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Hera Klit

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Alle erstellten Inhalte von Hera Klit

  1. Fast ein DIN-A5-Blatt plus ein Bierdeckel Rührende Youtube-Tiervideos: Da küssen Menschen Kühe, Menschen umarmen Truthähne, Menschen liebkosen Schweine, Menschen kraulen Hühner. Herzliche Szenen zwischen Tier und Tierfreund Mensch. Fakten aus der Schlachtstatistik 2020: Schweine: 53.216.912 Rinder: 3.254.634 Schafe: 1.184.032 Hühner aus der Mast: 623.159.761 Puten: 34.899.862 Faktum zu den Haltungsmethoden: 26 Hühner pro Quadratmeter. Das ist fast ein DIN-A5-Blatt plus ein Bierdeckel pro Huhn.
  2. Vielen Dank lieber Kurt. Ich wünsche Dir auch einen schönen und erfolgreichen Tag. Liebe Grüße Hera
  3. Im Märzen der Bauer die Furchen aufreißt Im blaubehimmelten März reißt der Bauer mit tonnenschwerem Gerät die Furchen auf. Mit messerscharfer Schar wird mancher Nager samt Winterstube unsanft ins gleißende Licht geschleudert. Schon kommt der rote Milan wie ein Donnerkeil herab und bohrt seine stahlharten Klauen in den weichen Pelz eines überrumpelten Kleinsäugers und sein rasiermesserscharfer Schnabelhaken haut den Rest Leben aus dem verdutzten, schlaftrunkenen Nagetier. Mit einem Happs schlingt der Milan hinunter, erhebt sich kurz 4 - 5 Meter in die Luft und wirft sich wieder herum, um sich auf den nächsten unbehausten Pelzträger zu stürzen. Da spritzt es Hirne und Därme, dass es nur so eine Pracht ist und dem Zuschauenden wird die Lust auf ein deftiges Wurstbrot zum Abend recht groß. Leider beginnt auch dieses Frühjahr auf unserer lieben Erde nicht für alle verheißungsvoll. Aber das hat schon alles seine Richtigkeit, sonst wäre es doch ganz anders.
  4. Vielen Dank lieber Kurt und gute Nacht. Liebe Grüße Hera
  5. Da hast du recht.
  6. Das wäre nun dann doch zu direkt.
  7. Schriebe ich nur Schicksal, dann sähe man nicht, dass ich das Schicksal für eine Chimäre halte. Und schriebe ich nur Grab, dann würde nicht so deutlich, dass ich Tiefschlaf für einen Zustand jenseits des Bewusstseins ohne Bewusstsein halte. Mir ist die Übermittlung der philosophischen Erkenntnis dieses Textes wichtiger als schöne Worte. Lieb Grüße Hera
  8. Danke lieber Carlos, für deine Anregungen. Liebe Grüße Hera
  9. Komisch, dass ich heute morgen auch Luna im Sinn hatte. Liebe Grüße Hera
  10. Hera Klit

    Lunas Fingerzeig

    Lunas Fingerzeig Bei Tag zappele ich im sonnengrellen Netz meines vermeintlichen Schicksals. Bei Nacht liege ich in totem schwarzen Grab gefangen, ohne jegliches Bewusstsein. Doch da dringt Lunas Fingerzeig zu mir. Dann bin ich in jenem Zustand, den Weise Klartraum nannten. Meine Frau ist wieder da und grault mir tröstend den gramgebeugten Rücken. Alle sind da und hoffen auf mein Erwachen. Doch ich falle zurück in meine irdische Existenz und beginne voll Trauer einen neuen Tag.
  11. Krieg in Europa Ich hatte Sehnsucht nach dem See. Doch es war noch kühler März. Schon balgten Hunde am Wasserrand, Kinder trugen Mützen und lachten, Frauen lagen im Anorak auf Badetüchern. Die Sonne glitzerte herrlich im See und machte die Vorfreude auf die Badesaison riesig. Doch Männer redeten von Putins Hyperschallraketen im Ukrainekrieg und deren Zerstörungskraft. Ja, es war tatsächlich Krieg in Europa. Keiner hätte es mehr für möglich gehalten. Ich ging weiter an die Schattenseite des Sees. Starker Wind kam auf, Äste krachten neben mir zu Boden. Die Bäume schwankten, als drohten sie mir. Ich eilte aus dem unwirtlichen Wald heraus. Man ist nirgends mehr sicher, alles ändert sich so schnell. Es ist wieder so weit, Menschen leiden unter dem Großmachtstreben eines einzelnen wahnsinnigen Unmenschen.
  12. Das ist das große Problem.
  13. Die Männer sind alle Verbrecher.
  14. Das Weib lockt eben ewig. Liebe Grüße Hera
  15. Hera Klit

    The Big Brother

    The Big Brother Meine Mutter weiß schlichtweg nicht, wer ich bin. Ich kann mein wahres Ich vor ihr gut verbergen. Sie schöpft nicht den mindesten Verdacht, dass mit ihrem braven Sohn etwas nicht stimmen könnte. Vor jedem Schwurgericht würde sie aussagen, einen ordentlichen Durchschnittssohn zu haben. Ihr gegenüber habe ich meine Mimik und Gestik total im Griff. Nichts deutet für sie auf eine in ihren Augen Irregularität meines Wesens hin. Auch meine Gedanken kann ich, wenn ich mit ihr ins Gespräch komme, immer sauber kontrollieren, da rutscht nichts Unbedachtes durch, kein Geheimnis wird gelüftet. Mein Mund kann absolut über mein Anderssein schweigen. So schütze ich sie vor meiner Wahrheit, die für sie eine Unerträgliche und Zersetzende wäre. Kenne ich doch seit Jahrzehnten ihre unabänderliche Meinung und ihre Abneigung gegen solche Menschen, wie ich einer bin. Nie käme es mir in den Sinn, sie mit meiner Wahrheit über mich zu verletzen. Ich bin das, was man einen guten Sohn nennt. Mein Vater, der längst von uns gegangen ist, konnte dies auch im Glauben an die Gutgeratenheit seines Sohnes tun. Und in diesem Glauben starb er und gab der Mutter den Auftrag, das Vermögen einst an mich weiterzugeben, jedenfalls das, was noch übrig bliebe. Meine Frau hält viel von mir, obwohl ihr meine Korrektheit und saubere Durchschnittlichkeit und moralische Festigkeit manchmal sogar schon etwas unheimlich wird. Meine Kinder denken von mir nur das Beste und würden auf ihren guten Vater niemals etwas kommen lassen. Selbst mein Chef wird nicht müde, meine menschlichen Vorzüge hin und wieder als vorbildlich herauszustellen. Ich mache also bei meinen Mitmenschen alles richtig. Keiner schöpft Verdacht und ich könnte dereinst beruhigt als Saubermann sterben, dem keiner einen bösen Nachruf zu widmen ehrlichen Herzens im Stande wäre. Aber ich habe ein Problem. Die Suchmaschine weiß zu viel über mich. Dieser Big Brother hat zu viele Informationen über mich gesammelt und gespeichert, die jederzeit abrufbar auf Datenträgern bereitliegen. Unlöschbar, unkorrigierbar und verwendbar für meine Zerstörung bis zum jüngsten Tag. Selbst wenn ich mir eines Tages vornehmen würde, mich zu ändern und meinem geheimen Verlangen abzuschwören, würden diese Daten erhalten bleiben, als ein Hieb und stichfester Beweis für meine schändliche Verlogenheit der ganzen Welt gegenüber. Aus innerer Schwäche und Getriebenheit gab ich manchmal nachts, wenn ich ganz alleine mich wähnte Suchbegriffe in die Suchmaschine ein, die meine sexuelle, meine politische und meine weltanschauliche Unangemessenheit in einer geradezu entlarvenden Direktheit preisgaben. Sooft ich mir vornahm, nicht mehr in das gesellschaftlich ungeduldete Verhalten und Denken zu verfallen, so oft passierte mir auch wieder ein Rückfall. Einmal war es meine sexuelle Gier nach dem Ungewöhnlichen oder ein andres Mal meine anarchistische politische Einstellung, die mich veranlasste, Suchanfragen abzusetzen, die an höchsten Stellen Bedenken auslösen müssen. Manchmal war ich so unvorsichtig und äußerte meine Meinung in einem Onlinebeitrag in einem Forum etwas zu scharf formuliert und wurde der Hassrede bezichtigt. All diese Vergehen und Auffälligkeiten sind registriert worden und wurden unlöschbar gespeichert. Jederzeit abrufbar, falls ein Zurückdrängen oder Unschädlichmachen meiner Person nach Meinung der zuständigen Ämter und der entscheidenden Personen angezeigt sein sollte. Womöglich wird es selbst für meine Enkel noch unmöglich werden, ein Staatsamt erlangen zu können. Aufgrund meines desaströsen Suchprofils wird die Suchmaschine bestimmt Meldung gemacht haben. Diese Auffälligkeiten und Unregelmäßigkeiten meines Charakters sind ihr auf keinen Fall verborgen geblieben. Und wenn sie einmal stutzt, dann ist im Prinzip der Zug schon abgefahren. Dann hat sie den Menschen durchschaut und weiß, von diesem Individuum kann nichts Gutes für die Gesellschaft kommen. Aber was wird sie tun? Wird sie tatenlos zuschauen oder wird sie Gegenmaßnahmen einleiten. Wird sie mir künftig Suchergebnisse zuspielen mit der erklärten Absicht, meinen Charakter zu bessern und mich auf den Pfad der Tugend zurückzuführen? Ich kann nur hoffen, dass sie so gnädig ist und mir hilft und mich nicht einfach fallen lässt. Und wenn sie mich fallen lässt und mich vernichten will? Was dann? Angenommen, ich fühle mich krank und recherchiere auf eigene Faust in der Suchmaschine nach Lösungen für mein Leiden. Dann wäre es doch denkbar, dass sie mir Tipps gibt für in meinem Fall gesundheitsschädliche Medikamente, wenn sie beabsichtigt, mich aus den Reihen der User zu tilgen? Ich könnte mich niemals dagegen wehren, zu verschlungen sind ihre Wege und Möglichkeiten auf mich einzuwirken. Ich muss der Suchmaschine einfach weiterhin vertrauen und versuchen künftig durch gesellschaftskonforme und moralisch vollkommen gefestigte Suchanfragen ihr Vertrauen in mich zurückzugewinnen.
  16. Danke für deinen Kommentar liebe Amadea, wie immer sehr geistreich. So wie du argumentierst, argumentiert man, wenn wenn sich innerhalb der Grenzen des Systems bewegt, dann schaut alles logisch und gut gefügt aus. Dann ist der Kapitalismus nur der Natur abgeschaut, mit seinem Recht des Stärkeren und seinem Wachstum auf Teufel komm raus und freilich muss dann auch der Mensch töten, weil ja die Natur so schön zeigt wie alles richtig gemacht wird. Mir geht es aber darum, dass ich sage, wir müssen als vernunftbegabte Menschen die primitiven Mechanismen der Natur überwinden und weiter gehen hin zur wahren Humanität, die das Leben schützt und den Planeten ehrt. Ich weiß, viele sagen dann z.B., wenn wir die Wildschweine nicht abschießen dann vermehren sie sich unkontrolliert, denn sie haben keine natürlichen Feinde mehr. Dann sage ich, warum sollten wir nicht über eine Geburtenkontrolle der Wildschweine nachdenken. Mit ein bisschen Grips ist dies denkbar, das lasse ich mir doch nicht ausreden. Und so ließen sich für viele, scheinbar notwendige grausame Naturnachahmungen bessere, humanere Lösungen finden. Wir müssen die Forderung der Bibel: "Macht euch die Erde untertan." in zeitgemäßere Formeln umrechnen, Jenseits von Gut und Böse. Dazu wird es zunächst notwendig sein, die liebgewonnen Selbstverständlichkeiten unserer Welt auf den Prüfstand zu stellen. Denkverbote, darf es hier nicht geben. Die Reaktionen vieler, auf manche meiner Texte, zeigen mir allerdings, dass wir noch ganz am Anfang stehen. Zu sehr sind die Katechismen der Vergangenheit in die Hirnwindungen des Homo sapiens eingedrungen. Deswegen hält er sich weiterhin nur für ein Tier mit besseren Mitteln, anstatt zu fragen, was denn Humanismus in seiner Gänze gedacht bedeuten könnte. Meine wichtigste These dabei ist: "Der Mensch hat die Pflicht, die Natur zu überwinden und zu verbessern und zu humanisieren." Ich bin der Überzeugung, wenn der Wille dazu da wäre, wären Wunder möglich. Natürlich werfen uns Leute wie Putin erst mal hundert Jahre zurück, das ist schade. Liebe Grüße Hera
  17. Vielen Dank liebe Ilona. Natürlich weiß ich, dass die Elstern eigene Jungen aufziehen wollen, wenn sie auf meinem Baum ein Nest errichten, aber das macht meine Besorgnis keinesfalls geringer. In allen Mythologien der Welt gelten Elster als Unheilboten und Vögel des Todes und des Satans. Ich habe das nicht erfunden, aber ich fühle und fühlte es immer genau so. Deswegen sehe ich sie nicht gerne in meinem Garten, lieber Amseln, Meisten, Stare etc.. Ganz konkret ärgere ich mich heute noch darüber, als ich mit ansehen musste wie sie die fast flügge gewordenen Amselkinder töteten. Einmal beobachtete ich, wie eine Elster ein Jungeichhörnchen am Baumstamm hinauf vor sich hertrieb. Ob das Eichhörnchen überlebte ist fraglich. Ich mag Raubtiere generell nicht besonders, aber die Elstern mag ich mit am wenigsten. Ich bin für paradiesische Zustände unter Vegetariern. Da ich aber heute schon wieder eine Grasspinne im Wohnzimmer hatte, erhoffe ich mir jetzt Hilfe in dieser Sache von dem Elsternpaar. Schauen wir mal, die Zukunft ist weit offen. Liebe Grüße Hera
  18. Ein Omen Ich sehe es mit Schrecken, Elstern brüten auf meinem liebsten Gartenbaum. Streckt die Todesgöttin Hel nun doch schon ihre Hand nach mir aus? Sollte dies ein Omen sein? Was wollen Satans Seelenräuber von mir? Bald werde ich hier fort sein, können sie nicht warten, bis ich in Sicherheit bin? Ich habe das Treiben dieser diebischen Räuber niemals dulden können. Aber ich greife nicht zum Besenstil und steige nicht ins Geäst hinauf. Wird mir dieses Erdulden des Bösen letztlich zum Verhängnis werden? Oder ist meine Nachgiebigkeit ein Zeichen meiner tieferen Akzeptanz des Unabwendbaren? Wie viele Nester unschuldiger Singvögel werden sie ausheben, wenn ich nichts unternehme? Die Galgenvögel holen sich Zweige für ihr Nest, knapp vor meinem Fenster segeln sie dahin. Das gurrende Taubenpaar des Vorjahres wird meinen Garten nun sicher meiden. Jetzt weiß ich, mich hält hier nichts mehr. Ich kann den Lauf der Dinge ja doch nicht wenden.
  19. Ich war nicht im Kloster, interessiere mich aber trotzdem für schöne Strümpfe. Liebe Grüße Hera
  20. Leider ist ja immer irgendwo Krieg, momentan ist er nur etwas näher gerückt. Liebe Grüße Hera
  21. Letzte Gedanken einer hoffnungslosen Transe, bevor sie sich in einem billigen 35 € Motelzimmer die Pulsadern öffnete Er sagte, er wolle um 10 Uhr da sein, jetzt ist es bereits 13 Uhr und kein Schreiben des Bedauerns von ihm. Habe ich den Bogen überspannt. Hielt ich ihn zu lange hin. Er sagte oft, dass er diese reinen Sextreffen nicht mehr wolle und er sagte auch, er habe mir so oft gesagt, es sei ihm von Anfang an mehr ums Herz gegangen. Er sagte bereits am Anfang, eigentlich suche er eine Frau für das Herz. Sex gehöre freilich dazu, aber der sei, weiß Gott nicht die Hauptsache. Nein! Er suche ganz speziell eine Transfrau, die bereit sei, mit ihm in seiner bescheidenen Zweizimmerwohnung in Köln zu leben. Außerdem solle sie rund um die Uhr eine richtige Frau darstellen und auch mit ihm rausgehen und sich auch zeigen, den Leuten. Er stehe zu ihr, was auch komme. Sie könne sich ganz auf ihn verlassen, der dann ihr Mann sei in allen Situationen des Lebens. Eine spätere Heirat sei keinstenfalls ausgeschlossen. Er versteht nicht, dass das für mich nicht so einfach ist. Ich habe eine alte Mutter, die auf meine Hilfe angewiesen ist und die mich genau wie die Nachbarn und alle Verwandten und Bekannten als Mann kennt und niemals als Frau akzeptieren wird. In diesem erdrückenden Umfeld ist ein Outing zurzeit völlig undenkbar. Es wär Mutters Tod. Freilich Mutter ist schon zweiundachtzig und wird auch nicht ewig leben, obwohl ich mir ihren Tod nicht mal denken kann, geschweige denn, dass ich ihn mir wünschen kann. Aber angenommen, sie wäre gegangen, dann würde ich das Haus verkaufen und ohne mich von irgendjemandem zu verabschieden, würde ich nach Köln verschwinden. Sie würden mich nicht suchen, warum auch, so wichtig war ich nie für sie. Wahrscheinlich würde mein Verschwinden von niemandem bemerkt werden, bei der unscheinbaren Existenz als Mutters Pflegekraft, die ich seit meiner Rente führe. Alles tue ich, damit es Mutter gut geht und wenn Besuch kommt, stehe ich oft unbeachtet im Hintergrund. Ich habe meine Freunde lange aufgegeben, zum einen, weil ich meine Zeit für Mutter brauche und zum anderen, weil ich meine Rolle als biederer Mann nicht auch noch in unnötigen Lebenssituationen spielen will. Meine kurzen Begegnungen mit meinem Kölner Mann sind sehr wichtig für mich und nur dann, wenn ich mich als seine Frau fühlen kann, habe ich das Gefühl, wirklich zu leben. Mehr als einmal pro Monat kann ich allerdings meiner Mutter nicht plausibel machen, in die Stadt zu müssen. Sie glaubt, ich streife durch die Buchläden, um mir ein neues Buch zu holen, das ich dann einen Monat lang lesen werde und ihr daraus vorlesen werde, bis wieder ein neues Buch gebraucht wird. In Wirklichkeit bestelle ich die Bücher im Internet und lasse sie in den Paketshop liefern und die Zeit, die ich dadurch gewinne, verbringe ich hier in diesem Motel in den Armen meines hoffentlich zukünftigen Ehemannes. Das sind dann zwei kurze Stunden im Monat, in denen ich wirklich lebe und für die ich alles andere hergeben würde. Mutter wird jetzt bestimmt schon Hunger und Durst haben. Sie kann sich nicht mehr selbst helfen, alles muss ich ihr heranreichen und sie füttern, waschen und all das. Aber ich mache es ja gerne, denn sie hat mir doch früher auch alles herangereicht. Ich gebe ihr nur das Selbstverständliche zurück. Das bin ich ihr als Sohn schuldig. In ein Heim werde ich sie niemals geben, was sollten die Leute denken. Da ist ein fitter Sohn, der mal ein großes Haus und ein Vermögen erben wird und der zu faul ist, seiner armen alten Mutter den nötigsten Respekt zu erweisen. Das würden alle denken, die uns kennen. Warum kommt er nicht, warum schreibt er nicht zurück. Das letzte Mal war es doch auch wieder schön, das hatte er doch auch gesagt. Natürlich hatte er auch darauf hingewiesen, dass das so nicht ewig weiter gehen kann mit uns hier in so einem billigen Motelzimmer. Das mit uns solle nichts Billiges sein, hatte er betont. Einzig als Frau an seiner Seite im richtigen Leben in Köln könne er sich eine Zukunft für uns vorstellen. Manchmal kann ich mir wirklich vorstellen, in Köln als Frau zu flanieren und zu leben. Wenn ich mich gut zurechtmache, kann ich bestimmt den prüfenden Blicken der Menschen standhalten. Ach, selbst wenn sie mich als Mogelpackung betrachten würden, müsste ich doch in der Lage sein, die Stärke aufzubringen, um ihrem Widerstand standhalten zu können. Sie müssen mich dann alle dort in Köln so akzeptieren, wie ich bin, was bleibt ihnen anderes übrig. Letztlich ist es die Standhaftigkeit, die ein Mensch innerlich hat, die die Akzeptanz der anderen erzwingt. Und sollte einer lachen, dann lacht er eben. Ich werde mich nicht weiter durch befürchtete Verletzungen daran hindern lassen, meinen Traum von A bis Z auszuleben. Doch was ist, wenn er nicht mehr kommt, wenn ich seine Geduld überstrapaziert habe? Was sollte ich dann alleine in Köln, noch dazu als falsche Frau. Wäre ich dann nicht den bösartigen Anfeindungen eines aufgebrachten Mobs in Köln vollkommen ausgeliefert? Gerade als Frau hätte ich dann sicher nicht die benötigte Stärke und Standhaftigkeit. Ich müsste ja dann verstärkt Hormone nehmen und dann bin ich ja immer so sensibel und anfällig und dann neige ich auch zu Depressionen. Frauen haben ja immer Depressionen. Was ist denn eine Frau ohne einen stärkenden schützenden Mann an ihrer Seite? Nichts! Erst ein Mann verleiht doch einer Frau, zumal wenn sie eigentlich keine ist, ihre Existenzberechtigung. Frauen wurden aus der Rippe Adams geschaffen und sind doch einzig nur Hilfsmittel für Männer. Jedenfalls finde ich diesen Ansatz und diese Art zu denken und zu fühlen am aufreizensten. Er kommt bestimmt nicht mehr. Ich kann doch nicht noch länger warten. Mutter wird bestimmt schon Hilfe brauchen. Es ist unverantwortlich, was ich hier tue. Eine ans Bett gefesselte Kranke, sich selbst zu überlassen, das ist so niedrig und schlecht. Das ist moralisch gesehen das Schlechteste, was es gibt. Und dann auch noch aus so niederen Beweggründen. Wie lange bin ich eigentlich schon hier? Ich habe doch nur zwei Stunden. Aber ich war lange eingeschlafen, soviel weiß ich. Wo ist das Smartphone? Was heute ist der Dreiundzwanzigste? Bin ich nicht am Zweiundzwanzigsten angekommen? Ich weiß es nicht. Ich weiß nichts mehr so genau.
  22. Vielen Dank, liebe Donna. Liebe Grüße Hera
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