte er das Eisen im letzten Moment von seinem Körper und befreite sich. Nach einige Wochen, war der Besitzer der Schau verschwunden und Othello übernahm das Geschäft und uns. Seinem Wesen nach, war er der Antichrist und ich glaubte ich müsste ihn irgendwann umbringen, um unser Elend zu beenden. 6 Nachts, wenn alles schläft ist es am Schönsten. Da ist die Welt nicht da. Ich bin allein und glücklich mit mir selbst. Ich höre meinem Atem zu und spüre, wie die Welt sich dreht. Es klopft an der Tür und Little Willy schlendert herein. Er ist der 18 jährige Gärtner und ein gutaussehender, junger Mann. Überhaupt scheint der Haushalt von Marie Shelley nur aus schönen Menschen zu bestehen. Für eine abscheulich aussehende Intelligenzbestie, wie mich, verdammt frustrierend. Meine Mutter sagte immer: „Verliere nie den Mut, mein Junge, wie dunkel auch die Zukunft ist.“ Doch ich verlor ihn oft und fürchtete einzuschlafen und nie wieder zu erwachen. „Ich wäre gern so schlau, wie du.“ ,spricht Little Willy, nachdem er sich in den Sessel vor den Kamin gesetzt hat und seine Füße dem Feuer entgegenstreckt. „Und ich hätte gern deine Haare, dein schönes Gesicht und ein Lächeln das mich jeden Morgen begrüßt. Dann würden mich die Leute Lieben und ich wäre glücklich.“ ,erkläre ich ihm. Er streckt sich genüsslich in dem Sessel und gähnt. „Ach, hübsch zu sein, ist auch kein Zuckerschlecken. Alle sehen nur den schönen Schein, aber niemand interessiert sich für meine Person. Was ich denke. Was ich fühle. Was ich bin. Ich weiß. Ich bin dumm, aber ich kann nichts dagegen tun. Und Gott hat es gefallen, es mich merken zu lassen. Ich bin der unglücklichste Mensch auf Erden. Alle begehren nur meinen Körper. Da musste ich lachen. So ist es wohl. Jeder glaubt der eigene Buckel sei größer, als beim Anderen. Für einen Moment vergesse ich mein abscheuliches und missgestaltetes Gesicht. „Du bist nicht dumm. Du weißt nur wenig Willy. Das ist ein Unterschied. Du hast ein feines, aufrichtiges Wesen und das bewundere ich.“ ,sage ich ruhig. Ich setze mich zu ihm an das Feuer und strecke meine krummen Beine aus. Der Schöne und das Biest. Ich lächle und fühle mich sehr wohl. Das ist selten. Ein schweres Grollen ist zu hören und zuckende Blitze sind in der Ferne zu sehen. Die Apokalypse? Das Ende? Der Anfang? Gott? Ich lache und stelle IHN mir vor. Auf einem Thron, inmitten seiner Engelsschar. Mit wallenden, weißem Haar und mal stechenden, mal gütigen Augen. Die Reichen und Mächtigen haben sich IHN ausgedacht, um uns besser kontrollieren zu können. Man kann es ihnen nicht übel nehmen. Jeder will über den Anderen Kontrolle ausüben. Die Mutter über das Kind. Die Frau über den Mann und umgekehrt. Der Wolf über das Schaf. Und genau das sind wir. Schafe auf einer Weide und ER ist der Schäfer. Nein. Ich glaube nicht an IHN. Ein frommer Kinderwunsch. Eine Strafe. Ein Hirngespinst. Gott hat uns nie verlassen. Er ist nie dagewesen. Dicke, helle, elektrische Stränge zerschneiden das Dunkel und treffen die Erde. Es wird heute Nacht klappen. Die Blitzantennen stehen dicht an dicht auf dem Haus und werden die Elektrizität in mein Labor und meinen Leichnam leiten. „Sie wollen, das ich mich vor ihnen entkleide und mich präsentiere, wie eine Weihnachtsgans.“ ,sagt Willy auf einmal und sein leerer Blick findet keinen Halt in meinem Labor. „Wer will das?“ ,frage ich ihn. „Lord Byron und alle anderen. An jedem Mittwoch ruft mich Lady Shelley zu sich und badet mich. Sie berührt mich überall und sagt und muss sauber und hübsch für alle sein. Ich will das eigentlich gar nicht, aber sie redet solange auf mich ein, bis ich ja sage. Und dann tun wir die Dinge, die nur Eheleute miteinander tun.“ 6 In einer nebligen Nacht sangen wir traurige Lieder und dachten über das Leben nach und wie es mit unserem und seinem weitergehen sollte. Es wurde Zeit, das Othello andere Wege ging. Wir beschlossen ihn umzubringen. Es gab diverse Möglichkeiten „Schlagen wir ihn auf den Kopf und vergraben ihn.“ ,sprach der Hummer Mann aufs geradewohl heraus. „Wir können ihn nicht umbringen. Wer versorgt uns dann?“ ,stellte Myrtly Corbin fragend fest. „Wi sin di Attraktion in di Schau.“ ,sagte schließlich Kiano, der Afrikaner und schnäuzte in sein weißes Taschentuch. „Genau. Wir brauchen ihn nicht.“ ,meinte ich. „Ich bringe ihn um. Lasst mich es tun. Ich hasse ihn am meisten.“ ,sagte Hummer Mann. „Du hast nicht mal Hände.“ ,warf ich dazwischen. „Ich werde immer auf meine Entstellungen reduziert, sogar von dir. Vielleicht sollten wir dich auch gleich umbringen.“ ,entgegnete er. „Jungs. Wir müssen zusammen halten. Bei allen Revolutionen ist es immer eine Gruppe die die Ketten sprengt. Der Einzelne bewirkt gar nichts. „Ha jeman noch n Taschetuch?“ ,fragt Kiano verschnupft dazwischen. Myrtly reicht ihm ihr eigenes, Spitzen besetztes Tuch, das mit dem Monogramm A P I G bestickt ist. „Was bedeutet das? A PIG? Ein Schwein?“ ,fragte er. „A Penis Is Great.“ ,erklärt sie trocken. Wir sind verwirrt. Pause. Schließlich lacht sie und sagt: „Ihr Dummköpfe. Ich weiß es nicht. Es war ein Geschenk meiner Mutter an meinen Vater.“ Wir lachen auch und sind froh das Myrtly die Situation entspannt hat. 6 Little Willy steht auf und richtet seine Kleidung. Er wird im Salon erwartet. „Blumen gießen.“ ,sagte er lachend. Ich weiß Bescheid. Habe noch nie Blumen gegossen, oder das Feld beackert. Niemand will jemanden wie mich als Gärtner. Willy geht und ich wandere unruhig im Labor umher. Prüfe nochmals alle Apparaturen. Alles muss ungehindert fließen können. Alles muss an der richtigen Stelle sein. Alles hat seinen Platz in dieser Welt. Auch ich bin nur ein Rädchen in diesem Erdenlauf. Manche sind winzig klein. Andere riesig. Manche scheinen unbedeutend, doch jeder hat seine Funktion und Aufgabe. Ich bin der Impuls in diesem Räderwerk und wird mir mein makabres Meisterstück gelingen, bin ich Gott! 6 An einem Morgen. Der klar und rein in die Welt gestellt wurde, stand Othello auf der obersten Stufe seines Wagens und sang ein altes irisches Lied. Die Flasche Rum in seiner rechten Hand führte er in den Pausen immer wieder an seinen Mund, um in vollen Zügen diesen rauen Gaugler und Lügner schöner Welten in sich hineinzugießen. Da es in der Nacht zuvor geregnet hatte rutschte er auf der obersten Stufe weg, schlug mit dem Nacken auf der hölzernen Kante auf und brach sich sein schäbiges Genick. Tja. Das war es dann. Wir verbrannten ihn mitsamt dem Wagen und verstreuten uns und ihn in alle vier Winde. Grady Stills, der Hummer Mann hielt noch eine Abschiedsrede. „Vor langer Zeit, gab es einen König, der so grausam war, wie nur Könige es vermögen. Die Knechte wollten ihn töten, doch das Schicksal spielte die Trumpfkarte und so schied der Despot aus ihrem Leben und gab ihnen die Freiheit, nach der so lange hungerten.“ Dem hatte niemand etwas hinzuzufügen, außer Kiano, der dreimal nieste und seinen Schnodder auf dem Weg verteilte. Grady rutschte darauf aus und brach sich einen Arm. Myrtly sagte: „Lieber arm dran, als Arm ab.“ Wir lachten und ein ein paar Minuten später verloren wir uns aus den Augen. 6 Lady Shelley tritt herein und geht zum Fenster. Sie erblickt den roten Schal und den darin liegenden Vogel. Erstaunt streichelt sie das Tier und macht kleine Schritte. Ohne Ziel. Ohne Sinn. Sie ist unruhig und erregt. Sie kann nicht auf einer Stelle stehen bleiben. Streift den Stuhl und den Tisch mit ihrem Becken. Atmet tief ein und mit einem Seufzen wieder aus. Ihr Körper ist angespannt und kraftvoll. Dann wieder weich und flehend. Schließlich setzt sie sich und presst die Beine aneinander. Ihr Blick gleicht umherirrenden Lichtern auf der Suche nach der Dunkelheit. „Wird es gelingen Fritz? Wird mein Sohn leben?“ ,fragt sie, wohl wissend um die Antwort. „Ja. Sie werden ihn bald in ihren Armen haben und mit ihm sprechen können.“ „Ach lieber Fritz. Ich bin verzweifelt. Was mache ich nur, wenn er wieder fortläuft, oder Lord Byron auf ihn einschlägt?“ „Ihr müsst euch von diesem Menschen trennen. Er ist ein schlimmes Individuum. Ein Tier.“ „Ich kann nicht. Ich brauche ihn.“ „Er ist nur ihre Droge. Ihre Sucht. Er wird alle in den Abgrund reißen, die sich ihm anvertrauen.“ ,rede ich auf sie ein. „Ich weiß und trotz allem, bin ich nur durch ihn. Er ist meine Sonne.Meine Luft.“ Ein letztes Mal geht ihre Hand zum Vogel. Selbstvergessen. Unbedeutend. Sie schüttelt ihren Kopf und geht hinaus. Alle die kommen, gehen wieder. Niemand bleibt. 6 Ich reiste quer durch das Land. Versuchte auf irgendeine Weise klar zu kommen. Zu überleben. Aufgrund meiner Hässlichkeit unterstellten mir die Leute Boshaftigkeit und ich konnte nie lange an einem Ort bleiben. Fühlte mich, wie die faule Frucht an einem Apfelbaum. Von allen gemieden und verabscheut. Doch auf die eine oder andere Art gingen alle den gleichen Weg. Alle würden verschlungen werden und als stinkendes Häufchen wieder auf der Wiese landen. Nichts weiter als Dünger für die nächste Generation von Äpfeln. Natürlich wussten sie das nicht. Sie wetteiferten, um den besten Platz an der Sonne und jeder wollte noch süßer sein, als sein Nebenbuhler. Ich würde nie dazugehören. Ich sah früh und mit aller Klarheit, wo mein Platz war und so konnte ich an den Dingen wachsen die mir lagen. Der Physik und der Biologie. So ließ ich alle Schmähungen und Kriechertum beiseite und folgte meinen eigenen Idealen. Ich baute mir meine eigene Welt und meine eigene Vision. Die, des modernen Prometheus. Am Tage verbarg ich mich und in der Nacht wanderte ich weiter, um irgendwo eine neue Heimat zu finden. Die Traurigkeit und Einsamkeit fraß immer mehr von meiner Zuversicht. Nach einigen Wochen führte mich ein kleiner Waldweg zu einer Hütte, in der ich einige Tage nächtigte. Dann kamen Jäger und ich floh Richtung Westen. Der Nebel versteckte die Landschaft und so ging ich blind, auf unsicheren Wegen, meiner Bestimmung entgegen. Schließlich kam ich an jenen geheimnisvollen Ort und tappte direkt ins Moor. Mein Körper drohte darin zu versinken. Bald steckte ich, bis zum Hals in dieser tödlichen Umklammerung. Es erschien mir lächerlich auf diese Art sterben zu müssen und ich musste lachen, während mein Körper tiefer und tiefer sank. Die Sonne ging auf und wärmte mein Gesicht. Sollte dies tatsächlich das Letzte sein, was ich auf dieser Welt fühlte? Der Morast berührte meine Unterlippe, da spürte ich etwas Festes unter meinen Füßen, das mir das Leben rettete. Mit einem kräftigen Stoß meiner Beine schob ich mich seitwärts und bekam einen Ast zu fassen, welcher einem verbrannten, menschlichen Unterarm glich. An ihm zog ich mich, Zentimeter für Zentimeter heraus. Irgendetwas hatte sich um meinen Knöchel gelegt und hielt mich fest umklammert. Immer wieder machte ich, aufgrund der Anstrengung, eine Pause und begann dann das Spiel von neuem. Es brauchte einige Zeit, bis ich mich aus dem Sumpf befreite und als ich, schwer atmend, auf festem Grund lag, bemerkte ich eine Hand, die sich um meinen Knöchel gelegt hatte. Mit großer Mühe konnte ich die Finger, knackend, öffnen und floh voller Ekel und Panik von diesem Ort des Grauens. Die Leiche ließ ich im Moor zurück, doch ließ mich der Gedanke daran nicht los. Wurde er ins Moor geworfen oder fiel hinein? Kam er aus der Gegend, oder war er ein Streuner? Ein Straftäter, Vergewaltiger oder Mörder? Nun ja. Vielleicht, war er auch nur ein Wanderer der vom Weg abgekommen war. Er ertrank auf furchtbare Weise und seine Lungen füllten sich mit dem Schlamm. Seine Gesichtszüge waren gleichmäßig und eben. Fast schien es, als würde er jeden Moment die Augen öffnen und fortgehen. Seine Finger, schlank und klein, waren die eines Jungen. Oh. Wie grausam doch das Schicksal ist. Mühsam schleppte ich mich zu einem Anwesen, wurde dort von Mary Shelley aufgenommen und fand dort eine Zuflucht vor den Unbilden der Welt. 6 „Ich habe mich nie richtig bedankt, das du meinen Jungen im Moor gefunden und zu mir zurückgebracht hast.“ ,flüstert Lady Shelley. „Sie haben mir diese Labor eingerichtet.“ ,antworte ich aufrichtig und dankbar. „Ein kleiner Lohn. Ich war gemein zu dir.“ „Ich bin ein abstoßendes Ding.“ „Nein. Du bist mehr Mensch, als alle anderen auf meinem Gut.“ „Sie sollten sich von Lord Byron trennen. Er tut ihnen nicht gut.“ „Ich weiß. Aber ich komme nicht dagegen an. Ich liebe ihn doch.“ ,seufzt sie. „Davon verstehe ich wohl nichts, aber wenn DAS Liebe ist, habe ich wohl nicht viel verpasst.“ Sie lacht. Es ist schön sie lachen zu hören. Wie ein kühler Sommermorgen. „Ich hatte mal einen Freund, der hielt sich Trüffelschweine.“ ,sage ich. „Er war ein schrecklicher Mensch. Betrog und belog seine Frau und seine Freunde. Hat immer nur auf seinen eigen Vorteil geschaut. Er war der Bürgermeister der Stadt und hat meine Mutter manchmal besucht. Nachts, wenn alles schlief. Er lieferte die besten Trüffel des ganzen Landes und alle bewunderten ihn dafür. Sie haben in ihm immer einen großartigen Menschen gesehen. Ich sah immer nur den Bigamisten und Heuchler. Ich habe ihn gehasst.“ „Byron ist nicht, wie er. Byron hat eine gute Seele.“ ,flüstert sie. „Byron und Lady Macbeth treffen sich und tuen Dinge miteinander.“ ,sage ich. „Ja. Ich weiß.“ ,entgegnet sie und verlässt mich wieder. 6 Mary Shelley päppelte mich wieder auf. So wie man es mit jungen Hunden tut, wenn sie in einen See gefallen sind. Sie gefiel sich in der Rolle der liebevollen Mutter, die ihr Junges gerettet hatte. Ich war dankbar am Leben zu sein. Dankbar, diesen ganzen Wahnsinn hinter mir zu haben. Ich brauchte Ruhe. Sie besaß eine große Bibliothek in der ich erst stöbernd, dann vertiefend meine Stille fand. Ich lernte viel über Luigi Galvani der 1780 erkannte, das durch das Leiten von Strom in tote Extremitäten diese zu zucken begannen. Er vollzog dieses Experiment an Froschschenkeln. Wenn das möglich war, konnte es doch auch geschehen, das wir einen Menschen erwecken. Hatte er das Elixier des Lebens gefunden und nur noch nicht richtig eingesetzt? Die Monate vergingen und ich übernahm verschiedene Aufgaben. Ich wurde ihr Faktotum. Ein, immer zur Verfügung stehendes Wechselbalg, das nicht murren und zaudern durfte, wollte es weiterhin ein unbedeutendes Teil ihrer Gesellschaft bleiben. An jenem schicksalhaften Abend traf ich Lady Shelley weinend im Garten, an der alten Eiche. Unter Tränen gestand sie mir das sie als Mutter und Ehefrau versagt hatte. Sie betrog ihren Ehemann mit Lord Byron seit Jahren und stünde ihm für alles zur Verfügung, was er von ihr verlangte. Ihr 12 jähriger Sohn sei hinter dieses Geheimnis gekommen und Lord Byron wollte ihn totschlagen, um es zu bewahren. Doch ihr Sohn floh und seit dem hatte sie nicht eine einzige Nachricht von ihm erhalten. Das war vor genau einem Jahr. Ich erzählte ihr von der kleinen Hand im Moor. In einer mondhellen Nacht gingen wir an die Stelle und zogen ihren Jungen heraus. Er schien in einem hervorragenden Zustand zu sein und so säuberten wir ihn und bewahrten seinen leblosen Körper an einem kühlen Ort auf, damit die Fäule nicht nach ihm griff und für weitere Experimente und der Zufuhr des Stromes unbrauchbar machte. Wir sorgten zusätzlich für Eis, doch wir bemerkten das dies nicht reichte, also füllten wir eine Wanne mit dem Schlamm und legten ihn hinein. Für ihn stand die Zeit nun still und sobald ich soweit war, würden wir ihn ins Leben zurückholen und Lady Shelley könnte endlich wieder glücklich sein. Sie weinte bitterlich und hoffte inständig auf ein Wunder. Ich sagte meine Studien zur Erweckung eines Menschen seien schon sehr fortgeschritten, doch ich bräuchte ein Labor und mindestens ein weiteres Jahr. So bekam ich alles was ich brauchte und machte mich sogleich an die Arbeit. 6 Allein. Der Vogel in dem Schal schläft tief und fest. Der Sturm. Er ist direkt vor uns. Die Blitze schlagen schon in der Nähe ein. Eine halbe Stunde. Dann ist es so weit. 6 Zu jener Zeit hielt Lady Shelley viele Soirées ab. Zu diesen Abendgesellschaften lud sie Dichter, Philosophen und Schriftsteller ein. Ich durfte hin und wieder für Unterhaltung sorgen. Sang ein lustig Lied oder trug Passagen aus den Stücken von Shakespeare vor. Diese Gesellschaft, war wie ein geheimer Zirkel und nannten sich: Ihre Satzung klammerte jedwede Moral aus. Jeder sollte nur seiner Lust und seinem Wohlbefinden folgen. Sie bestimmten einen Käpt`n der den Verlauf des Abends bestimmte. Manchmal feierten sie einfach und manchmal lasen sie Geschichten berühmter Autoren vor. Shakespeare war ihr bevorzugter Schreiberling. Ich konnte ihm nie etwas abgewinnen. Ja. Gute Story`s. Aber einfach zu geschwollen. Und dann das ewige Geschwafel von Liebe und Tod. Ich habe nur einmal geliebt und sie verloren. Das Schlimmste, das mir je passiert ist. Da habe ich mir geschworen, das nie wieder erleiden zu wollen und mein Herz für diese Reize verschlossen. Am 31.12.1816 feierten sie einen Kostümball. Zum Thema hatten sie sich den Sommernachtstraum von Shakespeare, gewählt. Diese Komödie schrieb er 1596. Also vor genau 120 Jahren. Das Stück spielt im alten Athen und einem Zauberwald. In drei Tagen und drei Nächten soll sich ein Herrscherpaar vermählen. Es gibt auch einen Blasebalgflicker in der Geschichte und jemanden der eine Mauer spielt. Warum sollte jemand eine Mauer spielen oder den Mondschein? Naja, die Frage ist wohl ebenso sinnlos, wie: Warum unterwerfen wir uns der Qual der Liebe? Ich musste den Puck spielen. Das war der Hofnarr. Den wollte ich aber nicht, doch, als ich es sagte, schlug mir Lord Byron mit einer Reitgerte ins Gesicht. Lady Shelley bekam die Rolle der Elfe Bohnenblüte und alle anderen Namen schienen mir ebenso nutzlos. Wer wollte schon Spinnweb oder Motte heißen. Doch Byron war der Käpt´n an jenem Abend und so mussten sich alle fügen. Sie lachten und tranken und spielten und taten so, als wären sie jemand anders. Also genauso wie jeden Abend. Denn niemand zeigte je sein wahres Gesicht. Der Abend schritt weiter fort und ich hörte kehliges, wollüstiges Lachen. Immer wieder verschwanden Hände unter den Kleidern der Frauen. In einem gesonderten Raum, aus dem kein Laut drang, zogen sich einige zurück, um sich körperlich näher zu kommen. Immer wieder riefen sie nach dem Gnom. Nach mir. Ich sollte ihnen Wein über die nackten Leiber gießen und anderen die Füße waschen. So, wie Jesus es vor 1800 Jahren tat. Süßlicher Geruch zog in meine Nase und es fiel mir schwer den Würgereiz zu unterdrücken. Schweiß und Körpersäfte aller möglichen Art wechselten den Besitzer. In der darauffolgenden stürmischen Nacht erzählten sie sich Schauergeschichten und riefen einen Wettbewerb aus. Denn nur reiche Menschen müssen sich Geschichten über Tod und Verderben erzählen. Bei den Armen ist es tägliche Wirklichkeit. Der Säugling, der im Kindbett stirbt. Der Mann der von der Leiter fällt und nicht mehr arbeiten kann. Die Frau die sich prostituieren muss, um die Familie durchzubringen. Den Leuten aus der einen Gesellschaft, war das natürlich völlig fremd und so ersannen sie Vampir Geschichten und Wolfsgeheul. Der Gewinner könne bei dem Verlag von Mr. Woolcraft damit rechnen, das seine Geschichte am 1. Januar 1818 verlegt werden würde. Sie hatten also ein Jahr Zeit in dem sie ihren Phantastereien nachgehen konnten. 6 Sanft streiche ich dem leblosen Vogel über das Gefieder. Er atmet nicht mehr. Zu schwer war wohl das Leben und so bleibt ihm nur der Tod. Ich decke den schweren roten Schal über seinen kleinen Körper und gehe zu meinen Apparaturen, denn nun ist es soweit... Blitze schlagen neben dem Haus ein und und Donner bringt die Luft zum Schwingen. Auf dem Dach ist ein langer Eisenstab der die Energie in mein Labor und den noch kalten Körpers des Sohnes lenken wird. Ein Blitz schlägt in die alte Eiche ein und sie brennt lichterloh. Im blendenden Schein des Feuers erwarte ich den Nächsten. In einem Knall fährt er hinein und ich schleudere durch die Gewalt des Blitzes durch den Raum und bleibe, umgeben von geborstenen Glas, bewusstlos auf dem Boden liegen. 6 Im Hoffnungsjahr 1817 schrieb Marie Shelley an ihrem Roman und nahm mich zum Vorbild. Frankenstein 6 Es klopft an der Tür und Littly Willy kommt herein. Mühsam setze ich mich auf, um gleich darauf zum Leichnam zu eilen. Der Körper ihres Sohnes liegt noch immer leblos auf der Bahre, doch hat der Blitz die Haut verbrannt und Höllengeruch erfüllt den Raum mit der Pestilenz des Todes. Ich habe versagt. Dies ist wohl das Ende meines Abenteuers. Einen neuen Prometheus wollte ich erschaffen. Aber, ich habe nur Hoffnung gesät und eine arme Seele wird nun wohl gänzlich brechen. Der Tod kann nicht besiegt werden. Er ist der Gleichmacher. Kennt weder arm noch reich. Noch Gut und Böse. Betrübt sitze ich vor meiner Leiche. Sie ist erhitzt und beginnt zu faulen. „Herr Frankenstein. Wir müssen den Körper loswerden.“ ,flüstert Willy. „Ich weiß mein Freund. Ich weiß.“ ,entgegne ich ihm tonlos. Little Willy schaut hilflos auf mich und dann den Körper. „Decken wir ihn zu und bringen ihn hinunter. Nimm die Schaufel mit. Er hat ein ordentliches Grab verdient.“ ,sage ich zu ihm. Wir bringen ihn, in ein Leichentuch gewickelt, in den Garten. Dort hebt Willy ein Loch aus. 6 Fuß lang, 3 Fuß breit und 4 Fuß tief. Der Morgen beginnt zu wachsen und die Sonne kriecht hervor. Wir legen ihn hinein. Ein Kreuz dazu. Mag es ihm nützen oder nicht. Ich bin ein Frevler, doch wenn es eine Macht gibt, die ihn schützt und Ruhe schenkt, so will ich ihm es nicht verwehren. „Nun denn. Mach es gut und geh hinüber in die andere Welt. In dieser gab es keinen Platz für dich. Magst es drüben besser treffen. Du bist frei.“ ,raune ich. Willy weint. Die Welt wird von mir hören und es nicht glauben. Doch wir wissen, was geschah. So lebt denn Wohl. Ich will versuchen mein Glück zu finden. Und Frieden. So es ihn, in dieser Welt, überhaupt noch gibt. Lebt wohl......................... November 2020 von: Axel Bruss
  18. Bertram und die Wüstenrennmaus Es war ein wolkenverhangener, trüber, hoffnungsloser Morgen. Ich erwachte mit knurrendem Magen, was schon mal kein guter Einstieg in einen neuen, glücklichen Tag war. Überlegte, ob es schon Zeit für einen Knochen, Größe XXL, war. Verkniff es mir aber und griff mir stattdessen zwei Hot Dogs, aus dem Kühlschrank, vom Tag zuvor. Fühlte mich ganz schön kannibalisch. Schlemmte das ganze Zeug in ein paar Augenblicken hinunter und dachte an einen weißen Strand. Die Kokosnüsse an den Palmen hingen paarweise an den Ästen. Sie schmiegten sich ganz eng aneinander und Trixi war sofort wieder in meinen Gedanken. Das war schön. Dann wollte ich sofort den nächsten Baum aufsuchen, widerstand aber diesem Impuls und legte eine Yoga Runde ein. „Wo war eigentlich der Turban, den ich aus Tinmmy`s Handtüchern gebastelt hatte? Ohne ihn, würde ich nur ein halber Yogi sein.“ ,überlegte ich. Kramte in der Spielkiste. Suchte unter dem Bett. Schnüffelte hinter dem Schrank. Nichts. Mist. Dann fiel mir ein, das ich ihn Norbert geliehen und noch nicht wiederbekommen hatte. Na gut. Dann musste es so gehen. Hatte mich selbst vor ein paar Wochen, während der Sendung, Yoga for Little Dogs, dazu ausgebildet. Es gab verschiedene Praktiken, die ich allesamt ausprobierte. Ich machte einen Kopfstand, wobei mir ein kleines Stückchen Hund hochkam, das ich aber wieder herunterwürgte. Dann rutschte ich auf dem Brett zwischen die Nägel und ratschte mir die linke hintere Pfote auf. Danach war ich bereit. Schaute aus dem Fenster und sah das gleiche Elend wie fünf Minuten zuvor. Einen wolkenverhangenen, trüben, hoffnungslosen Morgen. Mit dem einzigen Unterschied, das Hugo sein Herrchen 20 mal um den Block jagte, weil er unbedingt Stöckchen spielen wollte. Dieser Hund war so nervig. Das würde ich meinem Timmy niemals antun. Und mir auch nicht. Aber ganz ohne ging es auch nicht. Ich musste ja schließlich bereit für meine Mission sein. Ok. War Zeit für ein bisschen Fitness. Erstmal ein paar Sit-Ups und Dehnübungen. Danach 20 Runden um das Feld. Anschließend dribbeln, kontern, angreifen. Also... Sport Kanal. Cracker. Weiche Kissen. Beine hoch und knabbern. Herrlich. Sich fit zu halten war ja soooooooooo wichtig. Gerade, als ich mir einen leckeren Snack zwischen meine Beißerchen schieben wollte, klopfte es am Fenster. Mein Körper quälte sich aus dem daunenweichen Sammelsurium. Wütend stapfte ich in Richtung des nervenden Geräusches. Niemand war zu sehen. Schaute genauer hin und entdeckte einen verschmierten Pfotenabdruck auf der Scheibe. Mysteriös. Meine Neugier war geweckt. Wie hieß noch mal dieser berühmte Detektiv? Ach ja, Sherlock Holmes. Der war so schlau. Ein Indiz reichte und sofort erzählte er dir, wo der Typ seine Krawatten kaufte, ob er Schokolade mochte oder Luft mit einem Strohhalm aus Raumanzügen sog. Sherlock war hochintelligent. Der war genau wie ich! Wo war meine gestreifte Lokomotivführer Mütze? Die brauchte ich, um ein Gespür für meine kriminalistische Arbeit zu bekommen und damit ich Mr. Holmes auch äußerlich noch ähnlicher wurde. Kramte in der Spielkiste. Suchte unter dem Bett. Schnüffelte hinter dem Schrank. Nichts. Mist. Dann fiel mir ein das sie Fritz geliehen und noch nicht wiederbekommen hatte. Na gut. Dann musste es so gehen. Schleckte erst mal das Fenster von innen ab. So. Mmmmmmmmh. Na, sauber ist anders. Egal. Konzentrierte mich auf den Abdruck und ließ ihn nicht aus den Augen. Prägte mir jede Schwingung genau ein und speicherte sie in meinem fotografischen Gedächtnis. Aus meiner Lieblingssendung, der Hund von Baskerville, wusste ich das jeder Pfotenabdruck einzigartig war. Plötzlich hämmerte jemand gegen die Tür. Vor Schreck pieselte ich mich ein. Gut das keiner in der Wohnung war. Wäre mir sonst mega peinlich gewesen. Mit zitternden Pfoten schaute ich durch die Hundeklappe. Mein alter Kumpel Bertram, ein Husky, guckte mich mit seinen hellblauen Augen an. Im Schlepptau hatte er eine Wüstenrennmaus. Die war echt niedlich und fror wie verrückt. Ich bat sie herein und gab der Maus meine liebste Kuscheldecke zum Aufwärmen. „Darf ich vorstellen, das ist Lucy, meine Angetraute.“ ,sagte Bertram. Ich traute meinen Ohren nicht, also fragte ich nach: „Äh, wie meinen?“ „Das ist Lucy, meine Angetraute.“ ,wiederholte er. „Ja. Das ist.... Wow.... Also....Äh....ja.....schön. Herzlichen Glückwunsch.“ „Ich weiß was du denkst.“ „Ach ja?“ „Ja. Du denkst sie ist zu jung für mich.“ „Oh Mann. Äh....................Aber genau. Du Hellseher!“ ,schleimte ich. Boah. Diese Huskys hatten echt nicht alle Latten am Zaun. Bertram erzählte dann noch, das sie heiraten wollten und ob ich nicht den Trauzeugen machen könnte. „Sicher. Sicher.“ , meinte ich zuversichtlich. „Obwohl ja die Trauungen in den letzten Tagen stark zurück gegangen waren und eine wilde Ehe auch was für sich hatte.“ ,fügte ich zuversichtlich hinzu. „Aber für die Kinder, wär` es ja schon besser. Man weiß ja, wie die anderen Schüler reagieren.“ ,meinte er. „Kinder?“ ,schrillte es aus dem Gehege meiner Zähne. „Aber nicht mehr, als zwölf.“ ,meldete sich die aufgetaute Lucy zu Wort. „Zwölf?“ ,schrillte es wieder aus mir heraus. „Ich sag` das nicht gern, Freunde. Und ihr müsst mir glauben, das ich euch über alles Liebe, aber das mit dem Kopf gegen die Wand rennen solltet ihr lassen.“ In diesem Moment klopfte es abermals an der Tür. Lucy jumpte elegant zur Tür und begrüßte Norbert, Egon und Fritz. Fühlte mich wie in einer Nachmittags Soap. Robin and the seven little Puppies. Der lang` vermisste Sohn kam nach Hause und alle Verwandten feuten sich und sabberten vor Glück ins Taschentuch, aber dann stellte sich heraus, das er die Taschen voller Probleme hatte. Großes Geschrei. Ohnmacht. Riechsalz. Tränen in den Augen der Oma. Und alle wünschen sich auf einmal der Sohn hätte woanders geklopft. Naja, nichts davon traf ein. Wir waren schließlich keine Menschen. Wir hauten uns erst mal auf meine liebevoll angerichteten Kissen. Alles redete wild durcheinander, das mir schwindelig wurde. Wollte gerade von meinen Erfolgen in der Raumfahrt berichten, als Bertram die Geschichte seiner Liebe zu erzählen begann: „Also. Ich hing grad` so in Arizona rum. War nicht der richtige Ort für einen Husky, aber mein Herrchen brauchte neuen Zahnersatz und in der Wüste ist das bekanntlich billiger, als in Alaska. Ich steh` also so an der Bar und schaue aus dem Fenster und da seh` ich diese Wüstenrennmaus und denke: Alter Schwede ist die nervig. Die pest von links nach rechts und macht total auf hektisch. Dann verliere ich sie aus den Augen. Zwei Tage später jetten wir nach Hamburg. Und ich sag mir so, das ist ein guter Moment, um meinen Kumpel Spiky zu besuchen. Mein Herrchen, der Fredi, öffnet seinen Koffer und wer glaubt ihr hat sich dort, als blinder Passagier breitgemacht?“ Er machte eine dramatische Pause. „Meine Lucy. Hab` sie natürlich erstmal zur Sau gemacht, was ihr einfiele einfach so im Koffer mitzureisen Und aus welchem Grund sie ein eigenes Handy dabei hätte. Eine Handy Freunde! Hat man so was schon mal gehört? Eine Maus mit einem Handy.“ Also, ich hatte so was noch nie gehört. Das war ja wohl die unglaublichste Lügengeschichte, die ich je gehört hatte. Den Rest erzählte Lucy: „Ich bekam eine Nachricht über das Handy. Mega Geheim. Wir mussten unbedingt in die Bananengasse 112, denn das Leben, der gesamten Tierwelt hing davon ab. Ein paar Bären aus dem Eis hatten mich kontaktiert. Ich also in den Koffer und schon ging´s los. Nur gut das Fredi gerade geschäftlich hier zu tun hatte. Wir waren mega gespannt, was die Geheimagenten zu berichten hatten Überraschenderweise führte uns ein gewisser Tomaso herein. Kam mir mega merkwürdig vor. Nachdem Don Alfredo und Luigi uns begrüßt hatten, wurden wir Doktor Fantastic vorgestellt. Er sagte, er hätte eine Pille entwickelt die uns mega Superkräfte geben würde. Neue Einblicke in neue Welten.“ Jetzt wurde mir das ganze ein bisschen zu mega und zu bunt. „Ja, sicher Lucy. Und Smarties wachsen auf den Bäumen.“ ,sagte ich trocken. Alle schauten mich böse an und machten ein Ziiiisch Geräusch. „Bertram und ich nahmen gleich eine. Sie war wunderschön. Blau. Auf der Oberseite war der Heilige Knochen eingedruckt. Wir wollten welche mitbringen, aber die Produktion kam ins Stocken, weil es in einem Lagerhaus zu einem Zwischenfall kam.“ Mir wurde heiß und kalt. Musste mich erst mal setzen. Entweder hatte diese Maus nicht alle Latten am Zaun, oder hier war ein ganz großes Ding am Kochen. Was hatte das alles zu bedeuten? Wo war ich da rein geraten? Ich war doch nur ein Mops, der ins Weltall wollte. Nichts besonderes. Nur weltberühmt und von allen bewundert werden. Und jetzt? „Tja, Freunde. Muss grad` mal weg. Ein paar Runden ums Haus und Timmy kommt sicher auch bald aus der Schule. Fühlt euch wie zu Hause.“ ,meinte ich. Draußen machte ich sofort auf roter Blitz und rief nach Schokolade. Der saß ganz entspannt auf einem Ast und zog sich eine Nuss rein. „Die Spatzen pfeifen es schon von den Dächern.“ ,sprach er. „Ach wirklich? Ja, ja, die Spatzen. Genau! Was denn?“ „Das Spiel hat begonnen.“ „Das Spiel?“ „Don Alfredo will den Markt mit einer neuen Substanz überschwemmen.“ Für mich war das alles zu viel. Markierte erst mal ein paar Bäume. „Wir treffen uns in 10 Minuten bei Trixi.“ ,kommandierte Schoko. Trixi? Fand ich gut. Aber. Was, zum Teufel, meinte er mit 10 Minuten? Schnüffelte noch ein bisschen rum und fand meinen Knochen wieder. Den hatte ich, unter großen Mühen, letztes Jahr vergraben. Brachte ihn wieder unter die Erde. Für später. Dann traf ich Hugo. Der laberte mir eine Frikadelle ans Knie, das sein Herrchen so unflexibel wäre und ob wir nicht tauschen könnten. Ich meinte das wär` grundsätzlich schon `ne gute Idee, aber da er der dümmste und gemeinste Hund auf der ganzen Welt sei, käme das wohl nicht in Frage. Dann lief ich schnell in den nächsten Vorgarten und versteckte mich hinter einem Gartenzwerg. Es begann ein wenig zu schneien. Versuchte die Schneeflocken mit meiner Nase weg zupusten und sang dabei: Blue Moon of Kentucky keep on shining. Shine on, the one it`s gone and left me blue...“ Wenn ich es recht betrachtete konnte ich viel mehr, als der erste Hund auf dem Mond sein. Astronaut. Geheimagent. Hundedamenversteher. ...uuuund Sänger. Trudelte als letzter bei Trixi ein. „Ich sagte 10 Minuten. Nicht 100.“ ,meckerte Schoko. Wollte erst sagen, das ich mich mit diesen Minuten nicht auskannte. Ließ es dann aber, weil ich die Zeit damit verbrachte meine Lieblingshündin anzuhimmeln. Trixi ergriff das Wort: „Das Unternehmen Gibralter hat begonnen. Ice Cube wird in 2 Tagen auf den Markt kommen. Das müssen wir unbedingt verhindern. Don Alfredo will die Weltherrschaft und wenn wir nicht die Verteilung von Ice Cube stoppen, werden alle Tiere menschliches Verhalten annehmen und das ist der Untergang.“ Schaka, Rixi, Raxi, Flutschi und Lutschi fingen sofort an ihre Ideen in den Raum zu schreien: Eine Task Force zusammenstellen. Alle Agenten, die nicht im Urlaub oder auf Pistazien Entzug waren, sofort auf den Fall ansetzen. Alle Nuss Vorräte aufstocken, um auf die kommenden Aufträge vorbereitet zu sein. Alle schwarzen Tarnanzüge, sofort aus der Wäscherei – Secret Agents - abholen. Im Beauty Salon auf weiches Fell achten, damit alle Spione aus den Nachbarbezirken, grün vor Neid werden. Ich fand´s gut Prioritäten zu setzen, hatte aber das Gefühl, das die meisten Vorschläge am Thema vorbei gingen. Also räusperte ich mich und fragte: „Wäre es nicht sinnvoll herauszufinden, wo Ice Cube hergestellt wird, um die Produktionsstätten zu verbrennen und die Schuldigen einzubuchten?“ „Das ist ein guter Einwand, Spike.“ ,sagte Trixi. Es machte mich stolz, das sie so über mich dachte. Am liebsten, wäre ich rüber gegangen und hätte ihr meine feuchte Nase ins Gesicht gedrückt und sie erst mal richtig abgeschleckt. Riss mich aber zusammen und rülpste stattdessen, da mir der heiße Hund so was von im Magen lag. „Dann mach dich mal auf den Weg, Spiky.“ ,meinte Schoko. „Wie meinen?“ ,fragte ich. „Finde die Quelle und schnapp` dir Doktor Fantastic.“ ,sagte Flutschi. „Dr. Fantastic? Also ich hab´s nicht so mit Ärzten, außerdem muss ich wieder zu Bertram und Konsorten.“ ,meinte ich. „Finde die Quelle!“ ,rief Raxi. „Quelle? Da fällt mir ein das ich mit Timmy noch Getränke besorgen muß.“ „Die Quelle. Spike. Die Quelle.“ ,ließ Lutschi Rutschi oder Butschie raus. „Alter. Ihr seid so was von nervig! Aber so was von!“ ,stieß ich genervt aus. Alle redeten unaufhörlich auf mich ein. Mir wurde schwindelig. Ich schrie kurz auf. Einfach so, um Dampf abzulassen. Da wurde es plötzlich ganz still. „Du schaffst das.“ ,flüsterte Trixi. Mist. Damit hatten sie mich am Haken. Ich hatte wirklich nicht alle Latten am Zaun. Also zurück nach Hause. Flutschi und Lutschi hatten mir eingetrichtert, mit niemanden darüber zu reden. War ja auch klar, denn schließlich konnte man niemandem trauen. Ich polterte,so laut wie möglich an meine Tür, um meine Nervosität zu überdecken. „Hi.“ ,sagte ich ganz locker. „Hi.“ ,riefen Norbert, Fritz und Egon im Chor. Daraufhin lachten wir uns erst mal schlapp und dann erzählte ich ihnen sofort die komplette Geschichte meiner Secret Service Karriere. Das ich ein Agent sei und gleich los müsse, um die Welt zu retten. Sie dürften mich nur noch unter meiner Geheimnummer 53 310 761 kontaktieren. Daraufhin lachte wieder alle. Ich auch. Ja, ja. Schon gut. Ich weiß, es sollte nichts darüber in fremde Ohren gelangen, aber für Möpse ist das mit den Geheimnissen schwer. Und für Möpse die Spike heißen, nahezu unmöglich. Ich lud alle erst mal zum Kokos Eis ein. Alle, außer unserem Liebespaar. Bertram und Lucy waren shoppen. Strampler und Windeln. Die standen immer noch unter der Macht von diesem Ice Cube. Also war die Bahn für uns frei. Ich vereidigte schnell noch meine Freunde und machte sie zu Hilfsagenten. Jetzt fühlte ich mich schon wohler. Nun waren sie Teil eines größeren Plans, den ich zwar selbst nicht kannte, aber dafür kam ich mir mega wichtig vor. Ü Ein Schneesturm zog auf. Gute Möglichkeit, meine neuen Schneeschuhe auszuprobieren, die ich aus den alten Tennisschlägern von Timmy konstruiert hatte. Damit konnten wir problemlos über jede Schneewehe gehen, ohne darin zu verschwinden. Ich zog mir sogar den bekloppten Hundepelz über und sah immer noch wie George Hamilton der Vierte damit aus. Wo waren eigentlich meine Pfotenschuhe, die mir Oma Erna letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte? Kramte in der Spielkiste. Suchte unter dem Bett. Schnüffelte in der Keksdose. Nichts. Mist. Da waren wir also, zwei Hunde, eine Katze und ein Dachs auf dem Weg zu ihrem größten Abenteuer. Naja, nach der Mondlandung und nach meinem Rendezvous mit Trixi. Die Straßen sahen aus, wie mit Zuckerwatte verpackt. Vorsichtshalber nahm ich eine Schippe in mein Maul. Ne. War doch Schnee. Schade. Ich ließ mich mit dem Rücken in die weiße Pracht fallen, wedelte mit meinen Vorderbeinen und machte einen mega, schönen Schneeengel. Die Eiszapfen an den Dächern sahen, wie die Zähne von Don Alfredo aus. Das machte mich nachdenklich und ich begann auch gleich zu frösteln. Für einen Moment dachte ich: Ist mir doch egal, ob sich die Tiere ein menschliches Verhalten zulegen. Meinetwegen können sie auch Spaghetti mit Stäbchen essen. Dann kamen mir Norbert, Fritz und Egon in den Sinn und mir wurde klar, das ich alles dafür tun würde, damit sie glücklich wären. Das fühlte sich richtig toll an. Wir schlidderten über die Wege. Dann blieben wir stehen und taten so, als wären wir weltberühmte Forscher, die neue Welten entdeckten. Sowie Peary, der als erster den Nordpol für sich beanspruchte. Oder Amundsen, der als erster über den Südpol stolperte. Wir schwelgten so für vier Minuten in unseren Fantasien, bis mein Zähneklappern alle so sehr nervte, das wir beschlossen weiterzugehen. Der einzige, der sich nicht beklagte war Egon. Für mich, war er der Panzer unter den Tieren. Guter Name. Egon Panzer Grimbart. Das Wetter wurde immer heftiger. Jetzt kam der Schnee nicht nur von oben, sondern peitschte uns direkt ins Gesicht. Stellte mir vor, ich sei der Mond. Um mich herum nur Eiseskälte. Luftleerer Raum. Einsam. Allein. Blöde Vorstellung. Gut das ich meine Freunde dabei hatte. Blickte mich zu ihnen um und stellte fest, das ich tatsächlich allein war. Wo, zum Teufel, waren meine Kumpels? Schaute in alle Richtungen. Sogar nach oben. Wie verzweifelt konnte man sein. Hätte gern an einen Baum gepinkelt. Nur so, zur Entspannung. Ging aus drei Gründen nicht. War zu angespannt. War zu kalt. War kein Baum in der Nähe. Das Leben konnte so grausam und gemein sein. Ich fing sogar an, nach ihnen zu rufen. Dann weinte ich ein bisschen und hoffte, das es niemand sah. Schließlich schrie ich nach Hilfe, das war irgendwie besonders peinlich. Als das alles nichts half, schloss ich die Augen und begann zu beten: „Oh, Heiliger Knochen. Bitte. Bitte. Bitte. Schick sie mir zurück.“ Eine Tatze tippte mir auf die tiefgekühlte Schulter. „Hey Spiky. Ich bin`s Fritz. Wo warst du? Wir haben dich gesucht.“ Mein Körper löste sich aus der Vereisung und meinem Maul entfuhren Laute der Befreiung. Ich war gerettet. Ich jaulte vor Freude und umarmte alle. Kleine gefrorene Tränen der Rührung, kullerten auf das Eis. Wir zogen erst mal weiter ins Casablanca Viertel. Die hatten`s echt sauber da. War ja auch logisch den Casa, heißt ja Stadt und blanca rein oder ordentlich oder weiß oder so. In Rick`s Cafè legten wir die Pfoten hoch und wärmten uns erst mal auf. An einem alten Klavier, saß ein schwarzer, blinder, afghanischer Windhund. „Spiel`s nochmal, Sam.“ ,rief ihm Egon zu. Der Afghane ließ seine Pfoten über die Tasten gleiten und uns wurde ganz melancholisch zumute. Egon weinte, wie ein Schlosshund. Das Tick–Tack der Uhr, gab uns den Takt zu seiner wehmütigen Melodie. „You must remember this, a kiss is still a kiss a sigh is just a sigh.....“ Fritz musste rülpsen und wir lachten uns schlapp. Wir waren uns einig das wir noch nie so was langweiliges gehört. Das Rick`s war ein gaaaaaaaaanz alter Schuppen. Vor dem großen Krieg, war es eine Schnapsbrennerei. Alle Hunde in der näheren und weiteren Umgebung schlichen rein und raus, um sich einen rein zu brennen. Das waren noch Zeiten. Jeder Polizeihund war angewiesen einmal in der Woche die üblichen Verdächtigen zu verhaften. Rick, war ein alter Kumpel von mir. Er war ein Dalmatiner und Schlawiner erster Güte. Sehr sympathisch. Sehr redefreudig. Sehr gepflegt. Dalmatiner halt. Alle Hundedamen vergötterten ihn. Er hatte es einfach drauf. Einmal rettete ich ihm das Leben, indem ich einen Hühnerknochen aus seinem Maul puhlte, bevor er daran zu ersticken drohte. Das war auch der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. „Hi Rick. Alles im Lot?“ ,gab ich bibbernd von mir. „Ja. Alles klar. Was treibt euch bei dem Sauwetter raus?“ „Wir sind in geheimer Mission unterwegs.“ Sofort sahen mich die Anderen böse an. Tat so, als hätte ich es nicht bemerkt. „Geht es, um das Syndikat?“ ,fragte Rick neugierig. „Äh.... Nein.... Es....Nein.....Kennst du den Riesenbaum in der Suffragettengasse?“ „Ich kenn` nich` mal die Suffragettengasse.“ „Siehst du. So geheim ist das.“ ,meinte ich. „Ahhhhhhhhhhhhhhhhh.“ ,sagte Richy bedeutungsvoll. Er brachte uns allen einen Kamillentee, der uns zum Würgen brachte. Aber, da er gerade in der ganzen Stadt angesagt war, taten wir unser Bestes ihn in unserem Schlund verschwinden zu lassen. Fritz übergab sich zweimal, aber er sagte, das hätte an dem Fisch gelegen, den er zum Mittag hatte. Der wäre nicht koscher gewesen. Koscher? Manchmal machte Fritz ganz schön auf dicke Hose. Wir saßen in der hintersten Ecke des Ladens und so bemerkten uns die Gäste nicht, die nun den Laden betraten. Luigi. Rita. Isabell. Tomaso und Don Alfredo. Wir machten uns so klein wir konnten und hofften Rick würde dicht halten. „Don Alfredo. Schön sie zu sehen.“ ,flötete er. Wortlos setzen sie sich an einen Tisch an der Wand. Das kannte ich aus den Westernfilmen. Die Revolverhelden, hatten immer das Mauerwerk im Rücken. Blick zur Tür. Das gab Sicherheit. Aus den Lautsprechern plätscherte Ennio Moriccone. Irgendwas mit einer Mundharmonika. Wir konnten die Spannung, die im Raum lag, spüren. Norbert pupste. Das war eigentlich immer das Zeichen für uns nach Hause zu gehen. Es war unerträglich, es nicht machen zu können. Die Tür öffnete sich abermals. Doktor Fantastic schlurfte herein und hockte sich neben Rita. Er trug einen alten, zerschlissenen Hundepelz. Das Kopfhaar machte einen wilden und zerzausten Eindruck. Seine wässrigen, hellblauen Augen schienen müde und alt zu sein. Aber wir wussten genau, das dies nur eine Tarnung war. Doktor Fantastic hatte Ice Cube entwickelt. Und er kannte nur ein Ziel: So viele Knochen wie möglich an die Seite zu schaffen, um bis an sein Lebensende schlemmen zu können. „Schau mir in die Augen, Kleines und küss mich, als wär`s das letzte mal.“ ,schleimte er Rita an. „Verzieh` dich.“ ,sagte sie trocken. Er lachte ein heiseres, lautes Grusellachen, das uns alle erschauern ließ. Alle, bis auf Egon Grimbart. Denn der war eingeschlafen. Tomaso rümpfte seine Nase: „Irgendwas stimmt hier nicht, irgendwas riecht hier nach Verrat.“ „Du nervst. Du siehst überall Agenten und Spione. Nimm was von meiner Kreation. Hab` ein paar Ice Cube`s dabei“ ,knarzte Doktor Fantastic. „Damit ich genauso denke, wie diese bekloppten Menschen, die alles kaputt machen?“ „Wenn du es einmal hattest, willst du immer mehr. Du fühlst dich unbesiegbar.“ ,flüsterte der Doktor. „Hab` ich nicht nötig. Auch, wenn ich mal Mist mache, ist das immer noch besser, als dieses Teufelszeug.“ Sie ließen sich noch darüber aus, wie blöd Bertram und Lucy waren und das man manchen Tieren wirklich alles erzählen konnte. Dann schlabberten sie gemeinsam, das teuerste Wasser, das man für Knochen bekommen konnte Am liebsten hätte ich meine Tarnung aufgegeben und wäre rüber gegangen, um ihnen ein paar Takte zu erzählen. Mein guter Kumpel Bertram, war in den Fängen des Syndikats. Die konnten jetzt alles mit ihm anstellen. Alles von ihm verlangen. Wollten sie, das er als Prima Ballerina im Schwanensee auftrat. Kein Problem, solange er nur sein Ice Cube bekam und weiter Mensch spielen durfte. Schließlich zog die Bande wieder ab, um in ihrer Lagerhalle die nächsten Schritte zu besprechen. Es wurde sehr ruhig. Der Winter war nun auch in unseren Herzen. Wir hatten Angst. Rick brachte noch eine Runde Kamillentee. Uns blieb wirklich nichts erspart. „Wir müssen die Agenten zusammenziehen. Allein schaffen wir das nicht.“ ,meinte Norbert. Rick rief sofort Schlaffi, den Pinguin, um ihn loszuschicken. Echt jetzt? Bei dem Namen käme die Verstärkung wohl erst, wenn wir alle erledigt waren. Schlaffi schlurfte zum Schrank hinter der Bar, holte seine Hühnerknochengleitschuhe heraus und schaute über die Schulter zurück zu uns. Sein schiefes Grinsen, sagte mehr als tausend Worte. Der Griff in einen kleinen Farbtopf, war im höchsten Maße dramatisch. Er ließ sein Kriegsgeheul hören und schoss aus der Tür heraus. „IIIIIIIIIIIIIIIHHHAAAAAAAAAAAHHHHUUUUUUUUUUUUUUU.“ Das nenne ich einen Abgang. Der Schneesturm fegte in den Raum herein. Wir machten uns auch auf den Weg. Die Welt um uns, hatte sich verändert. Sie war rau und unerbittlich geworden. Wir waren nun Entdecker in einer fremden Umgebung. Egon führte uns. Vorbei an vereisten Bäumen, schlitternden Autos und Esmeralda, die hinter einem Fenster, aus ihrem warmen Zuhause, auf uns herunter schaute. Ich versuchte tapfer zu ihr hoch zu blicken. Es gelang mir nicht. Meinte ein aufmunterndes Lächeln auf ihrem Gesicht zu sehen. Vielleicht war es auch nur ein Lichtreflex. Wir kämpften uns bis zur Lagerhalle vor. Die Hintertür stand offen, also schlüpften wir hinein. Es war taghell in dem Schuppen. Ein riesiger Raum. Angefüllt mit zahlreichen Kisten und Maschinen. Sie hatten eine Art Produktionstrasse aufgebaut. Hinter langen Tischen standen Rhesusaffen, die kleine, blaue Würfel in eine Box packten und mit einem Aufkleber versahen: Ice Cube Bulldoggen liefen zwischen den Gängen Patrouille und achteten darauf, das keiner der Affen etwas für sich abzweigte. Zwei von ihnen hatten weiße Näschen, die wurde nach hinten gebracht. Zur Strafe gab`s eine halbe Stunde deutsche Schlager, aus den 90ern, direkt auf die nackten Ohren. Diese Hunde waren richtig fiese Gesellen und kannten keine Gnade. In der Mitte gab es einen runden Tisch an denen die Elite des Verbrechens saß: Don Alfredo. Luigi. Isabell. Rita. Hugo. (Ich hab`s immer gewusst.) Heino. George. Doktor Fantastic. Und noch 5 Andere, die ich nicht kannte. Don Alfredo paffte eine kubanische Zigarre. Rita und Isabell ließen sich die Pfotennägel in einem grässlichen Lila, von einem der Affen, lackieren. Hugo lamentierte mit Heino über die Entenjagd und schleckte dabei Lakritz von einer riesigen Stange, die aussah, als käme sie direkt vom Mond. Doktor Fantastic hielt eine seiner langweiligen Vorträge und alle schauten genervt zur Seite. Einer der Bulldoggen kam sabbernd an den Tisch und meinte, alles wäre zum Abtransport bereit. Ok. Wo blieb die Kavallerie? Hatte Schlaffie es überhaupt durch den Sturm geschafft? Ich dachte an Esmeralda. An Trixi. Daran, wie kompliziert das Leben sein konnte und wie einfach es noch vor 2 Monaten war. Aber auch, wie aufregend es jetzt war. Ich würde alles meinen Enkeln erzählen. Sah mich schon als strahlender Held, von allen bewundert. Gerade als ich anfing vor Glückseligkeit zu sabbern, tippte mir jemand auf die Schulter: Tomaso. „Hi. Schön das ich dich sehe. Das ist doch hier das Dixi Klo für kleine Möpse?“ ,sagte ich schlau und geistesgegenwärtig. „Wir nennen es Endstation Sehnsucht.“ ,knurrte er. „Oh, schöner Film. Marlon Brando. Gesellschaftskritisches Drama. Tja ich muss dann mal los.“ „Du gehst nirgendwo hin!“ ,stellte Tomaso fest. In diesem Moment, schlug Norbert ihn mit einer überreifen Kokosnuss auf den Kopf und nockte ihn aus. Er schob ihn unter eine Plane und mit einer Flugrolle war er bei mir, um die Umgebung zu sichern. Ich brachte kein Wort heraus. „Darf ich mich vorstellen? Meine Name ist Kommt. Norbert Kommt. Agent 0815. Im Auftrag des Geheimbundes Rote Lilie.“ ,meinte er. Die nun entstehende Pause nutzte ich, um mich zu sammeln. Dann sagte ich: „Hast du was von den Ice Cubes genommen?“ Er verdrehte nur die Augen und hielt sich die Pfote vor die Schnauze. Sollte das heißen, wir müssen ruhig sein, oder wollte er sich übergeben? Der Vorhang wurde zur Seite gerissen. Doktor Fantastic schaute uns an und ließ sein Grusellachen hören: „HHHHHHUUUUAAAAAAAAAAAHHHHHH.“ Das war echt schaurig. Und ich merkte, wie sich meine Pfotennägel aufrollten. Im selben Augenblick, war das ganze Syndikat um uns herum. Es gab ein ganz schönes Gerangel und Gezerre. Ich verlor kurz den Überblick und dachte an einen Strand in Acapulco. Dann bekam ich eine Kopfnuss von Hugo. Sternchen tanzten vor meinen Augen einen Part aus dem Nussknacker. Und, wie ich so dalag, musste ich an Oscar Wilde denken: „Wir liegen alle in der Gosse, aber einige von uns betrachten die Sterne.“ Dann gingen die Lichter bei mir aus. Sie gingen wieder an, als wir gefesselt auf einem Stuhl saßen. Don Alfredo kam gaaaaaaaaanz langsam auf uns zu. Er trug seinen Ausgehpelz, aus wattierter Kaschmirwolle, der ihm verdammt gut stand. Sein Lächeln zeigte mir, das er höchst zufrieden, über den Ausgang dieser Aktion war. Er kam direkt auf mich zu und sagte: „Jeder in diesem Raum kann euch sagen, das ich ein netter, höflicher Hund bin. Ich sorge für meine Freunde und halte diese Gemeinschaft am laufen.“ Den Lachreiz, der mich überkam, konnte ich nicht stoppen. Erst war es ein Zucken meiner Mundwinkel. Dann ein Grinsen. Dem folgte ein sabberreiches Jaulen in den höchsten Tönen, das in schreiendem Gelächter gipfelte. Don Alfredo schaute mit hochgezogenen Augenbrauen zu. Im Hintergrund hörte ich die Betonmischmaschine. Jetzt war ich doch ein bisschen beunruhigt. Sofort fielen mir meine Lieblings Mafia Filme ein: Good Fellas Sopranos Donnie Branco Breaking Bad Subbura Casino Boardwalk Empire Peaky Blinders Gommorrah Narcos Meine Liste war fertig. Der Zement auch. Wie, zum Teufel, war ich nur hier rein geraten? Ach ja. Ich wollte ja unbedingt zum Mond fliegen. Das könnte ich mir jetzt wohl abschminken. In diese Gedanken hinein hörte ich einen laute Explosion. Dann fauchen. Knurren. Bellen. Und Geschrei. Viel Geschrei. Hätte mir gern meine Lauscher zugehalten. Ging aber leider nicht. War ja gefesselt. Dachte an Hundini, dem großen, weißen Hirtenhund und Entfesselungskünstler. Die Kavallerie war da: Esmeralda. Trixi. Schoko. Schaka. Rixi. Raxi. Flutschi. Lutschi. Es gab ein großes Gerangel und Gezerre. Schließlich gewann unsere Mannschaft die Oberhand. Gefesselt und geknebelt, wurde die komplette verbrecherische Gemeinschaft zum obersten Hunde Gerichts Hinterhof in die Fasanenallee gebracht. Dann, wurde es sehr ruhig. Schlaffi stand ganz cool in der Ecke und paffte eine kubanische Zigarre. Bertram und Lucy hingen immer noch in ihrer: Wir sind Menschen und unheimlich schlau, Schleife. Rick spielte – As time goes by – auf seiner Mundharmonika und ich wurde ganz sehnsüchtig. Esmeralda hockte sich neben mich und wir schlürften einen Cappuccino aus dem selben Napf. Schoko und Konsorten flitzten durch die Halle und warfen sich Nüsse zu. Norbert, war der Held des Tages, weil er mir das Leben gerettet hatte. Ich gönnte es ihm. Es waren viele Fragen offen. Esmeralda oder Trixi? Mond oder Hot Dog? Ich würde die Antworten schon finden. Ich war schließlich der schlaueste, bestaussehendste, liebenswerteste Mops der Welt. Aber jetzt musste ich unbedingt pieseln. Also. Wo, zum Teufel, war der nächste Baum? Dezember 2018 von Axel Bruss
  19. Axel

    Chaos

    Hallo Sali Du tust mir gut. Danke für deine saumäßig gute Kritik. Ja, ich habe sie tatsächlich einfach so rausgehauen und weiß noch genau, wie befreit ich mich danach gefühlt habe. Liebe Grüße Axel
  20. Axel

    Chaos

    Chaos Also, so wie ich das sah, schrie er geradezu nach einer Schelle. Er saß da auf der Mauer und rotze seinen dicken, gelben Schleim direkt vor meine Füße. Seine Haut schien von einer seltenen Krankheit befallen. Viele Vertiefungen und Erhebungen. Eine Berg- und Talbahn mitten in seiner Visage. Verquollen, verschroben und verstörend. „Na du Sack!“ ,rief er mir freudig zu. Ich sagte erst mal nichts. Mit meinem Scannerblick checkte ich die Umgebung, ob ein paar seiner Kumpels in der Nähe waren, um mir richtig was auf die Glocke zu geben. Das Einzige, das mir sofort ins Auge fiel, war dieser abgefuckte Bauwagen. Irgendjemand hatte einen Schwanz mit riesigen Eiern drauf gemalt und sicher gedacht, das würde mich beeindrucken. Tat es aber nicht. Mein Ego war tausend mal größer, als diese Zeichnung oder der Witzbold auf der Mauer. „Du machst hier ganz schön auf dicke Hose, Arschloch.“ ,entgegnete ich. „Jeder, wie er kann.“ ,griente die nasse Hose. „Heute schon auf die Fresse gekriegt?“ ,fragte ich so nebenbei. „Nö.“ ,meinte er gelangweilt. „Aber der Tag ist ja noch nicht zu Ende.“ ,stellte ich lapidar fest. Er griente und verzog dabei sein Fischmaul zu einer Fratze. Sein Mund öffnete sich und sog reichlich Luft ein, um kräftig zu rülpsen. „Hast du `ne Zippe?“ ,fragte er. Ich warf ihm meine Lucky`s rüber und er fischte eine Zille aus der Packung und zündete sie mit seinem Sturmfeuerzeug an. „Du bist in Ordnung. Neu zugezogen?“ ,stellte er eine neue Frage. „Yep. Bin aber auf der Durchreise. Wenn ich 30 bin verzieh ich mich. Los Angeles ist meine Stadt und nicht das Kaff hier.“ „Was hast du gegen Hamburg?“ „Zu eng. Zu viele Wichser und Arschlöcher.“ „Stimmt schon, was du sagst. Aber ich hab hier meine Gang. Ich kann nicht einfach gehen.“ „Man kann alles. Wie heißt deine Gang?“ „Hilltoppers.“ „Echt jetzt?“ „Ja.“ „Klingt wie eine Gesangstruppe der 70er Jahre. Aber irgendwie auch geil.“ Er sprang von der Mauer und stellte sich vor: „George.“ „Echt jetzt?“ „Ja. Ich weiß klingt irgendwie nach einem Typen aus der Gesangstruppe der 70er.“ „Genau.“ Wir lachten. Jetzt bot er mir eine Zippe an. Marlboro. „Der Geschmack der Freiheit. Ich heiße Hanniball.“ ,sagte ich. „Echt jetzt?“ ,fragte George verdutzt. „Scheiße nein. Meine Name ist James Cock.“ „Du weißt das Cock im englischen Schwanz bedeutet?“ „Genau deswegen habe ich ihn mir zugelegt.“ Wir lachten wieder. Eine junge Frau, so um die 20 kam vorbei geschlendert. Jeans, schwarzes Shirt, Brüste, die nach draußen wollten. Heftiger Arsch. Genau meine Kragenweite. „Hi.“ ,sagte ich. Sie guckte mich von oben bis unten an und schnorrte eine Zippe bei George. Dann lehnte sie sich lässig an die Mauer. Sie hatte es drauf. Sie war cool. Wie ich schon sagte, genau meine Kragenweite. Der Kran auf der Baustelle machte sich wieder an die Arbeit. Er riss einen Wohnblock ab. Ein Teddybär fiel aus dem 5. Stock und wurde unter dem Schutt begraben. Es wurde höllisch laut. Meine Mum nahm mich manchmal mit zu ihren Baustellen. Ein riesiger Spielplatz für einen 8 jährigen. Sie arbeitete dort als Assistentin für einen fetten Typen mit Glatze. Seine feisten Wangen und das Doppelkinn hingen immer über den zu engen Kragen. Das sah ekelhaft aus. Eine große Staubwolke näherte sich unserem Dunstkreis und wir verzogen uns. Wanderten durch die Straßen, warfen ein paar Fenster ein und traten ein paar geflügelte Ameisen tot. So gesehen war der Tag schon mal erfolgreich. Dieses blonde Gerät neben mir machte mich reichlich nervös. Immer, wenn sich die Gelegenheit ergab, starrte ich auf ihren üppigen Arsch. Natürlich wusste sie, das ich auf sie abfuhr. Und sie wusste, das ich es wusste. Geile Situation. „Wie wär`s mit Billard?“ ,schoss ich so ins Blaue. „Bock auf verlieren? Oder wieso schlägst du das vor?“ ,fragte sie. „Hab schon mit Elvis in seinem Jungle Room gespielt.“ ,meinte ich so nebenbei. „Elvis? Hast du noch mehr aus Omas Mottenkiste?“ ,setzte sie nach. „Klar. Ich kann dir noch 20 Andere aus den 50ern nennen. Ist genau mein Ding.“ An der Wand hing ein Zigaretten Automat. George zog einen Schraubenzieher aus der Jackentasche und knackte das Ding. Wir teilten die Kohle und die Zippen gerecht auf. 50% George und für uns je 25%. Logisch. Er hatte ja den Schraubenzieher. Dann standen wir so rum und schauten uns die Penner mit den Anzügen und Krawatten an. Einer trug einen schwarzen Hut, den bewarfen wir mit Zigarettenschachteln und lachten uns schlapp, als er den Kopf einzog und sein Hut in den Dreck fiel. Das fand sie dann doch nicht so lustig und sie hob ihn auf, machte ihn sauber und entschuldigte sich. „Blöde Schlampe!“ ,sagte er. Woraufhin sie ihm eine Schelle auf den Hinterkopf gab und ihn anschrie: „Verzieh dich du blödes Arschloch.“ Die war krass drauf. Bei der sollte ich meine Peitsche nicht vergessen, aber selbst das würde mich wohl nicht vor dem Untergang bewahren. Scheiß egal. Ich wollte sie. Sie war genau die Art von Frau, vor der mich mein versoffener Dad immer gewarnt hatte. Sonntags nach dem Frühschoppen, wenn er angetrunken nach Hause kam, gabs immer mit dem Lederriemen. Wichser. Ein paar Jahre später, als er es wieder versuchte, hab ich ihm mit der Faust direkt ins Gesicht geschlagen. Da hat er geheult, also hab ich ihm noch eine gegeben. Dann bin ich abgehauen und hab ihn nie wieder gesehen. War kein Verlust, nur um meine Mum tat es mir leid. Egal! George, die Hammerbraut und ich gingen einfach weiter, bis eine Kneipe auftauchte: ZUM GEIER Davor standen Motorräder. Die geilsten Teile, die du dir vorstellen kannst. Viel Chrom. Viel schwarzes Leder. Das war genau mein Ding. Wenn ich mir meine Zukunft ausdachte, sah ich immer eine laaaaaaaaaaaaaange Straße in Amerika. Rechts und links Wüste. Route 66. Ich saß auf einem Shopper und brauste über den Highway. Meine Mum sagte dann immer: „Deine Träume sind das Tor zu deinem Glück. Geh einfach hindurch und mache sie wahr.“ Ihre Worte waren, wie eine Decke in die sie mich in einer kalten Nacht einhüllte. Eine vergilbte, abgefuckte Gardine teilte das verdreckte Schaufenster der Kneipe in zwei Teile. Aus der geöffneten Tür dröhnte ein Song von Metallica. Die Schallwellen brachen sich an den Maschinen. Sie knallten dagegen und blieben auf der Strecke. Irgend ein Biker würde kommen und sie in den Staub treten. Es war ein ewiger Kreislauf. Die ganzen geilen Dinge stellten sich vor und im nächsten Augenblick, war es auch schon wieder vorbei. Ich hatte noch nicht den Dreh gefunden, wie ich sie festhalten konnte. Wir gingen rein und da saßen ein paar langhaarige Typen und tranken Bier. Alle glotzten sofort mein Mädchen an. Heute würde es wohl noch ein paar gebrochene Nasen geben. Ich bestellte das übliche: Cognac. Bier. Sandwich. Die Lady schoss natürlich quer und orderte einen Whisky für sich. Klar sie wollte mich testen, aber darauf ließ ich mich nicht ein und trank ihren Cognac und drei weitere, bis es in der Kehle kribbelte. So. Fertig. Die Rocker lachten und soffen. Ihr Leben schien sich um zwei Dinge zu drehen: Ficken oder gefickt werden. So einem Typen konntest du nichts vormachen. Das führte unweigerlich zum Verlust der Schneidezähne oder des Augenlichts. Denen konntest du nichts vorheulen oder an ihren guten Willen appellieren. Die machten immer auf dicke Hose. Mussten sich immer beweisen. Die wollten einfach immer gewinnen. Das fand ich gut. Ich war genau so. Ein Knirps mit vernarbten Gesicht und Ohrmuscheln die mich an das Zelt meiner Großmutter erinnerten, zeigte mit dem Finger auf mich und fing an zu lachen. Die schienen sich prächtig zu amüsieren Nun ja, ich sah das als Aufforderung mal so richtig die Sau rauszulassen. Als erstes drückte ich E 498 in der Musikbox. Peter Alexander mit dem Song: Die kleine Kneipe. Damit schoss ich den Vogel ab und war sofort bei der ganzen Truppe beliebt. Sie losten schon mal aus, wer mir als erstes was aufs Maul geben durfte. Ein Wichser mit tierischen, schwarzen Koteletten glotzte mich die ganze Zeit mit hervorgetretenen, grünen Froschaugen an. Sein Akne vernarbtes Gesicht stellte ich mir in einer Horrorshow auf dem Jahrmarkt vor. Die kreischenden Mädchen. Die, vor Angst bibbernden, harten Kerle. Die ganzen kleinen Pisser, die noch an Mamas Rockzipfel hingen. „Ey, geile Koteletten.“ ,schrie ich zu ihm rüber und grinste ihn an. Er warf seine leere Bierflasche nach mir und dann brach die Hölle los. In dessen Verlauf schlug ich jemanden die Zähne aus und bekam selbst eine verpasst. Das führte zu einer heftig, blutenden Platzwunde auf der Stirn. Stühle flogen durch die Luft und Glas zerbrach mit lautem Getöse. Es war ein Riesenspaß. Wir konnten fliehen und rannten die Straße runter. Dann die nächste hoch und versteckten uns hinter ein paar Mülltonnen. Meine Lady kam ganz nah an mich ran. „Du bist so ein Arsch.“ ,flüsterte sie mir ins Ohr. „Sag mir nicht, was ich schon weiß.“ ,flüsterte ich zurück. Sie schlug mir mit der Faust auf die Schulter und das hatte ganz schön Rumms. Mittlerweile hatte auch die Nacht zugeschlagen und zwar genau in die Fresse. Es war dunkel. Kein Mond. Keine Sterne. Nur die magere Straßenbeleuchtung und da hatten die Oberen der Stadt reichlich gespart. Naja, ich hatte absolut Verständnis dafür. Irgendwie mussten sie ja die Nutten bezahlen. Ein Waschbär kreuzte unseren Weg und schleppte eine tote Katze hinter sich her. Das war echt eklig, aber nicht so eklig, wie die Ratten die sich vor ein paar Tagen direkt vor meiner Haustür paarten. Ich dachte ich spinne. Alter! Kopulierende Ratten. So was hatte noch niemand gesehen und wollte auch niemand sehen. Scheiße. Das behielt ich am besten für mich. Meine Lady meinte, wir müssten jetzt erst mal in den nächsten Club. Ein bisschen abzappeln. Angestaute Energie loswerden. Das war mir völlig unbekannt. Bei mir staute sich nichts an. Ich ließ immer alles gleich raus. Machte jemand einen Hammer Witz, lachte ich. Benahm sich jemand daneben, gab`s auf die Fresse. So einfach war das. Trotzdem tat ich ihr natürlich den Gefallen. Auf dem Weg dorthin machten wir an Hugo´s Fritten Bude halt und knallten uns Schaschlik zwischen die Kauleiste. Da stand so ein Typ mit Bademantel und nuckelte an seinem schalen Bier. Der sah verdammt traurig in seinen Badelatschen aus. „Na. Alles klar, Alter?“ ,fragte ich ihn. „Sicher.“ „Und wie läuft`s?“ ,löcherte ich ihn „Die Welt steht am Abgrund.“ „Tut mir leid, Mann.“ ,sagte ich. „Ich wach` jeden morgen auf und denk` sie is noch da. Dann werd` ich langsam nüchtern und mir wird klar, das sie jetzt in einer Urne auf dem Friedhof lebt.“ „Fuck.“ ,meinte George. „Ja. Fuck.“ .stimmte der Mann ihm zu. Lange standen wir da rum und sprachen nicht. Wir glotzten still in die Nacht und der Sekundenzeiger der speckigen Uhr bei Hugo blieb stehen. „Komm Alter. Du musst mal was anderes sehen.“ ,sagte ich und packe ihn am Bademantel. „Ne lass ma.“ ,meinte der Mann. „Doch. Komm. Wir müssen los. Du auch.“ sprach meine Lady ganz ruhig zu ihm. Und so setzten wir uns in Bewegung. Der Mann schlurfte mit seinen Schlappen neben uns und lutschte den Rest von seinem Bier aus der Pulle. Der sah total müde aus, so als hätte er die letzten dreihundert Jahre auf einer Burg gelebt und Hühner gezüchtet. Und, wie langsam der ging. Alter. Ich sah auf meine Uhr, um zu prüfen, ob sie schon rückwärts lief. Tat sie aber nicht. Zwanzig Schnecken überholten uns und riefen uns Schimpfwörter zu. Ich war kurz davor ihn über meine Schulter zu werfen, aber schließlich standen wir doch vor dem Club. Halleluja. Zum Waschsalon! Geiler Name. Sogar das Ausrufungszeichen gefiel mir. Überlegte, ob ich Schlappenheinrich samt Bademantel in den Trockner schieben sollte. Ließ es aber, weil ich befürchtete, das er total verfilzt wieder raus käme. Wir schauten nach oben und das Gebäude nahm kein Ende. Es war riesig. Ging über mehrere Stockwerke. Im Erdgeschoß, Disco. Da hingen die ganzen Spacken ab. Stock Reggae. 2. Stock Hardrock. 3. Stock Damenabteilung. Im Keller gab es geheimnisvolle Räume voller Düsternis und Romantik. Die Typen da, hatten alle schwarze Klamotten an und machten auf Dracula. Im größten Raum, waberten Rauchschwaden von einer Nebelmaschine über den Boden. Fühlte mich, wie in > Fog – Nebel des Grauens < . Die Deppen mit ihren Anzügen machten auf cool. Natürlich, waren die sowas von uncool, das mir spei übel wurde. Das konnte ich diesen ABC – Schützen nicht durch gehen lassen. In der Mitte stand ein weißes Klavier. Das sah Hammer aus. Da saß ein dünner Kerl mit triefenden Augen dran. Den zog ich gleich mal vom Stuhl und haute in die Tasten. Kannte drei Akkorde und die ließ ich explodieren. Little Queenie von Jerry Lee Lewis war mein Song und das ließ ich die Ignoranten wissen. Scheiße war ich gut. Zwischendurch kämmte ich meine blonde Tolle und stelle einen Fuß auf die blankpolierten Tasten. Ich wackelte mit meinem Arsch und die Weiber flippten aus. Ich schlug und trat und schrie. So wie es sich gehörte. Ließ die Sau so richtig raus. Aus den Augenwinkeln sah ich das es meiner Lady gefiel. Sie lehnte entspannt im Türrahmen und drehte sich mit einer Hand eine Zippe und flippte sie elegant zwischen ihre roten, makellosen Lippen. Boah. Die Braut, war ja so geil. Als wir später am Tresen saßen und auf die Pool Miezen glotzten, drehte sie sich zu mir um und sagte ganz trocken: „Du glaubst bestimmt, das du eine ganz heiße Nummer bist, aber wenn du bei mir punkten willst, musst du ganz andere Sachen am Start haben.“ Das ließ ich mal so wirken. Schaute mir die anderen Zappelhasen in dem Laden an und bestellte drei Wodka. Zwei für mich und einen für die Nieren. Irgendjemand sagte mir mal, das Trinken lebensnotwendig sei. Es lag aber durchaus im Bereich des Möglichen, das ich dies in einem anderen Zusammenhang gehört hatte. Plötzlich spielte der Heini am DJ Pult Tush von ZZ Top. Geil. Das war der Startschuss. Ich griff mir die Hand meiner Mörderbraut und zog sie mit nach draußen. Dort knackte ich den teuersten Schlitten der da so rum stand. George, der gerade seine Hand unter dem Rock einer Braut hatte, verabschiedete sich auf die althergebrachte, indem er ihr seine Pranke auf den Hintern knallte und sprang auf den Rücksitz. Ich hielt meiner Frau die Tür auf und schob den Bademantel, mit dem traurigen Typen drin, zu George. Ich warf ein paar Zippen in die Runde und schon ging es ab zu Onkel Ivan. Seine Bretterbude hieß: Lummerland Natürlich dachte ich sofort an Jim Knopf und die wilde 13 und diesen bescheuerten Lokomotivführer, dessen Name mir nicht einfiel. Ich dachte auch an meine Mum und wie sehr sie mich geliebt hat. Sie las mir immer diese Geschichte vor, wenn ich im Bett lag. Ihre Stimme hatte diesen schönen Klang. Ganz hell. Wie Himmelsglocken. Sie trug ihre blonden, gewellten Haare offen. Engelshaar. Ich mochte es, wenn sie mir zum Abschluss ihre kühle Hand auf die Wange legte und mich auf die Stirn küsste. „Wir träumen heute Nacht von Gelegenheiten und das wir sie ergreifen.“ ,sprach sie oft. „Und von Amerika.“ ,fügte ich hinzu. Denn das war mein Abenteuerland. „Ja, und Amerika. Das Land der freien Menschen.“ ,flüsterte sie leise. d Der grüne Schriftzug erschien und meine Füße stiegen auf die Bremse. Wir wurden in die Gurte gepresst, wie zwei Astronauten beim Start. Ich spürte, wie es sauer in meiner Kehle wurde, aber das gab sich wieder. Ich hievte meinen Körper, als erster aus dem Sitz und öffnete ihr die Tür. So, wie es sich gehörte. Sie lächelte. Das erste Mal. Ich hatte alles richtig gemacht. Da standen wir also. Bereit den nächsten Wahnsinn in uns aufzusaugen. In dieser Szene Kneipe gab es die beknacktesten Leute. Alter. Die hatten tatsächlich einen Türsteher. Einen Türken. Unrasiert. Megalanger Schnurrbart. Brennende Augen. In seinem Blick lag die Lust auf Ärger. Man sah das er seinen Job liebte. Konnte nicht jeder von sich behaupten. „Keule.“ ließ ich so beim vorbeigehen fallen. „Halt die Fresse.“ ,sagte er nur. „Mensch Ali. Kennst du mich nicht mehr?“ „James?“ „Ja, Alter.“ Wir umarmten uns und er schlug mir auf den Rücken, das ich dachte mein Kreuz würde brechen. Ich ließ mir natürlich nichts anmerken, denn ich war ja auch Macker. Genau, wie Ali. „Wir sehen uns später. Müssen erst mal was trinken.“ ,erklärte ich. „Klar Mann. Trinken is voll wichtig.“ ,sagte er und lachte. „Genau, Alter.“ ,bestätigte ich ihm. Der Wirt wog 160 Kilo und stank nach altem Fisch. Der Tresen klebte, denn obwohl ein dreckiges, rot-schwarz-gold gesteiftes Geschirrhandtuch auf seiner Schulter lag, hatte die Theke wohl seit der Jahrhundertwende keiner abgewischt. Ich warf ihm ein paar Scheine rüber und er gab mir eine Flasche Wodka. Seine Frau, die Gisela stakste auf ihren streichholzdünnen Beinen über den schmierigen Boden und quatschte jedem eine Frikadelle ans Knie. Sie wäre unglücklich, weil ihr Goldfisch den grünen Star hätte, aber total happy, weil sie ihren Fingernagel, der ihr gestern abgebrochen war, wiedergefunden hätte. Ich fragte mich nur, ob die Anstalt heute wieder Ausgang hatte, oder ob sie nach dem letzten Freigang einfach nicht wieder zurückgegangen ist. Ihre Kinder, 18, 20, 24, waren dumm wie Brot. Alle drei Jungs schoben einen Schwabbelbauch vor sich her. Der Jüngste schien vor Fett zu triefen. Es hing an ihm herunter und führte ein Eigenleben. Es hob und senkte sich zu eigenartigen Formen. Skurril. Damals. In meiner Kindheit, gab es vor den Gruselfilmen immer diese kleine Einleitung. Ein schauriges knarren. Fürchterliches, geheimnisvolles Geheul. Eine Tür wurde geöffnet und ein unheimlicher Zwerg mit langen Armen und dicklichen Körper stand im Rahmen. Dann diese dunkle, schauerliche Stimme: „Monstren. Mumien. Mutationen.“ Der 18 jährige passte genau in dieses Schema er sah aus, wie ein Knoblauchbrot, das grad vom Grill kam. Seine kleinen Schweinsaugen waren gerötet und die Sonne hatte sich seine Haut vorgenommen und verbrutzelt. Sie flatterte im Wind und die kleinen Fetzen ließen sich leicht mit den Fingern lösen. Damit verbrachte er einen Hauptteil des Abends. Die abgerissenen Stückchen sammelte Zwergnase in einem kleinen, goldenen Kästchen. Da war extra ein kleine Schloss dran, damit ihm niemand seine tote Haut stahl. Irgendjemand der ihn hasste, hatte ihm den Namen Hagen verpasst. Sein 20 jähriger Bruder, Micky Maus, hatte einen nervösen Tick von seinem Ur Großvater, dem hundsgemeinen Frankie Underwood, geerbt. Alle paar Sekunden zuckte sein Kopf nach rechts und für einen Moment verwandelte sich sein Gesicht in eine verzerrte Fratze. Dann schüttelte er seinen ganzen Körper und lachte kurz und schrill auf. Er, wiederum, sah aus, wie eine Kaffeebohne, die man mit kaltem Wasser abschreckte und dadurch ein paar Stellen abplatzten, die dann hell hervorschimmerten. Ragnar und Micky hätten Zwillinge sein können, wenn sie nur nicht so verschiedenen gewesen wären. Ragnar, der Odin Verschnitt legte seine Haarpracht in Locken. Wahrscheinlich, weil er dachte das die Bräute darauf abfuhren. Jedem der dies vor, oder schon hinter sich hat, sei gesagt: Ich kenne keine einzige Frau, die das geil findet. Im Gegenteil. Es ist der totale Abtörner und führt nur zu Enthaltsamkeit. Ich wusste von Gisela, das die drei noch nie einer Puppe unter den Pullover gegriffen oder ihr Ding in etwas anderes, als einen Staubsauger gesteckt hatten. Die drei Jungrauen machten immer total auf hektisch und führten sich auf, als würde ihnen der Laden schon gehören. Dabei war der total abgefuckt. An den Wänden hingen Bilder von Wilhelm dem II. und Quasimodo, dem Glöckner von Notre Dame. Fragte mich, wann die Zigeunerin Esmeralda um die Ecke blinzelte und ihren Feuertanz vollführte. Die Spinnweben unter der Decke waren vollbesetzt und an den abgeschrammelten Tischen riss man sich die Hände blutig. Das Einzige, was mich in diese Spelunke führte, war diese geile Mucke. Rock `n Roll vom Feinsten. Ich fand`s großartig einfach dazusitzen, den Alkohol in mich hinein fließen zu lassen und dieses Gefühl der puren Lebensfreude zu genießen. Scheiße, das ich das Rauchen aufgegeben hatte, doch ich genoss, perverserweise, den Kuss einer Frau die rauchte, aber nur, wenn ich schon ein paar intus hatte und der Glimmer in meinem Schädel seine Runden zog. Als ich den Arm um meine Süße legen wollte, boxte sie mich wieder, aber gleichzeitig fasste sie mir an den Arsch und lachte laut auf. So, als hätte jemand einen Bombenwitz gemacht. Wollte ihr direkt an die Wäsche. War mir egal wie viel Leute in den Rängen hockten. Einfach die Klamotten runter reißen und die erogenen Zonen checken. Aber sie zierte sich, also stakste ich zur Musicbox und drückte E212 It`now or never von Elvis. Fand den Song hammermäßig, deshalb nahm ich sie zärtlich in den Arm und drehte sie langsam über den versifften Boden direkt in die Südsee. Spürte, wie so ein gelber Plastikmond in meinem Schädel aufging. „Du gehörst zu mir.“ ,flüsterten meine Lippen in ihr Ohr. Sie sagte gar nichts, aber lächelte zuckersüß. Mann, fühlte sich gut an. Bekam direkt eine Gänsehaut, bis hoch zur Halskrause. Das kribbelte richtig. So innendrin. Machte mich ganz brummkreiselig. Plötzlich sprang Ragnar über den Tresen und zog dem Gast der einen weiten Trenchcoat trug, mit der Flasche eins über den Kopf. Oskar und Gisela zogen den Sack nach draußen und warfen ihn in den Rinnstein. „Der zahlt immer mit `nem Hunderter. Das macht der nur, um gut vor den Frauen dazustehen. Nur Show. Und wir mögen hier keine Angeber.“ ,meinte Gisela Alles klar. Gut das ich meine Rechnung nicht bezahlen würde, denn ich war pleite. Plötzlich ging die Tür auf und der Typ kam wieder rein, knallte einen Hunderter auf den Tresen und riss seinen Trenchcoat auf. Er zeigte allen, was er zu bieten hatte und lachte dabei total hysterisch. Jetzt wurde es doch ein wenig spooky. Wir verzogen uns und rauschten in dem geklauten Schlitten Richtung aufgehende Sonne. Der Wind zischte durch die geöffneten Fenster und zerzauste unsere Haare. Wir begannen zu lachen. Versuchten es genauso hysterisch wie Spannenlanger Hansel in seinem Trenchcoat hinzubekommen. Aber nur Heinrich war in der Lage den Ton zu treffen und versank danachwieder in seiner Melancholie. Mann. Wir kannten echt merkwürdige Leute. Irgendwo hatten wir George verloren, dafür war Ali jetzt an Bord und der laberte die ganze Zeit von irgendeiner Tussi, die er in Sin City, vor drei Tagen, kennenlernte und die ihm jetzt nicht mehr aus dem Kopf ging. „Ey. Die hat riesen Möpse, Alter. Macht Body Building. Auch Wettkämpfe und son Scheiß. Ich will die unbedingt flachlegen.“ ,redete er die ganze Zeit und assimäßig auf uns ein. „Meine Frau ließ sich nie einfach so flachlegen. Die wollte es immer romantisch. Kerzenschein. Gutes Essen. Leise Musik. Richard Claydermann.“ ,nuschelte Schappenheinrich vor sich hin und zog einen silbernen Flachmann aus seinem Bademantel. Dann fischte er die Knarre aus der Tasche. Eine Walther PPK. 9mm. „Manchmal überlege ich, ob ich das Baby hier benutzen sollte. Einfach abdrücken und alles ist vorbei. Aber ich glaub der richtige Moment ist einfach noch nicht da.“ ,sinnierte Schlappe. „Richtig Alter. Das ist noch nicht der Zeitpunkt. Wir wollen doch noch zu Helga. Du weißt schon. Meine germanische Kriegerin.“ ,fing Ali an. „Oh, sicher.“ ,sagte er völlig klar und steckte das Schießeisen wieder weg. Pause „Meinst du, wir finden George wieder?“ ,frage ich meine Lady. „Der kommt schon klar.“ ,sagte sie. „Wo geht`s jetzt hin?“ ,fragte sie weiter. „Westwärts.“ ,sprach ich und rauschte mit 180 über die Autobahn. Direkt an der Ausfahrt saß ein Typ mit weißem Overall auf der Leitplanke und hielt ein Schild in der Hand. Sin City Da wir einen Platz frei hatten und ohne hin auf dem Weg zum Sündenpfuhl waren hielt ich an und lud ihn zu einem Höllenritt in die Unterwelt ein. „Ich bin der Chicken Man.“ ,stellte er sich vor. „Interessanter Name.“ ,sagte meine Lady „Arbeite auf einer Hühnerfarm. 10.000 Stück. Brathähnchen.“ ,erzählte er. „Lecker.“ ,sagte Ali. „Meine Tussie liebt Hähnchen.“ „Ich hasse sie. Ich hasse ihre Federn. Ihre Schnäbel und ihr Gehabe. Ihr scharren mit den Füßen und das Picken auf dem Boden.“ ,meinte Chicken Man. „Sie konnte gut Hähnchen machen. So knusprig.“ ,sabberte Heinrich vor sich hin. Ganz automatisch lenkte ich die Karre auf die Bundesstraße und dann in ein Waldstück. Ich dachte daran das sie Rasputin auch hinaus in den Wald zerrten und ihn im eiskalten Wasser ertränkten. Zuvor aß er, mit Zyankali vergifteten, Kuchen und man schoss ihm dreimal in die Brust. Doch der Verrückte Wanderprediger wollte nicht sterben. Das war 1916. Man munkelte das er auf best Friend mit der Frau des Zaren machte und Nikolaus II Hörner aufsetzte. Naja, ein paar Monate später, war es ohnehin Essig mit der ganzen Familie. Lenin übernahm das Ruder in Russland und ließ die ganze Zarenfamilie hinrichten. Aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte. Wir stiegen alle aus. Der schlappe Lappen Heinrich stellte sich direkt an den Baum. Er brauchte bloß den Bademantel zur Seite schlagen. Ich ging mit meiner Lady ein ganzes Stück in den Wald. In der Ferne hörten wir einen Specht der einen Baum zerlegte. Ein Uhu über uns gab Laut und verfehlte mit seinem morgendlichen Stuhlgang nur knapp unsere Köpfe. Sie lachte und gab mir einen Kuss. Eine Krähe schrie und in mir jubilierten die Trompeten von Jericho. Geil. Sie steckte ihre Hand in meine Hose und fummelte an meinem Arsch. Das machte mich ganz schön spitz, also griff ich in ihre Haare und zog sie leicht nach hinten. Ihr Becken drückte sich hart an meinen Oberschenkel. Plötzlich raschelte es im Unterholz und ein weißer Wolf schaute aus dem Dickicht hervor. Einfach so. Wir drehten uns um und warteten. 3 Minuten passierte nichts. Dann sprang er heraus, jagte an uns vorbei und attackierte ein Reh. Ich sah den Geifer der aus seinem Maul flog. Das Reh machte eine Rechtsdrehung und floh ins Dickicht. „WOW! Ein Wolf. Ist das zu glauben?“ ,rief ich. Ich jedenfalls glaubte es nicht. Selbst jetzt dachte ich, das es gar nicht passierte. Kam mir vor, wie in diesem Horror Film: Underworld. Mit dieser mega geilen Braut. Kate Beckingsale. Die trug immer so enganliegendes Leder. Konnte ich mir bei meiner Lady auch gut vorstellen. Ihr kleiner runder Arsch würde sicher gut zur Geltung kommen. Dazu ihr hübsches, unschuldiges Gesicht, das durch blonde, feine Löckchen umrahmt wurde. Sie packte meinen Nacken und drückte mich gegen den Stamm. Feine Äste Knacktenunter unseren Füssen. Ein Eichhörnchen, das wie: The little red Riding Hood aussah, hüpfte von Baum zu Baum und warf Eicheln auf meine Nüsse. Sie zog mir die Hose runter und stülpte ihre Lippen darüber. Geil. Meine Hände krallten sich an dem Baum fest und ich ritzte bei der Gelegeheit gleich mal ihren Namen in den Stamm. Lady Starlight Sie kam hoch und hielt mir den Mund zu. Ich packte sie und drehte sie herum, dann rammte ich ihn rein. Kleine Sterne tanzten vor meinen Augen. In den Sternen sah ich sie. „Spritz nicht in mich rein.“ ,keuchte sie. Ich zog ihn heraus und mein Strahl schoss direkt auf den Waldboden. Stellte mir vor, wie die Millionen meiner Kumpels sich auf dem Blätterteppich verteilten und dort Kolonien bildeten. Erst wäre es nur ein kleines Dorf mit einer Mühle. Dann käme ein Rathaus und eine Kirche dazu. Auf den Äckern schufteten die Bauern, während die Oberschicht in Saus und Braus lebte. Irgendwann käme es zur Rebellion und zum Sturz der Oberen. Dann würden sie einen Bauernstaat gründen. Doch die Hoffnung, das nun alles in Ordnung käme, war dem Untergang geweiht. Denn die Raffgier nahm nun von den Bauern Besitz und die wurden ihrerseits zur Oberschicht. Das komplette Programm: Unterdrückung. Propaganda. Folter. Verbot. Mord. Sicherung der Ressourcen. Aufbau eines Sicherheitsapparats. Vernichtung aller nicht gewollten Individuen. Aufzucht, der folgenden Generationen im richtigen Geiste. Eroberung und Verbreitung der wahren Lehre. Schaffung von Lebensraum der eigenen Rasse. Scheiße. Alter. Wie im richtigen Leben. Ist doch eigentlich immer die gleiche Show. Das alles lief innerhalb von 12 Sekunden in meinem Schädel ab. Entweder hatte ich den totalen Durchblick oder nicht mehr alle Latten am Zaun. „Alles Okay?“ ,fragte sie. „Sicher.“ ,antwortete ich abwesend. Sie nahm mich in den Arm und gab mir einen Kuss auf die Lippen. Der war so zart das ich ihn kaum spürte, aber der ging direkt in mein Herz. Das musste wohl diese beknackte Zärtlichkeit sein, von der alle redeten und die ich immer ins Lächerliche zog. Scheiße. Irgendwie doch ganz geil. Jetzt musste ich mir aber unbedingt einen antrinken. Wir liefen zurück zum Auto. Leider ließ er sich nicht starten, also versenkte wir ihn in einem tiefen Baggerloch und schlurften zur Straße. Ein Fiat hielt mit quietschenden Reifen direkt vor unseren Füssen. Ein langer, langhaariger Typ saß mit langem, eingeknickten Hals hinter dem Steuer. Seine roten Albino Augen glotzten müde nach vorn. Er schien in einer anderen Welt zu sein. Sagte kein Wort. Saß einfach nur da. Auf dem Beifahrersitz hockte sein Kumpel im Schneidersitz. Seine Haut glänzte, als hätte ihn jemand in ein Ölfass getaucht und an seinen Ohren wieder raus gezogen. „Ich bin Schnecken-Udo.“ ,stellte er sich vor. „Ach was.“ ,entgegnete Schlappenheinrich. „Dann bist du wohl der langsamste Typ auf Erden.“ ,lachte Ali. „Nö. Aber ich mach jede Braut klar, die du dir vorstellen kannst.“ ,erklärte er. Also DAS konnten wir uns überhaupt nicht vorstellen. Auf dem Kopf zeigte er seiner Umwelt so eine Prinz Eisenherz Frisur. Die sah echt Scheiße aus, als hätte jemand einen Nachttopf auf seinen Schädel gedrückt und alle überschüssigen Haare abgeschnitten. Er schien gut drauf zu sein und nachdem er jedem einen Joint in die Hand drückte quetschten wir uns zu fünft auf den Rücksitz. Da saßen wir dann, wie Hühnchen eingepfercht auf 50 cm in einem rostigen Fiat. Schlappenheinrich, der nörgelnd seinen Bademantel zurechtzuppelte, damit nichts von seinen Kronjuwelen raus fiel. Ali, der immer noch von seiner Helga erzählte und uns allen auf den Wecker fiel. Chicken man, der Horrorstory`s von seinem Job vom Stapel ließ und uns dazu brachte nie wieder ein Hähnchen zu essen. Lady Starlight und ich. Über uns gab es nichts zu berichten. Wir sahen weiterhin gut aus und waren die einzigen mit Verstand in diesem Auto für Zwerge. Der Fahrer, mit seinem Giraffenhals, trug einen himmelblauen Overall auf dem ein Aufnäher angebracht war. Feuerstein stand da drauf. Entweder war das sein Name oder sein Ur Ur Ur Ur ect. Vorfahr hieß Fred. Wie auch immer. Er warf uns gleich einen Sechserpack Bier nach hinten, machte sich damit bei uns allen beliebt und legte einen Kickstart hin, so das der Waldboden danach einen halben Meter tiefer lag. Er sang irgendeinen Scheiß, den wir nicht verstanden. „Ist von AC/DC. Geil ne`?“ ,schrie Feuerstein schrill und drohend nach hinten. Er drehte sich eine sehr lange Zeit zu uns um und sah uns an, als wollte er uns umbringen, sobald wir auch nur blinzelten. Ich dachte an meine Mum. An den Tag, als wir uns stritten, weil ich unbedingt diesen Gruselfilm sehen wollte. Sie sagte ich wäre zu jung und bekäme Alpträume. Natürlich wusste ich es besser und natürlich bekam ich Alpträume. Sie blieb die ganze Nacht an meinem Bett und verjagte all die bösen Seelen. Sie stellte sich vor mich und würde eher selbst drauf gehen, als mich meinem Schicksal zu überlassen. Mumien. Monstren. Mutationen. Feuerstein schien wohl die Strecke im Schlaf zu kennen, denn er gab dem Lenkrad einen kleinen Schlenker und wir fuhren um die Kurve. Gerade rechtzeitig, sonst wären wir gegen eine Mauer geknallt. Als er wieder nach vorne sah, schrie er: „Scheiße. Falsch abgebogen.“ Also verließ unser Todesengel die Straße und donnerte über ein Feld. Wir wurden ordentlich durchgeschüttelt und der Fiat hing zeitweise mit allen vier Rädern in der Luft. Ali kotzte aus dem Fenster und ein paar Spritzer der grün-braunen Soße blieben an Heinrichs Bademantel hängen. „Das geht doch nie wieder raus. Was soll ich denn jetzt anziehen?“ ,schrie er. „Wie wär`s mit `ner Hose? Liegen wieder unheimlich im Trend, Alter.“ ,sendete Ali. „Ich kann keine Hosen tragen, Mann. Sonst hätte ich ja wohl eine an.“ „Jetzt haltet doch mal eure Fresse.“ ,ging Chicken man dazwischen und sprach uns allen aus der Seele. Der Fiat, mit den ganzen Vollpfosten brauste eine ganze Zeit im Wald umher. Ein Specht, 2500 rote Ameisen, ein Igel und ein halbes dutzend Spatzen blieben dabei auf der Strecke. Schließlich kamen wir auf einen Wanderweg und fuhren an einer Gruppe Reiter vorbei, die uns aus großen Augen anstierten. Feuerstein grüßte freundlich und öffnete das nächste Bier. Er warf einen weiteren Sechserpack nach hinten. Danach hatte ich einen sitzen und sang mit ihm zusammen irgendwelche Lieder die ich nicht kannte. Hatte lange nicht soviel Spaß. Jetzt fand ich Hamburg doch ganz geil. Dieser Höllenhund fuhr mit uns zu einer Dorf Disco. Da saßen dann die ganzen Bauernmädels, wie Hühner auf der Stange und warteten auf den Abschleppdienst. Naja, ich war ja nun versorgt und konnte ihnen nicht helfen, aber Feuerstein tat sein bestes um bei ihnen zu landen. Er machte auf cool, wehleidig , Muttersöhnchen und Macho. Nichts half. Seine Person, war einfach nicht gefragt. Letzten Endes bekam er von einem Typen, in roten Gummistiefeln und Ostfriesenpelz, eins auf die Fresse. Bei Schnecken-Hgo lief die Sache anders. Der hatte das volle Programm drauf, denn obwohl der echt Scheiße aussah, besaß er dieses bestimmte Etwas. Das, bei dem die Schlüpfer der Mädels nass wurden. Irgendetwas Geheimnisvolles. Eine nicht zu eratende Zutat. Er ging mit den zwei Hübschesten, Blonden Geräten aufs Klo und kam mit diesem Angeber Grinsen wieder zurück. „Ich hab`s euch gesagt. Ich mach jede Schnecke klar.“ schrie er uns zu. 10 Minuten später waren wir wieder on Tour. „Dicke Lippe riskiert?“ ,fragte ich Feuerstein. Er griente und meinte lapidar: „Jo. Passiert. Kein Problem. “ Wir gröhlten wieder Songs, die ich nicht kannte. Zwischendurch übergab sich unser Fahrer in den Aschenbecher. Die Kotze lief über den Rand auf den Beifahrer Boden. Über solche Kleinigkeiten sahen wir hinweg, denn schließlich waren wir Gentleman. „Lass mal Club gründen.“ ,meinte Ali. „Ich find Club Scheiße.“ ,erklärte Schlappenheinrich. „Ne, mann. Club is voll gut. Hab` ich immer schon mal haben wollen. Weil, wir sind voll die netten Leute und so.“ „Ach was.“ ,gab Schlappenheinrich von sich. „Ja, Mann. Wir sind voll der Gentleman Club e.V.“ ,fuhr Ali fort. „Sollen wir auch einen Blutschwur machen?“ ,fragte Feuerstein lachend. „Ja. Is gute Idee. Und dann hacken wir noch sechs Hühnchen den Kopf ab.“ ,flüsterte Ali. „Alter. ICH mach das aber nicht!“ ,rief Chicken man. „Das ist Scheiße eng hier hinten.“ ,schrie Schlappenheinrich. „Wir brauchen ein neues Auto.“ ,stellte Feuerstein fest. „Was machen wir mit deinem?“ ,fragte meine Lady. „Das ist nicht mein Auto.“ ,meinte er und brauste in die Stadt. Auf St. Pauli fanden wir einen Mercedes der uns gefiel. Knallrot, mit Plüsch Würfeln am Rückspiegel im Innenraum. Der war mit blauen Samt ausgeschlagen und roch nach Jasmin. Die Braut habe ich mal vor tausend Jahren im Loveland kennengelernt. Das ist eine Absteige im Rotlichviertel, wo die Nutten auf Freier warten und die Luden Patrouille laufen. Die Jasmin war eine Trucker-Braut mit einem Tatoo von `nem Lastwagen auf der Hüfte und hat die Zimmer der Huren sauber gehalten. Davon erzählte ich meiner Lady besser nichts. Unser Schlitten zog mit 160 an der David Wache vorbei. Sofort hatten wir die Bullen am Arsch. Scheiße. Das war wie im Kino. Ich musste die ganze Zeit lachen und öffnete ein Bier nach dem anderen. „Macht euch keine Sorgen. Das schaffen wir.“ ,lallte Feuerstein. Er trieb den Wagen in eine Seitengasse und wir schleuderten gegen eine Mauer. Dann flüchteten wir und schafften es unerkannt in die Blockhütte. Die Tresenbedienung war ein Typ in Frauenklamotten. Mann, der hatte echt Stil. Seine Federboa waberte um seine femininen Züge und mit rauchiger Stimme sagte er: „Hello Sweethearts. Was verschlägt euch in meinen Laden?“ „Das Leben.“ ,keuchte unser Feuerstein. „Ja und der Durst. Mach mal `ne Brause klar.“ ,setzte ich dazu. „Logisch Süßer. Brause kommt sofort. Direkt aus der Quelle?“ „Ne´laß mal stecken. 13 Bier. 13 Kurze. Der mit der Pott-Frisur zahlt.“ ,meldete sich meine Lady. In der Hütte spielten sie Country Music. Der Live Act hieß: Trommelwirbel. Ich war gespannt. Bei so einem bescheuerten Namen, mussten sie entweder Scheiße Gut oder grottenschlecht sein. Schaute mich erst mal um. 3 Opas auf der Südseite. Eine abgewrackte Nutte am Tresenende. Zwei besoffene Girls, die von irgendeiner Fete kamen und sich lautstark über irgendeinen Typen mit riesigem Schwanz und Segelohren unterhielten. Ich wollte grad so, auf witzig, nach vorne rufen, das ich keine Segelohren hätte, als die Tür aufschlug und George hereintrampelte. Voll, wie tausend Russen. Er setzte sich an die Bar und schlief sofort ein. So kanns gehen. Ein Lude, der sich grad, in aller Ruhe, `ne Line reinzog, saß neben ihm und eine Gruppe Chinesen, die sich mal die Reeperbahn anschauen wollten hockten ein paar Stühle weiter am Fenster und fotografierten die Kakerlaken an der Decke. Die hatten später sicher nur gutes über Germany in ihrer Heimat zu berichten. Diese lustige Mischung machte uns allen Spaß und wir fühlten uns wie zu Hause. Als die Band auftrat: Waschbrett, Fiedel, Snare Drum, Gesang, hatten wir schon reichlich getankt und waren kurz davor den Überblick zu verlieren. Durch einen glasigen Vorhang beobachteten wir die 3 Typen und das dicke Mädchen die einen Song von Waylon Jennings spielten: Mamas don`t let your Baby`s grow up to be Cowboy`s. Boah. Die waren Scheiße schlecht. Wir klatschen trotzdem, wie blöd und Trommelwirbel bedankten sich mit gratis Drinks. Die sahen echt happy aus. Wahrscheinlich bekamen sie sonst faule Eier, wurden ausgebuht und angespuckt. So das reichte jetzt aber auch als gute Tat für dieses Jahr. Ich kam schließlich nicht von der Heilsarmee. Plötzlich erwachte George neben mir und bestellte ein Bier. Sein Gesicht sah aus, wie ein Boxsack auf dem der Hulk eingedroschen hatte. Er wisst schon diese große, grüne, mutierte Hohlbirne von den Marvel Comics. Über dem rechten Auge von George klaffte eine Platzwunde aus der Blut troff. „Das muss genäht werden.“ ,meinte meine Lady trocken. „Klammern geht auch.“ ,erklärte die Tresen Schlampe und zog einen kleinen Tacker, mit der man sonst lose Blätter zum Kuscheln bringt, aus einer Schublade hervor, setzte sie an die Augenbraue und presste die Haut zusammen. Ein kurzes, knappes Klacken und alles war erledigt. George schrie kurz auf, dann war die Welt wieder am rechten Platz und der allwissende Gott hatte sein Blut bekommen und gab Ruhe. Ich nahm meine Lady an die Hand, zog sie auf die Herrentoilette und rammelte sie erst mal richtig durch. Tja. Wie ich schon sagte. Die Welt ging wieder ihren gewohnten Gang. Als wir wieder kamen, so 3 Minuten später, tanzte George mit der Dicken und Feuerstein saß heulend in einer Ecke und jammerte nach seiner Mutter und das er sie vermissen und alles bereuen würde. Die ganze Scheiße, die er gebaut hatte und ab jetzt ein gutes Leben führen wolle. Tja, Baby der Zug war wohl abgefahren. Jammern half da auch nichts. Dachte an einen schwarz/weiß Film von Fellini und fühlte mich in einer anderen Dimension. Eine Motte kam im Sturzflug auf mich zu und feuerte aus allen Rohren. Jemand gab mir eine Ohrfeige. „Du warst total weggetreten.“ ,sprach meine Lady. „Haben wir es getrieben?“ ,war meine einzige Äußerung. „Ja.“ ,sagte sie. „Gott sei Dank.“ ,sagte ich. Dann gingen die Lichter wieder aus. Die Dunkelheit lag wie ein Leichentuch auf meinen Augen. Sie waren offen und trotzdem war da NICHTS. Ein leichter Windhauch zog über meine Pupillen. Kühl. Mein Körper brannte und schmerzte. Entweder stand jemand auf meinem Kopf oder ich hatte zu viel gesoffen. Versuchte den Wichser von meinem Schädel zu wischen. Gelang mir nicht. Irgendwann schnallte ich, das der Grund für die Dunkelheit, die Lederimitat Jacke auf meinen Augen war. Schwein gehabt. Brachte meinen Körper in eine senkrechte Position und fand mich im Stadtpark, auf einer Bank sitzend, wieder. Ich saß geraume Zeit so rum und versuchte mich an die letzten Stunden zu erinnern. Fiel mir nicht mehr ein. Da war einfach eine große, schwarze Lücke. Nach einer viertel Stunde, könnten aber auch 15 Minuten gewesen sein, bemerkte ich einen Typen, der einen Meter neben mir auf der Bank saß und eine Filterlose rauchte. „Hey Kumpel. Hast du eine.“ krächzte ich. Er reichte mir eine Zippe und gab mir Feuer. „James. James Cock“ ,sprach ich. „Alex.“ ,erwiderte er und reichte mir eine gekühlte Bierdose aus dem Innenfutter seiner Jacke. War mir sehr sympathisch. Wir stießen an und die Welt drehte sich weiter. Irgendwann würde ich aus diesem Scheiß Kaff schon rauskommen. Aber vielleicht, war ich auch genau da, wo ich hin gehörte. Februar 2020 von Axel Bruss
  21. Guten Morgen Danke! Liebe Grüße Axel
  22. Willy und der Wanderzirkus Es war an einem dieser Sommertage im Juli, an einem Ort der gleich hinter der Kreuzung auf der bunten, wohlriechenden, Farben strahlenden Blumenwiese lag. Dort schien alles ruhig und in gewisser Weise sogar langweilig zu sein. Doch, es war alles andere als das. An jenem Tag meinte das Wetter es gut, mit allem was da kreuchte und fleuchte. Nicht zu heiß. Nicht zu windig. Nicht zu dies und nicht zu das. Gerade so, wie es sein sollte, um dieser Geschichte den richtigen Anfang zu geben. Unsere Hauptperson ist ein lustiger, kleiner Kerl, dem seine Mama den Namen Willy gab. Er lebte auf einer Australian Shepherd Hündin und er war ein Floh. Ja. Es stimmt. Die beiden hatten ihre Anfangsschwierigkeiten, aber sie sprachen sich aus und merkten, das sie sich überaus sympathisch waren. Das lag sicherlich auch daran, das Frederike, unsere Hundedame, einige Jahre Biologie und Insektenkunde an der berühmten Universität Dogsford in Oxford studierte. Sie brach das Studium schließlich ab, weil sie meinte, Schafe hüten und frische Luft würden ihr mehr liegen, als die endlosen Monologe in den Hörsälen. Sie brachte ihrem Farmer die richtigen Befehle bei und als er sie endlich beherrschte konnte sie ganz allein eine Herde von 257 Schafen den ganzen Tag führen und beaufsichtigen. Und sie tat es mit der gleichen Leidenschaft und Freude mit der sie zuvor das Wissen der Welt in sich aufgesogen hatte. Unser Willy allerdings, war aus einem ganz anderen Holz geschnitzt. Er lebte in den Tag hinein und ließ sich von jeder neuen Idee sofort in eine andere Ecke des Lebens spülen. In einem Moment meinte er, es wäre das größte Elvis nachzueifern und ein bekannter Rock`n Roll Sänger zu werden und in einem anderen Augenblick Tauchlehrer in dem, von Fröschen und Seerosen bewohnten Teich, zu sein. Er wusste alles über Kerbtiere und Nashörner und wie man Vanille Eis herstellte. Willy und Frederike waren schon sehr lange zusammen und jeder achtete auf den anderen. Wurde das Fell des Hundes nass sorgte der Floh für trockene Handtücher. Brauchte der Floh einen Drink, lief die Australian Shepard Hündin zur Tankstelle und besorgte einen Fingerhut eiskalten Quellwassers. Willy mochte es mit ihr in der Abenddämmerung über die Hügel zu jagen, festgekrallt in ihrem langen, fliegenden Fell und lauthals zu singen: „I thought love was only true and fairy tales. Meant for someone else, but not for me. Love was out to get me. That`s the way it seemed. Dissappointment haunted all my dreams.“ Ja, sie waren wirklich Freunde und sie hofften, dass sich dies nie ändern würde. Willy verbrachte seine Zeit mit allerlei sinnvollen Dingen. Er liebte es, durch das Fell zu wandern und neue Orte zu entdecken. Frederike ließ sich an einem Donnerstag die Haare auf der linken Seite abrasieren, weil das zu jener Zeit der letzte Schrei im Norden des Landes war und Willy richtete sich sofort einen Golfplatz auf dieser freien Fläche ein. Jeden Morgen um halb 8, direkt nach seiner Beinrasur und einem ausgiebigen Frühstück, zog er seine Lila/weiß gefärbten Golfschuhe auf seine sechs Beine und schlenderte mit einem lustigen Lied auf den Lippen durch den Felldschungel zum freien Bereich ihrer Flanke. „Oh, what a beautiful Mornin`. Oh, what a beautiful day. I got a beautiful feeling everythings coming my way.“ Und gerade als er mit dem 9er Eisen einen seiner gefürchteten, zielgenauen Bälle schlagen wollte hörte er wundervolle Musik: „Mornin`, good Mornin`. We talked the whole night trough. Mornin` , good mornin` to you.“ Eine grüne Grille mit großem, weißen Schlapphut und einer Gitarre wanderte den Feldweg entlang und ließ voller Inbrunst ihre Stimme erklingen. Ohja, sie weckte mit ihrem Gesang sogar Harald das örtliche, faule, bei allen beliebte, Schaf. Harald schlief, und das wussten alle, sogar die Schnecke Dr. Eisenbarth, 18 Stunden am Tag in einer Mulde, nahe der Ameisenfabrik, in der auch die lila/weiß gestreiften Golfschuhe hergestellt wurden. Die Grille schaute mit dem breitesten Grinsen, den je jemand gesehen hatte in die Welt. Sie lachte der Sonne und dem Leben zu und zog so alle, die sie sahen, in ihren Bann. Für sie besaßen alle Insekten ein gutes Herz. Das sie, genau wie Löwen und Geparden, jagen und Beute machen mussten, um zu überleben, lag ebenso in ihrer Natur, wie Liebe und Verständnis. Ja. Sie wusste viel über das Leben und hatte dennoch nicht ihre Zuneigung für alle Geschöpfe dieser Erde verloren, obwohl sie es ihr wahrlich manchmal schwer machten. Die Grille übersprang mit einen Riesensatz einen Felsbrocken, der für andere ein Steinchen war und winkte den Krabblern, die ihr folgten, fröhlich zu. Hinterdrein rollte eine ganze Karawane von kleinen Holzkarren, beladen mit allerlei Kram, den man für so ein unstetes Leben auf Rädern halt brauchte in Richtung Hügel. Auf einem besonders großen Gefährt, gezogen von zwölf schwarzen Asseln aus dem Norden, befanden sich Stangen, Pflöcke, Seile und ein großes, rotes Zelt. Unser Willy wusste aus den Erzählungen seiner Mama, das dieses fahrende Völkchen ein lustiger, freundlicher Haufen war und konnte das Abenteuer das ihm da entgegen schritt direkt riechen. Der Wanderzirkus war da. Er sprang von seiner Freundin herunter , denn nun warteten andere, größere Aufgaben auf ihn. Er fühlte sich sehr lebendig und die Farben der Wiese schienen ihm noch heller und sein Verstand noch klarer, als sonst. Willy hatte sich schon viel zu lange ausgeruht. Nun wollte er etwas aus seinem Leben machen und die Welt in all ihrer Pracht kennenlernen und berühmter als Elvis werden. Sein Bruder Anton fiel ihm ein: Klassenbester. Mädchenschwarm. Prahlhans. Der nervte ihn immer mit so schlauen Sprüchen: Niemals vor dem Aufwachen aufstehen. Oder: Das Leben wartet nicht. Oder: Der Regen kommt immer unverhofft, aber die Sonne auch. Der Zirkus war für Willy das Zeichen aufzubrechen und etwas Neues zu beginnen, also rief er der Grille zu: „Hallo. Entschuldigung. Gehören sie auch zum Zirkus?“ „Ja. Mein Name ist Sarah. Ich bin die Chefin dieser Rasselbande. Und du?“ „Ich heiße Willy und es juckt mich in meinen sechs Beinen euch zu begleiten.“ „Ja, dann komm. Was hält dich?“ Also packte er seine sieben Sachen: Zahnbürste. Kamm. Feuerstein. Seil. 3 Unterhosen. Landkarte von Patagonien. Kompass. Frederike, seine treue Freundin, die ihn so lange begleitet hatte, weinte dicke Krokodilstränen. Er gab ihr einen riesigen Kuss auf ihre große, feuchte Nase und sang zum Abschied: „Somewhere over the rainbow, way up high. There`s a land that I heard of once in lullaby.“ Na toll. Jetzt musste Willy doch noch weinen. Er wurde von seinen Gefühlen hin und her gerissen. Bleiben oder gehen? Er ging und ließ eine traurige Frederike zurück. Sarah, die sich auf dem Kutschbock an die Spitze des langen Zuges gesetzt hatte, bot ihm den Platz neben sich und einem dicken Nashornkäfer an. Der stellte sich mit einer dunklen und tiefen Stimme vor: „Jo, meine Name ist Bruno. Ich bin hier der starke Mann.“ „Ich bin der Willy und ich bin auch stark.“ ,sprach ich. „Aber nicht so stark wie der Bruno.“ Was bildete der sich ein? Wieso war der gleich so doof? Aber, weil Willy nicht gleich einen Streit wollte sagte er nur sehr freundlich: „Freut mich das du stark bist.“ „Ich bin der Stärkste!!!!!!“ ,rief Bruno sehr bestimmend. Nun ja. Das konnte er überhaupt nicht verknusen und 3 seiner sechs Beine trommelten ärgerlich auf der Sitzbank. Ein viertes Bein krallte sich in seinen Oberschenkel, um nicht gegen diese Unverschämtheiten an zu sprechen. Was für ein blöder Kerl! „Wir wollen dort auf dem Hügel unser Nachtlager aufbauen.“ ,entschärfte Sarah die Situation. „Da stelle ich dir die anderen vor.“ Oben angekommen wurden die Wagen zu einem Kreis zusammengestellt. Viele fleißige Beinchen sorgten für eine heimelige Atmosphäre. Der Boden wurde blitzeblank gefegt und von allem Unrat befreit. Blütenkelche der verschiedensten Blumen, wurden dekorativ zu Kunstwerken zusammengestellt. Rechts erkannte er die Liberty Bell, die geläutet wurde, als Insektopia befreit wurde und links der schiefe Turm von Bombologien. Der ganze Platz sah tatsächlich ein bisschen so aus. Das gelobte Land aller Insekten. Willy hatte es noch nie gesehen, aber viel darüber gehört. Angeblich, gab es dort fliegende Fische und Maulwürfe mit Schnäbeln. Manchmal, wenn er am Sonntag auf seinem grünen, aus Streichhölzern selbstgefertigten, Liegestuhl saß und in den Nachthimmel schaute, stellte er sich diesen Ort vor. Einen Ort der Freiheit und der Zuversicht. Abends würde er sich mit Freunden zu einem Glas Nektar treffen und morgens auf einer seicht dahintreibenden Ente sitzen, um mit seinen Freunden aus dem Literatur Club über den großen Philosophen Alexander Gottlieb Baumgarten zu debattieren. Dann seufzte er immer sehnsüchtig und nahm sich vor demnächst mal eine Bibliothek zu besuchen, um seinen Horizont zu erweitern. Und gerade, als er über Nietsche und seinen riesigen Schnurrbart nachdachte holte ihn geschäftiges Treiben ihn aus seinen, tiefsinnigen Gedanken. Bänke und Tische wurden aufgestellt. Bunte Fähnchen zogen sich kreuz und quer über den weiten Platz. Das Kassenhäuschen wurde zum Eingang gezogen und 12 Asseln liefen Wache, damit sich alle sicher und gut aufgehoben fühlten. In der Mitte gab es ein Lagerfeuer auf dem eine Gemüsesuppe langsam vor sich hin köchelte. Der Duft erfüllte den ganzen Platz und machte ihn sehr, sehr hungrig. Um sich abzulenken wanderte er ein wenig umher und traf eine Gottesanbeterin, die kerzengerade auf ihrem Weidenholz Wagen saß. Überlebensgroß. Unwirklich. Erhaben. Sie war sehr schön und voller Würde . Ihr Turban aus afrikanischer Seide und ihr gleichgültiger Gesichtsausdruck verliehen ihr eine geheimnisvolle Aura, während sie sich den letzten, wärmenden Strahlen der untergehenden Sonne hingab. Willy verliebte sich auf der Stelle in dieses göttliche, übernatürliche Wesen. Aber was hatte ein kleiner Floh aus einem Vorort von Hamburg schon zu bieten? Nichts! Trotzdem wagte er es sie anzusprechen: „Ähm.....Tja.....Also.....“ ,räusperte er sich mit vorgespielter tiefer und dunkler Stimme. „Ich bin hier das stärkste Tier und...........“ „Ich mag überhaupt keine Aufschneider und Protzer und außerdem gebe ich mich nicht mit den Unterarten der Insektenvielfalt ab.“ ,sagte sie nur und drehte sich weg. Unterarten? Willy hörte zum ersten mal, das es Unterarten gab, die von anderen gemieden wurden. Betrübt und traurig ging er seiner Wege und entfernte sich vom Lager. Ein schmerzvoller Gang. Kleine Steinchen entpuppten sich als Felsbrocken. Winzige Äste, als unüberwindbare Barriere. Selbst der Wind verschwor sich gegen ihn und versuchte immer wieder ihn von seinem Pfad abzubringen. Doch er blieb standhaft. Aber wie lange noch? Sein neues Leben hatte er sich anders vorgestellt. Freundlicher. Nach einem langen Marsch entdeckte er eine sonnendurchflutete Lichtung. An einem Bach saß eine Libelle. Ihre Flügel schimmerten, wie tausend Regenbogen in der Helligkeit des Tages und ihre Augen glitzerten und brachen sich im, sich kräuselnden, Wasser. Sie wusch ihre Beine und bemerkte ihn nicht. Er verbarg sich unter einem Blatt und überlegte was er tun könnte, um nicht entdeckt zu werden. Eine komische Situation, aber irgendwie auch....so....mmhh....und....ohhhhh..... und....ahhhhhhhhh. Aus einem Impuls heraus, der irgendwie dem Wahnsinn entsprang, hechtete er aus seinem Versteck und schrie, wie ein verhinderter Robin Hood in Feinstrumpfhosen: „Tach auch. Ich bin es der Verfechter der Genervten.“ Vor Schreck rutschte die zarte, beflügelte Libelle von ihrem Stein und fiel ins Wasser. Willy sprang sofort hinterher und rette sie vor dem sicheren Ertrinken. Oh ja. Er war schon ein Held unser Willy. Er verstand etwas von einem Auftritt und davon sich komplett in die Nesseln zu setzen. „Was fällt dir ein mich so zu erschrecken!“ ,prustete sie völlig außer Atem. Sofort sah er seinen Fehler ein und entschuldigte sich tausendfach und versuchte sie mit einem alten Blatt trocken zu rubbeln. Doch sie stieß ihn einfach weg. „Doch nicht damit. Ich werde ja ganz dreckig!!!“ ,schrie sie ihn erbost an. Nachdem Willy also erkannte, dass er nicht nur ein Angeber, sondern auch der größte Trottel unter allen Insekten auf der Wiese, nein des gesamten Landes war, ließ er von ihr ab, drehte sich um und ging weg. Auf seinem einsamen, hoffnungslosen Weg kreuzte ein Tausendfüßler, schnellen Schrittes, seinen armseligen, verbitterten Weg. „Pass doch auf wo du hinläufst!“ ,maulte er den bekümmerten Floh an. „Tschuldigung.“ ,flüsterte er so leise, das ihn nur der Wind verstand. Der Tausendfüßler blieb stehen, schaute ihm in seine Tränen benetzten Augen und sagte: „Komm setz dich. Mein Name ist Pater Degenhard. Was bedrückt dich?“ Der kleine Floh brachte kein Wort heraus. Es befand sich einfach viel zu viel Spucke in seinem Mund. „When you down and troubled and you need some Lovin care and nothin, oh nothing is going right. Close your eyes and think of and soon I`ll will be there.“ ,sang Pater Degenhard. Da musste er richtig doll weinen. Dicke Krokodilstränen kullerten auf den sandigen Boden und versickerten dort. Auf dieser Welt gab es keinen traurigeren Floh als ihn. Er hatte alles falsch gemacht: Seine Freundin verlassen. Einer fixen Idee nachgejagt. Seine große Liebe gesehen und verloren und fast eine Libelle im Bach ertränkt. Er verdiente es, das sich niemand um mich kümmerte. Pater Degenhard wusste was er zu tun hatte. Manchmal halfen keine Worte und so drückte er ihn mit 50 seiner tausend Beine fest an sich und behütete ihn. Langsam beruhigte er sich und Willy konnte ihm seine ganze traurige Geschichte erzählen. Pater Degenhard hörte ihm einfach zu. Er beurteilte nichts und er sagte nichts und das tat gut. Nach einer langen, langen Zeit fragte er ganz sanft: „Ich muss zu einem meiner anderen Schäfchen, ist es okay wenn ich dich zu Sarah bringe und später noch mal bei dir vorbei schaue?“ „Ja.“ ,sagte er. „Ist es auch ein Floh?“ „Nein.“ ,lachte er. „Ein Schaf. Harald. Hat gerade seine Frau verloren. Sie ist wieder zu ihre Mutter in den Nachbarstall gezogen.“ „Harald? Das Schlafschaf? Vielleicht kann die Frederike helfen, die kennt sich gut mit Säugetieren aus.“ „Das ist ein guter Tipp, mein lieber Freund.“ ,sagte Pater Degenhard und brachte ihn zurück. Beim Zirkus waren alle außer Rand und Band, wegen seines Fehlens und alle, bis auf Bruno, freuten sich über seine Wiederkehr. Das gemeinsame Essen erinnerte ihn an die Zeit mit seiner Familie und wie schön es war mit anderen das Essen, das Leben und die Freude zu teilen. Das war lange her und er wurde ein bisschen wehmütig. Sarah meinte, um ihn ein wenig aufzumuntern, das er der netteste Floh wäre den sie jemals auf ihren Touren kennengelernt hatte. Gilla Hayworth, die Gottesanbeterin, sagte, das dies auch nicht schwierig sei, da er der erste Floh in ihrem Leben sei und obendrein ein schmutziger und besonders hässlicher. Nachdem Willy das hörte, wurde ihm klar, wie sehr er sich in Gilla getäuscht hatte. Sie war ein Ich bezogenes, selbstsüchtiges, egoistisches Insekt, das nur ein einziges Tier in ihr Herz ließ. Sich selbst. Francine, die Libelle mit den regenbogenfarbenen Flügeln rückte ganz nah an Willy heran und raunte ihm zu, das es ihr leid täte, wie sie ihn behandelt hätte und ob er ihr Freund sein wolle. Ja. er wollte, denn echte Freunde waren schwer zu finden und er war dankbar für jeden, den er bekam. Doch gleichzeitig dachte er auch, das Francine eine wirklich süße Schnecke sei und musste über sich selbst lachen, weil das ja sogar nicht passte. Also das mit der Schnecke. Pater Degenhard der von seiner Mission zurückgekehrt war, hatte allerbeste Laune und stimmte ein altes Spirituell an: „I`m gonna lay down my burden. Down by the riverside. Down by the riverside. Down by the riverside. I`m gonna lay down my burden . Down by the riverside. Down by the riverside.“ Sie lachten und sangen. Tanzten und tranken Morgentau aus Schneeglöckchen Kelchen. Und so wurde aus einem aufregenden, verliebten, traurigen und selbstzerstörerischen Tag der Beste seines Lebens. Willy schlief selig und zufrieden unter der Decke des Himmelszeltes ein und träumte von einem Riesen der mit einer Elfe auf einem Einhorn ritt, um den Sternenglanz zu fangen. Mit leichtem Herzen erwachte er am nächsten Morgen. Bruno saß neben ihm auf einem Stein und schien ungeduldig auf etwas zu warten, denn er trommelte nervös mit seinem fünften Bein auf einem Holzstück: „Das wird auch Zeit, das aufwachst, wir haben viel vor.“ ,bölkte er. „Ähhh.......was......?“ ,brachte Willy schlaftrunken heraus. „Zu tief in den Kelch geschaut, was?“ ,fragte er gereizt. „Nein gar nicht.“ ,brachte er entschuldigend hervor. „Auf! Auf! Wir müssen los!“ ,befahl Bruno schroff.“ Willy missfiel die Art und Weise, wie er mit ihm redete und er war kurz davor ihm ordentlich die Meinung zu sagen. Was bewog diesen ungehobelten Kerl sich so zu verhalten? Warum war er so gemein zu dem armen Floh? Sie gingen einen steinigen Weg entlang und stoppten am gleichen Bach, an dem Willy Tags zuvor Francine gesehen hatte. „Ich bin schon sehr lange in dieser Truppe und ich werde von allen geachtet.“ ,begann Bruno. „Ich habe nicht alles aufgegeben, um mir von einem unwissenden Floh alles kaputtmachen zu lassen.“ ,schrie er ihn ungehalten an. „Aber ich will doch gar nicht.....“ ,gab Willy kleinlaut von sich. „Ja. Das sagen Typen wie du immer. Typen, denen alles zufällt. Typen, die nie einsam waren. Die immer Freunde hatten. Die, mit dem goldenen Löffel im Mund.“ Brunos laute, bestimmende Stimme hallte von den Bergen wieder. „Aber ich habe wirklich keine Löffel.“ ,meinte Willy. „Herrgott.“ „Ich will lernen, wie man ein Artist wird.“ Bruno wandte sich ab, setzte sich an den Bach und ließ ein paar seiner Beine in das Wasser baumeln. Zögernd ging Willy zu ihm hinüber. „Also ich.......Es tut mir leid, wenn ich dich.............Also du weißt schon.........“ ,brachte er hervor. „Mmmmhhhbbbbbbrrrrr.“ ,grummelte Bruno. „Wie bist du denn so stark geworden?“ ,fragte er so unschuldig wie möglich. „Jeden Tag üben.“ ,maulte er. „Ja, aber wie denn?“ Bruno stand auf, betastete Willy`s Muskeln, verdrehte die Augen und seufzte mitleidig. Dann nahm er einen Stein und warf ihn im weiten Bogen ins Wasser. Beide sahen den kreisförmigen Wellen, die dadurch entstanden aufmerksam zu. „Das Leben ist wie ein Stein der ins Wasser geworfen wird. Mit jedem unserer Taten ziehen wir Kreise und berühren einen anderen damit“ ,sagte Willy vor sich hin. Da hatte er etwas ganz Schlaues gesagt, aber Bruno hörte überhaupt nicht zu. „Das wird nichts.“ ,sagte er und schüttelte den Kopf. „Heute Abend haben wir Vorstellung schaue sie dir an und dann wirst du sehen was ich meine.“ Schweigend kehrten sie ins Lager zurück. Dort herrschte schon große Geschäftigkeit. Jeder hatte seine Aufgabe. Francine fegte den Platz, damit die Bänke für das Publikum gesetzt werden konnten. Sarah baute einen Manegen Kreis aus passenden Ästen und legte ihn mit besonders frischen Grashalmen aus. Gilla wies den Glühwürmchen ihre Plätze zu, damit sie zur rechten Zeit am richtigen Ort leuchten konnten. Pater Degenhard, der nicht nur Geistlicher, sondern auch der örtliche Heimatsänger war, übte ein paar Seemannslieder ein, falls auch Insekten vom nahe gelegenen See kommen wollten. Man wusste ja nie. „Somewhere beyond the sea. Somewhere waitin for me. My lover stands on golden sands. And watching the ships that go sailing.“ Unser Pater hatte wirklich ein Händchen für gute Songs. Sarah meinte, das sie früher auch Seepferdchen im Programm hatten. Die wären aber so zickig gewesen und hätten bei den kleinsten Problemen mit der Gewerkschaft gedroht, das sie sich nach 2 Tagen und 24 Stunden wieder trennten. Sie führte nun eine große Dressur mit Hummeln. „Hummeln?“ ,fragte Willy verwundert. „Ich habe keine gesehen.“ „Alberta und Gisela hatten noch in Kerbholz City zu tun. Persönliche Angelegenheiten. Rechtsstreit mit einem Bienenvolk.“ Er lachte, aber Sarah blieb ernst, da merkte er das es kein Witz war. „Ja, so ein Rechtsstreit kann schon nervig sein.“ ,meinte er nachsinnend. Da lachte Sarah. „War nur ein Scherz. Sie sind in der Kneipe versackt. Zuviel gärender Nektar.“ ,grinste sie. Diese Grillen besaßen einen Witz, den wohl nur Grillen verstanden. Die Ränge füllten sich. Francine ging herum und reichte Maiskörnchen, knackfrisch geröstet. Direkt aus der Pfanne. Mann, war die glücklich. So musste es sein, wenn man von den anderen akzeptiert wurde und seinen Job liebte. Das wollte er auch. Bruno tippte ihm auf die Schulter. „Mach mal den Dreck da weg, Junge.“ ,sagte er leise zu ihm. Willy fand diese Art total bescheuert, machte es aber trotzdem. Doch er merkte, wie die Wut langsam in ihm hoch kroch und je mehr er darüber nachdachte, desto grimmiger wurde er. Das funktionierte so nicht, also stapfte er auf vier Beinen zu ihm hinüber, wirbelte reichlich Staub dabei auf und tippte ihm auf die Schulter. „Das geht so nicht Bruno. Ich bin nicht dein Fußabtreter. Ich habe auch Gefühle und ich lasse es nicht zu, das du darauf herumtrampelst.“ Bruno wurde knallrot unter seinem Panzer, brachte es aber nicht über sich eine Entschuldigung auszusprechen. Im Gegenteil. Er tat so, als hätte man ihm eine furchtbare Beleidigung an das Nashorn geworfen und stapfte einfach davon. Dann gingen die Lichter aus und gleich darauf das Spotlight an. Sarah trug eine rote Uniform Jacke mit ganz vielen goldenen Knöpfen und eine weiße Hose. Sie hielt die Eröffnungsrede: „Hallo Freunde. Mitglieder des Spar- und Rudervereins. Heute Abend werden viele berühmte Artisten und Clowns für eure Unterhaltung sorgen. Wir sind der Lichtblick in einer manchmal dunklen und kalten Welt. Wir senden euch unsere Liebe und zaubern euch ein Lächeln auf eure Gesichter.“ Das Publikum hatte sich zahl- und artenreich versammelt. Sogar die Hundeschnauze von Frederike schob sich vorsichtig zwischen die Stuhlreihen. Harald tätschelte liebevoll ihren Rücken und brummte ein zufriedenes, leises Brummen. Und endlich ging es los. Gisela und Alberta flogen herein und landeten in der Mitte der Manege. „Wir haben unseren guten Freund aus Kerbholz City mitgebracht. Aufgrund seiner ruhigen Art hat er eine Woche gebraucht.“ ,erklärte Gisela. Der Vorhang öffnete sich und eine Schnecke mit Zylinder und einem schwarzen Gehstock mit Silberknauf bahnte sich langsam ihren Weg. Gelächter rollte über den Platz. „Darf ich mich vorstellen: Dr. Eisenbarth, Facettenaugenüberprüfer, Panzergeraderichter und Fühler Reparierer.“ ,sagte eine, völlig außer Atem geratene, Garten-Bänderschnecke. Nach einer weiteren Lachsalve stolperte Alberta hinkend herein und summte kläglich rockend vor sich hin: „Doctor, Doctor gimme the News. I got a bad case of lovin you. No pill gonna cue my ill. I got a bad case of Lovin you.“ „Schnell Dr. Eisenbarth kommen sie.“ ,trieb Gisela, das, wie eine alte Dampflokomotive freundliche, keuchende Kriechtier an. „Unsere Alberta braucht ihre Hilfe.“ Und nach einer kleinen Pause fuhr sie, sich an das Publikum wendend, fort: „Nun meine lieben 6 Füsser, bei dem Tempo sollten wir vielleicht erst mal einen Kelch Nektar reichen.“ „Ja. Nektar. Nektar.“ ,schrien und johlten die Schaulustigen vor Vergnügen. Alberta flog herbei und band ihrer Schwester einen grauen Bart um den Rüssel und stülpte einen alten zerknautschten Hut auf den Kopf. Darüber hielt sie ein Schild : 20 Jahre später! Tosender, nicht endender Beifall, begleitete den Abgang der drei Künstler. Als nächstes trat die große Magierin Gilla Hayworth mit dem stärksten Nashornkäfer der Welt auf. Sie machte natürlich gleich klar das ihre Show sogar am Bolschoi Theater in Moskau gezeigt wurde und somit die Beste des heutigen Abends war. Die Glühwürmchen wurden mit durchscheinenden Rosenblättern abgedeckt, um eine geheimnisvolle Stimmung zu erzeugen. Künstlicher Rauch zog durch die Gänge und weit entfernt hörte man die singende Säge von Pater Degenhard. Gilla hob ihre langen Fangarme und Bruno wurde, mit unzerstörbaren Hanffasern gefesselt, auf einem neongelben Karren hereingezogen. Gilla schloss die Augen und sang: „That old black magic has me in it`s spell. That old black magic that you weave so well. Those icy fingers up and down my spine. The same old witchcraft, when your eyes meet mine.“ Es war mucksmäuschen still. Alle hielten den Atem an. Man hätte eine Raupe fallen hören können. Gisela und Alberta flogen, mit Dr. Eisenbarth im Schlepptau heran. Er horchte Bruno ab und klopfte theatralisch auf seinen schwarzen Panzer. „Dem Medium geht es gut.“ ,verkündete er dem staunenden Publikum. Nun kam Willy`s Auftritt. Er zog einen weiteren Karren, mit einem Glas Wasser, herein. Gisela und Alberta hoben den fest verschnürten Bruno an und schwebten über dem Wasser. Dann hob Gilla ihre Arme und als sie diese abrupt fallen ließ, fiel auch Bruno. Ein Schrei ging durch die Menge. Würde Bruno es rechtzeitig schaffen sich zu befreien? Könnte er das unzerstörbare Seil zerreißen und so als strahlender Held herauskriechen? Bruno wand und streckte sich, zog und riss, aber er blieb gefesselt. Dann, nach bangen Minuten, bewegte er sich nicht mehr. Willy bekam es mit der Angst, denn er erkannte, das bei diesem gefährlichen Trick etwas fürchterlich daneben ging. Da sprang er auf und mit einem Satz landete neben dem leblosen Nashornkäfer im Wasser und zerriss das Seil. Dann zog er den bewegungslosen Körper heraus. Dr. Eisenbarth machte sofort eine Mund zu Rüssel Beatmung und brachte Bruno zurück ins Leben. Die Menge tobte vor Begeisterung. Noch nie, nie, nie hatten sie solch eine spannende Show gesehen. Niemand ahnte, das es keine Vorstellung, sondern ein wirkliches Erlebnis war und Bruno dem Tod nur knapp von der Schippe gesprungen war. Nach der Vorstellung, als alle am Lagerfeuer saßen und Francine ihre Arme um Willy legte, kam Bruno auf ihn zu, reichte ihm sein 1. Bein und sang: „You`ve got a friend in me. You` ve got a friend in me. When the road looks rough ahead. And you´ re miles and miles from your nice warm bed. You must remember what your old pal said. Yeah, you` ve got a friend in me. Baby, you` ve got a friend in me.“ Bruno versprach auf ihn zu achten und würde er jemals seine Hilfe brauchen, wäre er zur Stelle. Am nächsten Morgen entspannten alle in der wärmenden Sonne. Harald döste neben Frederike. Sarah zupfte, gedankenverloren auf ihrer Mandoline. Bruno geigte Gilla ordentlich die Meinung. Francine und Willy, der stärkste Floh der Welt, füsselten unter dem Tisch miteinander und sprachen über Insektopia. Niemand,von den Anwesenden hatte es je gesehen, aber alle kannten die Geschichten darüber und jeder hate eine eigene. Da wurde von fliegenden Fischen berichtet. Oder Maulwürfen mit Schnäbeln. Oh, wie fantastisch musste es sein dort zu leben. In der Ferne hörten sie plötzlich ein lautes Rumpeln, von einem Etwas das eine lange, lange Zeit geschlafen hatte und nun durch die Fröhlichkeit der Anderen geweckt wurde. Dieses dumpfe, gefährliche Grollen wurde von einer Stimme begleitet: „Oh, the shark has pretty teeth dear. And it shows them pearly white. Just a Jack knife has Mc Heath, Babe. And it keeps it out of sight.“ Und mit diesem Gesang rollte das nächste Abenteuer auf sie zu. Aber das ist eine andere Geschichte. April 2020 von Axel Bruss
  23. Die wahre Geschichte der Bounty Erzählt von dem Leichtmatrosen David Leitch. Meine sehr verehrten Damen und Herren, nun da ich im hohen Alter von 86 Jahren im Haslar Hospital, Portsmouth liege und einen großartigen Blick auf Spithead habe, will ich ihnen von meiner Fahrt auf dem britischen Dreimaster, der Bounty, erzählen. Diese Fahrt erwies sich als äußerst schwierig und gefahrvoll. Ich werde, von den tatsächlichen Begebenheiten dieser Irrfahrt und der Meuterei berichten, in dessen Verlauf einige unglaubliche Dinge geschahen, die bislang nicht zur Sprache kamen. All die langen Jahre habe ich geschwiegen, um niemanden in Verruf zubringen, doch jetzt, da ich wohl nun bald diese Welt verlasse, will ich mein Herz erleichtern und die Wahrheit über unseren Kapitän, den ehrenwerten Mr. Bligh, seinem Steuermann John Fryer und seinem Master Mate Fletcher Christian niederschreiben. 1787, ich war gerade 15 Jahre alt, heuerte ich auf dem 215 Tonnen Schiff an. Ich war jung, ehrgeizig und voller Tatendrang. In meinem Kopf stapelten sich die Geschichten über Stürme und Kap Horn. Wilde Gerüchte von zerberstenden Schiffen und verzweifelten Mannschaften machten die Runde in den Seemannskneipen. Da gab es Erzählungen über Seejungfrauen, die leichtgläubige Matrosen mit süßem Gesang lockten und ins nasse Grab entführten. Poseidon selbst soll so manchem Schiff seinen Dreizack in den Rumpf gejagt und es so in die Tiefe hinabgezogen haben. Fliegende Fische sausten in meinen Träumen durch die Luft und Delphine begleiteten mich auf dem Weg zu den sonnigen Stränden Tahitis. In meinen Gedanken nahm mich Cook, zu seinen Entdeckungsfahrten mit und ich ritt auf einem Wal durch die Meerenge Gibraltars. Dies alles und noch tausendmal mehr Gefahren überstand ich in meinen Gedanken. Doch hätte ich geahnt, was es wirklich bedeutete auf einem Schiff seinen Dienst zu verrichten, so würde ich es mir wohl dreimal überlegt haben, es tatsächlich zu tun. Der Grund für meine Entscheidung, unbedingt auf der Bounty zu fahren lag darin, das ihr Kapitän, Mr. Bligh, bereits als Steuermann bei Cook gedient hatte. Cook wurde, seit ich in meinen Kindertagen das erste mal von ihm las, ein Held für mich. Ihm nachzueifern erschien mir als hehres Ziel. Erstrebenswerter, als alles andere. Ich verschlang sämtliche Bücher, derer ich habhaft werden konnte, um ihm noch näher zu kommen. Sah mich selbst neben ihm auf der Endeavour segeln und gab ihm Ratschläge, wie der Skorbut der Mannschaft zu heilen war und erforschte mit ihm Australien und die dort lebenden großen „Hasen“, die die Eingeborenen Kängurus nannten. Wir fanden heraus, das es das angebliche Südland, das als Gegengewicht zu den Landmassen der Nordhalbkugel existieren sollte, nicht gab. Warum wurde ich nur so von unserem Herrgott bestraft und zu spät in diese bestaunenswerte Welt entlassen? Doch ich fand einen Weg aus dieser Pein, als ich eines Tages die Bounty vertäut im Hafen liegen sah. In meinem Körper und in meinem Geist empfand ich sofort diese tiefe Verbundenheit. Sie war mein Schicksal. Das spürte ich in jeder Sehne meines Körpers. Die Segel blähten sich, in jenem Moment auf, da ich die Pier betrat. l Es war an einem regnerischen Tag. Früh am Morgen. Gerade krähte der Hahn auf dem Misthaufen, den alle nur Sir George nannten, in der Nähe der Schenke Old Harper. Eine Kaschemme die einem zwielichtigen Typen namens Williams gehörte. Sein fetter Bauch bahnte sich jeden Abend einen Weg durch die angeschickerten und betrunkenen Gäste. Seine Huren hatten zu spuren. Taten sie es nicht, mussten sie niedere Dienste, wie Boden schrubben oder Spucknäpfe säubern, verrichten. Sein abstoßendes und ekelhaftes Naturell half ihm dabei diese armen Mädchen auszunutzen und sich an ihnen zu bereichern. Er wurde von allen aus reinster Seele gehasst und in den bodenlosen Höllenschlund des tiefsten Meeres gewünscht. Da er nebenbei eine kleine Schlachterei besaß, trug er immer eine braune Lederschürze, die über und über mit Blut besudelt war. Bei Streitigkeiten gab er keinen Pardon und erwartete auch keinen. Bei solch einem Disput verlor er sein rechtes Auge. Seitdem trug er eine schwarze Klappe. Das machte ihn sehr stolz, denn nun konnte jeder sehen, was für ein gemeiner Hund er war. Die einzige Nachlässigkeit, die er sich gönnte, war ich. An mir hatte er einen Narren gefressen. Konnte ich meine Zeche nicht zahlen, stundete er sie mir und ich beglich sie, wenn ich wieder zu Geld gekommen war. Einmal sagte der Leierkasten Mann etwas abfälliges über mich und am nächsten Tag schwamm sein kleines Äffchen tot im versifften Abwasserkanal, das Bäuchlein aufgeschlitzt und die Gedärme zu einer englischen Krawatte gebunden. Ja. Die Zeiten schlichen sich grausam und würdelos an einen jungen Mann, wie mich, heran. Da stand ich also und hatte, trotz der widrigen Umstände, nur meine romantische Vorstellung über die Seglerei im Kopf. Mein Porzellanpfeifchen stopfte ich mit dem Rest des feinsten Virginia Tabaks. Ich besaß nur noch das, was ich am Leibe trug. Und so betrat ich den schmalen Steg und ging hinauf um mich beim Quartiermeister einzuschreiben. Das Abenteuer begann. Die Bounty war 39 Meter lang und 7 Meter breit. Als früheres Kohlenschiff besaß sie genug Laderaum, um ihre Aufgabe zu erfüllen. Sie sollte nach Tahiti segeln, um dort Brotbaumpflanzen zu erwerben, die für die Ernährung der nordamerikanischen Sklaven gedacht war. Ihre 40 Mann starke Besatzung bestand hauptsächlich aus Halsabschneidern und zwielichtigen Gesellen. Alkoholikern die in der Nacht zuvor schanghait wurden und nun ihren Rausch ausschliefen und einigen tüchtigen Seeleuten, die, wie es in unserer Welt nun mal ist, die Hauptlast der seemännischen Arbeit trugen. Durch diese Überbelegung kam es später immer wieder zu Reibereien und Auseinandersetzungen die durch eine gezieltere Auswahl hätte vermieden werden können. Meine Kameraden fühlten sich, wie Barsche in einem viel zu engen Becken und benahmen sich auch so. Zusätzlich wurde ein halbblinder, irischer Geigenspieler zur Belustigung der Mannschaft angeheuert. Sein Name war Michael Bym. Der lange, dünne Körper und seine knochigen Finger ließen ihn übergroß erscheinen. Die grauen, fusseligen Haare hingen ihm über das Gesicht und kräuselten sich an der Schulter zu kleinen, feinen Löckchen. Dieser zahnloser Mund schien immer zu lachen. Sein heiteres Geigenspiel belustigte die Mannschaft und verschaffte ihm viele Anhänger. Die skurrilen Geschichten über sein Leben und das hässliche England stachelten meine Fantasie noch mehr an. So erzählte er von Leichenräubern die für ein paar Pfund jeden gewünschten Körper besorgten. Besonders an den medizinischen Fakultäten wurde das für diese dunklen Machenschaften ein lukratives Geschäft. Ein gewisser Dr. Caligari hatte sich zu einem ihrer besten Kunden entwickelt. Erst als sie damit begannen noch lebende Personen dem Tode zuzuführen und kleine Kinder ermordeten, verfolgten sie diese schändlichen Taten erbarmungslos. Damit taten sie recht, denn es war eine Sünde zu Menschen umzubringen. Die Universitäten brauchten allerdings weiterhin Körper, um Studien durchzuführen und Operationen mit mehr Erfolg zu Ende bringen zu können. Michael Bym kannte auch zahlreiche schlüpfrige Witze, die mich erröten ließen, da sich meine Erfahrungen auf das Beobachten unserer Magd bei der Morgenwäsche beschränkten. Nun, da wir alle versammelt waren, ein Teil immer noch trunken und schwankend, hörten wir die Ansprache unseres Kapitäns. „Männer, wir haben einen weiten Weg vor uns. Ich werde euch Gerechtigkeit und eine harte Hand versprechen, denn nur so ist diese Reise zu bewältigen. Macht eure Arbeit anständig und sorgt für Sauberkeit an Bord. Denn nichts ist mir so widerwärtig, wie Schmutz. Lasst eure Familien, Ehefrauen und Söhne stolz auf euch sein. Ein dreifaches Hipp Hipp Hurra auf unseren König George III.“ Das Hipp Hipp Hurra lief beim Ersten mal ein wenig verhalten. Worauf es sofort ein paar Knuffe und Hiebe gab. Beim Zweiten Mal hörten wir ein feuriges Hochleben und unser Kapitän und seine Offiziere waren höchst erfreut darüber. Wir nahmen allerlei Lebensmittel an Bord. Neben Pökelfleisch und Zwieback auch 12 Fässer mit Sauerkraut. Thomas Huggen, der Schiffsarzt sagte, das sei, damit niemand Skorbut bekäme. Ich glaube sie wollten einfach nur Geld sparen. Thomas Hall, der Koch, ein nervöser, ständig auf seiner Unterlippe kauender, nach Fett riechender Mann, um die 30, erklärte jedem er habe schon mal für den König gekocht. Wir alle glaubten ihm kein Wort. Außer Pym. Denn, denn er sowohl halb blind, als auch schwerhörig. Mr. Hall, war ein Aufschneider erster Güte und vergrätzte alle damit, das er erklärte aus gutem Hause zu sein und ihn nur die Umstände in diese missliche Lage gebracht hätten. Sein Vater, ein Lord, verlor bei einem Kartenspiel mit dem König das Haus und seine Ländereien. Daraufhin zogen alle ins Armenhaus, wo Hall`s Mutter starb und der Vater seine Trunksucht mit Erfolg fortsetzte. Thomas schlug sich allein durchs Leben, lernte kochen und besaß ein bekanntes Wirtshaus in der Beef Street. Ich sah in den Gesichtern meiner Kameraden, das sie langsam genug von diesem Unfug hatten und mürrisch wurden. Doch Thomas Hall schien dies alles nicht zu bemerken und während er sich so richtig warm redete lief ein großer, schwarzer Käfer über seinen Arm unter sein verschmutztes Shirt, woraufhin ihn der erste Maat auf diese Stelle schlug und ihn erledigte. Den Käfer, wohl bemerkt. Sofort erschien ein dicker roter Fleck an dieser Stelle. „Der Mann muss gewaschen werden.“ , stellte Mr. Christian fest. Sie packten ihn, banden ein Seil um seinen Bauch und warfen ihn ins Wasser. Dort wurde er Kiel geholt, bis er fast ertrank. Ich war mir nicht sicher, ob dies zur Moral der Mannschaften beitragen würde, aber Mr. Christian wusste sicher was er tat. Käpt`n Bligh befand sich zu dieser Zeit bereits unter Deck und bekam von all dem nichts mit. David Nelson, der Botaniker, trug seine rotblonden Haare kurz, was zu jener Zeit im höchsten Maße unüblich war. Er sah immer, wie ein kleiner Junge den man zu Unrecht gescholten hatte aus. Aber er besaß bei den Männern, wie wir sagten, ein Stein im Brett und war bei allen beliebt, weil er eine ruhige und nette Art an den Tag legte. So. Im Großen und Ganzen habe ich nun alle wichtigen Personen aufgeführt. l Am 23. Dezember 1787 stachen wir endlich in See. Da es der Tag vor Weihnachten war, schmückten wir die Kapitänskajüte und die Offiziere, der Arzt und der Botaniker feierten bis 2:00 morgens und tranken Portwein. Mr. Huggen, unser Schiffsarzt, fiel sturzbesoffen auf das Vorderdeck und brach sich das Nasenbein. Da ich gerade meine Hundswache, von Mitternacht bis vier Uhr Morgens verrichtete, eilte ich herbei, um ihm zu helfen. „Macht nichts Junge. Ist nicht das Erste mal.“ ,lallte er, laut gröhlend in die Nacht. Und so verlor, bereits am ersten Abend die komplette Mannschaft den Respekt vor Mr. Huggen. Fletcher Christian, unser Steuermannsmaat, brachte ein kleines Fässchen Bier und den Rest vom Weihnachtskuchen zu uns herunter. Wir ließen ihn hochleben. Ich glaube er freute sich sehr darüber, auch wenn er es nicht zeigte. Mr. Christian`s große und gerade Statur und sein aristokratisches Benehmen erzählten uns mehr über seine Herkunft, als Thomas es je in 1000 Worten vermocht hätte. Mr. Christian besaß Augen die blassgrau, wie das Meer vor den Kanaren waren. Der dunkler Teint kontrastierte wunderbar zu seinem tiefen durchdringenden Blick. Die ausdrucksstarke Nase bezeugte Entschlusskraft und Willensstärke. Manchmal reichte eine Geste, um einen Matrosen in die Wanten springen zu lassen. Am 24. Dezember gab uns John Fryer die Anweisung das Deck zu schrubben, was uns alle aufregte, weil schließlich Weihnachten war. Doch Mr. Fryer gab uns zu verstehen, das die Geburt eines Kindes durch eine angebliche Jungfrau, in einem Stall irgendwo in der Walachei kein Grund sei, das Deck nicht sauber zu halten und wenn jemand anderer Meinung sei könne er gern zu ihm kommen, um mit der neunschwänzigen Katze Bekanntschaft zu machen. Ein Grummeln und Murren lief von Mund zu Mund, aber niemand traute sich dagegen anzusprechen. Plötzlich hörte ich ein Summen und Surren. Es kam mir gänzlich unbekannt vor. Solch ein Geräusch hatte ich noch nie vernommen und konnte es somit auch keinem Ereignis zuordnen. Leichter Wind blähte die Segel und ich vernahm, nach dem Summen, ein geheimnisvolles Flüstern. „Hey. Hallo. Du. Ich kenne dich. Bleib nicht auf diesem Schiff. Flieh. Flieh.“ Meine Nackenhaare stellten sich auf und ich schaute mich ängstlich um, bemerkte aber niemanden, außer meinen Kameraden, die nörgelnd und sabbernd vor sich hin nölten. John Adams, ein Vollmatrose, sah mich und sprach mich an: „Na Junge, hast du einen Geist gesehen?“ „Gehört.“ „Das ist Edward.“ ,sprach er in gedämpften Tonfall zu mir. „Edward?“ ,wiederholte ich fragend. „Psst. Nicht so laut. Er könnte dich hören.“ ,maßregelte er mich. Die Angst kroch nun, einer Ratte gleich, in meine Glieder. Adams lachte. „Den grünen Jungs kann man wirklich alles erzählen.“ ,schrie er vor Lachen. Und die ganze Mannschaft und alle Offiziere lachten mit. Ich war aufs äußerste über meine Dummheit beschämt und wandte mich ab, um in der hintersten Ecke des Schiffes die Planken zu schrubben. Kapitän Bligh, der stoisch auf dem Vorderdeck stand, sah zu mir herüber und nickte mir zu. Ich blickte immer wieder verstohlen zu Adams und wünschte ihm die Krätze an den Hals. In der Nachbarschaft gab es damals einen Jungen, der mich immer ärgerte. Ich wusste nicht was ich tun sollte, bis ich in einer Vollmondnacht dreimal seinen Namen sagte, Katzenhaare über einer Kerze verbrannte und ihm einen Beinbruch wünschte. Am nächsten Tag fiel er von der Leiter und brach sich den Hals. Es tat mir leid um ihn, aber ab dieser Zeit wusste ich, das eine große Macht in mir steckte, die ich sparsam und mit Verstand einsetzen wollte. Die Tage liefen dahin und die Männer vergaßen den Vorfall. Doch die Stimme kam nun jede Nacht. Sie flehte und bettelte mich an zu fliehen. Aber wohin? l Nach 23 Tagen umsegelten wir Kap Horn und Stürme aus Eis und Schnee gingen auf die Bounty nieder. Sie zerrten und rissen an den Masten und den Segeln. Regen schlug uns mit solcher Wucht entgegen, das er uns die Haut zerkratze. William Brown, der zweite Gärtner ging, bei dem Versuch, Mr. Christian um trockene Kleidung zu bitten, über Bord. Seine Abwesenheit fiel erst drei Tage später auf, als Adam ihn um ein Stück Kautabak bitten wollte. Das Meer bäumte sich auf und wollte uns verschlingen. Es wurde zu Fäusten und Hämmern, die sich auftürmten und in sich zusammenbrachen. Die mit weißer Gischt wieder auferstanden und erneut auf uns einschlugen. Ich stand an den Hauptmast geklammert und sah einen Moment lang hinaus auf das tosende, todbringende Wasser. Da sah ich sie. Eine Schlange, so groß wie unser Schiff. Mit einem dicken Bauch und glühenden Augen. Sie hielt auf uns zu. Ihr Blick ließ mein Herz zu Eis erstarren. Das riesige Maul entblößte lange, weiße Zähne, die Schwertern glichen. Meinem Mund entfuhr ein Schrei, aber durch das Heulen des Windes der so stark, wie das Brüllen von tausend Stieren war, hörte ich ihn nicht. Das Monster tauchte unter, doch im nächsten Augenblick sprang es, wie ein Wal in die Höhe und erschien als haushohe Wellenwand vor unserem gepeinigten Schiff. Dann verschwand es in den Tiefen des Ozeans. Ich traute mich nicht irgendjemanden davon zu erzählen, weil ich fürchtete das Adams mich wieder vor allen lächerlich machte. Seine irische Abstammung, konnte man schon von weitem erkennen. Der robuste und sehnige Körperbau konnte einiges vertragen und schwere Arbeit machte ihm nichts aus. Er pfiff immer ein lustiges Lied und hatte zu allem und jedem einen Spruch auf den Lippen. Möglicherweise meinte er es gar nicht böse, sondern wollte nur die Lacher auf seiner Seite haben. Aber warum auf meine Kosten? Als wir unter Deck saßen. Durchnässt, wie Beutelratten aus dem Londoner East End, kam Adams zu mir und gab mir die Hälfte seiner Rum Ration. „Hör mal Junge. Nimm`s mir nicht krumm. Es sollte nur ein Spaß unter Kameraden sein.“ Er zwinkerte mir verschwörerisch zu und ging zurück zu seiner Gruppe, um einen Witz zu erzählen, denn alle schon hundertmal gehört hatten. Sie johlten trotzdem Und das nur, weil Adams ihn erzählte. Im Bauch des Schiffes herrschte Enge und wir traten uns gegenseitig auf die Füße. Die feuchte Luft machte das Atmen zur Qual. Allerlei Gerüche von der ekelhaftesten Sorte klammerten sich an jeder Hängematte und dem rohen Mobiliar fest. In den ersten Tagen übergaben sich die zwangsrekrutierten Landratten reihenweise und verwandelten das Mannschaftslogis in eine abscheuliche Kotzgrube. Genau wie an Deck herrschte unten das Gesetz des Stärkeren. Oben in der Pyramide thronte immer ein altgedienter, kräftiger Seemann der festlegte, wie der Hase zu laufen hatte. Dann kamen seine Zuträger, die ihm an den Lippen hingen, dazwischen die Platzhalter. Das waren die, die sich aus allem raus hielten. Und ganz unten vegetierten die Neuen. Im Grunde war es die gleiche Gesellschaftsordnung, die auch in England herrschte, nur ohne den Zuckerüberguß. Auf hoher See kamen alle direkt und ohne Umschweife auf den Punkt. Beim ersten Kennenlernen wurden die Neuen sofort eingeschätzt und beurteilt. Die Schwachen mussten die Drecksarbeit machen und die anderen durften nur mit Erlaubnis reden. Verhielt sich jemand außerhalb der, von seinen Kameraden bestimmten Regeln, wurde er bestraft. l Unser Kapitän verlangte von uns Gehorsam und Pflichterfüllung. Seine einziger Beweggrund dafür war das Schiff und unser aller Leben zu retten. Und nicht, wie später Mr. Christian behauptete aus reiner Boshaft. Kapitän Bligh schickte unseren Fähnrich John Hallet in den Besanmast, weil sich das Segel losgemacht hatte und im Wind flatterte, wodurch das Schiff sich nach Steuerbord neigte. Wir alle erkannten die Angst in seinen Augen. Er war 14 Jahre alt und von seinem Vater in die Obhut von Käpt`n Bligh gegeben wurden, um einen Mann und ein wertvolles Mitglied der Upperclass aus ihm zu machen. Sein Vater, Mr. Hamilton, war, so erzählte man sich hinter vorgehaltener Hand, ein Kriegstreiber und hatte dadurch eine Menge Geld an die Seite geschafft. Der Unabhängigkeitskrieg, welcher 1775 in den amerikanischen Kolonien begang, hatte einige reich gemacht und andere um alles gebracht, was sie besaßen. Manche verloren sogar ihr Leben im Kampf gegen die ruchlosen Rebellen, wie König George III sie immer nannte. Unser geliebtes Oberhaupt, war sicher traurig so viele Untertanen zu verlieren und das Land mit trauernden Witwen zu überschwemmen. 1783, war der Spuk zu Ende und Amerikas Kolonien selbstständig. Adams behauptete George sei wahnsinnig geworden und hätte sich mit einem Baum unterhalten. Das sagte er sicher nur, weil die Iren nicht gut auf den König zu sprechen waren, denn die wollten unabhängig von allem englischen sein. Komisch was man für Gedanken in einer so merkwürdigen Situation, wie dieser, dachte. Eine besonders heftige Welle brachte unser Schiff zum Wanken und während John Hallet in die Wanten stieg, prasselte ein von Norden kommender Eisregen auf ihn hernieder und bedeckte ihn mit weißem Staub, so das er, wie eine mit Puderzucker bestäubte Skulptur aussah. Doch er versuchte sich nichts anmerken zu lassen und schaute mit gespielter Leichtigkeit zu uns herab. Mr. Hallet schaffte es, bis zur Spitze, aber dort umklammerte er den Mast und bewegte sich nun keinen Zentimeter mehr. Unser Kapitän war sehr erbost über diese Unfähigkeit und schrie ihn an weiterzuklettern: „Hopp. Hopp. Junge. Du musst weiter. Wenn du dort bleibst wird dich diese Angst ein Leben lang begleiten. Also........“ Doch nichts geschah. Alle warteten gespannt und neugierig, was als nächstes passieren würde. „Befreie dich von deiner Angst. Du schaffst das. Wir brauchen deine Hilfe. Ich verlasse mich auf dich.“ ,rief Käpt`n Bligh nun viel versöhnlicher. Es sah so aus, als wolle er sich bewegen, doch in diesem Moment schwang sich Fletcher Christian hinauf und holte den armen Fähnrich John Hallet hinunter. Der Kapitän, aber, scholt Mr. Christian, wegen seiner Widersetzung eines direkten Befehls, das Mr. Hallet diese Aufgabe erledigen sollte. Ab diesem Zeitpunkt hassten alle unseren Kapitän. Der stand auch bei wildestem Wetter auf dem Vorderdeck und schonte sich genauso wenig, wie seine Mannschaft. Er wollte unbedingt Kap Horn umrunden, damit er noch rechtzeitig an sein Ziel kommen würde. Doch das Kap und das Wetter hatten sich gegen ihn verschworen und da der Sturm nicht zu bewältigen war, kehrten wir ihm, am 25. Tag, den Rücken und fuhren eine andere Route. Die Tätigkeit an Deck wurde etwas leichter und ich lernte viel durch das Beobachten. Adams zeigte mir einige wichtige Knoten und ich spürte, wie durch die tägliche, schwere Arbeit meine Muskulatur an Stärke und Willen gewann. Endlich konnte ich in meinen kleinen Pausen ein Eckchen suchen und fand Zeit in meinem Buch zu lesen. Robinson Crusoe von Daniel Defoe. Meine Kameraden machten sie über mich lustig. Allen voran William Cole unser Bootsmann, der auch für die Disziplin an Bord zuständig war. Sein langer Bart irritierte mich, da er unter Seeleuten ganz und gar untypisch war. Durch die hagere Statur erschien er uns immer wie ein Vorbote nahenden Unheils. Seine Gesichtshaut hatte eine durchscheinende Beschaffenheit und schien straff über den kahlen Kopf gespannt. Er war wirklich der Schlimmste von allen. Machte alles schlecht, was ihm nicht in den Kram passte und zog über alles und jeden her. Ich überlegte eine ganze Zeit, wie ich dem begegnen sollte. Dann kam ich drauf. „Dieser Robinson Crusoe. Ich weiß nicht. Ich weiß nicht. So viele Schwierigkeiten.“ ,sprach ich so aufs gerade wohl über die Hängematten hinweg. „Wieso?“ fragte Burkett, ein anderer Vollmatrose interessiert. „Naja. Er erlitt Schiffbruch und weiß nicht was er tun soll.“ „Also, ich würde mir erst mal eine Hütte bauen.“ ,erklärte Burkett. „Quatsch. Erstmal was zum Saufen.“ ,brüllte Adams und alle lachten. „Ja. Aber was dann. Er braucht Wasser und Nahrung.“ „Richtig. Erstmal auf die Jagd.“ ,mischte sich Coleman, der Waffenmeister ein. Damit hatte ich sie am Haken. Es wurde durcheinander geredet und gebrüllt. Irgendeiner gab jemanden einen Kinnhaken. Ein Stuhl flog über die Köpfe hinweg in Richtung Treppe. Sie verhielten sich wie trotzige, aufgebrachte Kinder. Es kam zu einer kleinen Schlägerei, bei dem Coleman einen Zahn verlor. Alles lief aus dem Ruder, bis Burkett vorschlug, ich solle vorlesen. Und das tat ich: „Ich bin geboren zu York im Jahre 1632, als Kind angesehener Leute, die ursprünglich nicht aus jener Gegend stammten. Mein Vater, ein Ausländer, aus Bremen gebürtig, hatte sich zuerst in Hull niedergelassen, war dort als Kaufmann zu hübschem Vermögen gekommen und dann, nachdem er sein Geschäft aufgegeben hatte, nach York gezogen. Hier heiratete er meine Mutter, eine geborene Robinson. Nach der geachteten Familie, welcher sie angehörte, wurde ich Robinson Kreuznaer genannt. In England aber ist es Mode, die Worte zu verunstalten, und so heißen wir jetzt Crusoe, nennen und schreiben uns sogar selbst so, und diesen Namen habe auch ich von jeher unter meinen Bekannten geführt.“ ,während ich las, war es so still, das man eine Nadel auf dem Boden fallen hätte hören können. So kam es, das ich jeden Abend ein Stück aus diesem wundervollen Buch vorlas und dadurch Freunde gewann. l Edward, der Klabautermann hatte sich lange nicht gemeldet. Das erschien mir ebenso seltsam, wie seine früheren, ständigen Einflüsterungen. Vielleicht verließ er mich auch, weil das Glück auf die Bounty zurückgekehrte. Wie dem auch sei, seit einigen Tagen durchflutete die Sonne das Meer und unser Deck und die Herzen aller auf dem Schiff lebenden Seelen. Die nächsten Tage waren wieder ausgefüllt mit schwerer Arbeit und doch war ich voller Freude. Lernte noch mehr über das Zusammenleben an Bord und empfand es, als sehr erquicklich weitere Knoten zu binden. Die gute Stimmung auf See, wurde aber immer wieder von den Streitereien zwischen Kapitän Bligh und Fletcher Christian überschattet. Es wurde viel von der schlechten Behandlung durch den Kapitän geredet. Ich hörte ein paar mal das Wort Meuterei, aber mehr so als Ausdruck der Unzufriedenheit. Ich erkannte darin noch nicht den Willen es wirklich durchzuführen. Am nächsten Morgen schrie der Ausguck im Krähennest, das Land in Sicht käme. Wir landeten in Tahiti an und sogleich begab sich unser Botaniker auf die Suche nach den, von König George III, geforderten Brotbäumen. Seine Absicht war es, damit die Sklaven in den Kolonien zu ernähren, da Nordamerika, aufgrund ihrer erfochtenen Selbstständigkeit, nicht mehr als Getreidelieferant zur Verfügung stehen würde. Der Häuptling war sehr höflich und zuvorkommend und seine Gastfreundschaft gegenüber jedermann unübertroffen. Selbst die Frauen zeigten sich von einer offenen und großzügigen Seite, die alle in vollen Zügen genossen. Da wir den richtigen Zeitpunkt, durch das lange Ankämpfen des Sturmes bei Kap Horn verpassten, mussten wir nun 6 Monate warten, bis die Brotbäume bereit zum Transport waren. Das war Großartig. Endlich konnte ich meinem Abenteuerdrang nachgeben und auf Robinsons Spuren eine mir fremde, wunderbare Welt entdecken. All diese Pflanzen und Tiere, die ich noch nie gesehen, noch nie gerochen und noch nie gespürt hatte, bereicherten und durchflossen jeden meiner Sinne aufs Schönste. In einer Vollmondnacht im lauen, warmen Wind zu sitzen und dem Klang des Meeres zuzuhören erfüllte mich mit derart großer Zufriedenheit und Glück, das mir Gott ganz nah war und ich ihn und seine Schöpfung zu verstehen glaubte. Am nächsten Abend schlenderte ich in der Nähe des Urwaldes umher, als rhythmische Trommeln die Luft vibrieren ließen. Also schlich ich mich näher an diesen Ort heran und sah zahlreiche nackte Männer und Frauen bei einem geheimnisvollen Ritual. Ein toter, junger Mann mit einem Dolch aus Holz, tief in seiner Brust, lag erhöht auf einem Scheiterhaufen. Der Wachtmeister, Charles Churchill, ein dicker, wohlbeleibter Mann um die 30, stand an einem Pfahl gebunden, ein paar Meter abseits und grinste. Offenbar betrunken, lallte er irgendetwas von einer Liebsten in Spithead. Ich schlich mich, so weit es ging heran und erblickte seltsame Dinge. Eine Pfeife wurde herumgereicht und nackte Frauen tanzten in einer Reihe nach hypnotischen Trommelschlägen im immer wiederkehrenden Rhythmus. Süßlicher Rauch zog zu mir herüber. Ein alter Mann mit vielen Federn betrat den Platz und begann mit den Füssen aufzustampfen. Wieder und wieder. Seine Augen geschlossen, kehlige Laute von sich gebend, fiel er eine Art Ekstase. Der Körper zuckte und wand sich, einer Schlange gleich, in unkontrollierten Bewegungen. Er steigerte sich immer mehr hinein und näherte sich dem Toten auf dem Scheiterhaufen. Gesänge setzten ein. Der alte Mann blies roten Staub über die Leiche und murmelte Beschwörungsformeln in sein Ohr. Dann wurde es plötzlich still in mir. ER war wieder da. Ich spürte ihn. Er kam ganz nah heran. Einem Rauschen gleich. Oder war es nur der Wind? „Edward?“ ,murmelte ich. „Ja. Ich bin es.“ ,sprach die Stimme. „Warum?“ ,fragte ich ganz langsam mit gehauchten Worten. „Ein Sturm kommt auf und bricht herein. Der Weg ist weit für euch und für andere zerbricht das Stundenglas.“ Dann verließ er mich und der Rausch des Totentanzes erfasste wieder mein Gemüt. Der Verstand floh vor dieser Szene und ich spürte, wie Irrsinn ihren Platz in meinem Kopfe fand. Der Priester ließ nicht nach auf den gemeuchelten Körper einzureden und da..... Die Hand des leblosen Körpers zuckte. Dann der Arm. Die Schulter und schließlich der ganze verdammte Leib. Ein lautes Atmen und Stöhnen ging von Mund zu Mund. Die Tänze der Frauen wurden schneller und intensiver und auch ihre Leiber verkrampften sich in zügellosem Kampf. Der Tote richtete sich auf und stieg herab. Er umrundete, begleitet von lauten Gesängen und tierischem Gebrüll der ganzen Gruppe, 3 mal den Scheiterhaufen. Dann wurde er gepackt und verbrannt!!! Ich war zutiefst geschockt und voller Angst, über das Gesehene. Meine Füße liefen so schnell sie konnten zurück. Wie von Sinnen brach mein Körper aus von diesem dunklen, schwarzen Ort. Äste schlugen mir ins Gesicht und Vögel schrien, meine Verzweiflung begleitend, in diesem Dickicht der Hoffnungslosigkeit. Dann stolperte ich über eine Wurzel und mein Kopf knallte an eine Palme. Das Bewusstsein schwand und rann, wie feiner Sand durch meine Finger. l Die Sonne brannte kleine Löcher in meine Haut und stach in meinen müden Geist. Das Geschehene erschien mir, wie ein böser Traum. Zu schrecklich, um es zu begreifen. Ich lag im kühlen Sand und neben mir spielten Kinder mit einer Krabbe. Die versuchte sich mit ihren Scheren zu wehren, doch die kleinen Hände wichen geschickt aus und taten alles, um das Tier zu unterjochen und gefügig zu machen. Sie schubsten und traktierten diesen Panzer mit Stöcken und mit Tritten. Schließlich rissen sie ihr die Fühler und die Beine ab und warfen sie ins Meer. Das Paradies hatte ich mir immer anders vorgestellt. Ich saß dort stumpf im Sand und stierte vor mich hin. Die Zeit verging, bis am frühen Abend Fletcher Christian kam und sich, mit der wunderschönen Tochter des Häuptlings im Arm, zu mir setzte und herzhaft gähnte. Sie Lächelte, spielte mit seinen Fingern und schien sehr verliebt in ihn zu sein. „Na. Mein junger Freund , wie gefällt es ihnen hier?“ „Ja. Es ist...Aufregend.....Seltsam.“ „Ja. Nicht wahr? Wäre es nicht schön für immer hier zu bleiben? Fernab der Enge und der Gezwungenheit Englands?“ „Oh, ja. Schade das wir einen Auftrag von ihrer Majestät haben.“ Mr. Christian schaute mich verdutzt an. Ich wusste damals diesen Blick in keiner Weise zu deuten. Heute weiß ich, das er herausfinden wollte, ob ich bei einer Meuterei auf seiner Seite wäre. Beide verließen mich und ich legte mich, mit verschränkten Armen unter meinem Kopf, auf den Strand und schlief wieder ein. Beim nächsten Erwachen, war es bereits später Nachmittag und mein Bauch knurrte und jaulte vor Hunger. Im Dorf saßen zahlreiche meiner Kameraden und labten sich an den Köstlichkeiten der Insel. Bananen. Ananas. Kokosnüsse. Inselschönheiten. Die Monate liefen dahin und das schreckliche Erlebnis verblasste immer mehr zu einer weit entfernten Fata Morgana. Wir frönten dem leichten Leben und keiner von uns wollte das es sich änderte, aber am 2. April 1789 wurde der Befehl zur Rückreise gegeben. Alle Männer murrten und wollten nicht zurück. Der Kapitän ließ 1015 Bäume verstauen, die jeden Tag mit Süßwasser bewässert werden mussten, was ein weiterer Grund zum Aufbegehren der Mannschaft war, Nach 2 weiteren Tagen stachen wir in See. Das Wetter war herrlich und ich sah tatsächlich fliegende Fische. Dann hörte ich wieder den Klabautermann Edward und sah eine schemenhafte Erscheinung, die in den Wanten hin und her wogte. Er trug einen langen, schwarzen Bart und seine Augen glühten, wie brennende Kohlestücke. In den Händen hielt er eine schwarze Flagge mit einem Skelett das einen Speer und eine Sanduhr trug. Die Spitze des Speeres deutete auf ein blutendes Herz. Ein breiter Säbel hing an seiner Schärpe und vier Pistolen steckten darin. Zwei an jeder Seite. Nun erkannte ich ihn. Edward Teach, mir wohl bekannt als Blackbeard. Der Mordgeselle und Pirat. Nun trieb er mit mir seinen Schabernack, obwohl längst tot und enthauptet. Der 22. November 1718 war sein Todestag. „Nun mein Freund. Es ist soweit.“ ,rief er zu mir herüber. „Was soll das heißen?“ schrie ich laut zurück. „Sie werden nun den Käpt`n binden und ihn schicken. Es ist an dir, ihn zu begleiten.“ ,sprach er ganz dicht neben mir. Die Sinne schwanden mir, doch die Finger fanden halt an einem Seil. „Du bist nicht da. Edward. Ein Hirngespinst. Lebst nur in meiner Fantasie.“ ,sprach ich ihn an. „Hab keine Angst, der Kapitän wird euch nicht verlassen. Die See ist heute nicht dein Grab.“ Er verschwand mit einem Lachen. Nun gab es einen großen Tumult. Matrosen und Offiziere quollen nach oben an Deck und sprachen laut und schrien durcheinander. Die Meuterer, allen voran Mr. Christian, rissen die Herrschaft an sich. Mr. Bligh und seine Getreuen wurden entwaffnet. Sie bekamen zwei kleine Fässchen Wasser, was einer Menge von 125 Litern entsprach. Etwas Wein und Brot und 75 Kilogramm Zwieback. 10 Kilogramm Dörrfleisch und vier Entermesser wurden ihnen, von einer guten Seele, noch ins Boot geworfen. Wir waren nun 18 Leute die sich auf die 7 Meter lange und 2 Meter breite Barkasse quetschten. Ausgesetzt und dem Tode geweiht. Zum Navigieren standen Kapitän Bligh Kompass, Log, Oktant und seine Taschenuhr zur Verfügung. Der Weg war voller Grauen und Seelenqual. Edward hing die ganze Zeit in meinem Nacken und trieb allerlei Unfug mit mir. Mal kitzelte er die Arme. Dann zwickte er mir ins Ohr. Da ich ihn als meinen Freund empfand, verließ die Angst meinen Körper und ich wurde ruhig. Innen drin. Einige meiner Kameraden jammerten, andere wurden wütend und die nächsten saßen stumm wie Fische auf dem trockenen und erwarteten ihr Schicksal. Ich allerdings war völlig bar jeglicher Sorgen, denn ich wusste, das wir unser Ziel erreichen würden. Der Kapitän rationierte das Essen und achtete streng darauf, das niemand sich daran vergriff. Er behielt auch alle vier Entermesser und sagte, er würde jeden niederstechen, der auch nur zum Wasser hinblinzelte. Jeder Mann bekam nach 28 Tagen nur noch 125 Milliliter Wasser und 60 Gramm Zwieback. Zum Ende hin wurde es nochmal um die Hälfte reduziert. Wir liefen eine der Inseln an, um Wasser und Nahrung aufzunehmen, wurden aber von den Einheimischen angefeindet. Wir mussten fliehen. John Norton unser Rudergänger wurde an diesem 2. Mai 1789 von den Insulanern totgeschlagen. Wir setzten Segel aufs offene Meer. Nach 35 Tagen waren wir alle dem Tode nah und litten furchtbaren Durst. Wir hatten kein Essen mehr und nur sehr wenig Wasser. David Nelson, der Botaniker starb an Entkräftung. Käpt`n Bligh entschied, wenn wir leben wollten mussten wir das folgende, als Geheimnis mit ins Grab nehmen. Er schnitt, dem armen, toten Nelson den Arm ab, hieb ihn mit dem Entermesser in 17 kleine Stücke und gab jedem seinen Anteil. „Esst. Niemand soll sagen können, er hätte nicht daran teilgenommen.“ ,flüsterte er mit rauer Stimme. Und so rettete Mr. Nelson und der ehrenwerte Kapitän Bligh unser aller Leben. In einer seemänischen Meisterleistung navigierte er uns in 48 Tagen auf einer Strecke von 5800 Kilometern bis zur niederländischen Faktorei in Kupang. l Ein Jahr und 6 Monate später landete eine, von der Admiralität befohlene Strafexpedition, mit der Fregatte Pandora auf Tahiti und nahm 14 Seeleute fest. Neun waren bereits vor einem Jahr geflohen und versteckten sich auf einer der vielen Inseln. Fletcher Christian wurde von John Adams 1793, wegen eines verlorengegangen Ringes, erschlagen. Edward Teach, der Pirat, Klabautermann und Freund, sprach kurz vor unserer Landung ein letztes Mal mit mir: „Land. Nach endloser Zeit. Endlich..........Land.“ Dezember 2019 – Juni 2020 von Axel Bruss
  24. Axel

    THE HOLY GROUND

    THE HOLY GROUND Es ist ein schöner Morgen. Die Sonne wärmt das Land. Nebel liegt, wie ein sauberes, leichtes Tuch über den Wegen. Die ersten Vögel singen und machen mich froh. Le Roux, der Waldsänger, mit seinem grauen Federkleid, erfreut mich jeden Tag durch seinem Gesang. Die kleinen, gespendeten Brotkrumen pickt er zügig aus meiner Hand, um dann sein Tagewerk fortzusetzen. Mit leichtem Herzen wandere ich weiter. Die Bäume rechts und links an meiner Seite sind groß und stark. Mein wacher Geist ist konzentriert auf das, was um mich herum passiert. Bojangels, ein junger Dachs, durchstreift raschelnd den Wald. Mit seiner empfindlichen Nase findet er Insekten und kleine Nager, die er schmatzend vertilgt. Er ist furchtlos und kümmert sich nicht, um das Weh und Ach der Anderen. Ist sein Bauch voll, hat alles seine Richtigkeit. Ich liebe auch die kleinen Tiere. Gerade sie, halten sie Welt am Laufen. Sara, die nette Spinne, die ihr Netz zwischen zwei Ästen gesponnen hat, schaut mich verwundert mit ihren riesigen Augen an. Leichter Wind bringt ihr Geflecht zum Vibrieren und der stetige Lufthauch kühlt, während er über unsere Erde flieht, auch meine Haut. Wenn alles noch schläft und der Tag beginnt, sind meine Gedanken jung. Wie die Küken im Nest. Dann ist alles gut. Dann ist alles schön. Dieser Moment ist mir der Liebste. q Ich heiße Jimmy. Eigentlich James, aber alle rufen mich Jimmy und ich bin 13 Jahre alt. Meine Mama heißt Betty und sie kommt aus Afrika. Wir leben auf einer Plantage mit riesigen Baumwollfeldern. Wir sind Pflücker. Cotton Picker. In der Erntezeit arbeiten wir uns die Finger blutig, damit unser Master zufrieden ist. Die Arbeit ist anstrengend. Sobald der Tag beginnt, stehen alle auf den Feldern und machen ihren Rücken krumm, denn die Sträucher, von denen wir die Wolle pflücken, sind niedrig und dornig. Wenn wir uns stechen und die weißen Knäuel rot färben, setzt es Schläge. Die Mittagssonne ist gemein. Sie zwickt und brennt auf unserer Haut. Sie trocknet aus und macht die Körper nass. Unerbittlich präsentiert sie sich den Dingen, die nicht fliehen können. Jenen, die an einem Ort verbleiben müssen. Die durstig sind. Doch wie viel sie auch trinken, den Brand nicht löschen können. Wolkenlos und blau ist der Himmel über uns. Mein Blick geht oft nach oben. Dann blinzle ich in das Licht und wünsche mich hinein in einen Vogel. Schwerelos und Gott ganz nah. Mama erzählt mir oft von Gott und einem heiligen Ort, den alle nur THE HOLY GROUND nennen. Ich möchte Gott kennen lernen und ihn fragen, ob alle Menschen fröhlich sein dürfen? Und warum manche prügeln und andere es erleiden müssen? Mama sagt, das Gott keine Zeit für solche Dinge hat, weil er sich um so viele Menschen kümmern muss. Ob, wir denn keine Menschen sind? ,frage ich. Sie zieht mich an den Ohren und lacht. Dann nimmt sie mich in den Arm und beginnt zu schluchzen. Ich fühle mich sehr schlecht dabei, weil ich sie traurig mache und nehme mir vor, keine dummen Fragen mehr zu stellen. Am Abend singen wir Lieder, und tun so, als wäre alles in Ordnung. Wir reden nicht von der Mühsal und der Arbeit. Wir sitzen einfach zusammen und wollen den Tag vergessen. Der Mond ist hell und die Sterne sind auf unserer Seite. Sie sind weit weg und schauen auf uns herab. Ich stelle mir vor, das sie unsere Freunde sind. Das sie zur Familie gehören. Das ist schön und ich spiele einen glücklichen Sohn, der in einem großen Haus lebt und jede Nacht satt und zufrieden einschläft und vom frischen, warmen Apfelkuchen träumt. Doch, das wird auch diese Nacht nicht geschehen. Geister werden mich erwarten und zu sich in das Erdloch ziehen, um mich zu brandmarken. Die Welt ist voller Liebe und schöner Bilder, lügt Mama leise, wenn ich schweißnass und voller Angst in ihrem Arm erwache. Ihre Worte beruhigen mich, aber ich denke an die Bücher, die in meinem Versteck auf mich warten. Durch unseren alten Haussklaven, Washington, habe ich lesen und schreiben gelernt. Das ist eigentlich verboten, deshalb darf es keiner wissen, nicht mal meine Mama. Washington sagt, wenn der Master es erfährt, wird er totgeschlagen und ich auch und unsere abgezogene Haut tragen dann die Schweine. Das will ich nicht, denn schließlich passt meine Haut nur mir. Unter der Veranda gibt es einen gemütlichen Platz. Da ist es kühl und keiner stört mich. Da unten höre ich sie dann. Wie sie reden und lachen und sich streiten. Manchmal belausche ich die Gespräche der Herrschaften in ihren edlen, teuren Kleidern mit den schwarzen Schuhen, deren Hacken so schön auf dem Holz klacken, wenn sie von einer Ecke zur Anderen schreiten. Sie wohnen in einem großen, sauberen Haus, das die gleiche Farbe, wie ihre Haut hat und majestätisch aus dem Boden gewachsen ist. Drei Stockwerke ist es hoch und Säulen aus Stein säumen es, wie Soldaten und geben ihm den Anschein einer unbezwingbaren Burg. König Artus und seine Ritter wohnen darin. Immer bereit den Armen und Geschwächten zur Seite zu springen und den Kopf der Bestie abzuschlagen. In seinem Blut zu baden und dadurch unverwundbar und unangreifbar für die Feinde zu werden. Die Geschichte ist aus einem Buch, das ich sehr liebe. Siegfried der Drachentöter Die Veranda ist aus Akazien Holz und besitzt eine große Schaukel mit weichen Kissen. Die Mistress mit ihrem hellen Haar und ihre Tochter sitzen oft darauf und reden laut und kichern. Die Herren stehen abseits, trinken Wein und rauchen Zigarren. Sie sagen: Wir leben in einer großartigen Zeit. Voller Fortschritt und Humanität. Das heißt Menschlichkeit. Das muss wohl die Wahrheit sein, weil alle zustimmen und es in Büchern steht. Die Misses hilft, einmal im Monat, im Waisenhaus, den armen Kindern. Dann ist sie fürchterlich erschöpft und ruht 2 Tage in ihrem Zimmer, während ihr kühle Luft zu gefächelt wird. Wir hören ihre matte Stimme aus dem geöffneten Fenster: „Oh, diese armen Kinder. Man muss ihnen helfen. Sie sind allein und schwach.“ „Mutter. Es können dich alle hören.“ ,spricht ihre Tochter. „Sollen sie mich ruhig hören und von dem Leid dieser armen Kinderchen.“ „Mutter!“ ,sagt die Tochter ernst. „Ich brauche mehr Kühlung, du dummer, herzloser Trottel.“ ,schnauzt die Mutter Washington an, um sogleich wieder jammernd vor sich hin zureden. „Oh, diese armen, armen Kinder.“ Es fällt uns schwer das Lachen zu unterdrücken und heimlich spielen wir Lady Greenwood nach: „Mich deucht, Euer Hochwohlgeboren, die Eier der Legehennen sind heut` kleiner, als am Tag zuvor. Oh, diese armen, armen Eier. Sie brauchen Liebe und Zuwendung, sonst wachsen sie nicht.“ Wenn die Mistress wüsste, was wir tun, würde sie uns sicher in das Loch werfen lassen, in das alle kommen, die nicht fügsam sind. q „1861 ist das Jahr der Veränderungen.“, sagt Hamilton, der älteste Sohn der Familie Greenwood und der muss es wissen, denn er studiert im Norden von Amerika und kehrt nur in seiner freien Zeit in den Süden zurück. Hamilton nennt den Norden, das freie Land, weil dort jeder werden kann was er will, sogar die Neger. „Dort hausen die Nigger in dreckigen Kloaken und werden von den reichen, dicken Säcken ausgenutzt.“ ,sagt immer sein Vater. „Bei dir etwa nicht?“ ,schreit dann sein Sohn. „Dort sind sie wenigstens frei.“ „Frei? Das ist keine Freiheit. Das ist Abhängigkeit. Bei uns haben sie wenigstens ein sauberes Haus über dem Kopf und ausreichend zu essen.“ „Das glaubst du doch selber nicht.“ ,gibt Hamilton trotzig von sich. „Was soll das heißen, du grüner Rotzlöffel. Die Nigger werden nur geschlagen, wenn sie es verdienen.“ „Also jeden Tag.“ „Du hast doch keine Ahnung, was dieses Gesindel denkt und treibt. Das sind, im besten Fall, Kinder. Kleine Kinder. Oder Hunde. Und genau, wie Tiere müssen sie diszipliniert werden.“ „Du machst mich krank, Vater.“ Empört und verärgert verlässt Hamilton das Haus und wirft die Tür mit lautem Getöse ins Schloss, das die Scheibe birst und in tausend Stücke springt. Dann streift er durch die Gegend und schnaubt vor Wut, wie ein wilder Stier. Mit einem Stock schlägt er auf die Äste, die seinen Weg kreuzen ein und bricht sie so entzwei. Umbringen könnte er jetzt jemanden, so außer sich ist er. Soll er zu den Niggern gehen und Einen prügeln? Oder soll er sie befreien, nur um dem Vater eins auszuwischen? Sein Kopf ist rot. Der Speichel in seinem Mund ist nicht zu bremsen. Auf dem Weg liegt ein Vogel, der nicht fliegen kann. Sein Flügel ist gebrochen. Behutsam nimmt er ihn auf. Dann wirft er ihn vor sich auf den Boden und schlägt ihn mit seinem Stock tot. So. Nun ist es gut. Jetzt geht es ihm besser. Er atmet durch und singt ein Lied: „In Dixie Land, where I was born in early on one frosty mornin look away, look away, look away Dixieland. I wish I was in Dixie Hooray. Hooray. In Dixieland I`ll take my stand. To live an die in Dixie.“ Oh, ja. Er ist wieder oben auf, unser Master Hamilton. Der Mond ist sein stiller Begleiter. Ein falscher Freund. Hat er nicht zuvor nur mir geleuchtet und mich getröstet? Ich will ab heut` vergessen das es ihn je, als Kamerad, gegeben hat. Hamilton lässt sich erst zum Abendessen wieder blicken. Wo er dann wortlos und schmollend am Tisch sitzt. Die Misses versucht es mit süßen Worten: „Deine neue Jacke ist aus einem schönen Stoff.“ „Mutter.“ sagt er nur. „Eine Jacke macht noch keinen Herren.“ ,setzt sein Vater dazu. „Da kennst du dich ja aus.“ ,meint Hamilton. „Genau mein Sohn. Ich weiß, wie das Leben läuft und worauf es ankommt. „Und solange du in meinem Haus lebst, hältst du dich an meine Regeln.“ „Vater.“ ,meldet sich nun die Tochter. „Ann-Sophie. Es ist nicht deine Sache, dich da einzumischen. Dein Bruder hat wohl vergessen, wo er her kommt und wie man seine Sklaven erziehen muss. Es ist wider die Natur, sie wie seines gleichen zu behandeln. Ja, es ist Blasphemie, sie mit der göttlichen Schöpfung auf eine Stufe zu stellen. Hätte Gott gewollt das sie Rechte bekämen, würden sie jetzt hier sitzen und wir müssten uns den Rücken krumm machen.“ , erklärt der Vater. „Jetzt hält Ethan wieder einen seiner Vorträge.“ ,wirft Hamilton in die Runde. „Lass das Ham. Du weißt, wie sehr ich es hasse, wenn du mich bei meinem Vornamen nennst. Sei nicht immer so verdammt respektlos.“ ,weist der Vater ihn zurecht. „Ethan. Wir wollen im Hause des Herrn nicht fluchen.“ ,schluchzt die Mutter. „Margret. Dies ist keine Kirche und ich bin nicht der Papst. Ich bin der Herr im Haus und wenn es mir gefällt, lege ich hier alles in Schutt und Asche.“ ,brüllt Ethan Greenwood aus vollem Halse. „Du versündigst dich.“ ,gibt Margret kleinlaut von sich. „RUHE!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!“ ,schreit er. Und es ist Ruhe. Alle stochern im Essen herum. Vieles bleibt auf dem Teller liegen. Die Stimmung ist dahin. „Washington!“ ,ruft Ethan, den Butler. Dieser alte Mann steht schon lange in den Diensten der Familie. Der Master kaufte ihn vor vielen Jahren, als er selbst noch ein Junge war auf dem Markt und entriss ihn seiner Frau und seinen Kindern. Er erfreute sich an dem Gefühl, die Macht zu haben, Leben zu bestimmen. Er wollte seiner Schulliebe Betty zeigen, das er in der Welt der Erwachsenen bestehen konnte. Später heiratete sie allerdings seinen besten Freund. Da wusste er das das Leben nur auf Lügen aufgebaut ist. „Master.“ ,flüstert Washington, als er endlich vor Ethan steht. „Räum` das weg und verfüttere es an die Schweine. Wir sind hier fertig.“ Erbost wischt er sich den Mund mit der blütenweißen Stoffserviette ab, feuert sie aufs Essen und verlässt verärgert den Raum. „Ich war sowieso nicht hungrig.“ ,tönt Ann-Sophie. „Kein Wunder das du so dürr bist, Schwester.“ stichelt Hamilton. „Du bist blöd.“ ,kontert sie. „Selber blöd.“ ,hält er dagegen. „Kinder. Bitte.“ ,seufzt die Mutter. Washington macht, was ihm aufgetragen wurde und füttert die Schweine mit dem erlesenen Essen, während unsere Mägen, wie wilde Hunde knurren. Die Hütten der Schwarzen, abseits des Herrenhauses, sind einfach. Sie bestehen aus grob zugehauen Hölzern und sind mit Lehm verputzt. Sie besitzen keine Fenster und da wir keine Kerzen in unseren Händen halten dürfen, haben wir kein Licht im Innern. Eine Feuerstelle gibt es nur außerhalb der Hütte. Wir versuchen uns, so gut es geht zu reinigen und uns sauber zu halten, aber Seife ist rar und sauberes Wasser muss vom Fluss geholt werden. Den Brunnen dürfen wir nicht benutzen. Oft haben wir Magenprobleme und es läuft aus allen Öffnungen heraus. Für die Säuglinge ist es besonders schlimm und viele sterben daran. Manchmal denke ich, das es vielleicht besser so ist. Dann müssen sie nicht, als Etwas, einem Master dienen. Denn im Himmel sind alle frei. Das sagt meine Mama. Ich möchte ihr so gern glauben, aber Petrus, der oben die Tür bewacht, ist auch weiß. Im Sommer läuft uns Tag und Nacht der Schweiß am Körper herunter. Im Winter frieren wir und klappern mit den Zähnen. Unsere Kleidung ist zerschlissen und alt. Wir bessern sie aus, so gut es eben geht, aber keiner hat eine komplette Hose oder ein Flicken freies Hemd. Wir gehören dem Master. Wir sind sein Eigentum. Wir haben keine Rechte. Wir sind Sklaven. Manchmal erzählt mir Washington von seinem Leben in Afrika und wie er, als Junge, in seinem Dorf gelebt hat. Er war stark, wie ein Bär, sagt er immer. Ich weiß nicht, ob ich ihm das glauben soll. Er ist alt. Sein Gesicht ist faltig. Der Gang langsam und gebeugt. Die krausen Haare werden grau. Die Nase schief, wie ein knorriger Ast und auf einem Auge ist er blind. Wenn ich ihn frage warum, sagt er nur: „Der Master hat früher jeden Tag getrunken und musste seine Kraft an mir ausprobieren.“ Einmal habe ich seinen Rücken gesehen. Der sah aus, wie ein Schlammweg, nachdem viele Wagen darüber gefahren sind. So viele Furchen und vernarbte Erhebungen konnte ich sehen. Er hat gelacht und gemeint: „Das ist meine Fahrkarte ins Paradies.“ Dann wurde er ganz still und setzte sich an Feuer. „Irgendwann kamen sie in mein Dorf, das war Der Tag, als sie meine Seele stahlen. Krieger eines benachbarten Klans schlichen sich, wie Katzen, lautlos heran. Unsere Männer waren auf der Jagd und so gab es nur Alte, Frauen und Kinder. Den Alten schlugen sie mit Keulen die Köpfe ein und die Anderen verschleppten sie. Wir kamen auf ein großes Schiff. Dort saßen wir wochenlang aneinander gekettet und hatten fürchterliche Angst, das die See uns verschlingen würde. Viele starben auf der Überfahrt an Krankheiten oder an Schwäche. Der Gestank an Bord, war durch das Erbrochene und die Eimer voller Kot nicht auszuhalten. Zig tausend Fliegen und Maden siedelten sich an unseren Körpern an und quälten uns. Die Dunkelheit unter Deck wurde manchmal durchbrochen, wenn Männer kamen , die sich die Mädchen und Frauen für Liebesspiele griffen. Doch dies alles war nur ein schaler Vorgeschmack auf das, was noch folgen sollte. In der Nähe des Hafens wurden wir in Käfigen gehalten und mussten unsere Notdurft wieder in Eimern verrichten. Mein guter Freund Mogambe starb. Sie zogen ihn an den Beinen heraus und warfen ihn in den Schweinestall, wo er drei Tage lang blieb, bis sie die Reste von ihm wegschafften. Etwas später wurden wir gewaschen und bekamen Blutwurst zu essen. Unsere Haut wurde mit einem gut riechenden Öl eingerieben und dann wurden wir auf den Markt gebracht. Dort begutachteten uns allerlei Leute und schauten uns in den Mund. Ich wurde in den Süden verkauft und kam zu Master Greenwood. Da gerade ihr Hausbutler gestorben war, übernahm ich die Stelle und musste nicht, wie die Anderen auf den Feldern schuften. Die erste Frau von Master Greenwood, Gott hab sie selig, unterrichtete mich in Lesen und schreiben. Sie war eine feine Frau und meinte es gut mit mir. „Denk daran.“ ,sagte sie immer. „Die Anderen dürfen nicht wissen, das du lesen kannst. Kluge Nigger sind gefährlich. Sie könnten Dinge erfahren, über die sie nachdenken und dann handeln. Sie könnten aufbegehren und vielleicht sogar die Hoffnung auf Freiheit erfahren. Aber das dürfen Nigger nicht. Nigger sind Mulis und das sollen sie auch bleiben. Unwissende, dumme Mulis.......“ Dort hört die Geschichte von Washington auf. Ich liege oft wach und denke darüber nach. Bin ich auch ein Muli? Ein Ding? :::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::: Ich bin ein Nigger von Master Greenwood. Und ein Nigger hat keine Meinung. Ein Nigger muss gehorchen. Muss springen. :::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::: Wenn ich nicht auf dem Feld arbeite, erledige ich Botengänge für Ann-Sophie. Das ist die 15 jährige Tochter. Sie ist manchmal nett und manchmal grausam. Hin und wieder schlägt sie mich mit einem Stock, aber dann tut es ihr leid und sie gibt mir einen Apfel oder ein Stück Kuchen. Ich wünschte sie würde mich nicht schlagen, aber das geht wohl nicht. Wenn ich unterwegs bin, um Garn oder Stoff für Miss Ann-Sophie zu holen, bekomme ich eine Plakette um den Hals, damit ich nicht aufgegriffen und als geflohener Sklave gehängt werde. Auf der Plakette steht: Eigentum von Master Greenwood Ich gehöre nicht mir selbst, sondern bin das Eigentum von jemanden. Es wurde mir eingebleut, das ich keine Rechte habe. Das mein Wert nur in meiner Arbeitskraft und durch die Treue zu meinem Herrn erklärt wird. Washington sagt, ich bin mehr wert, als die Mistgabel, aber weniger als der teure Sessel im Salon. Der Master würde eher mich hergeben, als den Sessel. Ich wäre lieber der Sessel, denn der bekommt nie Schläge oder wird mit dem Kopf in die Jauche Grube gedrückt. Meine Mama will, das ich nach der Arbeit meinen Körper wasche, damit ich sauber ins Bett gehe. Das finde ich blöd, weil ich morgens ja doch gleich wieder schwitze, aber Mama sagt: „Nur Schweine waschen sich nicht.“ Ich sehe Jefferson, einen Feld Nigger, hin und wieder beim Waschen am großen Trog. Sein vernarbter Rücken sieht schrecklich aus. Er meint, das es nicht mehr weh tut, aber als er die 30 Schläge mit der Peitsche bekam und die Haut in roten Fetzen vom aufgeplatzten Rücken hing, dachte er, er müsse sterben. Doch das reichte dem Master nicht. Er verbot, die Wunden zu verbinden und schickte nach Salz und Pfeffer. Damit rieb er das rohe Fleisch ein und Jefferson schrie wie verrückt. Nach ein Paar Minuten wurde er ohnmächtig. Der Master ließ ihn 1 Tag zu Hause, dann schickte er ihn wieder auf das Feld und ließ ihn schuften, bis zum Umfallen. Als er sich erbrach musste Jefferson seine eigene Kotze essen. Erst dann ließ ihn Mr. Greenwood nach Hause bringen und versorgen. Danach war Jefferson ein Anderer. Verschlossen und gemein. Wann immer es ging, sabotierte er die Arbeit. Zerstörte Werkzeug. Quälte die Schweine und Pferde. Stach ihnen mit einer Nadel in den Körper und trank das Blut. Ohne Grund lachte er manchmal hysterisch auf und versank danach sofort wieder in eine endlose Stummheit. In der Nacht knurrte er, wie ein Hund und man hörte, wie er die Zähne knirschend aufeinander presste. Fürchterlich. Vorher spielte er oft auf seiner selbstgebauten Fidel. Das machte Spaß. Jetzt nimmt er sie nur noch selten und wenn, dann spielt er traurige Lieder und Mama muss dann weinen, weil sie das an die Heimat erinnert. Ich weiß nicht was das ist: Heimat. Das muss wohl ein ferner Ort sein, den man sich vorstellt. Etwas das man gern hätte. So, wie die Gnade Gottes oder ein Festessen mit Fleisch oder ein warmes Bett. Heimat? Für Mama ist das Afrika. q Auf den Feldern sind wir nie allein. Thomas Pain, unser Aufseher, wird von allen abgrundtief gehasst. Er ist ein dünner Mann mit tiefliegenden, bösen Augen. Seine Hose ist immer fleckig. Ein alter speckiger Hut liegt auf seinem Schädel, aus dem einige lange, schwarze Haare hervorschauen. Verfilzt und ungepflegt. Unterhalb des rechten Auges hat sich eine dicke, dunkle Warze breit gemacht. Seine Haut ist runzelig und sieht aus, wie altes Leder. Mr. Pain verbreitet einen stechenden und üblen Geruch, bei dem mir immer der Fisch einfällt der 2 Tage in der Sonne lag und zahlreiche Fliegen anlockte. Der Gestank, war nicht auszuhalten, so das ich mich 2 mal daneben erbrach. An der linken Hand fehlt ihm ein Teil des kleinen Fingers. Den hatte Joe ihm abgebissen, als er den armen Kerl, mit einem Stock, fast zu Tode prügelte. Mr. Pain hätte ihn gern tot geschlagen, aber das durfte er nicht, denn Joe gehörte ja Master Greenwood und deshalb schlug der Master ihn selbst tot, weil wir ja ohne Disziplin nur Tiere wären, sagte er. Mr. Pain schreit den ganzen Tag schlimme Worte: „Drecks Nigger! Schwarzes Hurenvolk! Gottverlassener, verschissener Abschaum! Von Säuen gezeugtes Gesindel! Stinkendes Niggerpack!“ Er hat oft eine Gerte in seiner knochigen Hand, die er gern benutzt, weil sie schöne, rote Striemen hinterlässt. An einem extra Gürtel, aus Schweinsleder, trägt er eine Bullenpeitsche und er sehnt die Tage herbei, an denen er sie wieder benutzen kann. So, wie beim armen Jefferson. Auf meine Mama hat Mr. Pain es besonders abgesehen. Manchmal, wenn er betrunken ist kommt er in unsere Hütte. Dann schickt meine Mama mich raus und er zwingt sie schlimme Sachen zu machen. Wenn er fertig ist, schlägt er sie ins Gesicht und spuckt sie an: „Du schwarze Hurensau!!!“ ,schreit er dann. Am liebsten würde ich ihn umbringen, damit meine Mama nicht mehr weint. An solchen Tagen sitze oft am Holy Ground und stelle mir vor, wie ich ihn töte. In der Nacht schleiche ich mich in sein kleines, dreckiges Haus und erwürge ihn. Oder schneide ihm, mit meinem Schnitzmesser, die Kehle durch oder das Herz heraus. Ich hasse ihn so sehr, das ich meine Zähne stark aufeinander presse und nur schwer den Drang zu weinen unterdrücken kann. Washington sagt ich solle mich beruhigen, sonst mache ich alles nur noch schlimmer. Manchmal glaube ich, das er schon zu lange Haussklave ist und gar nicht mehr weiß, wie schlimm es in den Hütten und auf den Feldern ist. Aber Jefferson sagt, das er es nicht vergessen hat und erzählt mir eine Geschichte: „Vor 10 Jahren, deine Mama war gerade neu zu uns gekommen ist der Master jede Nacht zu ihr gegangen und hat sie gefesselt. Dann hat er ihr die Kleider runter gerissen und sie genommen. Der Master war immer sehr betrunken. Eines Nachts hat er ihr solange Mund und Nase zu gehalten, bis sie ganz blau geworden ist. Da hat Washington ihm die Hand weggeschlagen. Der Master hat ihm seine Hand an die Holzwand genagelt und dort musste er drei Tage und drei Nächte bleiben, bis der Eiter aus der Wunde tropfte. Danach durfte er wieder ins Haus. Aber nur weil er den Master vor Jahren vor dem Ertrinken gerettet hatte. Daran siehst du, Jimmy. Wir sind der dunkle Dreck und Washington ist der Einzige der zwischen uns und dem Master steht.“ Es tut mir sehr leid das ich so schlecht von ihm gedacht habe und schnitze ihm ein Pferd, weil ich weiß das er Pferde sehr liebt. „Das Leben, unser Leben, wird durch Andere bestimmt. Wir sind abhängig von der Gnade Gottes und der unseres Masters.“ ,sagt Washington. „Und von Mr. Pain.“ ,füge ich hinzu. „Genau.“ „Hat Gott gewollt, das wir Sklaven sind?“ ,frage ich. „Wir büßen für unsere Sünden.“ „Begehen die Weißen keine Sünden, wenn sie uns schlagen und quälen?“ „Sie laden große Fehler auf ihr Lebenskonto, mein lieber Jimmy.“ „Aber warum werden sie nicht bestraft?“ ,bohre ich weiter. „Das liegt allein in der Hand Gottes.“ Ich schaue auf die Blumen im Garten und in die Scheune, in der das Pferd von Master Greenwood steht. Es ist ein schönes, teures Pferd. Es kostet soviel wie 13 ausgewachsene, gesunde, männliche Sklaven. Er liebt diese Pferd über alles. Mehr als das Anwesen und mehr, als seine Frau und seine Kinder. Es heißt James Buchanan. Washington hat mir erzählt , das wir in einer Stadt einen Präsidenten haben, der genauso heißt. Aber vielleicht hat der Master den Präsidenten auch nach dem Pferd benannt. Ich habe keine Ahnung was das sein soll: Ein Präsident. Vielleicht verkauft er Süßigkeiten an weiße Kinder und verdient damit viel Geld, denn Kinder lieben Süßigkeiten. Auch schwarze Kinder. John Adams und Madison, zwei Feldsklaven haben sich vor einer Woche verspätet und wurden von Huntern aufgegriffen. Sie vergaßen ihre Plakette umzulegen und wurden mit einem Stock verprügelt, dann wollte man sie aufhängen und nur weil Master Hamilton zufällig vorbeikam wurden sie gerettet. Sein Vater, Master Greenwood war darüber sehr verärgert und hat beiden Sklaven den kleinen Finger abgeschnitten. Nur zur Erinnerung, damit sie ihre Plakette nicht mehr vergessen. Ich habe mir vorgenommen immer an meine zu denken, denn ich finde zehn Finger gut. 5 an jeder Hand. Mit 10 Fingern zu schnitzen ist leichter, als mit 9. John Adams und Madison haben die ganze Woche auf den Master und Mr. Pain geschimpft. Das sie ihn hassen und am liebsten umbringen möchten. Sie wollen keine Sklaven mehr sein und planen ihre Flucht. Gerade, als ich sie am Abend an der Scheune sehe, spreche ich sie an: „Wie könnt ihr keine Sklaven sein? Ihr seid schwarz!“ ,frage ich beide. „Wir wurden nicht als Sklaven geboren. Wir hatten Familien. Frauen. Kinder.“ ,erklärt John Adams. „Ja. Ich lebte in einem Dorf. Wir hatten ein gutes Leben, aber dann wurde ich gestohlen. Ich musste zusehen, wie sie meine Frau vergewaltigt und meinen kleinen Sohn ins Feuer geworfen haben. Er war 3 Monate alt. Mach dir keine Sorgen Bimbo. Wir machen deiner Hure ein Neues, haben sie geschrien.“ ,presst Madison hervor. „Das tut mir leid.“ ,flüstere ich. „Schon gut Junge. Du änderst nichts dran. Wir werden fliehen und wir bringen alle Weißen um, die wir treffen. Und dann werden wir sterben. So ist der Lauf der Dinge. Sie töten uns, aber wir sterben als freie Männer.“ ,meint John Adams. „Aber es muss doch einen anderen Weg geben.?“ ,jammere ich. „Den gibt es nicht. Nicht für uns.“ ,fährt John Adams fort. „Dann helfe ich euch!“ ,sage ich. „Wir stehlen das Pferd vom Master. Es trägt euch beide. Ich kann laufen. Ich bin ein guter Läufer.“ „Du kommst nicht mit!“ ,befiehlt Madison. „Aber ich....“ „Schluss. DU KOMMST NICHT MIT!“ Wir trennen uns und jeder geht in seine Hütte. Ich warte, bis alle schlafen, dann schleiche ich mich heraus und laufe zum HOLY GROUND. In einer kleinen Höhle habe ich mir einen gemütlichen Unterschlupf eingerichtet. Dort sind auch meine Bücher und Kerzen. Wenn ich traurig oder aufgewühlt bin, gehe ich dort hin, um nachzudenken. Es ist ein guter Platz. Es ist still. Man erzählt sich, das hier die Geister ermordeter Sklaven leben. Das sie, wenn Vollmond ist, Schreien und Wehklagen. Das sind die Nächte in denen ich zu Hause bleibe, obwohl ich mir sicher bin, das sie mir nichts tun würden. In meiner Höhle, nah am Fluss träume ich mich in andere Welten. Ich glaube, wenn ich das nicht hätte, wäre ich längst so verrückt, wie Jefferson oder so tot wie Joe. Deshalb ist es wohl okay, das ich hier bin. Auch, wenn es verboten ist. Ich kuschele mich in meine Decke und lese die ersten Zeilen meines Buches: „Das Leben und die seltsamen überraschenden Abenteuer des Robinson Crusoe aus York, Seemann, der achtundzwanzig Jahre allein auf einer unbewohnten Insel an der Küste von Amerika lebte, in der Nähe der Mündung des großen Flusses Orinoco; durch einen Schiffbruch an Land gespült, bei dem alle außer ihm ums Leben kamen. Mit einer Aufzeichnung, wie er endlich seltsam durch Piraten befreit wurde. Geschrieben von ihm selbst.“ Ich stelle mir vor, das mein kleiner Fluss der Orinoco ist und ich Robinson bin. Allein auf einer Insel. Umgeben von Feinden und nur auf mich allein gestellt. Washington erzählte mir, das es einen Neger in dem Buch gibt, der Freitag heißt. Das ist der Freund von Robinson. Ich würde meinen Freund nicht nach einem Wochentag benennen. Dann doch lieber Ostern. Oder Weihnachten. Ich muss ein bisschen lachen, weil die Namen so lustig sind. Mama hat ein paar Nüsse für mich aufgehoben. Die knabbere ich jetzt, während ich diese spannende Abenteuer Geschichte lese. Es ist mollig warm unter der Decke und ich bin weit fort mit meinen Gedanken. Da höre ich plötzlich ein Knacken im Unterholz. Ich schrecke zusammen. Sind mir die Hunter auf der Spur? Werden sie nun versuchen, auch mich, am Hals aufzuhängen? Die Angst sticht mir, wie ein spitzer Dolch in den Nacken und raubt mir den Atem. Plötzlich springt eine Gestalt vor meinen Eingang und ruft: „HAHHHHH! HAB ICH DICH!“ Es ist Ann-Sophie, die mir gefolgt ist und mich zu Tode erschreckt. Sie sieht wunderbar aus. In dem weißen Kleid mit den roten Schleifchen erscheint sie mir, wie ein Engel. Das bauschige Unterkleid raschelt herrlich und kitzelt in meinen Ohren. Sie ist, wie eine Süßigkeit. Nur lebendig eben. „Was machst du hier?“ ,fragt sie unschuldig. „Nichts.“ ,sage ich, mit laut klopfendem Herzen. „Du liest. Sklaven dürfen nicht lesen. Das sag` ich meinem Papa.“ Die Kehle schnürt sich mir zu. Übelkeit und Schwindel nehmen Besitz von mir. „Du glaubst auch alles. Dummkopf.“ ,lacht sie. Ich atme aus und bin erleichtert. „Am Vollmond treffen sich hier die Hunter zu ihrem Ritual.“ ,flüstert sie. „Da ist..... die.........Oh mein Gott.“ ,stottere ich. „Da. Sie kommen gleich.“ ,lacht sie. „Du Angsthase. Die schneiden nur Hühnern die Köpfe ab und tragen weiße Kapuzen. Die sehen dumm und lächerlich, damit aus.“ „Die schneiden Hühnern die Köpfe ab?“ ,bibbere ich. „Ja, und dann zünden sie ein großes Holzkreuz an.“ ,fährt sie fort. „Ein brennendes Holzkreuz?“ „Ja. Und sie trinken selbst gebrannten Schnaps von Nathan Stubbelfield aus Kentucky.“ „Selbst gebrannten Schnaps?“ „Ja. Und sie singen und schreien und tanzen, wie Verrückte.“ „Haben sie auch schlimme Dinge getan.“ „Einmal haben sie einen farbigen Jungen eine Schlinge um den Hals gelegt und ihn an einem Ast nach oben gezogen, bis er fast erstickt ist. Dann ließen sie ihn herunter fallen und bestrichen ihn mit heißem Teer und kippten Federn, die sie zuvor Hühnern ausrissen, über ihn aus. Mit Tritten und Schlägen haben sie ihn davon gejagt.“ Ich kann nichts mehr sagen. Die Angst nistet sich in meinem Körper ein. „Aber heute ist kein Vollmond. Heute kommen sie nicht.“ ,lacht Ann-Sophie. „Kein Vollmond.“ ,wiederhole ich leise. „Wiederhole doch nicht alles, was ich sage. Das regt mich auf.“ meckert sie. Wir sitzen am Fluß und werfen Steine ins Wasser. „Hast du schon mal ein Mädchen geküsst?“ ,fragt sie. Ich überlege, was ich darauf sagen soll: Ja? > Dann fragt sie sicher wen, aber was soll ich dann sagen? Nein? > Dann lacht sie mich sicher aus. „Vielleicht.“ ,spreche ich so nebenbei wie möglich. „Also nein.“ ,bestimmt sie. „Hab schon viele geküsst.“ „Ach ja, wen denn?“ Mist. Reingefallen. Schnell einen Namen. „Die Mitzi.“ „Mitzi? Die ist dumm wie Stroh und die hat noch keinen geküsst außer ihrem doofen Hund.“ „Dann halt die Bonnie.“ ,spreche ich weiter. „Dieses dürre Ding, mit den schmalen Lippen und den Schneckenaugen?“ Die Situation wird immer enger und ich finde keine Möglichkeit aus ihr heraus zu kommen. Warum quält sie mich so? „Du willst mich bestimmt küssen!“ ,äußerst sie. „Jeder Junge will mich küssen.“ Sie kommt ganz nah an mich heran und sieht mir in die Augen. Sie hält mich fest, nur mit ihrem Blick. Meine Hände schwitzen und ich muss vor Nervosität laut lachen. „Blöder Kerl.“ ,ruft sie aus und läuft weg. Ich ärgere mich über meine Dummheit. Aber gleichzeitig bin ich froh. Was, wenn ich mich ganz ungeschickt angestellt, oder schlimmer noch, wenn uns jemand gesehen hätte. Dann, wäre es mir schlecht ergangen. In einen Sack würden sie mich gesteckt haben und im Fluss am HOLY GROUND ertränken. Dann wär`s aus gewesen mit Robinson und dem geschnitzten Pferd für Washington. Mit dem Wiedersehen von Le Roux, Sara und Bojangles. Als Geist hätt` ich mich dann rum getrieben und alle zum Fürchten gebracht. Es beginnt zu regnen und ich verkrieche mich in meinem Unterschlupf. Im schwachen Licht der Kerze lese ich weiter, aber immer wieder kommt mir das Verhalten von Ann-Sophie in den Sinn. Merkwürdig, das sie mich küssen will. Mag sie schwarze Jungs? Mag sie mich? Mama sagt immer: „Schwarz sein ist, wie in der Nacht spazieren gehen. Man ist nie sicher, ob ein Wolf oder ein Bär in der Nähe ist, der uns in Stücke reißt.“ Ich lege mein Buch zur Seite und schnitze weiter an dem Pferd. Es sieht schön aus. Da wird Washington sich freuen. Der Regen lässt nach und ich höre Hufgetrappel, das sich langsam nähert. Schnell lösche ich die Kerze. „Wo sind diese schwarzen Schweine?“ ,vernehme ich die Stimme von Master Greenwood „Der Regen verwischt die Spuren, Sir.“ erklärt Thomas Pain. „Aber wohin fliehen sie?“ ruft er ärgerlich. „In den Norden. Sie wollen in den Norden, um zu ihren Nigger Freunden zu kommen.“ ,meint Thomas Pain. „Diese verdammten Schweine. Wenn ich sie finde ziehe ich ihnen die Haut ab.“ ,schreit er. „Wo ist ihr Sohn, Hamilton, Sir?“ „Hab` ihn wieder zu seinen Nigger Freunden nach Harvard geschickt. Soll er sich da erst mal die Hörner abstoßen. Aber Gnade ihm Gott, wenn er es zu toll mit diesen Hurensöhnen treibt.“ Ich mache mich klein und mein ganzer Körper zittert vor Schrecken, der mir in die Glieder fährt und mich fest umklammert hält. Sie reiten im Galopp davon. Ich kann mich nicht bewegen. Bin starr vor Angst. Der Wind wird stärker. Oben in den Wipfeln der Bäume zerrt er an den Ästen. Ein Sturm zieht über das Land. Regen prasselt auf die Erde. Der HOLY GROUND verwandelt sich in etwas Schlammiges. Etwas Gefährliches. Der kleine Fluss, den alle nur Sweetwater nennen, tritt über die Ufer. Langsam. Unaufhaltsam. Ganz nah kriecht er an meine Höhle heran. Das Grollen des Donners in der Ferne ist wie der Prankenhieb eines furchtbaren Ungeheuers. Ich denke an Robinson und seinen treuen, schwarzen Begleiter Freitag. Ob sie auch Angst vor der Natur hatten. Ich schäme mich ein bisschen, das ich keine Stärke in mir fühlen kann. Bin ein Feigling, der sich versteckt. Mit dem ersten Blitz rutschen zwei Gestalten über den Schlick, direkt in meine kleine Behausung. Es sind Jefferson und Madison. Ihre Augen sind geweitet. Ich sehe, wie ihre Münder sich öffnen, aber ich höre sie nicht. Die Zeit steht für einen Moment still. Ich sehe in das Auge des Sturms. Ich lächle, weil alles so friedlich ist. So als hätte Gott die Erde geküsst und den Menschen Frieden gebracht. Doch dann komme ich zurück in das Jetzt. In meine Wirklichkeit. „Ihr müsst nach Norden!“ ,schreie ich. „Hier ist Brot. Das ist alles was ich habe.“ Sie schauen mich nur an, doch in diesem Blick ist alles. Dann sind sie fort. Die Stunden vergehen. Ich zittere vor Kälte. Der neue Morgen beginnt und die Sonne strahlt mit ganzer Kraft auf mich herab. Langsam trocknen meine Sachen. Etwas später höre ich Thomas Pain und Master Greenwood auf ihren Pferden. Ich sollte mich verstecken, doch ich bleibe einfach auf dem Hügel hocken. Sie sitzen ab und binden ihre Pferde an einen Baum. Der Boden ist noch immer glitschig und aufgeweicht. „Was machst du hier Junge? Hast du eine Besorgung zu machen? Wo ist deine Plakette?“ ,fragt Mr. Pain. „Ich habe mich verlaufen.“ ,lüge ich. Vielleicht hoffe ich, doch noch mal davon zu kommen, aber Pain packt mich und zerrt mich zum Fluss. Er drückt meinen Kopf unter Wasser. Dann reißt er mich nach oben und wirft mich auf den Rücken. Sein Fuß auf meiner Brust ist schwer und schmerzhaft. „Wo sind sie?“ ,meldet sich der Master zu Wort. „Wer denn?“ ,keuche ich. „Die Nigger!“ ,schreit der Master. „Die Drecks Nigger!“ „Ich war die ganze Zeit allein.“ ,sage ich. Mr. Pain reißt mich nach oben und schlägt mir mit der Faust ins Gesicht. Und dann noch mal und noch mal. Das warme Blut mischt sich mit dem Flusswasser auf meiner Haut. Sweetwater. Er legt seine dünnen Finger um meinen Hals und beginnt mich zu würgen. Ganz langsam. Ich sehe ihm an, das es ihm Vergnügen bereitet. Er lacht. Mit letzter Kraft, greife ich nach einem Stein und schlage damit zu. Er jault auf. Ich krieche auf den kleinen Hügel über meiner Höhle. „Ja. Sie waren hier, aber jetzt sind sie weg. In Richtung Meriwether Ranch. Dort wollen sie alle Weißen erschlagen und ich hoffe das sie jeden Totschlagen den sie dort finden.“ ,kreische ich völlig außer mir. „Aber das ergibt keinen Sinn Sir. Die Ranch liegt in südwestlicher Richtung.“ „Wer weiß schon, was in so einem Nigger Schädel vorgeht.“ ,sagt der Master. „Den Jungen nehmen wir mit.“ ,setzt er noch hinzu. Mr. Pain bindet meine Hände mit dem Lasso zusammen und befestigt sie am Sattelknauf von Master Greenwood. Das Seil strafft sich. Langsam dreht er seinen Oberkörper und schaut mir ins Gesicht: „Lust auf eine kleine Rutschpartie?“ ,fragt er lächelnd. Kurz darauf gibt er dem Pferd die Sporen. Die ersten paar Meter versuche ich noch mitzuhalten, doch dann gehe ich zu Boden und werde hinterher geschleift. Mein Körper rutscht über den Schlick, wie Kufen über das Eis. Aber dann lässt mich der Master durch die Dornenhecke ziehen und über Äste, die mir das Gesicht zerkratzen. Er lacht dabei und freut sich, das sein Pferd so kräftig ist. Mein Körper schlägt gegen einen Felsen. Ich spüre, wie die Rippen brechen. Mein Arm verhakt sich hinter einem Baum und wird abgerissen. Ich merke es nicht einmal. Ich knalle weiter gegen Stämme und Steine. Es ist jedes mal ein dumpfer Ruck, aber Schmerzen spüre ich nicht mehr. Jetzt wird es leicht. Stille. Dann ist es endlich vorbei. Der Master steigt von seinem Pferd und streichelt es. „Ich bin doch auch ein Mensch.“ ,sage ich langsam. Der Master kommt ganz nah an mein Ohr und flüstert: „Du bist das, was ich dir erlaube zu sein, Nigger.“ Am 12. April 1861 beginnt der amerikanische Bürgerkrieg, in dessen Verlauf der Süden verliert und alle Sklaven frei gelassen werden. Alle? Jimmy ist nicht dabei, der liegt unter einem kleinen Hügel in der Erde und verrottet. Auf seinem Grab steckt ein grob zusammengezimmertes Holzkreuz. Wenn der Tag anbricht steht Washington davor und hält das geschnitzte Pferd, zitternd in der Hand. q Wenn der Tag anbricht und Nebel über die Baumwollfelder kriecht, stehen sie immer noch da draußen. Die Geister. Und pflücken sich die Hände blutig. Oktober 2020 von Axel Bruss
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  25. Axel

    Der Wiedergänger

    Der Wiedergänger Ich erwache mit einem dumpfen Gefühl im Kopf. Mir ist weder warm noch kalt, aber ich spüre einen schalen, widerwärtigen Geschmack im Mund. Meine geöffneten Augen vernehmen kein Licht und kein Geräusch. Eine alles umfassende Stille hüllt mich ein. Ich versuche mich daran zu erinnern, was gestern passiert ist. Es fällt mir nicht mehr ein. Bin ich einer Arbeit nachgegangen? Stopfte ich Corn Flakes in meinen Mund? Habe ich mit meiner Frau zu Abend gegessen? Lachte ich über Witze unter der Gürtellinie? Und, wer zum Teufel, bin ich eigentlich? Es gibt keine Antworten auf diese Fragen. Ich versuche meine Finger zu bewegen, aber auch das geht nicht. Also liege ich einfach da, wo ich liege und denke an Gott. Ist wohl das einzig vernünftige, das ich in einer Situation, wie dieser machen kann. Überlege mir, wie es wäre mit Gott in einer Kneipe zu sitzen und solange zu trinken, bis er besoffen vom Stuhl rutscht. Dann, wenn er da unten liegt, frage ich ihn, warum er so ein Langweiler ist und immer alles gleich persönlich nimmt. Ach so, und weil ich grad dabei bin, würde ich ihn natürlich auch nach Jesus fragen, seinen Sohn, und wieso er ihn am Kreuz hat sterben lassen uuuuuuuuund warum er die Stadt Sodom dem Erdboden gleich gemacht hat, wo das doch der einzige Ort auf der Erde war, wo man Spaß haben konnte. Ich denke nach, wie das so damals war: Gott kam also eines Nachts, es war so gegen halb zwölf, auf die Erde, um Abraham zu besuchen und damit ihn keiner erkennt, hat er sich verkleidet. Er tut so, als wäre er drei Engel. Richtig Leute. Nicht ein Engel. Nein. Es mussten gleich drei sein. Das fand ich schon ganz schön schräg und irgendwie auch sehr angeberisch. Er eröffnet ihm das er Sodom und Gomorra wohl vernichten müsse, weil die Leute in der Stadt nicht mehr an ihn glaubten und allerlei liederliches Zeug trieben. Abraham sagte darauf, das das ja jetzt doch ganz schön überzogen wäre und außerdem würde sein Neffe Lot in Sodom wohnen und ihm Geld schulden, das er dann wohl abschreiben könnte. Naja, die Worte flogen hin und her und Gott meinte schließlich, das sie Lot und seine Familie da raus holen dürften und wenn sie weitere neun gottesfürchtige Männer dort finden würden, könnte er sich vorstellen die Stadt zu verschonen. Aber Gott fand dann auf die Schnelle keine, holte aber Lot und seine Familie raus, aber weil die Frau von Lot eine von der nervigen, keifende Sorte war, sagte er: „Jo, Honey. Du darfst auf keinen Fall zurückschauen, weil ich dich sonst in eine Salzsäule verwandle.“ Das war natürlich ganz schön schlau von ihm, weil, wenn du jemanden sagst, schau jetzt nicht dahin, es das erste ist , was die Person macht. Lots Frau versteinerte und er musste sich mit seinen Töchtern allein durchschlagen und die kamen nach ihrer Mutter. Statt froh zu sein, mit dem Leben davon gekommen zu sein, jammerten sie die ganze Zeit. Das Leben sei öde und in der Höhle in der sie hausten gab es nicht mal fließend Wasser und keine Männer zum Heiraten. Ich kann mich nicht mehr an das Ende erinnern, aber vielleicht war es mir ähnlich, wie Lot ergangen und ich war nun der einzige Überlebende einer fürchterlichen Katastrophe. Wie sagte Jesus? „Und es wird ebenso sein, wie es zur Zeit des Lot war: Sie aßen und tranken, kauften und verkauften, pflanzten und bauten. Aber an dem Tag, als Lot Sodom verließ, regnete es Feuer und Schwefel vom Himmel und alle kamen um. Ebenso wird es an dem Tag sein, an dem sich der Menschensohn offenbart.“ Kann doch sein. Jesus offenbarte sich und Bäng. In diesem Moment höre ich das Knarrende öffnen einer Tür. „Mann Alter, wie oft hab ich dir gesagt du sollst diese Scheiß Tür ölen?“ ,meckert eine dunkle Stimme. „Nicht oft genug, denn sie quietscht immer noch.“ entgegnet eine andere nervende Stimme. „Wie viel kalte Zugänge haben wir heute?“ „Nur einen. 36 Jahre alt. Mittlere Statur. Schöne Zähne. Blaue Augen. Sieht gut aus. Ist einfach umgekippt. Exitus.“ „Name.“ „Freeman. Angus Freeman.“ „Ernsthaft. Der Typ hat den gleichen Vornamen wie der Gitarrist von dieser Hardrock Band.“ „Genau. Highway to Hell. Alter.“ „Das ist witzig. Zieh ihn mal raus.“ Ich schließe vorsichtshalber die Augen. „Mann, du hast recht. Der sieht gut aus. Könnte ein Model gewesen sein, oder Pornodarsteller.“ „Ja. Eine Schade das er tot ist.“ „Wie jetzt: Tot?“ ,denke ich. Sie greifen an mein Gesicht und ziehen meine Kinnlade nach unten. „Schau dir diese Zähne an.“ Um diese Vollhirnis auseinander zu halten, gebe ich ihnen Namen: BEAVIS & BUTT-HEAD BEAVIS: „Ja, Mann. Richtig schön. Und ganz gerade. Scheiße ich wünschte ich könnte sie rausnehmen und bei mir einsetzen.“ BUTT-HEAD: „Versuch`s doch einfach Alter. Und dann machen wir ihn fertig zum Verbrennen. Es wurden keine Angehörigen gefunden.“ BEAVIS: „Alter, Ich hab Bock auf was Kühles an meinen Lippen. Wir gehen ins > Magic Hole < und sehen uns die Titten von Jackie an. Dann kommen wir zurück und schieben ihn in den Backofen. Merkt doch keiner.“ BUTT-HEAD: „Ne´ Mann. Ich weiß nicht.“ BEAVIS: „ Doch das wird geil. Ich lad dich ein.“ BUTT-HEAD: „Ok.“ Sie gehen hinaus. Ich höre ihre Schritte und die knarrende Tür. BEAVIS: „Alter kannst du mir was leihen? Bin grad` knapp bei Kasse.“ BUTT-HEAD: „Du Penner. Ich denk` du lädst mich ein.“ BEAVIS: „Na klar Alter. Kriegst du doch wieder.“ Dann schließt sich die Tür und ich bin wieder allein. Die Deppen haben mich nicht in die Kühlung zurückgeschoben. Ich öffne die Augen und schaue mich um: Ein kahler, weißer Raum. Direkt vor mir die Metalltür, mit großer Glasscheibe. Auf den anderen drei Seiten sind Einschübe, die wie Aktenschränke für Riesen aussehen. Dahinter befinden sich die gekühlten Leichen. Mein Blick geht zur Decke. Neonröhren geben dem Raum einen frostigen Anstrich. Wie lange bleiben BEAVIS & BUTT-HEAD weg? Was werden sie mit Jackie alles anstellen? Warum gerade ich? Ist das die Strafe Gottes für meine unreinen Gedanken? „Was für eine Scheiße.“ krächze ich. Reden geht also. Na gut. Und jetzt? Ein Rumpeln im Flur. Die beiden Hohlbirnen sind wieder da. BUTT-HEAD: „Ich habe doch gesagt die Alte hat nicht alle Latten am Zaun.“ BEAVIS: „Woher sollte ich denn wissen, das sie bei der Polizei in der Rechtsmedizin arbeitet?“ BUTT-HEAD: „Alter, weil ich`s dir gesagt hab`. Ich hab`s dir gesagt. Mann.“ BEAVIS: „Ja, aber ich wusste nicht, das du es auch so meinst.“ Mittlerweile stehen sie wieder im Raum. Ich rolle mit den Augen und sage: „Leute. Könntet ihr mal eure Fressen halten. Das nervt.“ Ihr Schrei hallt durch den Gang. Sie wollen flüchten, aber stolpern über ihre eigenen Füße. „Freunde. Ich bin nicht tot.“ ,presse ich hervor. Don Quijote und Sancho Panza rappeln sich auf. So viel Dummheit auf einen Haufen und selbst für den gutmütigsten Menschen schwer zu ertragen. BEAVIS: „Alter!“ BUTT-HEAD: „Genau!“ „Helft mir mal auf.“ ,sage ich. Die beiden Vollpfosten richten mich auf und brechen mir den kleinen Finger der rechten Hand. Ich spüre es nicht. BEAVIS: „Oh Scheiße, Alter. Tut mir leid.“ BUTT-HEAD: „Hey Bruder. Du bist eiskalt.Und einen Puls merke ich auch nicht.“ BEAVIS: „Alter bleib bei ihm, ich hol Jackie.“ BUTT-HEAD: „Bist du bekloppt. Die ist total verrückt, die wollte uns hochnehmen, wegen ein paar Gramm Marihuana und hat sich dann kaputtgelacht als wir alles in unsere Nasenlöcher stopften, um keine Spuren zu hinterlassen.“ BEAVIS: „Ja, aber dann war es auch wieder nett, als sie uns die Handschellen abnahm und uns eine Line Koks anbot.“ BUTT-HEAD: „Ja stimmt. Ok, gehen wir.“ Sie lassen meinen Körper auf die Metallpritsche knallen und bevor ich auch nur: Ut trudi in a frigus locus. sagen kann, sind sie aus der Tür verschwunden. Was für Hornochsen! Während ich eine ganze Zeit so sinnlos daliege, spüre ich, wie Signale von irgendwoher in meine Hand gesendet werden und ich meinen Mittelfinger bewegen kann. Gott hat mich also noch nicht ganz verlassen. Vorsichtshalber schließe ich meinen Frieden mit ihm und bete 3 Ave Maria. Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir. Du bist gebenedeit unter den Frauen, und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, Jesus. So, das habe ich erledigt und sogleich kann ich meine komplette Hand bewegen. Ich überlege kurz mir einen runter zu holen, um der alten Zeiten willen, lasse es aber, um zu sehen was Jackie für eine Schnalle ist. Ein Song kommt mir in den Sinn: „Nobody knows, the trouble I`ve seen. Nobody knows, but Jesus. Nobody knows the trouble I`ve seen. Glory Halleluja.“ Ich singe ihn 20 mal hintereinander, um meine Stimme zu trainieren. Nach langer, langer Zeit, ich kann mittlerweile beide Arme und Hände bewegen, kommen die beiden Spacko`s, mit Jackie im Schlepptau, wieder. Und sie sieht tatsächlich Hammer aus. Meine Fresse. Platinblonde, kurze Haare. So ein modischer Bob-Schnitt. Ein kleiner brauner Leberfleck links oberhalb der vollen Oberlippe. Der Mund ist knallrot angemalt. Ihre Haut ist blass, aber das bringt ihre strahlenden, blauen Augen umso mehr zur Geltung. Ihre kurvenreiche Figur ist, wie die Fahrt auf einer Achterbahn. Der Magen rutscht nach oben und die Haare stehen zu Berge. Ich spüre ein leichtes Kribbeln in bestimmten Regionen meines Körpers und kurz darauf kehrt die Vitalität in meine Glieder zurück und ich setze mich behäbig auf. „Tja, Honey.“ ,sagt sie und setzt sich neben mich. „Dann lass uns mal schauen, was mit dir los ist. Also du bist reichlich verwirrt und du hast auch allen Grund dazu, denn, Sweety, du hast keinen Puls und dein Herz macht keinen einzigen Schlag.“ „Ach, du Scheiße.“ ,entfährt es mir. „Genau Honey. So sehe ich das auch. Du bist das, was wir in Fachkreisen einen Wiedergänger nennen.“ „Einen Wiedergänger? Ach, du Scheiße.“ ,rufe ich aus und würde schwitzen, wenn ich es könnte. BEAVIS: „Ich hab`s gleich gewußt, Alter. Der Mann ist ein Zombie.“ BUTT-HEAD: „Ne, Mann. Eindeutig ein Vampir.“ „Weder das eine noch das Andere. Er reißt den Lebenden nicht das Fleisch von den Knochen und er trinkt kein Blut.“ ,mischt sich Jacky ein. „Er ist gestorben und aus einem unbekannten Grund in seinen toten Körper zurückgekehrt.“ BEAVIS: „Aber dann hat er bestimmt eine Superkraft. Fliegen oder mit den Augen Stahl schmelzen.“ BUTT-HEAD: „Du bist so ein Spatzenhirn. Er ist tot. Der kann nur mit seinem Blick die Lebenskraft aus den Menschen saugen und sie so altern lassen.“ „Ihr seid die zwei größten Gonzo Knallchargen, die mir je untergekommen sind und ich habe eine Menge von euch Flietzpiepen in meinem Job bei der Polizei gesehen.“ ,bemerkt Jackie, während sie aus einem Glasröhrchen, das sie aus der super engen Jeans hervorzaubert, eine Line Koks auf dem Blech neben mir zieht und sich das ganze Zeug mit einem Ruck durch die Nase saugt. Süß, wie die kleinen hellen Partikel an ihrer Nase kleben und ich sofort an weiße Weihnachten denken muss. Mir wird das Ganze ein bisschen zu skurril, also stehe ich auf und verabschiede mich mit einer eleganten Handbewegung in der ich so tue, als würde ich mir an die Hutkrempe tippen. „Jo, Sweetheart. Wir sehen uns, aber bevor du gehst, solltest du dir etwas suchen, um deine Blässe zu bedecken.“ ,lächelt Jackie. Erst da bemerke ich das ich vollkommen nackt bin. BEAVIS: „Wir besorgen dir Klamotten, Alter. Was modisch extravagantes.“ BUTT-HEAD: „Aber, so was von.“ Und schon sind sie aus der Tür. „Und wir zwei Hübschen checken mal, ob du dich an irgendetwas erinnern kannst.“ ,sagt sie. „Mir fällt ein, das ich um Mitternacht an einem Bahnhof stand und immer zur Uhr geschaut habe. So, als würde ich auf jemanden warten.“ „Hattest du was dabei?“ „Ja, ein Päckchen. Nein. Eine kleine Holzkiste mit Schnitzereien. Verschlossen.“ „Was war drin?“ „Ich erinnere mich nicht.“ „Warst du verheiratet, oder in einer Beziehung.“ „Ich glaube ich war ein ziemlicher Sack. Frauen finde ich geil, eroberungs- und anbetungswürdig, aber ich war nie bereit sie an mich ran zulassen.“ „Nun ja, das gilt für die meisten Männer, also nichts was du extra erwähnen müsstest. Gab es eine Bestimmte die du unglücklich gemacht hast?“ „Mir fällt nur ein Name ein: Claudia.“ In diesem Moment kommen die beiden Schafsnasen zurück. In der Hand ein großes Paket. BEAVIS: „Du wirst zufrieden sein.“ BUTT-HEAD: „Nicht nur zufrieden. Begeistert. Wir waren in diesem Laden. Wie hieß der noch?“ BEAVIS: „The Grinch!“ BUTT-HEAD: „Richtig. The Grinch. Mann, die haben so coole Sachen!“ Sie reißen das Papier von dem Paket herunter und ein Clowns Kostüm kommt zum Vorschein. BEAVIS: „Zieh`s an. Los zieh`s an.“ BUTT-HEAD: „Du wirst Hammer darin aussehen.“ „Ja, zieh es an. Das ist genau deine Größe. Damit kannst du dich wirklich überall sehen lassen.“ ,schmunzelt Jackie. BUTT-HEAD gestikuliert wild mit dem linken Arm. So, als wolle er sich im Unterricht melden. BUTT-HEAD: „Mach deine Hitler Parodie, BEAVIS. Darin bist du großartig.“ Dieser holt einen schwarzen Kamm aus seiner Tasche und hält ihn senkrecht unter die Nase. Dann schlägt er die Hacken zusammen und lässt den rechten Arm zum Hitlergruß nach oben schnellen. Während er das tut redet er wie der Führer. „Kameraden! Wir sind hier zusammengekommen, um dem Einzigen und wahren Gott zu huldigen. MIR! Die Welt hat endlich erkannt, das es nur Erlösung erlangen kann, wenn Das Alte verbrannt wird.“ BUTT-HEAD klatscht begeistert Beifall. Jackie und ich schauen uns nur und rollen mit den Augen. BEAVIS: „Das war super. Oder?“ „Ja. Super Scheiße.“ ,sage ich trocken. BEAVIS: „Dann können wir ja auch gehen.“ „Reisende soll man nicht aufhalten.“ ,gebe ich weiter. BEAVIS: „Dann such dir aber auch einen anderen der dich wäscht und in den Ofen schiebt.“ Sie gehen und knallen die Tür hinter sich zu. „Dann schiebe ich mich eben selbst in den Ofen!!!“ ,schreie ich ihnen hinterher. „Wir besuchen einen Freund. Zieh dich an.“ ,befiehlt Jackie. Ich schlüpfe in das Clowns Kostüm, das die beiden anderen Clowns angeschleppt haben und ich sehe darin aus, wie ein Clown. Scheiße! Wir gehen die Adenauer Allee entlang, die mir irgendwie bekannt vor kommt. „Wie heißt der Typ?“ ,frage ich Jackie. „Adenauer.“ „Echt jetzt?“ „Ja.“ Ich mag ja schräg drauf sein, aber diese Jackie kommt mir auch merkwürdig vor. Da es kurz vor Mitternacht ist, sind nicht viele Menschen auf der Straße. Der Vollmond knallt uns sein Licht genau ins Gesicht und ich entdecke, das sie unter der Zentimeter dicken Schminkschicht sicher recht hübsch ist. Am liebsten würde ich das ganze Zeug mit einem Spachtel runter holen. „Ich würde dich gern ohne den Lippenstift küssen.“ ,sage ich zärtlich zu ihr. „Und ich würde gern mit Nils Holgersson zum Mond fliegen, aber das wird auch nie passieren.“ ,erklärt sie. Wir latschen weiter durch die Nacht. Das Gehen ist schwierig, weil ich riesige rote Clownsschuhe an den Füßen habe. Immer wieder komme ich ins Straucheln. Finde es immer noch merkwürdig tot zu sein. Wir kommen an Hennes & Mauritz vorbei und im Schaufenster sehe ich das erste mal mein Gesicht. Scheiße, sehe ich gut aus. Jetzt noch coole Klamotten und ich bin nicht mehr zu halten. Der nächste Laden heißt Dressman. Ich werfe die riesige Scheibe mit einem Stein ein und klaue die Schaufensterpuppe. Instinktiv beginnen wir zu laufen. Immer die Adenauer runter, bis zur Ecke. Dort stehen wir vor brüchigen Steintreppen, die nach oben zu einer grünen, alten Tür führen. Wir klingeln. Sofort geht der Summer an und wir öffnen die Tür. Rauf in den 7. Stock. Kein Fahrstuhl. Kein Licht. Oben erwartet uns ein kleiner hutzeliger Zwerg, der auf einen Stock gestützt, unverständliche Dinge vor sich hin brabbelt. „Das ist Adenauer.“ ,sagt Jackie. „Sieht gut aus.“ ,meint Adenauer. „Danke.“ ,raune ich in die abgestandene Flurluft und bin gerührt über den guten Geschmack des Zwerges. „Ich meine nicht dich, du hässliche Vogelscheuche, sondern die Puppe unter deinem Arm.“ „Sei friedlich Ad. Das ist ein Freund. Hab ihn bei den beiden Vollidioten in der Kühlbox gefunden.“ ,erklärt Jackie. „Ahhhhhhhhh. Soso. Kommt rein. Entschuldigt meine Unordnung. Der Postmann hat noch nicht geklingelt.“ Alles klar, denke ich so bei mir. Wieder einer der nicht alle Latten am Zaun hat. Ich tausche mit der Puppe die Sachen und fühle mich sehr wohl darin. Ein schwarzer Anzug. Schwarzes Hemd. Manschettenknöpfe aus Perlmutt. Weiße Seidenkrawatte. Schwarze Schuhe. Vor dem Spiegel kämme ich meine Haare und endlich kommt ein Teil meiner Erinnerungen zurück: „Ein Penthouse. Riesiges Wohnzimmer. Pool auf dem Balkon. Atemberaubender Blick über die Stadt. Seidentapeten, mit einem zeitlosen Muster an den Wänden. Teure Weine in den Regalen, neben der Bar. Luxuriöses Mobiliar. Edelhölzer. Aus Japan importiert. Wechselnde, wunderschöne Frauen. Meistens blond. Meistens dumm. Eine Schatulle auf dem Tisch neben dem großen Bett. Darin Kokain. Marihuana. Speed. Ecstasy. LSD. Crack. Ritalin. Herion. Opium. Chrystal. Mescalin und Apfelkorn. Dealer? Konsument? Beides?“ ,sage ich. „Auf jeden Fall Arschloch!“ ,meint Adenauer, der sich am Hintern kratzt und ansonsten sehr uninteressiert klingt. „Die letzte Erinnerung, mein Junge. Die Letzte.“ ,fährt Faltenjoe fort. Diese Mumie mit ihrem Krückstock nervt mich total. Am liebsten würde ich ihm sein zahnloses Maul stopfen und ihn ein oder zwei Arme abreißen, stattdessen sagte ich: „Ich stehe allein in der Küche und bereite meinen abendlichen Cocktail aus Aufputschmitteln und Kokain zu. Ich singe leise ein Lied von den Beatles: Day after day alone on a hill. The man with the foolish grin is keeping perfectly still, but nobody wants to know him.... ------------ Ein Geräusch aus dem Wohnzimmer erregt meine Aufmerksamkeit. Zwei Stimmen unterhalten sich. Erst ist es nur Gemurmel. Nein, eher ein Rauschen. Ich versuche die Situation zu verstehen, aber es gelingt mir nicht. Aus der Schublade nehme ich die vergoldete Smith & Wesson. Sie ist geladen. Ich schleiche mich zur Tür. >Wir erledigen ihn gleich hier.< höre ich ganz entfernt. >Aber ich schleppe ihn nicht zur Truhe.< >Wer sonst? Du bist dran. Ich hab den Letzten in die Kiste gelegt.< Ich überlege, ob ich es mit der Party gestern übertrieben habe und das LSD in meinem Körper weiter ihr Unwesen reibt. Mit vorgehaltenem Revolver schleiche ich in das dunkle Wohnzimmer und sehe gerade noch, wie der Baseball Schläger, mit der Signatur von Babe Ruth auf meinen Schädel knallt. Dann gehen die Lichter aus.“ Mit einem mal spüre ich eine totale Erschöpfung. Die Müdigkeit zieht meinen Körper in ein tiefes schwarzes Loch. Noch wehre ich mich dagegen und versuche mit aller Gewalt wach zu bleiben. Aber es ist sinnlos. Meine Beine knicken weg und ich setze mich in meinen Kaschmir Sessel aus Afrika Komisch, das mir immer gleich das Herstellungsland in den Sinn kommt. Der Whisky in meiner Hand hat die richtige Temperatur. Ich denke an den Strand. Fühle den weißen, warmen Sand unter meinen Füssen. Kleine rote Ameisen marschieren über meinen Arm. Elefanten schweben in kurzen Röcken über den Victoriasee. Dann gleite ich über einen schneebedeckten Hügel des Kilimandscharo ins Tal und schlafe ein. ö Ich erwache mit einem dumpfen Gefühl. Mir ist weder warm noch kalt, aber ich spürte einen schalen, widerwärtigen Geschmack im Mund. Ich sitze noch immer in dem Sessel. Ein Rabe hockt auf dem Fenstersims und starrt mich an. Meine Hand am Herzen spürt immer noch keinen Schlag. Schade. Immer noch tot. Scheiße. „Hi. Da bist du ja wieder. 12 Stunden warst du weg.“ ,flüstert Jackie. „Er ist nicht zu gebrauchen!“ ,stellt Adenauer fest. Mir platzen ein paar Äderchen an der Fußsohle und ich schreie: „Du kleiner Pisser, hältst jetzt mal die Fresse. WAS SOLL ICH HIER?“ „Wir sind ein geheimer Orden: Kinder der Morgenröte.“ ,raunt Jackie mir zu. Stille. Sie schmerzt. The Sound of Silence. Ich fülle die Leere mit einem Lachen... ...und mein Lachen ist ein Stein, das den Berg hinunter rollt. Es nimmt kleine Kiesel und Felstrümmer mit. Es wächst. Wird zu einem Erdrutsch. Einer Lawine. Einem Gipfel der sich auflöst. So, wie ich mich auflöse und wieder zusammen setze. „Kinder der Morgenröte? Geheimer Orden? Adenauer? Ihr seid alle Wiedergänger? Ja, das macht schon irgendwie total Sinn.“ ,sage ich ganz ruhig, um sie dann anzuschreien: „Wollt ihr mich verarschen, ihr blöden Wichser.“ „Ich kann verstehen, das das alles ein bisschen zu viel für dich ist.“ ,säuselt Jackie, die ich jetzt gar nicht mehr so sexy finde. „Als nächstes erzählst du mir wahrscheinlich, das es noch mehr von uns gibt und ihr die Weltherrschaft an euch reißen wollt.“ „Genau.“ ,mischt sich Adenauer in unser Gespräch ein. Es reicht. Sämtliche Sicherungen fliegen aus meinem System. Ich springe auf, reiße der Schaufensterpuppe den rechten Arm aus Vollholz aus dem Gelenk und schlage ihm damit auf den Schädel. Die eine Seite vom Kopf platzt weg. Es staubt und etwas vertrocknetes plumpst auf den Boden. Könnte sein Gehirn sein. „Tja, Addi! Da staunst du aber! Wer hat jetzt das letzte Wort, Arschloch?“ „Scheiße. Schau dir an, was du gemacht hast. Wie soll ich das verdecken?“ stöhnt Adenauer genervt. Der Sack ist nicht umzubringen. Mann. Logisch. Wie willst du jemanden umbringen, der schon tot ist? „Also Jack. Jetzt lass doch diese Albernheiten.“ bittet mich Jackie. Und mit einem Mal ist alles wieder da. Ich bin Jack. „Jetzt weiß ich wieder wer du bist? Wir trafen uns an meinem letzten Abend unter den Lebenden auf auf dem Balkon. Ich balancierte auf dem Geländer und du bist ohne Angst auch hinauf geklettert, um mir Gesellschaft zu leisten. Es war das beste Gespräch das ich je hatte. Wir sprachen über Gott und Liebe. Über die Sonne und den Wind und den Penner an der Bar, der in den Eiswürfeleimer gekotzt hatte. Du sagtest der Tod ist nicht das Ende und ich lachte und meinte, wenn das so ist, sollte ich mir unbedingt einen neuen Anzug bei Dressman bestellen, denn dieser hätte reichlich Koksflecken.“ „Ja. Und dann bist du weggerutscht und auf den 6 Meter darunterliegenden Balkon geknallt und hast dir das Genick gebrochen und ich hab dich zurückgeholt, weil ich dich brauche.“ ,lächelt Jackie. „Ach ja? Um kleine Untote mit mir zu zeugen?“ „Nein, weil ich dich liebe.“ „Liebe ist doch nur ein Wort. Lügen. Nichts als Lügen. Das ist doch noch so ein Schwindel. Genau, wie der Tod. Damit hast du mir das Einzige genommen, auf das ich mich verlassen konnte. Das nämlich dieser ganze Scheiß irgendwann vorbei ist.“ „Schatz. Es ist nichts vorbei. Es fängt doch grad` erst an.“ ,säuselt Jackie. Mit der flachen Hand schlage ich ihr direkt ins Gesicht. Sie fliegt zur Seite und ich stürme aus Adenauers Einraumwohnungsklo ins Freie. Na wenigstens bin ich gut angezogen und im Vollbesitz meiner Sinne. Zuerst ins > Magic Hole < um BEAVIS & BUTT-HEAD, diese beiden bescheuerten Abdeckstiftbenutzer, so richtig was auf die Fresse zu geben. Zum Strip Lokal führt ein roter Teppich und am Eingang steht ein breitschultriger Kerl in der Ausgehuniform der Navy-Seals. „Guten Abend Sir. Mein Name ist William. Kann ich bitte ihre Einladung sehen? Heute ist Clubtreffen.“ ,spricht er mich höflich an. „Sicher.“ ,gebe ich ebenso verbindlich und zuvorkommend zurück und ramme ihm meine Faust in den Unterleib und das Knie genau zwischen die Augen. „Das nennen wir in unserer Heimat einen Doppelwhopper. Nachschlag nur auf Anfrage.“ ,presse ich zwischen den Lippen hervor. Da William sich auf dem Boden windet steige ich mit einem großen Schritt über ihn hinweg. Heute sind im Club wohl nur die Reichen und die Schönen. Die beiden Knalltüten wirken an der Bar dadurch natürlich noch mehr wie ein Furunkel am Arsch meines Vetters Mütterlicherseits. Leichten Schrittes schlendere ich zu ihnen hinüber und bestelle einen Rob Roy. „Geschüttelt oder gerührt?“ ,fragt mich der Barkeeper und schaut, als wenn er einen köstlichen Witz gemacht hat. „Halt die Fresse.“ ,sage ich nur. Worauf er sich beleidigt verzieht. Am Ende der Bar hockt eine 70 jährige mit schneeweißem Haar. Für einen kleinen Moment ergreift mich Schwindel, weil ich an den Killimanscharo denke und einen Flashback habe. Ihre roten Ohrclips glitzern im Licht. Sie greift in ihre rote Handtasche, holt eine Schlange heraus und legt sie auf den Tresen. Niemand scheint sich daran zu stören. Alle unterhalten sich weiter und schniefen Dope durch die Nase. Ich überlege, wie schön jetzt ein Zug durch die Gemeinde wäre, komme aber wieder zu meinem eigentlichen Ziel zurück und belausche die beiden Intelligenzbestien neben mir. BEAVIS: „Alter. Geil. Heute gibt es keinen mehr Job der erledigt werden muss.“ BUTT-HEAD: „Ja, denn den mit Jack hast du ja versaubeutelt.“ BEAVIS: „Was soll das heißen? Ist doch alles Spitze gelaufen. Erst mal was über den Schädel dann mit dem Impfstoff C/UDV12 impfen und später eintüten.“ BUTT-HEAD: „Ja! Aber, weil du so eine Dumpfnase bist, hast du ihm zuviel C/UDV12 gegeben und er ist nicht mehr aufgewacht.“ BEAVIS: „Doch ist er.“ BUTT-HEAD: „Aber viel zu spät. Deswegen sollten wir ihn ja verbrennen. Und es wäre auch alles Sahne mäßig gelaufen, aber nein, du wolltest ja unbedingt Jackies Titten sehen. Du blöder Sack.“ Ich greife mir mit der linken Hand die Schlange, die sich gerade an meinem Glas vorbei schlängelt. Mit der rechten packe ich den Kopf von BEAVIS und knalle sie auf den Tresen. Dem anderen stopfe ich die Schlange in den Hals und schleife ihn zum Klo. Dort drücke ich auf spülen und verpasse BUTT-HEAD eine Dauerwelle erster Güte. Nachdem er genug Klowasser gesoffen und die Schlange damit runter gespült hat gebe ich ihm mit der Faust eine auf die Stirn und frage: „Du scheinst der Schlauere von euch zu sein. Ich stell die Frage nur einmal: Wer ist der Oberfuzzie von euch Kanalratten?“ BUTT-HEAD: „Das ist der Großmeister.“ „Was soll das heißen? Ich bin hier nicht beim fröhlichen Kinderraten.“ Um das Gesagte zu unterstreichen hebe ich ihn hoch und will ihm seinen Kopf gerade auf das funkgesteuerte Gebläse des Handtrockners schlagen, als mich BEAVIS von hinten wie eine Beutelratte anspringt und mir ein Stück meines rechten Ohres abbeißt. Mit einer schnellen Bewegung greife ich nach hinten und werfe ihn neben seinen Kompagnon. Eine durchdringende Sirene ertönt. BUTT-HEAD: „Wir müssen weg.“ ,ruft er panisch aus. „sonst sind wir am Arsch. BEAVIS: „Wir zeigen dir den Weg hier raus. Schnell!“ Sie öffnen eine Geheimtür hinter dem Stehpissior und wir flüchten durch einen gut beleuchteten, mit weißen Kacheln ausgekleideten Gang in einen Nebenraum und von da ins Freie. Gegenüber gibt es einen Erotikladen mit Zugang zu einer Peepshow. So ruhig wie möglich, gehen wir hinein und tun so, als wären wir drei notgeile Böcke, auf der Suche nach Erleichterung. Die beiden Supertrottel brauchen sich in keiner Weise verstellen. Genauso wenig, wie ich. Halleluja. Ich nähere mich immer weiter dem untersten Niveau. Wir quetschen uns also zu dritt in diese kleine Kabine, umgeben von gebrauchten Papiertüchern und anderen Substanzen, die ich lieber nicht genauer erklären will. „Also ihr zwei Hülsenfrüchte ohne Inhalt, aus welchen Grund seid IHR geflohen?“ ,presse ich mühsam hervor, da BEAVIS mit seinen roten Hackenschuhen,die er der Oma am Tresen abgenommen hat, auf meinen Füssen steht. BEAVIS: „Alter. Wir haben dir von dem Großmeister erzählt. Wir sind erledigt. Es sei denn wir fliehen nach Usbekistan zu meinem Schwager. Der betreibt dort eine Hühnerfarm.“ „Eine Hühnerfarm.“ ,wiederhole ich spöttisch. BEAVIS: „Ja. Mit Gänsen.“ Über soviel Dummheit lässt sich nichts mehr sagen. Außerdem tritt jetzt die leicht bekleidete Dame auf und beginnt sich auf einer rotierenden Scheibe zu rekeln. Da es höchst unerotisch ist, versuche ich den Raum zu verlassen, aber wir sind so in einander verkeilt, das ich nicht weiß wie. BUTT-HEAD: „Alter. Ist das steife Ding an meinem Knie dein Bein?“ BEAVIS: „ Also, mein Bein ist es nicht.“ BUTT-HEAD: „ Das ist ja ekelhaft.“ Endlich kommt Bewegung in die Kabine und wir drängen uns ins Freie. „Also ihr Wichsnasen, wieso helft ihr mir auf einmal?“ ,frage ich genervt. BEAVIS: „Alter. Wenn wir nicht sofort verschwinden, aber in questo Momento, werden wir umgelegt.Sie hacken uns in Stücke und heizen ihre Wohnungen damit.“ BUTT-HEAD: „Genau. Ihre Wohnungen und ihre Kamine.“ BEAVIS: „Und ihre Grills.“ BUTT-HEAD: „Nein die nicht. Das macht doch gar keinen Sinn nicht.“ BEAVIS: „Doppelte Verneinung.“ BUTT-HEAD: „Was?“ BEAVIS: „Das >nicht< hinter dem Sinn. Das macht keinen Sinn.“ Das wird mir langsam zu bunt und ich schlage BEAVIS mit der flachen Hand auf den Hinterkopf. „Also ihr Gipsköpfe. So, wie ich das sehe haben wir zwei Optionen: Erstens > Neue Identitäten und in einem schäbigen Fischerdorf in Kai Pan versauern. Oder Zweitens > Wir legen die Schweine alle um.“ BEAVIS: „Oooooooooooooder wir gehen zurück in den Pornoladen und schauen ob die Ilse heute Dienst hat. Also Peepshow mäßig.“ Innerlich werfe ich meine Arme gen Himmel und rufe alle Götter ,die da so rum schwirren, an und frage, warum gerade ich mit diesen hochgradig debilen Charakteren geschlagen bin? „Auf geht’s! Wir suchen uns ein Versteck und beraten was zu tun ist.“ ,befehle ich. Wir gehen also runter zum Hafen, weil es da die schlimmsten Kaschemmen mit den zwielichtigsten Personen gibt. Auf dem Weg dorthin überfallen wir den dort ansässigen Dealer und klauen ihm einen Beutel Koks und seine ganze Kohle. 25.000.- Dann kehren wir bei Harry`s Haifischbar ein und bestellen eine Cola. Das ist uns dann, aber doch zu auffällig und wir bestellen drei Cola. So! „Bist du Harry?“ ,frage ich so nebenbei, während ich mir eine Havanna anzünde. „Wer will das wissen?“ ,fragt er zurück und wischt den Tisch mit einem Lappen. „Der Mann mit 25.000 guten Gründen.“ „Was will der Mann dafür?“ „Einen Platz, um mit seinen Kumpels in aller Ruhe über das Ende der Welt nachdenken zu können.“ ,flüstere ich mit betont rauchiger Stimme. „Dem Mann kann geholfen werden.“ Er legt seine blutige Schürze auf den Tisch und bedeutet uns, ihm zu folgen. Hinter dem Tresen hat er ein kleines, dreckiges Büro mit einer Schlafcouch. In der Ritze steckt immer noch ein roter Frauenslip und ein roter Damenschuh. Sofort denke ich an die Oma aus dem Club und würde mich gern übergeben, wenn ich nur könnte. In dem, mit dutzenden vergilbten Ordnern, maskierten Raum befindet sich eine Luke. Er öffnet sie und wir steigen hinab. Die eiserne Treppe ist lang. 20 Meter führt sie nach unten und dort eröffnet sich uns eine geräumige Bunkeranlage. Sehr gemütlich. Sehr sauber. Er greift sich den Koffer mit den 25.000 und verzieht sich. Die beiden Gehirn amputierten Volksnarren greifen sich erst mal ein Bier aus dem Kühlschrank und sind bester Laune. So, als wäre nichts geschehen und so als ständen sie nicht auf der Todesliste quasseln sie irgendetwas von Geheimdiensten und das James Bond eine real existierende Person sei. So wie Superman und Abraham Lincoln. Und ich überlege, wieder ein mal, ob Geburtenkontrolle doch eine gute Idee ist. „Das ganze kommt mir spanisch vor.“ ,spreche ich nachdenklich vor mich hin. BEAVIS: „Spanisch find` ich gut. Die Bärbel aus dem Bistro kommt aus Bangladesch. Die ist voll nett.“ BUTT-HEAD: „Mann Alter. Die spricht doch nicht spanisch, sondern Bangladesisch.“ ,meint er stolz und zwinkert mir zu, als wüsste er Bescheid. Ich finde mich damit ab, mit zwei Intelligenzverweigerern den Bunker zu teilen und überlege für mich allein: Der Wirt hat schnell zugegriffen, obwohl er uns gar nicht kannte. Untypisch! Oder kannte er uns doch? Hat er schon vorab Informationen erhalten? Wieso überlässt er uns den Luxus Bunker mit dieser extravaganten Ausstattung? Auf all diese Fragen gibt es nur eine Antwort: Das ist eine Falle!!! Ich nehme den beiden Schwachmaten das Bier aus der Hand. Wir müssen hier raus. Sofort! Ich zerre und schiebe sie zum Ausgang, doch gerade, als wir am Fuß der Leiter sind, öffnet sich die Luke und wir hören die Stimme von Jackie. „Jeder Bunker hat einen zweiten Ausgang. Zurück!!!“ ,flüstere ich. Der Bunker ist riesig und wir suchen den Notausstieg und finden eine Kalaschnikow ak 47. Nagelneu. Besondere Verwendung fand sie im 2. Weltkrieg und wurde hauptsächlich von den Russen verwendet. Es wurden 80 bis 100 Millionen Exemplare davon hergestellt. Eine großartige und robuste Waffe, die selbst unter schwierigen Umständen und widrigen Wetterverhältnissen einwandfrei funktioniert. Genau das, was ich brauche. Ich reiße sie von der Wand und entdecke weitere Knaller die ich in eine schwarze Adidas Tasche, im Vorbeilaufen, stopfe. Handgranaten. Zahlreiche Magazine. Handfeuerwaffen. Blendgranaten. Panzerfäuste. Ein Musketierheft aus dem Jahr 1970 und einen Feuerwerfer. „Junge.“ ,höre ich eine dunkle Stimme mit starkem Akzent. Sie kommt aus dem hinteren Teil des Bunkers von einem Mann der im Campingsessel sitzt. Er steht auf und sagt: „Hier entlang.“ Er öffnet eine Luke, die in einen Gang mündet. Wir schlüpfen hinein und verschließen die Luke von außen. 10 Minuten später befinden wir uns an der Autobahn Richtung Rammelsbach. „Ich bin Michail Timofejewitsch Kalaschnikow und um alle dämlichen Fragen gleich am Anfang zu erledigen. Ja, ich bin der Erfinder der ak 47 und tot und werde seit Jahrzehnten im Bunker gefangen gehalten, um neue Waffen zu entwickeln.“ Das ich tatsächlich einmal meinem Helden aus den Kindertagen begegnen werde, habe ich nie auch nur zu träumen gewagt. Natürlich melden sich auch gleich die beiden Heiopeis zu Wort und ruinieren mir diesen großartigen Augenblick. BEAVIS: „Michail wer?“ BUTT-HEAD: „Kaschmir Alter. Tschuldigung für die Unwissenheit meines Freundes.“ Michail und ich schauen uns nur an. Ja. Blicke sagen manchmal mehr als tausend Worte. Da stehen wir nun. Mitten auf der Johanns Allee. Es ist Nacht. Der Vollmond sieht unecht aus. Wie eine riesige Scheibe aus gelben Papier. Mühsam zurechtgeschnitten und an den Himmel gepappt. Als Gott die Erde schuf hat er bestimmt zu seinen Engeln gesagt: „Jungs. Die Nacht ist finster auf der Erde, wir brauchen etwas Helligkeit. Hat jemand eine Idee?“ „Ich. Ich. Ich.“ ,drängt Gabriel sich in den Vordergrund. „Ja.“ ,spricht Gott mit seiner dunklen Ehrerbietung zollenden Stimme. „Wieso darf Gabriel immer als erster? Das ist doof.“ ,meckert Raphael der Engel mit den längsten Haaren, der sich für einen großen Maler hält. „Warum schneiden wir ihn nicht aus diesem gelben Papier. Das liegt zuhauf noch im Lager?“ ,mischt sich jetzt auch noch Uriel ein. „Bitte, wenn ihr alle so schlau seid, mach ich nicht mehr mit. Offensichtlich will hier niemand meine tolle Idee hören. Aber eins sage ich euch, ab sofort spiele ich meine Harfe allein auf Wolke 7.“ ,mault Gabriel die Anderen an. Gott stöhnt genervt, atmet hörbar aus und sagt: „Also. Uriel. Papier aus Lager holen zurechtschneiden und anbringen.“ „Jawohl, Chef.“ Also eins ist klar. Es spielt keine Rolle, ob du bei der Nasa oder im Himmel bist. Überall gibt es einen Chef. Einen Trottel. Einen Besserwisser und ein Arschloch. Aber zurück zu unserem Elend. Ich hatte sogar zwei Trottel. Vielleicht war ich gar nicht der Chef, sondern auch ein Trottel. Wie, sonst lässt sich diese verfahrene Situation erklären? Rechts ist ein Denkmal vom alten Fritz. Noch so ein Vernichter von Leben und Ressourcen. Spielt keine Rolle, wie sie alle heißen: Alexander der Große. Cäsar. Stalin. Napoleon. Mao. Attila. Dschingis Khan. Xerxes. Obelix. Ach nein, das war was anderes. Es geht immer, um noch mehr Land. Noch mehr Reichtum. Noch mehr Macht. Und natürlich um die folgerichtige Unterdrückung, der zu besiegenden Völker. Also Friedrich jedenfalls, war eigentlich eine arme Sau. Sein Dad, Wilhelm der Erste, hat dafür gesorgt das der Freund von Friedrich hingerichtet wurde. Denn, schwul sein ging leider gar nicht. Da waren Könige und Bettler sich einig. Es sei denn, man war selber vom anderen Ufer. Dann war`s ok. Jedenfalls quälte Wilhelm seinen Sohn wo es nur ging und zwang in in das enge Korsett des Militärs. Friedrich spielte mit und wurde 1740 König. Er schaffte die Folter und die Zensur ab. Das war eine gute Sache, aber dann dachte er sich zu Hause ist es auch langweilig. Immer nur Kartoffeln essen macht auch keinen Spaß und führte zahlreiche Kriege und verheerte das Land. Aus irgendeinem Grund wird er der Große genannt. An seiner Länge kann es nicht gelegen haben Fünf Fuß, zwei Zoll. Also 1,62. An seinem Verhalten auch nicht. Denn er war ein Griesgram erster Güte. Ich glaube die Leute stehen einfach auf erfolgreiche Typen. Egal, wie sie es erreichen. Ich fürchte, das es uns mit den Kinder der Morgenröte auch so ergeht. Plötzlich höre ich eine Stimme aus der Seitenstraße: „Hi Süßer. Wie wär`s?“ „Maggie? Maggie Mae?“ ,frage ich erfreut. „Genau.“ ,lacht sie. Sie nimmt uns mit auf ihr Zimmer. Eine billige Absteige, in einem heruntergekommenen Viertel. Da sitzen wir dann. Es riecht nach Blumen und sie lacht. Bevor sie als Hure gearbeitet hat, war sie Managerin bei Mc Donald. Sie sagt, all das tote Fleisch hätte sie zu sehr deprimiert. Wenn sie wüsste was für Zeiten auf uns zu kommen, würde sie sich wahrscheinlich gleich die Pulsadern aufschneiden. Vorsichtshalber gehe ich zu ihr rüber und küsse sie. Warme Lippen. Ich greife unter ihre linke Brust und spüre den Herzschlag. Alles klar. Sie lebt. Ein leichtes Zittern geht durch ihren Körper. Sie löst sich aus meiner Umarmung und geht zu ihrem Plattenspieler. So ein ganz billiges Ding. Rot. Portabel. Die Boxen lassen über dem Plattenteller befestigen. Sie Legt Summerwind von Sinatra auf. Damit macht sie alles richtig. Sie ist einfach eine liebenswerte Person. Sie wirft mir diesen Blick zu, der mir sagt, das sie mich braucht. Meine Zuneigung. Mein Vertrauen. Meine Liebe. Ich kann ihr nichts von all dem geben. Konnte ich nie. Auch nicht, als ich noch unter den Lebenden weilte. Die Anderen gingen mir echt am Arsch vorbei. Besonders die Frauen. Wenn ich was von ihnen wollte, kamen sie in den Genuss einen Schauspieler vor sich zu haben. Und ich war verdammt gut, wie die meisten Arschlöcher liebte ich nur mich selbst, aber das von ganzem Herzen. Frauen waren für mich nur Mittel zum Zweck. Die meisten konnten mir ohnehin nie das Wasser reichen. Oder war es vielleicht genau umgekehrt? „Erinnerst du dich?“ ,fragt Maggie mit dieser zärtlichen Stimme. „Ja.“ ,lüge ich, um sie nicht zu verletzen. „Du warst der Einzige, der mich nie wie eine Hure oder Heilige behandelt hat.“ ,flüstert sie. Sie setzt sich neben mich und streichelt meinen Nacken. BEAVIS „Alter. Geht`s vielleicht noch schmalziger?“ BUTT-HEAD: „Alter. Das ist Liebe.“ „Ihr seid wirklich die dümmsten Schrottköpfe, die ich je in meinem Leben kennengelernt habe.“ beschwert sich Michail Kalaschnikow. In diesem Moment wird die Tür aufgebrochen und eine Blendgranate setzt uns für einen Moment außer Gefecht. Dann kommt das Schreien und das Chaos. Michail wird der Kopf mit einer Pumpgun weg geschossen. BEAVIS UND BUTTHEAD bilden eine menschliche Mauer um uns zu retten. Vielleicht ist es auch nur Zufall. Sie werden verbrannt. Ich nutze die Sekunden, greife Maggie und stürze mich durch das geschlossene Fenster. Wir fallen aus dem dritten Stock und knallen auf den Asphalt. Sie liegt noch immer benommen in meinem Arm, als ich aufstehe und sie in den Müllcontainer werfe. Im letzten Moment springe ich hinterher. „WO SIND SIE? WOOOOOOOOOOOOOOOOO SIND SIE?“ ,schreit Jackie. In ihrem Tobsuchtsanfall hinein hält ein Wagen. Es ist der Oberfuzzie. Ich überlege, mit einem großartigen Auftritt heraus zuspringen und ihm den Kopf abzureißen. Lasse es dann aber doch, weil ich erstens nicht Godzilla bin und zweitens Maggie sicher danach getötet oder schlimmer noch, infiziert wird. Durch einen Spalt kann ich die Szene genau beobachten: Der Großmeister, ein Kerl mit langem grünen Lodenmantel und schwarzem Biberfell Hut steht breitbeinig, wie eine Giraffe kurz vor dem Pissen, direkt vor Jackie und schaut sie gleichgültig an. Dann greift er mit einer schnellen Bewegung unter seinen Mantel und holt ein Bowie Messer hervor. Damit schneidet er ihr in einer zügigen Bewegung den Kopf ab. Tja, Schlampe. So kann`s gehen. Sie stopfen den Körper in einen Plastiksack. Ist einfach. Kein Blut. Keine Sauerei. Nur ein bisschen Staub. Kurz darauf verlässt der Konvoi die Seitenstraße und bis auf eine Ratte, die mühsam einen toten Vogel hinter sich her zieht, sind wir allein. Maggie kommt zu sich und wir steigen aus dem Müll heraus. Da wir, wie tausend nackte Hyänen stinken folgen, uns 20 Ratten und fletschen ihre Zähne. Nach einem Bad in dem nahen Fluss sind wir sie los. Ich besorge uns richtig geile Klamotten in Bärbels Boutique und lasse ihr den toten Vogel dafür da. Sorry Mr. Rat, aber Eigentum wird überbewertet. In der Nähe gibt es eine Kneipe. The Barber Shop. Dort trifft sich das ganze Gesindel. Hausmütter die sich mit gelegentlichem Beischlaf über Wasser halten. Kleine Dealer, die dem Penner von nebenan die Schuhe für ein paar Cent klauen. Teenager, auf die schiefe Bahn gekommen, im Drogenrausch. Granny`s. Einsam. Abenteuerlustig. Grausam. Immer zu einem Blowjob bereit. Straßenhuren, ohne Träume. Ohne Hoffnung. In einem Leben von Nacht zu Nacht. An der Bar werden zwei Plätze frei. Wir sind weiße Blutkörperchen in einem Meer voller Viren. Schöne Metapher. Ich grinse und freue mich. Eine Nebelmaschine sorgt für die richtige Stimmung, als ein, als Vampir verkleideter Gnom auf dem Tresen tanzt und Blut trinkt. Hoffe das es tatsächlich nur eine Verkleidung ist, da sonst der Glanz aller Vampirfilme hinüber wäre, denn der Zwerg ist im höchsten Maße hässlich und liefert eine jämmerliche Vorstellung ab. „Na Alter. Du siehst aus, als bräuchtest du ´ne richtige Dröhnung.“ ,meint der Wirt. „Nur wenn es das richtige ist.“ ,erkläre ich. „Ich kann dir alles besorgen.“ „C/UDV12.“ ,sage ich. „Alter. Das ist nur für die ganz Beknackten. Das willst du nicht. Es gibt kein zurück. Wenn du das genommen hast, bist du am Arsch. Für immer.“ ,spricht er. „Bin sowieso am Arsch.“ „Das kostet aber.“ „In einer Stunde bringe ich dir 25.000.“ Er nickt. Also ziehen wir wieder los. Ich bringe Maggie nach Hause und küsse sie zum Abschied. „Unser letztes Rendezvous habe ich mir anders vorgestellt.“ ,sagt sie und schaut mir in die Augen. „Es gibt kein letztes Mal für uns. Nur einen neuen Anfang.“ ,flüstere ich ihr zu. „Ist das so?“ Ich nicke. Ganz leicht. Ich gehe ohne mich umzudrehen. Wir werden uns nicht wieder sehen. In Harry`s Haifischbar suche ich nach dem Verräter. Er steht, mit dem Rücken zu mir an einem Tisch mit zwielichtigen Gestalten. Ich glaube den Polizeipräsidenten, nebst Geliebten zu erkennen. Mittlerweile bin ich höchst verunsichert, wer tot und wer lebendig ist und welchen Unterschied es macht. Regierungen kommen und gehen. Der Pöbel feiert und nörgelt. Die Drogen dürfen nicht versiegen und ein Blowjob ist immer noch ein Blowjob. Spiele und Brot. Das war schon im alten Rom ein Grundsatz, um die Bürger bei Laune zu halten. Daran hat sich nichts geändert. Harry geht in sein Büro und ich folge ihm. Von hinten werfe ich ihm eine Drahtschlinge um den Hals und flöte ihm ins abgekaute Ohr: „Na, mein Süßer. Eine falsche Bewegung, ein kleiner Muckser und ich trenne deinen Schädel vom Rest des Körpers. Wo ist die Kohle?“ Er deutet unter den Schreibtisch. Mit einem Ruck ziehe ich die Schlinge zu und schon rollt der Kopf zur Tasche unter den Tisch. Schnell zurück in den anderen Schuppen. Als ich vor der Tür stehe, sehe ich die Karawane des Großmeisters vor der Tür stehen. „Schlechtes Timing. Ganz schlechtes Timing.“ ,raune ich, wie die sieben Zwerge in den kühlen Abendwind, bevor sie das kalte Schneewittchen in den gläsernen Sarg packen. Ich lege mich auf die Lauer. Vom nahen Park gibt es einen grandiosen Blick auf den Dreck und die Traurigkeit vor dem Laden: Zwei abgewrackte Crack Nutten mit verfilzten, schlecht blondierten Haaren schlendern auf und ab und sind auf Kundenfang. Ihre, mit schwarzen Zahnstümpfen, besetzten Münder wirken wie offene Garagentore, die in einen stinkenden Abgrund führen. Abstoßend mit einem Hauch ins Ekelhafte. Im Hintergrund treiben es zwei Straßenhunde, die ihre besten Zeiten auch schon hinter sich haben. Unterernährt und geil rammeln sie, als gäbe es kein Morgen. An der Ecke steht ein Typ mit Trenchcoat, der auf den richtigen Moment wartet sein schlaffes Ding der Welt zu präsentieren. Ihr Leben ist kein Geheimnis. Sie sind die Ausgestoßenen. Ihnen ist der Eintritt verwehrt. So ist es wohl. Es gibt zwei Abteilungen. Die, die im Kreis sind und die Anderen. Und die draußen sind, wollen rein und wenn sie drin sind vergessen sie das Draußen. Wie Eltern, die vergessen, das sie Kinder waren. Vergessen die Unsicherheiten und das Lachen. Die Freude und den Schmerz. Das Leben ist, wie eine billige Kopie von........von........Wallmart. Alles ist verfügbar, aber niemals, als Original. Scheiße. Ich dachte, das mit den Gefühlen hätte sich erledigt. Ich bin deprimiert. Fuck. Nach einer halben Stunde kommen der Großmeister und sein Gefolge aus dem Barber Shop. Der Letzte von seinen Schleimern zieht einen schwarzen Sack hinter sich her. Das war`s dann wohl für Larry. Eigentlich kein Verlust, aber wo bekomme ich jetzt das C/UDV12 her? Nachdem die Hackfressen abgedüst sind, gehe ich in den Laden und durchsuche ihn. Keiner von den Gästen nimmt Notiz davon. Die sind offensichtlich Kummer gewohnt, deshalb gibt es Freigetränke bis zum Kotzen, aber auch dazu sagt niemand was. Egal. Nach einer halben Stunde finde ich ein kleines Tütchen mit einem lila Pulver. Bingo. Mein Plan ist einfach. Analyse Gegenmittel Die Toten bekommen keinen “Nachwuchs“ und können Schritt für Schritt erledigt werden. Jetzt schnell zu Dr. Friedrich Heisenberg. Wo wohnt der doch gleich. Wintergasse? Straße des dritten Frühlings? Herbstallee? Ich schaue im Telefonbuch nach. Wintergasse! Okay! Eine Villa am Stadtrand. Schön. Unwillkürlich bringe ich meine Kleidung in Ordnung und klingele. Ein Butler öffnet die Tür. „Wen darf ich melden.“ „Pinkman.“ ,sage ich lachend. „Sehr wohl.“ „Nein halt. Scherz. Mein Name ist Jack.“ Naserümpfend dreht er sich auf dem Absatz um und überbringt seinem Herr die frohe Botschaft. Während ich im Vestibül warte und mir ein Bild über die Schöpfung der Erde ansehe, überlege ich, ob Gott tatsächlich so ausgesehen hat. Stechender Blick. Weißer Rauschebart. Wilde Mähne. Sieht eher, wie mein Direktor aus der Oberprima aus. Seine Gattin, war ein Drachen erster Güte und immer, wenn es zu Hause Stunk gab, mussten die Schüler das ausbaden. Ich habe beide gehasst. Direktor Schweighöfer und seine Frau Auguste. Ihre gewaltigen Brüste dominierten bei ihrem täglichen Besuch den kompletten Pausenhof und alle klebten mit ihrer Nase am Fenster. In einer lauen Nacht im Mai fotografierte ich sie und verkaufte die Bildchen an meine geifernden Schulkameraden. Der Direktor machte mich, als Drahtzieher ausfindig und ich musste die Bibelstelle über den Turmbau zu Babel auswendig lernen. DER TURMBAU ZU BABEL 111Es hatte aber alle Welt einerlei Zunge und Sprache. 2Als sie nun von Osten aufbrachen, fanden sie eine Ebene im Lande Schinar und wohnten daselbst. 3Und sie sprachen untereinander: Wohlauf, lasst uns Ziegel streichen und brennen! – und nahmen Ziegel als Stein und Erdharz als Mörtel 4und sprachen: Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen, dessen Spitze bis an den Himmel reiche, dass wir uns einen Namen machen; denn wir werden sonst zerstreut über die ganze Erde. 5Da fuhr der HERR hernieder, dass er sähe die Stadt und den Turm, die die Menschenkinder bauten. 6 Und der HERR sprach: Siehe, es ist einerlei Volk und einerlei Sprache unter ihnen allen und dies ist der Anfang ihres Tuns; nun wird ihnen nichts mehr verweh“rt werden können von allem, was sie sich vorgenommen haben zu tun. 7Wohlauf, lasst uns herniederfahren und dort ihre Sprache verwirren, dass keiner des andern Sprache verstehe! Ich hab ihm dann später den Benz Motor mit einer Zuckerlösung betankt und so einen Haufen Schrott aus seiner Limousine gemacht. Nach einer Weile. So ca. eine halbe Stunde, kommt Heisenberg in seinem Brokat Morgenmantel und sieht sehr geschäftig und aus. Doch als er mich erkennt umarmt er mich herzlich und meint: „Wir haben uns ja seit Jahren nicht gesehen. Seit Jahren.“ Da haben wir auch gleich einen seiner Spleens. Er wiederholt bestimmte Stellen im Satz, um ihnen noch mehr Bedeutung zu geben. Außerdem zieht er seine Augenbrauen beim Sprechen, so weit es geht, nach oben. Wohl, um einen Ausdruck des grundsätzlichen Erstaunens kundzutun. Er blinzelt nie, was mich reichlich verwirrt und ich ihn deshalb zeitweilig für einen Androiden hielt. Also ein menschenähnliches Maschinenwesen. Doch wahrscheinlich besteht er aus Fleisch und Blut. „Wie geht es ihnen, mein Lieber? Wie geht es ihnen?“ ,fragt er mit gestelzter Höflichkeit. „Oh, also es geht mir gut. Und ihnen, Dr. Heisenberg?“ „Leidlich. Leidlich. Lieber Freund. In letzter Zeit habe ich das Gefühl verfolgt zu werden, aber ich denke das ist nur ein kleiner Anflug von Wahnsinn. Wahnsinn. Nichts Besorgnis erregendes.“ spricht er langsam vor sich hin. „Sie müssen mir helfen Professor.“ „Dr. Heisenberg reicht, mein Junge. Mein Junge.“ „Also, Dr.“ „Dr. Heisenberg. Mein ungebildeter Freund. So viel Zeit muss sein. So viel Zeit.“ ,fährt er mich ärgerlich an. Sollte ich ihm prophylaktisch, was auf die Glocke hauen? Nein. Ich brauche ihn. „Sicher. Dr. Heisenberg. Ich habe hier die Probe eines äußerst gefährlichen Stoffes. ES heißt C/UDV12 . Es verwandelt Tote in lebende Leichen.“ „So so.“ ,sagte er nur und ist in keiner Weise erstaunt. „Ich benötige ein Gegenmittel.“ „Sicher. Das ist kein Problem. Geben sie mir ein bis zwei Jahre. Ein bis zwei Jahre.“ ,sagt er. „Soviel Zeit haben wir nicht. Eine Woche.“ „Mein Lieber. Wie stellen sie sich das vor. Eine Woche. Warum nicht gleich 24 Stunden? 24 Stunden.“ ,gibt er entrüstet von sich und überprüft im Spiegel seine zerzauste, sturmerprobte Frisur. „Dr. Heisenberg. Es geht um das Wohl der Menschheit. Um Leben und Tod.“ „Ach Jack. Jack. Jack. Jack. Geht es das nicht immer? Und die Welt dreht sich trotzdem weiter. Trotz aller Kriege und Seuchen. Trotz der menschlichen Verrücktheit. Ich bin der beste Wissenschaftler, des Kontinents, aber ich bin kein Zauberer. Kein Zauberer. Wussten sie übrings das Houdini, der große Entfesslungskünstler mit Arthur Conan Doyle, dem Verfasser der Sherlock Holmes Geschichten befreundet war?“ Er wartet die Antwort nicht ab, sondern geht in einen kleinen Raum unter der großen Treppe. Ich vermute. Es ist die Abstellkammer. Der Butler bringt mich freundlich, aber energisch zur Tür. Draußen setze ich mich auf die Marmor Stufen und sehe einem Mann mit blauen Shirt zu. Es ist übersäht mit schwarzen Kreuzen in verschiedenen Größen. Auf seinem Rücken befindet sich die Aufschrift: > Betet! Das Ende ist nah < Aufgeregt geht er in der Straße auf und ab und versucht jedem eine Bibel anzudrehen, aber keiner will sie. Mit jeder Ablehnung steigert er sich mehr in seine Wut hinein. Er rauft sich die Haare und reißt an seinem T-Shirt herum. So, das die aufgedruckten Kreuze in die Länge gezogen werden. Dann beginnt er die Passanten anzuschreien: „Ihr blöden Säcke. Jetzt nehmt doch diese Scheiß Bibel. Ihr habt es verdammt nötig, Gott näher zu kommen. Armageddon steht vor der Tür und ihr tut so, als wäre alles in Ordnung. Aber eins kann ich euch sagen, Arschlöcher kommen nicht in den Himmel und wenn ihr klopft, werd` ich nich` aufmachen. So sieht`s nämlich aus. Gott und ich - wir sind so.“ Er schaut wild in die Gegend und kreuzt Mittel- und Zeigefinger. „Wir brauchen keinen Priester in dieser gottlosen Welt.“ ,rufe ich ihm zu. „Da täuscht du dich. Nur einer kann die Dunkelheit durchbrechen.“ ,antwortet er. „Alles kann die Dunkelheit vertreiben. Sieh her.“ ,entgegne ich. Ich ziehe aus meiner Tasche ein Sturmfeuerzeug und entzünde es. „Die Flamme wird alles reinigen.“ ,sagt er. „Nach dem Ende beginnt es von vorn.“ „Du bist also nicht nur Priester, sondern auch Prophet.“ ,sage ich ironisch. Er nimmt seinen kleinen Karren mit den Bibeln, und macht sich auf den Weg. Nach ein paar Metern dreht er sich um: „In der Welt, mein Freund, ist es Nacht und sie ist bereits tot.“ Dann verschwindet er. Eine Bibel liegt aufgeschlagen auf der Straße. „Denn ich habe kein Gefallen am Tod dessen, der sterben müsste, spricht Gott der HERR. Darum bekehrt euch, so werdet ihr leben.“ Hesekiel „Ach du Scheiße! Echt jetzt?“ ,rufe ich aus. „Die Untoten sind wohl nicht unser einziges Problem. Offenbar greift hier sogar die Bekloppheit der Minderbemittelten über.“ Und wie geht`s jetzt weiter? „Ich muss zum Schlachter. Eine superkrasse Option, aber die Einzige, die bleibt.“ Ich also zur nächsten Telefonzelle und 13 Blicke ins Telefonbuch reichen, um die Adresse herauszufinden: Benno Schlachter Hasenpfoten Gasse 12 21396 Bumsdorf Telefon: 137125849 Ich rufe ein Taxi: „Ey Taxi !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!“ Und fahre zur Hasenpfoten Gasse. Was ist das überhaupt für eine Straße? Hasenpfoten Gasse. Wohnen da die Wichtel in kleinen Pilzhäusern? Ach ne. Das waren ja die Schlümpfe. Der Benno ist ein echter Schlachter, aber hat natürlich einen zweiten Job. Er ist Killer für das Syndikat, das auf der ganzen Welt Aufträge erledigt. Ich habe seine Fähigkeiten nie in Anspruch genommen, obwohl mich mein Nachbar eine Zeit lang so genervt hat, das ich ihn am liebsten umgebracht hätte. Damals hielt ich das für moralisch nicht vertretbar. Benno, glatzköpfig und pockennarbig, öffnet mir in seiner blutverschmierten Schürze die Tür und reicht mir seinen Ellbogen, da auch von seinen Händen der rote Lebenssaft tropft und eine kleine Pfütze, unter uns, entstehen lässt. Würde auch gern wieder meine Leitungen damit gefüllt sehen, aber der Zug ist wohl abgefahren. „Bin grad` bei der Arbeit.“ zwinkert er mir zu. „Klienten?“ ,frage ich. „Eine Rinderhälfte für den Boss.“ ,lacht er. „Don Vito Corleone?“ ,frage ich. „Du guckst zu viele Filme, Jack.“ Ich lache. Es hat auch seine guten Seiten tot zu sein. Man braucht sich keine Sorgen darüber machen, das einem jemand was antut. „Rotwein?“ ,fragt Benno der Schlachter. Ich nicke und mir kommt der Song Put your Hand in the Hand von Ocean in den Sinn. Ich erwische mich dabei, wie ich ihn leise vor mich hinsumme, während ich den teuren Wein schlürfe. „Hab` mich immer gefragt, warum so ein reicher Fatzke wie du keine Manieren hat?“ ,sagt er. „Ich nicht.“ ,grinse ich. „Warum kommst du zu mir?“ ,fragt Benno mich direkt und schaut mir durchdringend in die Augen. Ich versuche durchdringend zurück zu blicken, aber es gelingt mir nicht. „Ich war bei Heisenberg.“ „Ach du Scheiße. Der ist hinüber. Hat zu viel Klebstoff geschnüffelt.“ „Hätte seine Hilfe bei einem Problem gebraucht.“ „Was Größeres?“ „Sagt dir C/UDV12 was?“ „Allerdings. Schlimme Sache. Macht mich auf lange Sicht arbeitslos. Wenn es in Zukunft nur noch Wiedergänger gibt, wer will dann noch den Schlachter buchen?“ Er geht zu seinem Fleisch und drischt mit den Fäusten darauf ein. Das Blut spritzt zu allen Seiten. Nach einer langen Zeit, in der ich versuche mir das Rauchen wieder anzugewöhnen, geht er zum Waschbecken und wäscht sich akribisch die Hände. „Komm mit.“ ,sagt Benno. Er führt mich in den Kühlraum und schiebt drei Schweinehälften zur Seite. Unten am Boden ist ein versteckter Knopf. Die Wand schiebt sich automatisch zur Seite. Dahinter befindet sich ein großer Raum in dem alles zu finden ist, was das Killer Herz begehrt. Handfeuerwaffen. Panzerfäuste. Maschinengewehre. Handgranaten. Bengalisches Feuer und so weiter. Kommt mir alles sehr bekannt vor. In der Mitte steht ein Granit Block mit einem Glas Kubus. In ihm ist eine Liste. „Auf der befinden sich alle Namen der Wiedergänger. Es ist Zeit Jack. Wir ziehen in den Krieg.“ So soll es sein. Ein Wiedergänger und ein Schlachter, mit der Berufsbezeichnung Killer, treten gegen eine Armee von Wahnsinnigen an. Oder sind wir die Verrückten? Ich schaue mir die Liste genau an. 168 Namen. Geht eigentlich. Stehen sogar Adressen drauf. Halleluja. 168! Eigentlich doch scheiße viel. „Am 23. findet ein großes Fest statt. Alle werden da sein und wir löschen sie aus. Ich habe den Spielmacher schon eingeschleust.“ „Das nervt. Schon wieder ein Neuer. Wieder jemand der den ganzen Plan zunichte machen kann.“ „Wir brauchen ihn, sonst kommen wir nicht auf die Gästeliste.“ „Können wir nicht einfach eine Bombe werfen?“ „Könnten wir, aber dann ist nicht gesichert, das alle draufgehen.“ „Und wie wissen wir das niemand entkommt?“ „Der Spielmacher täuscht einen Angriff von außen vor. Sofort werden alle Türen automatisch verriegelt und etliche Stahlgitter lösen sich in Zehntel Sekunden aus der Arretierung und machen den Saal zu einer uneinnehmbaren Festung, die sich nur durch einen speziellen Code wieder öffnen lässt. Es kommt niemand rein und niemand raus.“ „Und genau da kommen wir ins Spiel.“ ,sage ich. „Richtig.“ „Wie kommen die Waffen hinein?“ „Dafür sorgt auch der Spielmacher.“ „Allright! Let`s go!“ Am Eingang der Veranstaltung werden unsere Einladungen gescannt. Alles Chico. Der Schlachter hat einen Frack an und trägt einen Zylinder. Echt jetzt? Sein dicker Bauch droht die Knöpfe des Hemdes zu sprengen. Aufgrund des Wortwitzes lache ich mich innerlich schlapp. Auf die Bemerkung der Sicherheitskraft, >Dies ist keine Kostümparty<, antwortet Benno selbstsicher, der Großmeister wäre sein Onkel und, wenn er seinen Kopf weiter auf seinen Scheiß Schultern tragen wolle, sollte er jetzt besser die Fresse halten. Das funktioniert und wir werden wir im Laufe des Abends nicht mehr behelligt. Ich checke auf die Schnelle, die Bräute, finde aber keine die interessant genug für eine schnelle Nummer wäre. Eigentlich auch gut so, denn wir sind ja zum großen SCHLACHTEN gekommen. „Wo ist der Spielmacher.“ ,frage ich flüsternd. „Der ist nicht da. Wir brauchen ihn auch nicht. Niemand hat ihn je gesehen. Man erzählt sich, er habe Klauen statt Händen und Hufe anstelle seiner Füße. Seine glühenden Augen können dich in Stein verwandeln und Hörner wachsen direkt aus seiner Stirn.“ „Witze erzählen kannst du gar nicht.“ ,murmle ich so vor mich hin. „Sollte auch keiner sein.“ ,murmelt er zurück. Nur Verrückte, denke ich so bei mir und nehme mir vor in meinem nächsten Leben eine Giraffe zu werden. Da hat man jedenfalls den besten Überblick. In einem Abstellraum finden wir alles was wir brauchen. Jeder schnallt sich einen Flammenwerfer auf den Rücken und legt den Gürtel mit den Handgranaten um. Wir stehen auf dem Umlauf im ersten Stock. Jeder auf einer Seite. Unter uns sehen wir die tanzenden, fröhlichen Gäste. Ich grinse. Benno der Schlachter lacht. Der Heulton der Alarmanlage setzt ein. Die Türen werden verriegelt. Die Show kann beginnen. Zur Einleitung werfen wir ein paar Granaten. Panik bricht aus. Die ersten Leiber werden auseinander gerissen. Gedärme klatschen gegen die Wand. Köpfe explodieren und die Reste, werden durch die Druckwellen hin und her geworfen. Einsatz des Flammenwerfers. Jetzt geht es richtig zur Sache. Mann ist das heiß. Manche Körper sind so alt, das sie einfach zerbröseln. Andere gehen mit einem Knall, in einer Feuerfontäne, an die Decke. „Jo. Da kommt mir wieder diese Geschichte in den Sinn, als Moses so durch die Wüste wandert und auf einmal dieser Busch brennt. Alter Schwede. Der hat sich ganz schön gewundert.“ ,schreie ich. „Nur das es diesmal keine Büsche, sondern Untote sind die den Geist aufgeben.“ ,brüllt Benno zurück und lacht. „Da erschien ihm der Engel des HERRN in einer Feuerflamme mitten aus einem Dornbusch; und er sah: Und siehe, der Dornbusch brannte im Feuer, und der Dornbusch wurde nicht verzehrt. 3 Und Mose sprach: Ich will doch hinzutreten und dieses große Gesicht sehen, warum der Dornbusch nicht verbrennt.“ Es ist die donnernde Stimme, des Großmeisters, der plötzlich neben mir steht. Er trägt ein langes, schwarzes Gewand und eine Gesichtsmaske. So aller Ku Klux Klan. „Du siehst Scheiße aus.“ ,rufe ich ihm zu. Er versucht mir mit seinem Holzstab den Schädel einzuschlagen. Gerade rechtzeitig drehe ich mich zur Seite und er schlägt eine Schneise in das Holzgeländer. Ein kurzer Blick nach unten zeigt mir das unser Werk fast vollbracht ist. Die Springleranlage verhindert, durch einen Regenschauer, das das Feuer übergreift. Während Benno die restlichen Wiedergänger durch einen Kopfschuss erledigt, kämpfe ich mit dem Großmeister. Ich ziehe mein Katana aus der Scheide. Dieses japanische Schwert habe ich im Bunker mit gehen lassen. Jetzt erscheint es mir gerade richtig, um dem Großmeister den Kopf damit vom Rumpf zu trennen. Es ist ein sauberer Schnitt. Der Schädel rollt, samt Maske, die Treppe hinunter. Ich springe hinter her und halte ihn auf. Handgranate zwischen die Zähne. Kapuze ab. Ganz schön hässlicher Vogel, denke ich noch, während ich ihn in die Mitte des kleiner werdenden Feuers werfe. Wir ducken uns und mit einem letzten Rumms ist der Spuk zu Ende. m Die Sonne geht auf und wir stehen wir auf der Dachterrasse des Hochhauses im 36. Stock. Ich fühle mich frei, wie ein Vogel. „Bist du auch einer?“ fragt der Schlachter. „Ja.“ ,meine ich. Wir blicken über die Stadt. „Tja.“ ,sagt er. „Tja.“ ,sage ich. Es ist nur ein Schritt. Die Stockwerke ziehen an mir vorüber. Es geht schnell, dann knalle ich auf den Asphalt und mein Kopf platzt, wie eine reife Melone, auseinander. k Ein paar Kilometer entfernt, in einer kleinen Straße, steht Maggie am Fenster und wünscht sich ein besseres Leben: Einen liebevollen Mann. Ein kleines Häuschen. Ein Baby. Einen Hund. Eine Katze. Und sie wünscht sich das Lachen zurück. Ihr leerer Blick geht hinaus auf die Straße. Der nächste Freier steht schon vor der Tür. Sie öffnet das Fenster und flüstert: „Nur noch den Einen und dann ist Schluss. Für immer.“ Oktober 2020 von Axel Bruss
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