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Hera Klit

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  1. Hera Klit

    Sag doch selbst

    Sag doch selbst Ich weiß doch ganz genau, das mit uns hat Bestand. Wenn ich dir in die Augen schau, fühl ich mich mit dir verwandt. Trotzdem bleibt die Sehnsucht, nach etwas völlig andrem. Es tut mir wirklich leid, dass ich so bin, wie ich bin. Ist‘s vielleicht auch nicht gescheit, so komm ich doch da nicht umhin. So zu fühlen, und alles zu zerstörn, in den Gefühlen zu wühlen, und am Ende zu verliern. Manchmal schau ich dich verstohlen, von der Seite heimlich an, und dabei frag ich mich schon, was will die Frau von diesem Mann. Ich weiß es doch selbst. Ich weiß es doch selbst. Ich weiß es doch selbst. Das ist nicht ok! Was muss ich denn suchen? Was will ich denn finden? Was hab ich hier nicht? Was will ich denn finden? Mensch, denk doch selbst mal nach, das hast du doch nicht verdient. Das ist doch nicht ok. Das ist doch nicht ok. Das ist doch nicht ok. Sag doch selbst!
  2. Hera Klit

    Schrecken oder Erlösung

    Ich trinke eine Tasse Kaffee und klicke durch die Medien, wie jeden Morgen. Ist egal, was ich tu’, kein Chef wartet, bin nur ein Rentner, der seine letzten Jahre sinnvoll vertut. Ich lese, es steht nicht gut, um den berühmten Schauspieler (neunundachtzig). Dann muss ich los, zu meinen Besuchsterminen. Ich habe eine Mutter und eine Schwester im Pflegeheim und beide balancieren im Grenzland des Todes. Die eine ist siebenundachtzig und die andere siebenundsechzig. Das Alter ist nicht die Eintrittskarte. Ich besuche meine Lieben in ihren jeweiligen Heimen mindestens zweimal pro Woche und dabei schreite ich jeweils eine Phalanx des Leidens ab: Verschiedene Mütter und Väter, die ihre Töchter und Söhne nicht mehr erkennen. Die einen lachen mich an, andere weinen mich an und stammeln Unverständliches. Sabber läuft aus Mündern. Blicke gehen ins Nichts. Eine ehemalige Klassenkameradin von mir, deren Bruder wie ich heißt, aber nie zu Besuch kommt, ist auch dort. Ich sage, er hat bestimmt viel zu tun. Das lässt sie nicht gelten. Meinen alten Versicherungsvertreter, der mit zerwühlten Haaren und mit Schlafanzughose im Rollstuhl vor der Eingangstür sitzt und mir immer nachruft: Hallo, sind sie aus W.? Dann nehmen sie mich mit, ich will heim.“ Ich bin aus W., sage aber ich sei aus G., dann lässt er mich schneller gehen. Er war immer so adrett gewesen, das schürte Vertrauen. Der Platz auf der Eckbank im ersten Stock von Herrn Hofmann ist jetzt leer. Ein schmuckloses Schild an der Wand gibt Auskunft warum. Fünf Jahre grüßte ich ihn, zuletzt fast schon mechanisch. Meines Wissens grüßte er nur im ersten Jahr zurück. Conzuela, die liebe Pflegerin aus Venezuela, ist leider momentan krank, das verschärft die Lage freilich zusätzlich. Conzuela ist wirklich lieb, sie fing mich neulich im Flur ab, um mich über Mutters seltsames Verhalten zu informieren. Ich wunderte mich kaum. Abends les ich weiter auf t-online, man macht sich Sorgen, um jenen berühmten Schauspieler. Er stand gestern noch auf der Bühne in einem gefeierten Stück und heute ist er im Krankenhaus und ringt mit dem Tod. Es fällt mir schwer, mir Sorgen zu machen um ihn, eigentlich möchte ich ihn beglückwünschen, dass er gestern noch spielte. Natürlich ist es ungerecht, verglichen mit Heesters, der stand mit hundertvier, soweit ich weiß, noch auf der Bühne. Scheinbar arbeitet der Tod nicht nach der Uhr. Der nächste Morgen findet mich früh im Garten. Ich räume Reisig und Blätter weg, von den Büschen, die ich kürzlich schnitt. Ein munteres Rotkehlchen spring fiepend um mich herum. Es sucht wohl Beute zwischen den Blättern, die ich aufwirbele. Es ist vermutlich noch jung, seine Bewegungen wirken naiv und keck. Wahrscheinlich stammt es aus dem leeren Nest, das ich fand, als ich die Hecke stutzte. Ich halte eine ganze Weile inne und beobachte das winzige Wesen, dessen wache Augen in die Zukunft zu leuchten scheinen. Plötzlich komme ich auf die Idee, mir endlich einen Bart stehenzulassen.
  3. Wenn die Liebe weg ist, kann ich wieder atmen. Ob das ihr großer Zweck ist, kann ich nur erahnen. Dann ist der Himmel wieder offen, blau bespannt und ich darf hoffen. Wenn die Liebe rum ist, scheint alles einfach zu sein, Ob dieses das Verdienst ist? Man ist ja jetzt allein. Und danach, beginnt die Zeit, der großen Unangreifbarkeit. Wenn die Liebe aus ist, plant mich vorerst mal nicht ein, es ist ja schwer, wenn man vermisst. Diese Zeit wird wohl auch schwierig sein. Schlafen werd‘ ich viel und träumen und so manche Sonnenstund versäumen. Wenn die Liebe fort ist, wird eine Lücke bleiben, da bin ich freilich Realist. Wie's dann wird, muss sich zeigen. Am End, füll’ ich die Lücke mit mir, dann beginn das Leben, genau ab hier.
  4. Sag nicht, dass es damals nichts war, tu mir das doch bitte nicht an. Dass du gehen musstest, ertrug’ ich, glaub aber nicht, dass ichs mit Häme kann. Ich bin jetzt kurz in unserer Stadt und fürchte mich so sehr vor deinem Blick. Wird er etwas von Verachtung tragen, werden deine Augen stumm zu mir sagen, ich will alles, aber dich will ich niemals zurück? Keine Macht auf dieser Welt bringt dich zurück Du hattest Flügel und wolltest fliegen und ich war nur zum Laufen gemacht. Es gibt Menschen, die müssen siegen und andere wurden zum Dulden erdacht. Warum ängstigte deine Stärke mich so sehr, ich fürchte mich sogar jetzt fast noch mehr? Weil ich niemals mit dir Schritt halten kann, das fühlte ich vom ersten Anfang an und das ist es, was Liebe zur Hölle macht, dies ist die Qual, die das Feuer entfacht. Keine Macht auf dieser Welt bringt dich zurück Wir können jetzt nichts mehr daran ändern, keine Macht auf der Welt kann dies. Sollten wir auf der gleichen Straße schlendern. Dann erinner dich wenigstens, wie der Junge hieß. Keine Macht auf der Welt bringt dich zurück
  5. Die recht schmucklose Ferienwohnung hatte zwei Schlafzimmer, ein Wohn-Esszimmer mit einer kleinen Küchenzeile und freilich ein schlichtes Bad mit WC. Also, alles was man brauchte, für zwei Personen. Greif wollte vor dem Schlafengehen noch mal die Umgebung sondieren. Vorher schärfte er der Transe ein, nur ja im Haus zu bleiben. Aufsehen war jetzt das Unangebrachteste. Ein bosnischer Banker, der sich womöglich jeden Luxus kaufen konnte, musste sich mit solch einem Sohn herumschlagen, dachte Greif. Wenn Kinder alles haben und nicht die geringsten Probleme, dann fällt ihnen ganz bestimmt etwas ein, um ihr Leben und das Leben ihrer Alten zu komplizieren. Das waren für Greif nichts anderes als Wohlstandskrankheiten des Hirns. Aber er wollte die Situation nicht unnötig verschärfen, deswegen sagte er nichts zu dem Sohn, sondern er sagte zu sich, wenn dessen Vater ihn so akzeptierte, dann wäre es wohl das Beste, er akzeptierte ihn auch so. Wenigstens die vierzehn Tage, die der Auftrag höchstens dauern sollte. Also strengte er sich an, den Sohn eben als Frau zu sehen, aber nur der Form halber, nicht wirklich. Eine Frau ist doch etwas ganz anderes, etwas unerklärbar anderes. Als Greif sich anschickte nach draußen zu gehen, sah er seine Schutzbefohlene noch mit einem engen weißen Catsuit bekleidet und mit High Heels an den Füßen, im Badezimmer verschwinden. Gut, die Figur war schon sehr feminin und die Beine schienen endlos lang, aber warum mussten es Transen immer übertreiben? Welche Frau trägt in solchen Situationen einen hautengen Ganzkörpernetzanzug und zu allem Überfluss noch High Heels? Die, die Greif kannte, trugen bei solchen Gelegenheiten graue Jogginganzüge und Stoppersocken mit Mickey Maus-Motiven drauf. Jedenfalls jene, die auf eine Beziehung aus waren. One-Night-Stand-Frauen legten schon mehr Fantasie rein, das war klar, sie wollten ja den Wolf im Mann und nicht den Haushund hervorlocken. Greif war fast zur Tür raus, da hörte er aus dem Bad seinen Nachnamen. Herrgott, was war jetzt? Transen sind oft noch hysterischer als Frauen, davon hatte er gehört. Sie überzeichnen damit ihr angebliches Frausein bis hin zur Karikatur. Unwirsch trabte er zum Bad rüber und riss die Tür auf. „Sie“ stand am Waschbecken, und hatte zwei Hände am Drehknopf und brachte ihn scheinbar nicht auf. Greif war ja zuvor im Bad gewesen und hatte seine Hände gewaschen und dann zugedreht. Wie immer viel zu fest, denn Sicherheit war sein oberstes Prinzip, bis in die kleinsten Alltäglichkeiten hinein. Greifs Blick fiel auf die schmalen Handgelenke, beide von einem silbernen großgliedrigen Kettchen umspannt die jetzt wie Fesseln wirkten. Dazu die feinen fraulichen gepflegten Hände mit genau der Art aufreizender Nägel, wie sie Greif schon gerne sah. Lang aber nicht zu lang, und vorne abgeflacht. Das waren die, die er am liebsten hatte. Und weiß lackiert. Weiß hatte was. Weiß stach in die Augen. Diese Hände waren ihm schon während der Herfahrt aufgefallen, er hatte aber nicht so genau schauen wollen. Jetzt aber sah er sie ziemlich genau und dazu den über die Schulter geworfenen hilflosen Blick, aus diesen rauchig umrandeten, fast etwas verruchten Augen. All das, ließ ihn einen endlos langen Augenblick in einen Film hineinfallen, in dem er zugriff und sich die vermeintlich angekettete Hilflosigkeit ohne Rücksichtnahme schonungslos zunutze machte. Er tat natürlich nichts, aber dieser Film lief ab, in dem er zupackte, festhielt und an der Netzumspannung riss, um freizulegen und … Nebel, nichts als Nebel. „Aber, so helfen sie doch, Herr Eroll“, drang eine Stimme durch seine Fantasie und holte ihn zu den Tatsachen zurück. Er hatte scheinbar nichts gemacht, das sagte ihm der relativ entspannte Gesichtsausdruck der Transe. Ihre Hände waren auch nicht mehr an dem Hahn, sondern in ihre Hüften gestemmt. Auch das eine durchaus weibliche Haltung, wenn der Mann nicht gleich hilfreich ist. Greif drehte auf und wirbelte herum und war draußen. Er hatte diese Zustände seit seiner Scheidung und die nächtlichen Aufschrecker inklusive Herzrasen. In letzter Zeit waren sie seltener gewesen und die Hoffnung sie loszuwerden war gewachsen. Die frische Lust des dämmernden Herbsttages tat ihm gut. Er lief den Hang hinter dem Haus hinunter bis zu einem angrenzenden undurchdringlich wirkenden Nadelwald. Er hatte sich wieder im Griff und summte Santa Maria, den Hit von Roland Kaiser vor sich hin. Nichts war so sehr geeignet seine Nerven zu beruhigen, wie die Songs von Roland Kaiser, besonders auch dieses Lied mit der wunderbaren Melodie und dem Text der in richtigen Männern stille Stürme der geträumten Leidenschaften zu entfachen geeignet war. Eine sonnendurchflutete Insel und eine junge, geheimnisvolle Schöne in den Armen. Wie hieß es darin? Dann hielt ich ihre Jugend in den Händen. Eine sehr gelungene Umschreibung dessen, was Männer wie Roland und auch Greif als absoluten Volltreffer einstuften. Auch mit siebenundsechzig brannte da Greifs Feuer noch lichterloh. Ein Glück für das man keinen Namen kennt, dichtete Roland weiter. Wunderschön und so wahr. Hoffentlich ging Roland Kaiser bald wieder auf Tour. Greif musste mal wieder raus, die Seele baumeln lassen und was war da besser geeignet, als ein Konzert seines Lieblingsstars. Die Szene vorhin hatte doch deutlich gemacht, wie es um ihn stand. Durch den Wald würden sie sicher nicht kommen. Oben, weit über dem Haus, führte eine kaum befahrene Straße vorbei und hinter dieser, waren nur wenige Häuser eines kleinen Weilers zu erkennen. Kein Mensch würde den Nachkommen des Bosniers hier vermuten. Ausgeschlossen! Greif wurde jetzt klar, dass er vergessen hatte, zu fragen, wer eigentlich die potenziellen Entführer waren und warum sie eventuell eine Entführung planten. Da er den Job unbedingt brauchte, hatte er vermieden umständlich zu wirken. Zum Glück wurde es ihm scheinbar nicht als Unprofessionalität ausgelegt. Plötzlich musste er überlegen, ob die Szene im Bad real gewesen war. Er hatte einfach diese Momente der Unsicherheit über sein kürzlich unternommenes Handeln. Sein Zweifel ging so gar so weit, dass er befürchtet, er hätte die Transe deswegen mundtot machen müssen. Im Laufschritt hastete er hinauf zum Haus, um zu retten, was noch zu retten war, falls Schlimmeres geschehen war. Er fand seine, ihm überantwortete Person, in lässiger Haltung vor dem Fernsehapparat. Also, war nichts geschehen. Hätte er etwas getan, hätte sie es nicht geschluckt. Als er an ihr vorüber zu seinem Zimmer schritt, wortlos, um keinen Staub aufzuwirbeln, spürte er genau, dass ihm diese tiefgründigen scharfen Katzenaugen folgten und einen Moment lang kam er sich vor, wie eine lächerliche Maus, die auf einem viel zu niedrigen Drahtseil balanciert, das von der sprunggewaltigen geschmeidigen Katze spielend mit einem Satz zu erreichen ist.
  6. Vielen Dank, liebe Uschi. Du liegst mit deiner Vermutung goldrichtig, habe auch an die beiden gedacht dabei. Die Vertonung ist noch in Arbeit. Liebe Grüße Hera Vielen Dank, lieber Wolfgang, du hast natürlich vollkommen recht. Weil ich auch noch Hoffnung habe, habe ich diesen kleinen Song gemacht. Liebe Grüße Hera
  7. Alles, was wir sagen können, ist, gebt dem Frieden eine Chance Die Menschen strömen durch die Gassen, es scheinen endlos viel. Sie können ihr großes Glück nicht fassen, sie haben ein gemeinsames Ziel. Sie sagen, der neue Mensch ist erkoren, nun sind wir nicht mehr verloren. Alles, was wir sagen können, ist, gebt dem Frieden eine Chance Ich schließ mich ihnen an, lass mich treiben und folge dem fröhlichen Strom. Was die Herzen zusammenführt, wird bleiben, man spürt dies im Anfang schon. Er weist uns den Weg, wir wollen folgen, die Zukunft wird für alle golden. Alles, was wir sagen können, ist, gebt dem Frieden eine Chance All unsere Probleme werden weggewischt, mit leichter, liebender Hand. Ein Ende mit Missgunst und Verzicht, unsere Sorgen werden gebannt. Kein Zweifel darf uns jetzt die Stirne trüben, wir müssen uns in Zuversicht üben. Alles was wir sagen können, ist, gebt dem Frieden eine Chance Friede, Freiheit und Brüderlichkeit, sind keine Worthülsen mehr. Selbst in unserer düsteren Zeit, wird wachsen das friedliche Heer. Glaubt alle fest, dass es möglich ist, dass wir alle zusammen stehn. Egal woher du auch immer bist, lass uns in die gleiche Richtung gehn. Alles was wir sagen können, ist, gebt dem Frieden eine Chance Die Weisen beginnen zu tanzen und singen und rufen, der neue Mensch, sind wir, die wir nicht länger um Vorteile ringen, reicht euch die Hände, alle hier. Wer euch sagt, ihr seid anders als die andern, wird eines Bessren belehrt. Doch auch er, wird mit uns wandern und am Ende durch Liebe bekehrt. Alles, was wir sagen können, ist, gebt dem Frieden eine Chance Alles, was wir sagen können, ist, gebt dem Frieden eine Chance Alles, was wir sagen können, ist, gebt dem Frieden eine Chance Alles, was wir sagen können, ist, gebt dem Frieden eine Chance ... +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Hier, eine Liveaufnahme dieses herrlichen Titels, gesungen mit Feund*Innen aus der radikalen Friedensbewegung: (Nicht von Russland finanziert!!! Das lassen wir uns nicht nachsagen!)
  8. Hallo Dieter, vielen Dank. Es geht hier nicht um Trennung, sondern um das Anschmachten einer neuen, die eigentlich aber unerreichbar scheint. Liebe Grüße Hera
  9. Hallo lieber Wannovius, vielen Dank. Da mag vieles richtig sein, aber wieso nimmst du an, dass es ein Liebsten/ eine Liebste in Reichweite gibt? Davon ist hier nicht die Rede. Nur eben diese angesprochene scheint in Reichweite. Liebe Grüße Hera
  10. Hera Klit

    Leidendes Sehnen

    Ich schau’ dich an, obwohl ich es nicht darf und du lächelst, weil du den Toren entlarvst. Weder kenne ich die Formel, noch das Gesetz deiner Magie und Macht über mich. Millionen Gesichter, doch nur deins passt, wie der Schlüssel zu meinem Schloss. Ich bin hier nur zum Krankenbesuch und du bist der Engel, der pflegt. Jedes Mal, wenn ich komme, flehe ich, du mögest nicht da sein und hoffe doch, du bist es. Welche Falle stellt man mir hier und wer stellt sie mir? Schicksal, Vorsehung, Verdammnis? Einmal noch Tiefe fühlen und von dem Unergründlichen gepackt und verschlungen werden. Wie eine Blüte die tiefrot nochmal entbrennt, bevor die Sonne ihr leidendes Sehnen vertrocknend versengt.
  11. Hera Klit

    Greif Eroll

    Greif war beruhigt, dass es sich diesmal um den Personenschutz eines Sohnes handelte. Der Sohn eines bosnischen Bankers aus Offenbach. Es gab Hinweise, dass dieser entführt werden sollte, deswegen schaltete sein Vater Greif ein, um nur wenige Tage mit ihm unterzutauchen, irgendwo in der Provinz, dann sei der Spuk sicher vorbei, sagt der Erziehungsberechtigte am Telefon. Alles ging diesmal übers Telefon. Frauen waren ein Problem, sie verstrickten einen immer. Greif war sich seiner Wirkung auf sie bewusst und mehrere Tage eng zusammen, führten dann meistens zu Problemen. Entweder wollten sie was, oder sie wollten nichts, oder, sie wussten nicht, was sie wollten. Das waren die Schlimmsten. Eine dieser Art hatte ihn seinen Job bei der Polizei gekostet. Er war doch nur deswegen nackt in ihr Zimmer gekommen, nachts, weil er ein Geräusch gehört hatte und annehmen musste, da geht was schief. Er schlief ja immer nackt und es musste doch schnell gehen. Gerade im Personenschutz zählen oft Bruchteile von Sekunden. Er schnappte noch die Waffe und war schon drin in ihrem Schlafzimmer, worauf sie erwachte und falsche Schlüsse zog. Er musste ihr eine scheuern, um das Schreien zu beenden. Situationen die im Polizeibericht unglaubwürdig wirken. Die Richterin war freilich vorurteilsbehaftet, das war klar. Drei Jahre auf Bewährung, dann die Ehe futsch. Auch die Ehefrau freilich vorurteilsbehaftet. Pension den Bach runter, also malochen auf eigene Rechnung bis zum bitteren Ende. Diesen Job traute er sich auch mit siebenundsechzig noch zu, zumal keine Frau im Spiel war. Dieses Jüngelchen würde er schon zähmen. Also fuhr er zur Adresse, um den Burschen abzuholen. Ein Hotel im Westend, Zimmer 203. Er klopfte an, im vereinbarten Rhythmus. Es öffnete eine Puppe. Freches kurzes blondes Haar, Schmollmund, mit Rundungen an den richtigen Stellen. Was sollte das? Was ging da ab? Greif wählte die Nummer des Alten und beschrieb die Situation nicht ohne Vorwurf in die Stimme zu legen. Der Dad entschuldigte sich, er habe vergessen zu sagen, dass sein Sohn gerade dabei sei, sein Geschlecht zu wechseln, stünde aber noch vor der entscheidenden OP. Er hätte dies freilich erwähnen müssen. Womöglich sei dies wichtig, vielleicht aber auch nicht. Mensch, Greif hatte von solchen Dingen gehört, aber nicht angenommen mit so einem Wahnsinn, der heute überall grassierte, selbst konfrontiert zu werden. Diese Welt war auf dem absteigenden Ast und wurde jeden Tag weniger die, die Greif gerne gehabt hätte. Sein Schweigen am Apparat, veranlasste den Alten, ein paar zusätzliche Scheine nachzulegen. Greif legte auf und sein Blick auf den „Sohn“ ließ ihn seine eben gemachte Zustimmung fast postwendend bereuen. Aber trotz all dem Mummenschanz handelte es sich doch um einen Kerl. So betrachtet, hatte sich an dem Job ja nichts geändert. Also lud er den Knaben in seinen Van und karrte ihn an einen unbekannten Ort in einem Mittelgebirge. Er hatte dort bereits eine Ferienwohnung gemietet. Der Job war so gut wie in der Tasche. Sein Passagier hatte erstaunlich viel Gepäck dabei. Greif wie üblich eine Sporttasche mit ein paar Unterhosen und Socken und was man sonst noch so braucht. Eine Zahnbürste freilich auch. Natürlich auch seinen alten Rekorder, mit den best-off-Kassetten von Roland Kaiser. Greif ließ auf Roland nichts kommen. Der hatte Texte, die eine klare Linie zwischen Männern und Frauen zogen und die Melodien waren auch noch schön. In Rolands Welt waren Frauen, schön, schwach und geheimnisvoll und Männer kantig, stark und zielsicher. Da fühlte sich Greif zu Hause. Klare Fronten, verteilte Aufgaben. Im Augenwinkel konnte er bei der Fahrt immer wieder sehen, wie seine Begleitung den Rock, der von den Knien gerutscht war, wieder runterzog, als sei jemand an Bord, den diese Knie interessieren könnten. Aufkeimende Verachtung schluckte er runter, weil es eine seiner Maximen war, jedem seine Spinnereien zu lassen. Er hatte sich mal geschworen, keinen Menschen zu verurteilen, sogar Frauen versuchte er zu verstehen, aber ehrlich gesagt, konnte er seinen Beifahrer nicht im mindesten verstehen. Wenn man als Mann geboren wurde, das bedeutet, unten ist ein Schniedel dran, dann ist man Mann. Einfacher ging es doch nicht. Aber die heutige Zeit nahm ja nichts mehr einfach. Alles musste hinterfragt und auseinander- genommen werden. Das N-Wort durfte keiner sagen, Schnitzel mussten umbenannt werden, Frauen riefen die Polizei, wenn man ihnen nachschaute. Kein Wunder, dass die Jugend völlig konfus ist, dachte Greif, während er versuchte den Kopf geradeaus zu halten, um das ständige Rockgefummel nebenan nur ja zu ignorieren. Herrgott, bevor er das Knie eines Burschen anfassen würde, müssten Dinge geschehen, die auf dieser Welt noch nie geschehen waren. Wenn auf einen Mann das Prädikat hetero zutraf, dann war er es. Oft wurde er mit dem frühen Hans Albers verglichen. Die stahlblauen Augen, das kantige Kinn und die markige Figur. Er war sich sicher, Roland Kaiser und er würden auf der Stelle Freunde werden, wenn sie sich träfen. Da war ja auch eine Seelenverwandtschaft vorhanden. Eindeutig. Das las er aus den Texten, die ihm selbst auf den Leib geschrieben schienen. Obwohl Greif mehrere Konzerte dieses Künstlers bereits besucht hatte, war er aber nie mit Roland direkt bekannt geworden. Er war doch kein Teenager, der sich Backstage nach einem Autogramm drängte. Leider hatte er bei den Konzerten manche Frau kennengelernt, mit der der Sex schal war und eine geistige Ebene nicht vorhanden. Kurze Beziehungen, die einem wie Nachtmahre im Rest des Lebens verfolgen. Auf Rolands Konzerten sind eine Menge aufgewühlter Milfs unterwegs, die versuchen an Roland heranzukommen und wenn das nicht klappt, wenigstens an einen ähnlichen Typen. Greif steuerte den Van auf den Kiesweg vor dem Haus. „Sie haben ihr Ziel erreicht.“ krächzte der Kasten an der Konsole. „So, aussteigen mein Herr“, forderte Greif den Insassen auf und musste sich darauf anhören. „Ich bin eine Frau und bestehe auf die korrekte Anrede.“ Greif fuhr herum, weil er eigentlich keine Antwort erwarten hatte und schon gar nicht so eine, auch noch mit solch einer Stimme. Sein Blick fiel in kastanienbraune, scheu aufgeschlagene Katzenaugen mit magisch langen Wimpern und blieb länger dort hängen, als es von dem professionellen Verhalten eines Personenschützers, erwartet werden darf. Verdammt, was mache ich hier eigentlich, dachte Greif und stemmte sich schleunigst nach links aus dem Wagen. Dieser kleine Ausrutscher war ihm eine Warnung gewesen. Er würde absolute Neutralität und Professionalität praktizieren in den nächsten vierzehn Tagen, dann würde es einfach werden. Keiner wusste, dass sie hier waren, es konnte auch keiner herausfinden. Sie hatten sich unauffällig zu verhalten, nur er verließe das Haus, um evtl. benötigte Dinge zu besorgen. Den „Sohn“ bekäme draußen keiner zu sehen und dann am Schluss, gäbe er ihn dem Vater ungeschoren und unangetastet wieder zurück. Sowas von simpel. Fortsetzung folgt.
  12. Hera Klit

    Diätenfresser

    Ihre Worte sind inhaltsleer, Taten folgen keine hinterher. In Gremien und Zirkeln sitzen sie, und tun immer so als schwitzen sie. Dem Volk drücken sie eins aufs Ohr, in späten Talkshows am Monitor. Aber die Wirtschaft sie siecht, und der gute Bürger, der kriecht, auf dem Bauch wegen Steuerlast und hälts Maul, obwohls ihm nicht passt. Das sind wir hier ja alle so gewöhnt, dass Politik die Bewohner verhöhnt. Sie predigen öffentlich das Biken, von ihren Bentleys daheim tun sie schweigen. Das sind die Diätenfresser, wir kennen es nicht besser. Wir sind mit ihnen vermählt, wir haben sie ja schließlich gewählt. Das ist Democracy, a very good System, für Machtinteressen äußerst bequem. Aber es gibt ja kein besseres als dieses, zu Kommunismus und Diktatur sag’ ich „Jesus“. Lasst mich damit in Ruh, das wird nix. Also brauchts die Reform von unten, aber fix. Vorsicht vor Fakern die predigen, sie vergiften die Brunnen der Medien. Kauft euch lieber mal wieder ein Buch, lesen ist beileibe kein Fluch, das euch die Welt tiefer erklärt. Die paar Euro ist das sicher wert. Ich sollte jetzt versöhnlich enden, aber ich will doch niemand blenden. Ich bin beileibe kein Politiker, das Schönreden fällt mir schwer.
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  13. Glaube mir, die Zeit scheint manchmal still zu stehn, dann greife ich in den Lauf der Welt nicht mehr ein. Ich lasse dann einfach alles vorüberziehn und fühle mich weder groß noch klein. Ich lasse nur alles sein, was mir mal wichtig schien und denke und lenke gar nichts mehr. Dann seh ich am Straßenrand die Rentnerin, sie schiebt ihren Rollator vor sich hin, der ihr erlaubt noch ein Stück des Wegs allein zu gehn. Sie war einmal ein frohes Kind mit Zehn, bald ein Backfisch und später eine Braut. Ich möcht leiden und weinen mit ihr. Aber ich muss doch gar nicht traurig sein, fällt eine hin, steht eine andre auf, das ist der Welten Lauf. Lass fahren, ruft es tief in mir drin, du verleihst dem Ganzen doch keinen Sinn. Was der Mensch heute so zu denken meint, ist schon morgen längst wieder überholt. Der Mechanismus, der dies alles zu treiben scheint, ist überdies für Menschen viel zu hoch. So will ichs lassen, nichts fassen, einfach sein. Ein anderer ist mit neunzig felsenfest, ans Bett geschmiedet und hält am Leben fest. Dann kommt die Nachricht vom Tod der Enkelin, so plötzlich und unerwartet, das rafft ihn hin. So eine Welt ertrug er dann doch nicht mehr, dann gab er sein eigenes Leben ganz schnell her. Doch wir müssen leben und streben immer mehr. Aber ich muss doch gar nicht traurig sein, fällt einer hin, steht ein andrer auf, das ist der Welten Lauf.
  14. Während der Häcksler rattert, lasse ich den Blick über den Garten schweifen, der einmal ein Familiengarten war und der jetzt nur noch der Garten eines alternden Mannes ist. Ich schneide alles extrem zurück, solange meine Hände noch nicht welk und kraftlos sind. Sogar die Brombeeren sind fast weg, aber sie lauern im Boden, auf ihre Chance und werden am Ende den Sieg davon tragen. Der Japanische Ahorn, den du gepflanzt hast, ragt schon fast zum Balkon hinauf, auf dem du samstags immer standest und riefst, wenn ich nicht rechtzeitig zum Essen kam. Ein neckischer Vorwurf umspielte dabei deinen Mund. Wir konnten uns ja niemals böse sein. Jetzt arbeite ich meist durch, im Garten, weil droben niemand wartet. Unsere Tochter ruft noch regelmäßig an. Ich rede dann möglichst vernünftig mit ihr, man erscheint ja so leicht seltsam, wenn man über sechzig ist. Mutter musste ich ins Heim geben, es ging wirklich nicht mehr. Ich weiß, es täte dir auch leid, obwohl sie dich nie akzeptiert hat. Du hattest dieses große Talent, zu verzeihen. Wenn es sein musste, immer wieder. Stell dir vor, Silke hat heute Morgen schon wieder angerufen. Sie ruft oft an, seit ihr Mann tot ist. Ich weiß, auch das würdest du verzeihn. Vernünftig wäre es, aber ich habe Angst, deine Stimme im Rauschen des Ahorns dann nicht mehr zu hören.
  15. Hera Klit

    Zunächst, demnächst

    Zunächst warten wir noch ab. Zunächst müssen mich deine Kinder nicht kennen. Zunächst leben wir noch getrennt. Demnächst wird sich vieles ändern. Demnächst, wenn wir uns näher sind. Zunächst ist es noch klüger, nicht zu weit zu gehen. Zunächst müssen wir vernünftig sein. Zunächst haben wir noch zu viel zu verlieren. Demnächst wird es anders sein. Demnächst werden wir uns für uns aufgeben.
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