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Dionysos von Enno

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Alle erstellten Inhalte von Dionysos von Enno

  1. Augenblicke am Meer ... wie die Stille des Klaviers bevor sich Mutter setzte und spielte mit fremdem Blick (Ich erkannte sie nicht mehr) Sie spielte ein selbst geschriebenes Stück über etwas tief in ihr und das Meer an dem wir so oft standen Hand in Hand schweigend an einsamem Strand Die Füße versteckt im Sand Erahnte ich ein sehnsuchtsvolles Leiden ? An einem Punkt schien mir ihr Spielen kalt denn es entfernte sich von allem Ein Spiel welches uns nicht mehr galt ein Spielen vom Fliegen und Fallen Ich musste weinen: "Mutter bist du da ?" musste mich in ihr festkrallen Endlich blickte sie herab und auf den letzten Ton keuchte sie "Ja!"
  2. Hi Hera ich finde, das ist sehr sanft und berührt geschrieben. Ich lese es so dass all dies gerade im Erwachen einer sehr wichtigen Phase passierte und der Schmerz umso größer gewesen sein muss. Wie dieser Schmerz dann im zweitem Teil deines Werkes beschrieben wird , die Bilder, die du benutzt, die fast selbstzerstörerische Leidenschaft, finde ich emotional sehr gut transportiert. Ein sehr intensiver und spannender Text . Die ,"Auferstehung des weiblichen Fleisches" finde ich in diesem Zusammenhang ein unglaublich starkes Bild. Es ist stellenweise sehr geheimnisvoll geschrieben. Gefällt mir sehr gut ! Mes compliments Dio
  3. Hi Skyler das ist sehr gut geschrieben. So echt, so "roh" .." mir das liebste und all das schwere genommen" . man kann nur vermuten welche Stürme der Gegensätzlichkeit da gewütet haben müssen ...ich kann dem nachspüren in deinem schweren und gleichzeitig so leichten Gedicht. Nicht nur Menschen können solche Sehnsüchte auslösen.. auch Drogen können toxisch umarmen Mes compliments Dio
  4. wow. Le, höchstverehrtester Léion blanc, ich bin beeindruckt... mes compliments Dio
  5. Echt? cool.. Dio will sehen
  6. Lieber Le das mit der Mähne muss schon ziemlich lange hersein ... Ich hoffe dass das nur einmal passiert ist und du dich danach immer frisch geduscht in die neu bezogenen Laken gekuschelt hast. Irgendwer muss den Staub ja auch wieder wegmachen ... Aber um zum ernst zurückzukehren das jagen der fliehenden Schatten im Mondlicht hat mir sehr gut gefallen. Guten Morgen und Mes compliments Dio
  7. Guten Morgen Peter ein wunderbares Bild. Vielleicht ist es nur ein kindlicher Spaß. Vielleicht wurde aus der Tiefe etwas geborgen. Der Anfang der Reise am U hinab mag auf den ersten Blick sich nicht vom Ende unterscheiden. Aber wer weiß schon welche schätze am Scheitelpunkte geborgen wurden .. U wie Unbekanntes ? Mes compliments Dio
  8. Hehe Darauf ein Gläschen veuve clicquot ponsardin zum Wildlachsbrötchen und samstags Mocca.. a Sante lieber Waldeck Mes compliments Dio
  9. This ! (und mega süß!) mes compliments Dio
  10. Hi Tiziana Karla, ein wunderbares Gedicht ! Für mich ist der Wegweiser aus Baudelaires Gedicht "A une passante" aus den Blumen des Bösen sehr hilfreich gewesen. Ähnlich wie Onegin sehe ich eine große Idealisierung. Ich denke an eine idealisierende Übertragung, bei der das LI sich im Grunde selber auflädt mit "Numen". Die tragische Fallhöhe denke ich bei einer so starken Projektion gleich mit. Durch die Einordnung des Werkes in das Feld auf dem die "Blumen des Bösen wachsen", habe ich einen ganz eigenen Blick auf das Werk entwickeln können, nämlich in der Tradition des Vorübergehenden, der "schillernden Begegnung", der Abwesenheit der Vergangenheit. Es ist die Verewigung eines flüchtigen Momentes. Mit den Bildern des Gedichtes (die Spinne, das nichts halten können) drückst Du m.E. das Baudelairische Ideal angemessen aus: "Das Schöne ist immer bizzar". mes compliments Dio
  11. hi onegin du transportierst eine sehr schöne stimmung! das aufschien und die ravioli vom herd haben es mir besonders angetan. top! mes compliments dio
  12. Hi Ferdi vielen dank für die Rückmeldung zum Inhalt und Formalisierung meines Dichtungschaos. ich bin mir sicher dass die Spannung wohlverdient oder anstrengend erlitten ist, je nach Rezipient. Ich schreibe ja immer recht konventionalos naiv drauf los wie es sich gerade in mir gehör verschafft. dass dich das Treffen der beiden unterhalten hat, freut mich sehr mes compliments Dio
  13. Hi wie schön, dass ihr eure Eindrücke da gelassen habt. Diese Szene entsprang meiner Fantasie. Ein Streit zwischen den beiden oder auch nur eine Interaktion ist soweit ich weiß nirgendwo überliefert. Die Stilisierung in der Gegenüberstellung von Verstand und Gefühl ist ja auch erst durch Nietzsches Werk " Die Geburt der Tragödie aus dem Geist der Musik" populär geworden. Mythologisch berühmt geworden, ist hingegen der Wettstreit zwischen Apollon und Pan. Mein Gedicht hat aber noch eine andere Richtung. @Alexander schön, dass es dir gefallen hat. Vielen Dank. @Pegasus ich bin erleichtert, dass du einem guten Wein zugeneigt bist. So vollkommen hatte ich dich auch eingeschätzt merci! @Carlos haha wunderbar! Auf die Poesie!!! @Hannah schön, dass es dich angesprochen hat! Mes compliments Dio
  14. APOLLON Komm heraus aus Deinem Wald und beuge das Haupt vor dem Herrn des Lichts Alles was jetzt wie ein Goldrauschen schallt Ist Apollons Kithara und er ist’s der spricht Höre mich ! Er lehrt Dich, Dionysos, Maß zu halten deine Zunge zu zügeln, die Schlange aus Wein deinen heißen Rausch wird sein Strahlen erkalten sein Zorn werden schneeweiße Raben sein um dich Demut zu lehren, Bromios, du Lärmer vor der blitzenden Kälte von Geist und Verstand denn ich bin Apollon, aller Lichtstrahlen Hüter Ich bin Smintheus, den die Ordnung gesandt Denn du haust mit den Säufern und Krähen zwischen Hirschen und Mäusen versteckt Doch ich kann durch all deine Räusche sehen und ich werd es sein, der sie niederstreckt An mir gedeihen die Dinge in Klarheit Gold ist mein Spiel und Lorbeer mein Kranz Gewandet in Licht ist all mein Gang Wahrheit Doch dein Gekrieche nur Hexentanz Ich bin unserm Vater allzu ähnlich bin das Licht der Erkenntnis, die alles klärt Du aber bist wie ein lästiger Stich nur ein Torkeln, das meinen Stand irritiert Lass ab von den Trauben, den zuckersüßen nimm von dem Wasser aus der Berge Quell Hör auf Mann und Weib mit Wein zu begrüßen gewande Dich lasterhaft nicht mehr, nur hell DIONYSOS Genug Halbbruder, du hast mich geweckt ! Was erlaubst Du dir hier in meinen Wald und wo hast du dein Geschlecht versteckt ? Ich sehe nur Eis, scharfkantig und kalt Auch wie Eis, so glatt, gleich und tot ist die Wahrheit, von der du sprichst Der Lorbeer der auf deinem Kopfe thront ist für Daphne, doch Daphne liebte dich nicht ! Weil du nie weißt, was Liebe ist verschreibst du dich in glatten Zeilen Dein Tempel golden, glatt und trist, dein Köcher voll mit stumpfen Pfeilen Ich werde deinen Weg nicht gehen dich nicht anklagen für all dein Wesen auch will ich dich gar nicht verstehen an mir soll keine Welt genesen Ich bin der Wein , berauscht, verehrt werd nicht von Leidenschaft verlacht ! Wo du ein Wort schreibst, schreib ich hundert Du leidest ein-, ich hundertfach
  15. Hi Pegasus, das ist ein sehr schöner und für das LI schmeichelhafter Vergleich. Ich freue mich über Deine Bilder und Eindrücke zum Text sehr. mes compliments Dio
  16. „zwischen uns“.. wir sind und leben beieinander in der Beziehung zueinander. Wunderbar! mes compliments Dio
  17. Vertonung https://youtu.be/YKQyfRD6fUA Er hat solch schöne Hände, die wiegen so fein und malen die Schattentiere und zaubern so keck und gemein mit dem Wängchen und Spiele von Schatten und Licht ans Gesicht Die Augen wie neugeborene Sterne Die tanzen und springen in Kreisen, locken die Sehnsucht zur Ferne längst vergessener Reisen aus Schatten und Licht ins Gesicht Die Stimme wie Honig aus der Vase der Frauen an jedem Wort Sehnsucht und Singen Gewaltig und groß wie der Tod ist sein Schauen und fließen die Tränen zwar, doch wie sie klingen wie Schatten und Licht im Gedicht So fremd seine Schellen und goldenen Glocken Die samtene Stimme, die Zunge aus Tau Sie geben sich ganz, er muss sie nicht locken Er kennt ihre Ängste und Wünsche genau. Liest Schatten und Licht von ihrem Gesicht Sie tanzen wie Kinder zu seinen Gesängen und an seinen Seilchen, wie sie da springen immer tiefer verstrickt in den blutroten Klängen An Hälsen und Köpfen lauscht er ihrem Singen und trennt sie, wie Schatten und Licht und sie fallen ins Nichts
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      • Schön
  18. Des Nachts ist’s, wo mir scheint, dass ich verlöre was mich am Tage Sehnen macht Weiß nicht mehr wo ich hingehöre Zum Tag gehör ich nicht, zur Nacht ? Wie oft bin ich in andren Betten aufgewacht und wußte, dass ich nicht dorthin gehöre ich habe Menschen angelacht als wenn ich nicht ständig verlöre was andere Menschen finden macht Ich bin nicht wie die anderen sind die brav die Liebe ernten, die sie säen Wo sie sich anschauen bin ich blind und müssen, was ich seh, nicht sehen Des Nachts ist’s, wo mir scheint, dass ich verlöre was mich am Tag so gängig macht Weiß nicht mehr wo ich hingehöre Zum Tag gehör ich nicht, zur Nacht ? Ich breite einsam beide Arme aus und warte still am offenen Fenster bald ziehen Geister durch mein Haus und kriechen in mein Bett Gespenster Etwas in mir hat aufgehört zu wachen Etwas in mir hat aufgehört zu scheinen Ich will nichts ungeschehen machen Ich bleibe wie die Nacht, allein ***
  19. Hi Federtanz eine SEHR coole Geschichte mit reichlich Einblick hinter die Kulissen! Hat mir total gut gefallen!! gerade die Leichtigkeit und Pflichtbewußtsein der Philosophengeschäftsführerin und Marktmanagerin hinter dem Stand. Wenn ich das nächste Mal auf dem Markt einkaufe, werde ich Mal vorsichtig die geheimnisvolle Standfrau mit "Klopstock"* ansprechen. Vielleicht ist sie auch Poetin ? Fötzelistück ? Wunderbar!! Mes compliments Dio * Im Verlauf des Abends zieht ein Gewitter auf. Werther und Lotte betrachten anschließend vom Fenster aus die noch regenfeuchte, erfrischte Natur. Beiden kommt das gleiche Gedicht in den Sinn, die Ode Frühlingsfeier von Klopstock. Werther interpretiert dies als Ausdruck ihrer Seelenverwandtschaft Johann Wolfgang v. Goethe "Die Leiden des jungen Werthers" 1774
  20. Ich sage es hier angelehnt an Trotzki* Meiner Meinung nach sind Waldecks Werke keine Spiegel, die man der Wirklichkeit vorhält, sondern Singularitätenwerkzeuge hinter dem Schwarzschildradius der Vernunft, die das Unbewusste irritieren, Unbewusstes anregen zu konstellieren in einer uralten Tradition mit Gesängen, Totems, Symbolen, geflüsterten Namen für die Nacht... Dieser Bildersturm den er hier angedockt an das Bild einer enttäuschten (?) Liebe anknüpft und beschreibt ist häufig rein unbewusst geblieben und damit oberflächlich unerkannt, unterhalb bleibt es höchst brisant. Stichworte aus meinen Nachwirkungen: Verrat und Sehnsucht. Wandlungen und Symbole der Libido. Die Krise braucht Platz für Neues. Die Wirkung des Archetyps. Das auftauchen der Anima. in mir wirkte es so: Die eierlegende Eisfee die von den übermäßigen verdrängten Gefühlen erweckt werden will um die Gefühle zu durchleben, das Geheimnis auszubrüten: das goldene Ei ! Pretty wholesome.. und wunderschön verzauberte Bilder Mes compliments Dio * "Literatur und Revolution" 1924; Kapitel. 4: Futurismus S.120: "Kunst sagt man ist kein Spiegel, der die Wirklichkeit reflektiert sondern ein Hammer, der sie formt".
  21. verwunschen schön düster und gefühlvoll gelesen !! Heute Abend eine Schattenweltsprinzessin Uschi …der Ton aus ewger Zeit, vielleicht jenes Leitlicht, das im Herzen brannte ? mes complimens Dio Johannes vom Kreuz Die dunkle Nacht der Seele (1579) „Tief in des Dunkels Schoß, verborgene Stufen längs, vermummt, umdichtet – o wunderseliges Los! – nachts, jedem Blick vernichtet, mein Haus in Stille lassend, tiefbeschwichtet! Geheim, in Zauberringen der Dunkelheit, wo mich kein Blick erkannte, wo ich nichts sah von Dingen und nichts mir Strahlen sandte als jenes Leitlicht, das im Herzen brannte! „
  22. Als Stig Barty an diesem Abend seinen Lieblingsclub, das „Roxy am Rudolfplatz“ betrat, tat er dies nach einem sehr langen und intensiven Arbeitstag. Der Barkeeper, Salvatore, reichte ihm den ersten Absinth des Abends und der erfahrene Staatsanwalt ließ die „fée verte“ auf der Zunge tanzen und leerte das Glas in einem Zug. Der starke Geschmack von Wermut, Anis und Fenchel erfüllte ihn und er schloss zufrieden die Augen, seufzte, lockerte die Krawatte und ließ die Fälle des heutigen Tages Revue passieren. Als er die Augen wieder öffnete war Salvatore verschwunden und auf der anderen Seite der Bar begann ihm ein groß gewachsener Mann mit schneeweißen, glatten Haaren und bernsteinfarbenen Augen erneut einzuschenken. Die Haare waren aufwändig zu einem langen Zopf geflochten, der mit kostbaren silbernen Spangen gehalten und verziert war. Der Mann war glatt rasiert. Seine scharfen Gesichtszüge erinnerten an das Relief eines Adlers. „Guten Abend Herr Staatsanwalt. Wie schön, Sie wieder hier begrüßen zu dürfen. Erlauben Sie ? Eine Fee aufs Haus..“. Barty musterte den Mann und war wieder irritiert über die hohen, pechschwarzen Reiterstiefel, die er trug. Ganz besonders faszinierten ihn die bernsteinfarbenen Augen des Clubbesitzers. Er wußte nicht viel über diesen Mann. Nur, dass er vor noch nicht all zu langer Zeit wie aus dem Nichts hier in der verschlafenen Kleinstadt Düsterbrook aufgetaucht war und das verlassene, ehemalige Kraftwerk am Rudolfplatz aufgekauft hatte. In den weiträumigen Gewölben betrieb er seitdem das „Roxy“, jene Discothek, die bald zu den angesagtesten Locations der Stadt gehörte und wegen ihrer Nähe zur Behörde, bei der Barty als pflichtbewußter Beamter seinen täglichen Dienst im Namen der Anklage verrichtete und wegen des unglaublich guten Absinths, auch zu Bartys Lieblingslocation avanciert war. In dem Ladengeschäft, das sich im gleichen Gebäudekomplex befand hatte dieser mysteriöse Mann zudem ein Tattoostudio eröffnet, das weit über die Grenzen der Kleinstadt hinaus Kundschaft anzog, gerade wegen der Kunstfertigkeit seines Eigentümers. Barty nickte Caliban zu und nippte an dem Absinth. Der Mann faszinierte und verunsicherte ihn gleichermaßen. Er war nicht unsympathisch. Jedenfalls war er zu Barty nie unsympathisch gewesen. Er war streng genommen sogar sehr darauf bedacht, sich des Wohlwollens des Staatsanwaltes zu versichern. Aber das irritierte Barty nicht. So waren sie alle, sobald sie erfuhren, was er beruflich tat, geradewegs so, als sei er durch seinen Beruf ein besserer oder wichtigerer Mensch, was totaler Quatsch war. Barty liebte seinen Beruf, aber er schlüpfte in ihn wie in einen Arbeitsanzug. Und nach der Arbeit zog er ihn aus. Er war viel mehr als sein Beruf. Calibans Aufmerksamkeit ihm gegenüber schien sich dann auch aus einer tieferen Quelle zu speisen. Barty hatte schon bei der ersten Begegnung zwischen ihnen eine bedingungslose Form der Freundlichkeit gespürt, die etwas mit einer noch unausgesprochenen Verbundenheit zu tun haben musste. Das war Barty nicht geheuer. Es irritierte ihn zutiefst. Er wollte zu diesem seltsamen Mann keine Verbundenheit spüren und spürte sie dennoch. „Ich muss Ihnen unbedingt von diesem Mädchen erzählen“, sagte Caliban und zeigte, als er lächelte, eine Reihe makelloser schöner, weißer Zähne: „das wird ihnen gefallen“. Barty nickte ihm zu: „Eine neue Geschichte ?“ fragte er, wohlwissend, dass Caliban ein vorzüglicher Geschichtenerzähler sein konnte, wenn er wollte. Er hatte so eine geheimnisvolle Art, Menschen mit der Lebendigkeit seiner Geschichten und wie er sie vortrug in seinen Bann zu ziehen, die Barty abstoßend und bewundernswert gleichermaßen fand. Oft genug hatte er sich an einem langen Abend in der Lounge des Clubs im Netz des Geschichtenerzählers verfangen und an jedem Wort seiner lebendigen Geschichten geklebt. „Nun, es geht um ein Gedicht“, lachte der Clubbesitzer und stellte sich und seinem Gast ein Glas mit eiskaltem, frischen Gletscherwasser hin. „Ich mag Gedichte. Ich habe einen recht breit gefächerten Lyrikgeschmack: Boccacio, Lord Byron, die Expressionisten Benn, wenngleich nicht unumstritten, Rilke natürlich! Bin ganz Ohr“, sagte Barty und ließ das eiskalte Wasser die Kehle hinunterfließen. Ich hoffe nur, ihr Gedicht enthält keine Klischees“. Er grinste. „Wir sind alle Klischee, mein lieber Barty“ säuselte Caliban und dann rückte er näher an seinen Gast heran. Barty konnte jetzt das Aftershave des Mannes riechen und kräuselte die Nase: er roch erst sehr vertraut nach Zitrone, Ambra, Moschus, Bergamotte aber dann war da plötzlich etwas undefinierbares, leidenschaftlich fremdes: Der Geruch von verbrannten Blättern und Eisen war darin, ein Geruch wie der Geschmack von ganz scharf angebratenem, schlachtfrischem Roastbeef und frischem Menstruationsblut. „Ich habe eine Dichterin bei den Hochhäusern entdeckt auf der Suche nach Tänzerinnen für meine neue Show, Sie saß ganz allein auf einer Bank mitten in einem verlassenen Park, der wie ein grüner Farbklecks zwischen der Hoffnungslosigkeit der riesigen Hochhausschluchten mir wie ein brutal ins Gesicht gezogenes Lächeln vorkam und mich damit auch an die Absurdität und urkomische Natur unserer eigenen, gelegentlich erzwungen lachhaften Existenz erinnerte. Dort sah ich sie: Nur sie, mit einem einzigen Blatt auf dem Schoß, auf dem sie gerade ihr Gedicht beendet hatte. Sie sagte mir, sie schreibe seit Jahren nur an diesem einen Gedicht. Seit sie angefangen habe, es zu schreiben, habe sie, sobald sie es zu Papier gebracht habe, dieses Gefühl befallen, dass etwas nicht stimmig sei, nicht richtig sei und so schreibe sie das Gedicht immer wieder und wieder. Ich fragte sie, was genau sie damit meine und sie antwortete, sie habe jedes Mal, wenn sie es vollendet habe, in die Stille gelauscht aber es sei niemals vollkommen still geworden. Immer habe sie noch das Rauschen ihres Blutes gehört, das Flüstern ihrer Gedanken. Dann sagte sie: Aber sie haben Glück, gerade habe ich nach einem guten Jahrzehnt der Arbeit das letzte Wort niedergeschrieben und mit dem letzten Punkt, den ich gesetzt habe, war sie plötzlich da, für den Bruchteil einer Sekunde, die allumfassendste, heiligste und schönste Stille, die man sich jemals vorstellen kann. Da wusste ich, das Universum nimmt mein Gedicht an und nun übergebe ich ihnen diese Seite und werde nie wieder ein Wort in meinem Leben schreiben“. Caliban lachte laut auf und kippte den Absinth in einem Schluck hinunter. Seine bernsteinfarbenen Augen leuchteten leidenschaftlich. Barty zog die Augenbraue hoch und nahm einen Schluck: „Was für ein Zufall, dass das gerade passierte, als Sie zugegen waren“, murmelte er. Calibans Blick richtete sich auf einen unsichtbaren Punkt in der Ferne und er wurde fast wehmütig, als er mehr zu sich selbst als zu Barty gewandt flüsterte: „Das Universum hat ihr Gedicht angenommen. Ist das nicht wunderschön ?“ Barty runzelte die Stirn: „Wie lautet denn das Gedicht, dass das Universum angenommen hat und an dem sie ihr ganzes literarisches Leben über geschrieben hat ?“ Caliban blickte immer noch versonnen in die Ferne, so als habe er Barty gar nicht wahrgenommen. Dann endlich seufzte er, als löse er sich aus einer unsichtbaren Trance, nahm das Blatt aus seiner Tasche und faltete es vor Barty auf. „Das Gedichtet ist kurz“, sagte Caliban: „sehr kurz. Sie muss es im Zuge ihrer vielen Überarbeitungen auch immer weiter gekürzt haben.“ „Nun lesen sie schon“, sagte Barty Caliban lächelte ihn an und begann zu lesen: „Liebe.“
  23. „Eines Tages .. haben wir uns noch nie verloren ..“ Ein zeitloser Seelenkreis .. wo fängt eine Seele an, wo endet die andere ? Nur eines ist sicher: sie gehören zueinander.. Ich hoffe, ich habe sie durch mein Lesen nicht verschreckt. Ich habe den Atem angehalten.. mes compliments Dio
  24. Dionysos von Enno

    Nur für Dich

    Nur für Dich bereue ich nicht gebeugt zu sein wie Licht Zerrissen zwischen Welle und Teilchen Deine großen, braunen Augen staunen immer über mich als sei ich nicht gebeugtes Licht Als sei ich kein Wicht Hergerichtet aus etwas, mit dem man sich verspricht Ein verstoßener Satz Ein Wort, geritzt Besitze mich, denn ich bin wie gebeugtes Licht Heimatlos Bloss richtig zwischen Welle und Teilchen Nur für Dich Dein Licht bereue ich nicht
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