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Dali Lama

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Alle erstellten Inhalte von Dali Lama

  1. Dali Lama

    Ähnlich

    Hm nee, in der Satzstruktur nun nicht.
  2. Dali Lama

    Ähnlich

    Moin Stavanger, müsste es hier nicht eher heißen: Wenn der noch auf zwei Beinen liefe, Es geht da ja gerade um den Boxerhund, der Franz so ähnelt. LG Christian
  3. Das Sonett bleibt natürlich meine Lieblingsform, aber man will sie ja auch nicht ausleiern 😉 Danke dir fürs Lesen! Das Pantum ist echt eine interessante Form, die Wiederholungen rühren von der ursprünglich mündlichen Überlieferung her - über Pantume wurde praktisches Wissen weitergegeben, das prägt sich mit Wiederholungen natürlich viel besser ein^^ Ich hatte dazu auf gedichte.com mal einen sehr ausführlichen Infobeitrag geschrieben, das ist ja bekanntlich nun alles weg. Aber sicher findet man auch im Netz noch das ein oder andere Lesenswerte dazu! LG Chris Edit: Gerade gesehen: Du bist pringles, und das freut mich sehr 🙂
  4. Moin Claudi, vielen Dank dir 🙂 Dasselbe dann ja auch nochmal beim "Brandloch" und beim Brennen generell, das hatte sich angeboten, das für beiderlei zu nutzen! Danke übrigens auch an alle, die geliket haben 🫶 LG Chris
  5. Moin MonoTon, nee, das ist ein Pantum, eine malaiische Gedichtform. Da wiederholen sich Vers 2 und 4 eine Strophe als Vers 1 und 3 der Folgestrophe, während die letzte Strophe als letzten Vers den Vers 1, und als zweiten Vers den Vers 3 aus der ersten Strophe erhält. Macht Spaß, besonders, wenn man versucht, in den Wiederholungen andere Akzente in der Bedeutung der Verse zu setzen. LG Christian
  6. Dali Lama

    Gegenprobe

    Moin Stavanger, da sieht man, dass das Mathematische, Naturwissenschaftliche, Logische eben auch seine Grenzen hat^^ Der Tag wird leider nicht schöner und ich fühle mich definitiv nicht besser, wenn ich mich nun entscheide, im T-Shirt herumzulaufen, ganz im Gegenteil^^ Als kleiner Testballon fein, inhaltlich hätte ich mir dann jetzt aber vielleicht noch die ein oder andere Gegenprobe mehr gewünscht! Willkommen im Forum, viel Erfolg beim Posten von Größerem, LG Christian
  7. Moin Fehyla, philosophisch finde ich dabei nun unpassend, das sieht ja mehr nach Politik- oder Gesellschaftskritik aus. So mag man es dann auch betrachten können, ist ja auch sehr leicht, "denen da oben" an allem die Schuld zu geben. Das lyrische Ich nimmt sich da sehr offensichtlich aus der Verantwortung, dabei könnte es ja auch selbst einfach ein Erinnern leben und in die andere Richtung gehen. Weniger Schuldzuweisung, etwas mehr Eigenverantwortlichkeit und dann sind die Gedanken des lyrischen Ichs vielleicht eher: Das Vergessen führt uns durch die Täler der Geschichte. Zu viele laufen ihm hinterher. (Wahlweise mit entsprechenden Zeilenumbrüchen) LG Christian
  8. Moin Liara, schade, dass der Text einfach so untergegangen ist, dafür ist er ja nun wirklich zu schön! Inhaltlich bin ich zwar nicht gänzlich gefangen, weil der religiöse Einschlag am Ende einfach nicht meine Themenwelt ist und der Text sicher auch ohne die Gott-Keule wirken könnte, aber darüber will ich jetzt einfach mal hinwegsehen 😄 Ansonsten lese ich deinen Text, trotz Einordnung unter Melancholisches, Düsteres, Trauriges eigentlich wie einen Liebesbrief, aber das muss sich ja auch nicht ausschließen. Gehen wir das mal Stück für Stück durch: Metrum und Reim: xXxXxXxXxAa xXxXxXxXxAa xXxXxXxXxB xXxXxXxXxXxB Ein 5-hebiger (im letzten Vers 6-hebiger) Jambus mit Paarreimen. Die kennt man in der Regel eher bei fröhlicheren, beschwingteren Texten. Bei diesen recht langen Versen gleicht sich das aber aus. Der letzte Vers hat eine Hebung mehr, passenderweise genau dort, wo es darum geht, keine Worte mehr zu finden. Inhalt und Stil: Ich finde die überzählige Hebung hier sogar passend, da es formal das unterstreicht, was ich hier in der ersten Strophe bereits als kleinen Eindruck gewonnen habe: Eine Sammlung von Unmöglichkeiten, Fantasien, ja vielleicht gar Widersprüchen. Der Stein, der nachts leuchtet, mag noch am realistischsten sein, wobei es einen aus sich selbst leuchtenden Stein so ja auch eher nicht gibt. Ein tolles Bild dann der Bienenschwarm, der den Sand befeuchtet, naturgegeben höchst unwahrscheinlich, aber bildlich sehr sprechend für größte Anstrengungen, die schlussendlich wohl doch scheitern werden. Das lyrische ich lässt nichts unversucht, kein Wüstensandkorn unbenetzt, um vielleicht zu beweisen, dass man Unmögliches doch schaffen kann. Metrum und Reim: xXxXxXxXxC xXxXxxXxXxC xXxXxXxXxD xxXxXxXxXxD Hier haben wir metrische Ungenauigkeiten in V2 und V4. In V2 könnte man wieder inhaltlich argumentieren, wo ja der Rhythmus aufgegriffen wird, konsequenterweise dann wie in Strophe 1 eine Abweichung, ein Widerspruch zwischen dem Geschriebenen und dem Formal hier angebotenen. Ich würde an der Stelle traurigen Herzens den Bruch wohl in Kauf nehmen, für V4 fehlt mir dazu aber die Grundlage, die weißen, leeren Blätter wären da eher ein Argument für eine reduziertere Versfußzahl. Falls es doch nicht Absicht war, hier ein Vorschlag: Ein Boot aus Sand, das übers Meer dich trägt. Ein Blütensturm, der heiße Rhythmen schlägt, | oder: Blättersturm/Blättertanz/Blütentanz dort steht Spalier ein großes Schwalbenheer, doch meine Blätter bleiben weiß und leer. | oder: doch das Papier vor mir bleibt weiß und leer. auch der "Blättersturm/Blättertanz" wäre spannend, wenn du in V4 bei den Blättern bleibst, da sich so eine schöne Überkreuzung der Bedeutungen ergibt. Fände in V4 aber rein klanglich auch das "Papier vor mir" schön mit dem Binnenreim. Inhalt und Stil: Weitere Unmöglichkeiten, besonders das Boot aus Sand ist hier überdeutlich. Hier wird nun auch erstmals so richtig deutlich, dass das lyrische Du sich offenbar in einer gefährlichen/schwierigen Lage befindet. Denn ein Sandschiff wird wohl kaum ein verlässliches Transportmittel sein, es wird mit dem lyrischen Du untergehen. Das lyrische Du schein hilflos, ziellos, gestrandet. Diese Bedrohlichkeit für das lyrische Du wird noch verstärkt durch das Heer an Schwalben, das den Weg des lyrischen Dus säumt. In ihrer klassischen Bedeutung als Glücks-, Hoffnungs- und Frühlingsbringer kommen sie nun doch eher gefährlich daher. Der letzte Vers knüpft an die Erfahrungen der ersten Strophe an, weiterhin, trotz all der Eindrücke, trotz all der fantastischen Unmöglichkeiten fehlen dem lyrischen Ich die Worte - es ist handlunsunfähig. Gelesen als Liebesbrief ist es die Überwältigung, die das lyrische Ich durch das lyrische Du erfährt. Im düstereren Kontext ist es dann wohl eher die Fassungslosigkeit über die eigene Unfähigkeit, Unmögliches zu vollbringen. Rein bildlich ist diese Strophe allerdings etwas wirr, die Bilder fügen sich nicht ganz konsistent ineinander. V1 - Bootsfahrt auf dem Wasser. V2 - Blüten, da bin ich eher auf einer Wiese, aber okay - die können auch über das Wasser schweben. V3 - Schwalben stehen offenbar im Wasser, auf der Strecke des Boots Spalier. V4 - ist eh herausgelöst als individuelle Beschreibung des lyrischen Ichs, da passt es. Ich finde das tatsächlich auch nur in dieser Strophe erwähnenswert problematisch, weil hier eben schon ein Prozess, ein Voranschreiten dargestellt wird mit der Bootsfahrt und dem Spalierstehen, das ja ebenfalls eine Bewegung daran vorbei suggeriert. In Strophe 1 waren die verschiedenen Bilder klar voneinander differenziert als eigenständige Erscheinung des Unmöglichen. Metrum und Reim: XxXxXxXxXxE xXxXxXxXxE xXxXxXxXxXxFf xXxXxXxXxFf Das ist metrisch wohl das wildeste. 6-hebiger Trochäus ohne weibliche Kadenz. 5-hebiger Jambus. 6-hebigen Jambus mit weiblicher Kadenz. 5-hebiger Jambus mit weiblicher Kadenz. Da ist jeder Vers anders und abgesehen von der inhaltlich angedeuteten Grenzerfahrung ist da diesmal, anders als in den anderen Strophen keine direkte wörtliche Rechtfertigung offensichtlich^^ So wild mag ich es aber auch nicht, also selbst wenn man das inhaltlich begründen könnte, wäre es nicht mein Geschmack^^ Es ist hier wieder mit wenigen Kniffen getan, aber ich gehe wieder davon aus, dass du das schon bewusst so gesetzt hast? Vorschlag: Die bunten Berge tanzen in der Nacht und kleine Wichtel halten fröhlich Wacht, am Waldrand flechten Rehe Federkränze für dich. Und ich – ich stehe an der Grenze Inhalt und Stil: Es versteht sich von selbst: Die Unmöglichkeiten nehmen ihren Lauf: Nachts sind alle Berge grau, das weiß ja jeder 😉 Wichtel als hilfsbereite Wunscherfüller sind ein weiteres Ding der Fantasie des lyrischen Ichs. Die geflochtenen Federkränze vermitteln das Gefühl von Freiheit bzw. Erlösung. Als könnten sie dem lyrischen Du aufgesetzt werden es wäre frei. Die Grenze, vor der sich das lyrische Ich befindet, wird gleich nochmal spannend. Metrum und Reim: xXxXxXxXxG xxXxXxXxG XXxXxXxHh XxXxXxXxHh xXxXxXI XxXxI Mit 6 Versen hier nun die große Ausnahme. Metrisch ungenau in V2, V3 und V6. Die letzten beiden Verse könnten da wieder andeuten, dass dieser Text, ein Gedicht eben keine Relevanz hat, es wird dem lyrischen Du nicht helfen, warum dann in seine Form investieren - aber auch das würde mich natürlich unglücklich machen, da ich die 6 Verse eher dahingehend deute, dass einfach noch zu viel Inhalt übrig war, als dass du mit 4 Versen hättest schließen können. Das reicht mir nicht als Rechtfertigung 😄 Ich würde auf die Schnelle nun auch keine vierzeilige Alternative finden, daher zumindest ein wenig Arbeit am Metrum und etwas bildliche Bearbeitung in meinem ganz eigenen egoistischen Sinne 😄 Mehr dazu aber darunter dann. Vorschlag: und irre wie der Stern, der sich hier dreht, der so wie ich zu größ'ren Mächten fleht: „Gib Ruhe ihm und gib ihm Frieden, lass ihn nun neue Pläne schmieden. Er braucht dafür nicht mein Gedicht. Er braucht dafür dein Licht.“ Zu den bildlichen Änderung wie gesagt gleich mehr. Metrisch finde ich das Antiklimaktische eigentlich gut, das käme so nun nochmal deutlicher rüber als bei deinem Original. Inhalt und Stil: Wie gesagt, das Religiöse ist dabei nicht meine Welt, aber ich verstehe natürlich voll, wenn man das nicht einfach so rauskorrigieren will. Etwas neutraler wäre es so nun mit den allgemein gehaltenen größeren Mächten und ohne die Herr-Ansprache. Das Winken in V1 hat mich sehr irritiert, es kam so beschwingt und fröhlich daher, das sehe ich an dieser Stelle nicht mehr. Daher wäre "irren" eigentlich ganz passend, gerade auch mit dem sich drehenden Stern in Verbindung. Der Stern der sich "hier" dreht, wäre in meiner Lesart konsequenter als "dort", dazu gleich. Ich finde "neue Pläne" reicht - Lebenspläne kam mir schon beim ersten Lesen irgendwie wie ein metrischer Füller vor und ich finde es wie gesagt auch mit Blick auf das metrische Abflachen ganz cool, wenn wir uns hier ein paar Hebungen einsparen. Zusammenfassend: Ich denke, das lyrische ich befindet sich an der Grenze zum Leben? Es selbst ist wohl schon über diese Grenze getreten, kann nicht mehr bestärkend in das Leben des verzweifelten lyrischen Dus einwirken. So sehr es auch versucht, dieses Unmögliche zu leisten, im Angesicht all der unmöglichen Dinge, die das lyrische Ich auf der anderen Seite bezeugen darf, es wird dem lyrischen Du nicht helfen können. Daher, wie der Stern - mit dem das lyrische Ich sich eben auf derselben Ebene befindet, nur eine Ebene unter den heraufbeschworenen höheren Mächten, die doch bitte einwirken mögen und das lyrische Ich erleuchten sollen. Mir gefällt dieser andere Ansatz mit dem lyrischen Ich als bereits gegangene Seele, die betrauert, wie wenig sie doch für ihr zurückgebliebenes lyrisches Du tun kann. Ein Gedicht aus der Sicht des lyrischen Dus, das über eine verstorbene Person weint, hat es ja schon oft genug gegeben. Von daher, ein schöner Twist, der auch nicht sofort ersichtlich ist. Nur das Religiöse wie gesagt bräuchte ich in der Vorschlaghammerartigkeit nicht^^ Dennoch aber gern gelesen. Ich hoffe, ich habe deinen Text damit nun nicht völlig zerredet oder deine religiösen Ansichten mit meinen Ideen besudelt^^ Der Eindruck bleibt auf jeden Fall bestehen: Es ist ein Liebesbrief an ein lyrisches Du, das zurückbleiben muss. Und es ist eine Kriegserklärung an das Unmögliche, das lyrische Du zu unterstützen, bei allen anderen unmöglichen Dingen, denen das lyrische Ich auf seiner Ebene gegenübersteht. LG Christian
  9. Moin Lydia und Elmar, absolut legitim, "das Fragen" passender zu finden als "die Fragen". Ich persönlich sehe da nun keine so trennscharf abgegrenzte inhaltlich neue Nuance, dass es sich SO sehr lohnt, da vom rein grammatisch Schöneren abzuweichen, aber wir dürfen ja alle unsere eigenen Geschmäcker haben^^ Lieber Elmar, danke für deine ausführlichen Erklärungen. Es ist schön zu sehen, wie viele Gedanken da hinter ein paar Versen stehen und das macht mich nur umso sicherer, dass du da ganz leicht auch bildlicher mit hättest umgehen können. Aber gut, wenn das hier nun nicht das Ziel war, dann warte ich einfach deinen nächsten Text ab 😄 Deine Ausführungen waren interessant - ich bin nicht sicher, ob ich alles so durchdrungen habe, da muss ich noch einmal mehr drüberlesen. Befremdlich bleibt für mich aber weiterhin die Nutzung von "Unbestechlichkeit". Gerade mit deiner Erklärung geht das für mich semantisch eher in die Richtung "Unantastbarkeit", "Tadellosigkeit". Unabhängig vom da nun genutzten Wort und den metrischen Gegebenheiten fände ich außerdem das Zusammenspiel mit "heben" sinniger, wenn es ein "um uns in die X zu heben." Vielen Dank für deine Zeit, LG Christian
  10. Moin Elmar, ich stimme Lydia zu, handwerklich ist das wirklich sehr sauber gemacht. Auf ein paar Kleinigkeiten möchte ich der Vollständigkeit halber aber erstmal eingehen, die Form, Sprache und Stilistik betreffend: ich finde hier "den Fragen" schöner und folgerichtig, nachdem du im Folgevers auch von Fragen im Plural sprichst. hier ist der Einstieg metrisch ungenau, mit "während" sind wir hier nicht wie im Rest des Textes jambisch am Anfang sondern trochäisch. Vorschlag: indes wir and're, bess're Leben träumen. Das ist wieder jambisch betont und passt sprachlich auch ganz gut in deinen Text. Hier tue ich mich im Verständnis, insbesondere wegen der Bezüge schwer, da musst du mir mal unter die Arme greifen. Das Träumen von einem besseren Leben / von einem besseren Selbst verschleiert die Tatsache, dass man das ebendieses ungeliebte Leben / Selbst aufgeben würde. Dieses ungeliebte Leben /Selbst hat außerdem den Hochmut und den Stolz besiegt - ich lese das als Verlust der eigenen Würde, weil man mit einem Leben/Selbst lebt, das man gar nicht achtet. Der letzte Satz erschließt sich mir in diesem Kontext dann aber überhaupt nicht. Ich verstehe die Unbestechlichkeit dabei nicht. Geht es darum, dass man als integrer Mensch ja seine Prinzipien, seine Würde nicht verraten würde, also nicht träumen würde von einem besseren Leben/Selbst? Aber ist man bestechlich sich selbst, seinen Träumen gegenüber? Und woher kommt die Idee, dass die Veränderung von ungeliebten Umständen ein Betrug an einem selbst sein soll? Ich tu mich mit dem Wort Unbestechlichkeit jedenfalls sehr schwer. Außerdem: "unsre" ist vom Bezug her falsch. Nach "man" müsste da folgerichtig "seine" stehen. Danach dann diese zwei Verse und passenderweise müssten ja eher negativere, eben ungeliebte Attribute aufgeführt werden, nachdem wir uns selbst, unsere Werte durch Träumereien verraten haben - es ist abwegig für mich, dann auf den Gedanken zu kommen, glatt, schön, oder makellos zu sein. Okay, soviel zu formalen, stilistischen und Verständnis-Fragen. Zum Inhalt, bzw. damit zusammenhängend der Bildsprache: Ich will das nicht bösartig klingen lassen, aber es ist für mich völlig verständlich, dass Lydia den Inhalt direkt durchdringen konnte. Er steht hier ja ganz unverblümt, im wahrsten Sinne des Wortes, niedergeschrieben. Dein Text ist sehr beschreibend, tatsächlich fehlt es mir da etwas an sprachlichen Bildern. Natürlich gibt es da welche: "bis eines Tages etwas tief in uns zerbricht", "tief verborgen harrt in dunklen Räumen", "und trennt in uns die Früchte von der Spreu." Passenderweise sind das auch alles Umschreibungen, die unser Innerstes betreffen. Und auch, wenn es darum in deinem Text ja geht, um das Innerste, das uns ausmacht, nicht eben das Äußerliche, das sonstwie blumig sein kann, hätte ich mir etwas weniger Deskriptives, etwas mehr Lyrisches gewünscht. Aber das mag mein ganz eigener Geschmack und mein eigenes Verständnis von Lyrik sein und nicht dein Problem oder das des Textes^^ LG Christian
  11. Das Salz brennt Der Stoff war weiß und hatte diesen einen Fleck, erträgt ihn, unbehandelt, unter Vorbehalten. Das geht mit etwas Salz doch sicher wieder weg: Ein kleiner Fleck und ein paar lange Knitterfalten. Er trägt ihn, unbehandelt unter Vorbehalten, und immer wieder aufgerieben, graugewaschen, ein kleiner Fleck und ein paar lange Knitterfalten, ist da ein Loch fast, wie vom Zigarettenaschen. Und immer wieder aufgerieben, graugewaschen: Ein kleiner, schwarzer, leerer Fleck von Traurigkeit ist da. Ein Loch, fast wie vom Zigarettenaschen, wie‘s brennt und bleibt, auf Stoff und Haut und in der Zeit. Ein kleiner, schwarzer, leerer Fleck von Traurigkeit: Das geht mit etwas Salz doch sicher wieder weg. Wie‘s brennt und bleibt, auf Stoff und Haut und in der Zeit. Der Stoff war weiß und hatte diesen einen Fleck. Dali Lama | 2. Februar 2024
  12. Moin Alexander, ich wollte fast anmerken, dass mir die Sprache in deinem Gedicht zu profan ist. Klar, kann man argumentieren, dass das Ausdruck der handwerklichen Einfachheit ist und Cornelius trifft mit "praktisch-philosophisch" eigentlich den Nagel auch genau auf den Kopf (höhö, Handwerkerwitz). Dann habe ich aber festgestellt, dass das Profane eigentlich nur an einigen wenigen konkreten Wörtern hängt: eingesaut, geschlaucht und reingesteckt, wow (das ist als gänzlich umgangssprachlicher Ausruf nochmal eine ganz andere Ebene^^). Allesamt Reimwörter und mir drängt sich da auch der Eindruck auf, dass diese Worte nicht im Text sind um handwerkliche Einfachheit zu betonen sondern einfach, weil der Reim eben bedient werden muss^^ Wenn das so auffällt, eben weil diese Reimwörter stilistisch so auf- und herausfallen, ist das schade. Denn ansonsten bist du sprachlich ja ganz und gar nicht profan (beschauen, währenddessen, Maßarbeit, vergebens, Werk). Ansonsten: Mir gefällt das Klangbild aus der Häufung der au-Laute in den Reimwörtern, insbesondere in Strophe 1. Cool wäre natürlich gewesen, das auch in den anderen Strophen so durchzuziehen, da grätschen dann aber noch ein paar andere Klänge hinein - für die Vielfalt aber vielleicht auch nicht verkehrt^^ Metrisch und reimlich (abgesehen wie gesagt von den recht erzwungenen Reimen) bist du handwerklich sauber, ganz wie der Türbauer! Als kleinen interpretativen Ansatz, da es höchstwahrscheinlich nicht nur um Türbauer geht, würde ich insgesamt das Bild des (Kunst)Schaffenden heranziehen. Mir kam natürlich sofort der Dichter in den Sinn, der mit seinen Texten eine Tür zur Fantasie, vielleicht auch in eine schönere, bessere Welt, baut, um in dieser zu verweilen, und auch andere zu sich einzuladen. Der letzte Vers ist dafür unfassbar wichtig und ich bin froh, dass der noch kam, der bringt in der Tat den ein oder anderen tieferen Gedankengang ins Spiel 🙂 Eine Fortsetzung deines Textes könnte nun sein, wie andere rüde an die Tür des lyrischen Ichs hämmern, ungefragt hereinplatzen und die Ruhe stören. Ganz wie ich Flegel hier an deiner Tür in die Fantasie. Man mag es mir verzeihen 😛 LG Christian Edit: Habe noch zwei Kleinigkeiten vergessen, beide S2V4 betreffend: Hinter "alles" (und auch hinter "tat" im Folgevers) muss ein Komma, du leitest da einen eingeschobenen Nebensatz ein. Außerdem bin ich leider kein Fan von diesen Ellipsen. Das fehlende "habe" fällt natürlich auf, und das ist nur dem Reim geschuldet und hat keinen anderen stilistischen Nutzen, das ist auch immer etwas schade. Das war's nun aber 😄
  13. Lieber Delf, vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar und deine eingehende Beschäftigung mit meinem Text. Freut mich auch, dass du ihn aus den Untiefen wieder hervorgeholt hast 😄 Um es vorweg zu nehmen: Der Text ist nicht autobiografisch! In den letzten Jahren sind nach und nach zwar die Großeltern gegangen, aber diese Tode wollte ich hier nicht thematisieren, wenngleich es natürlich mit einfließen kann. Aber der hier beschriebene Verlust ist rein erfunden. Ich hab deiner Bestandsaufnahme über die emotionale Verarbeitung in den jeweiligen Strophen nichts hinzuzufügen. So war meine Idee, ich wollte im Kontrast zur emotionalen Nähe zu diesem Stoff in den Strophen immer mehr Distanz schaffen - daher auch in Strophe 1 noch die Anrede mit "wir", was in Strophe 2 in ein "du" - nicht aber dasjenige, das Teil des "wir" war, sondern personifizierte Zeit und Grausamkeit - und schließlich in Strophe 3 in ein "er" umschlägt. Ich fand, gerade in dieser klinischen Beschreibung liegt aufgrund dieses krassen Gegensatzes total viel Spannung. Eine dazu passende Bildgewalt und Romantik wäre vielleicht viel zu viel geworden. Danke daher für deine lobenden Worte, mir ist der Text auch ganz lieb, da freu ich mich 🙂 LG Chris
  14. Moin Ilona, was für eine herrliche Geschichte über die Eigensinnigkeit unserer liebsten Schnurrpfoten. Ich finde es sehr konsequent, dass diesen hiermit nun ein Klinggedicht gewidmet wird. Sonette gehen immer, da freue ich mich^^ Ein paar Punkte habe ich noch anzumerken: Beim Reimschema weichsts du vom üblichen doppelten ABBA für die Quartette ab. Während der mittlere Reim des 2. Quartetts den des ersten aufgreift, ist der umarmende Reim hier ein anderer. Das ist also eine Mischung aus dem Standard und der "vereinfachten" Form, in der das zweite Quartett gänzlich neue Reime nutzt. Das wird eine bewusste Entscheidung gewesen sein, womöglich um den Verrat zu unterstreichen. Der Bruch des Reimschemas spiegelt hier den emotionalen Bruch des lyrischen Ichs mit dem Kater! Süßes Detail, wenn das deine Idee war^^ Unterstrichen wird das auf jeden Fall auch durch die Spiegelung von Liebesmüh und liebestoll, jeweils in Vers eins der Quartette, die sich inhaltlich gegensätzlich verhalten. Auch das Detail gefällt mir. Metrisch nutzt du den 6-hebigen Jambus, teils mit weiblichen Kadenzen. Finde ich gut, das bringt eine schöne Schwere und Dramatik in dieses ironisch-tragische Stück 😄 An dieser Stelle wackelt das Metrum allerdings, ich bin dort auch inhaltlich bzw. sprachlich hängen geblieben: xXxXXxxXxXxXx In seiner natürlichen Betonung ist "leg" stärker als "ich". Ich fand auch das "nach ihr" ungewöhnlich. Legt man sich nach jemanden auf die Lauer? Nicht eher für jemanden? Zusammen mit der metrischen Ungenauigkeit würde ich hier vielleicht nochmal etwas bügeln. Vorschlag: dann lege ich mich auch für sie noch auf die Lauer. Inhaltlich ein Fragezeichen hatte ich auch am Anfang: Hier war ich zunächst auf falscher Fährte, da dieser Vers impliziert hat, das lyrische Ich sei eine Katze mit zwei Augen und zehn Krallen. Gemeint ist hier aber ja eher, dass die Augen und Krallen des Katers dem lyrischen Ich als Schutz dienen = der Kater beim lyrischen Ich sein sollte, um es zu beschützen. Da ich wenig religiös bin finde ich persönlich die Erwähnung von Gott hier auch inhaltlich nicht so sinnvoll, ich verstehe aber, dass es im Sinne eines Ausrufs, einer Floskel so genutzt werden könnte. Ich mache dennoch mal einen Vorschlag, der den Vers für mich eindeutiger und weniger gottgefällig macht: Hast du nicht mir zum Schutz zwei Augen und 10 Krallen? Oder - um es metrisch etwas solider zu machen und vllt auch die Empörung als Aussage zu verstärken: Du hast doch mir zum Schutz zwei Augen und 10 Krallen! Zwei sprachliche Punkt noch, dann sind wir durch: Kann sich der Groll empören? Das lyrische Ich empört sich, und vielleicht brodelt/weint/schäumt es vor Groll. Aber den Groll hier so zu personifizieren klingt für mich komisch. Daher mein Vorschlag: Welch schändlicher Betrug! Ich brenne noch vor Groll. / Welch schändlicher Betrug! So brennt in mir der Groll. Hier nur ganz persönlich: "ableugnen" ist recht veraltet und gehoben - das kommt fast wie ein Fehler rüber. Ich würde daher wahrscheinlich einfach auf Nummer sicher gehen und "abstreiten" nutzen. Das "streiten" unterstützt dabei ja auch die Hitze des Gefechts an der Stelle noch ganz nett^^ Deine Wortneuschöpfung "Schmachtblickaugen" ist ganz wunderbar, man kann sie sich förmlich vorstellen, und ebenso, wenn auch unbeschrieben, die finstren Missgunstblicke des lyrischen Ichs^^ Gern gelesen, LG Dali Lama
  15. Moin @Silly Poetry, Texte mit maritimer Thematik müssen mich per se ansprechen, als Norddeutscher, der mit der Salzluft in der Nase aufgewachsen ist, harrr - na gut, ganz so kernig isses hier in Bremen dann doch nicht. Dennoch kann ich mich durchaus für eine rauhe Seemannsgeschichte erwärmen. In der Hinsicht auf jeden Fall schon einmal positive Worte von mir, die erzählte Geschichte ist stringent und da ist soweit alles wichtige drin, über die äußerliche Charakterisierung des lyrischen Sies am Anfang, bis hin zum inneren Seelenzerwürfnis und dem Ende eines tragischen Lebensweges. Ganz generell freue ich mich auch sehr, dass du in gebundener Form schreibst. Ich selbst bin ein Freund des Formalen, können doch wohlgesetzte Reime, Reimschemata oder auch das Tempo des Metrums dem Text und seinem Inhalt noch weitere Ebenen verleihen. Wie gesagt also: Die Mühe ist zu würdigen, lass dich daher nicht entmutigen, wenn ich nun einmal etwas genauer hinschaue. Denn es gibt hier doch die ein oder andere Stelle, die sprachlich und formal schief ist. Da du noch neu im Forum bist, weiß ich nicht, wie sehr du mit dem textanalytischen Vokabular vertraut bist. Ich versuche daher, darauf zu verzichten, bzw. es zu erklären. Ich schaue mir in deinen Strophen immer auch das Metrum an, also die regelmäßige Aufeinanderfolge von betonten (markiere ich mit einem großen X) und unbetonten Silben (markiere ich mit einem kleinen x): Reim: Die Reime sind sauber im Paarreim. Das gilt hier auch für jede deiner Strophen, sehr gut umgesetzt 🙂 Der Vollständigkeit halber nur noch meine Gedanken zum Paarreim: Bei dem besteht, besonders bei kurzen Versen, die Gefahr, dass er zu beschwingt rüberkommt und etwas Dramatik einbüßen lässt. Vergleiche das mit Kinderreimen, die sind oft genauso angelegt. Soll aber nur ein Hinweis sein, dein Text ist im Paarreim durchaus legitim^^ Aber die verschiedenen Wirkungsweisen der Reimschemata können ja im Schreibprozess durchaus relevant sein. Metrum: XxXxXxXxX xXxXXxX XxxXxXxxX xXxxXxxxX Der Wechsel von betonten und unbetonten Silben erscheint eher willkürlich. Während Vers 1 regelmäßig betonte und unbetonte Silben abwechselt, finden wir dieses Muster in den folgenden Versen nicht wieder. Dadurch stolpert man beim Lesen, das ist also rein für die Lesemotivation und den Klang deines Textes erstmal ärgerlich. Gerade auch wenn du gereimt schreiben willst, sollte auch auf den regelmäßigen Wechsel betonter und unbetonter Silben geachtet werden. Natürlich kann man auch Akzente durch den Bruch mit dieser Regelmäßigkeit setzen, wenn mittendrin im Vers etwa eine bewusste Pause gesetzt wird und dort zwei betonte Silben dann nebeneinander stehen. Das ist bei dir im Vers 2 so, finde das da dynamisch und inhaltlich auch nicht verkehrt - woher sie kam: eine offene Frage ohne Antwort, ein Zögern, gut darstellbar durch die Pause und damit verbunden die folgende betonte Silbe. Die folgenden 2 Verse sind aber sehr durcheinander. Ich würde hier empfehlen, mehr auf die Rhythmik der ersten beiden Verse zu achten, und danach anzupassen. Diese unnötige Personifikation der Augen (die hatten etwas im Sinn) ist eh etwas schräg, wenn dann hatte ja die Piratenbraut etwas im Sinn, nicht ihre Augen. Ein Vorschlag für 2 neue Verse 3 und 4, damit du dir vorstellen kannst, wie es "sauber" klingen würde: Eine Narbe zierte ihr Gesicht, woher sie kam, (das) weiß man nicht. Die Augen funkelten darin, / Ihr Blick ist stark und voller Kraft. sie hatte viel versteckt im Sinn. / so vieles hat sie schon geschafft. Metrum: xXxxXxXxX xXxXxXxX xxXxXxxXx xXxXxXxxXx Hier ist nur Vers 2 regelmäßig, alle anderen gehen leider wieder etwas durcheinander. Reim bzw. Sprache: Auf der Reimebene sei anzumerken, dass der hing-ging Reim merklich konstruiert ist. Du hast die normale Satzstellung aufgelöst und verdreht, um diesen Reim zu schaffen. Solche Satzdreher sind selten schön, und es ist auch einfach schade, wenn ihr einziger Nutzen das Schaffen eines Reimwortes ist. Ich würde da gänzlich drauf verzichten und lieber nochmal komplett umformulieren, bis man mit einer vernünftigen Satzstellung arbeiten kann. Inhaltlich würde ich hier infrage stellen, warum die Feinde den Vater der Piratentochter verfluchen, wenn Sie es doch ist, die sie gerade niederstreckt. Vorschlag für ein sauberes Metrum und die Auflösung der Inversion: Man nannte sie Piratenbraut und fluchte über sie nur laut. Ihr Säbel war ihr treu ergeben, sie nahm mit ihm schon viele Leben. Metrum: XxXxXxXxX xXxXxxXxX xXxXxXxXx xXxxXxXxXXx Hier sind Vers 1 und 3 ordentlich, bei den anderen müssten wir feilen. Vorschlag: Sie fuhr zur See mit ihrem Schiff und trotzte Stürmen, jedem Riff. Das Steuer fest in Ihren Händen, sollt' diese Reise niemals enden. Metrum: xXXxxXxXx xxXxxXxxXx XxXxXxXxXx xxXxxXxxXx Metrisch wieder sehr durcheinander. Vers 3 ist konsequent im Wechsel einer betonten und einer unbetonten Silbe geschrieben, in dieser Form hattest du das nun schon öfter - allerdings nutzt du hier mehr Silben als zuvor. Vers 4 ist, da fällt dir sicher auch der ganz andere Rhythmus auf, mit 2 unbetonten Silben im Wechsel mit einer betonten Silbe verfasst. Da erkennt man nun sehr deutlich im Unterschied von Vers 3 und 4, was der Rhythmus und sein Wechsel bewirken kann. Ich würde hier für diesen Text nun aber konsequent beim Wechsel EINER betonten Silbe mit EINER unbetonten Silbe bleiben. Sprache: Mir erschließt sich inhaltlich das "fluchend" nicht. Die Piratenbraut wurde ja im Vorfeld eigentlich sehr fähig und stark beschrieben. Dass sie nun die Kontrolle verlieren soll und herumflucht, passt nicht zu diesem Bild. Das würde ich bei einer Überarbeitung auf jeden Fall auch angehen. Vorschlag: Die Wellen peitschten und der Regen, doch tapfer hielt sie noch dagegen. Bis dann die See den Tod versprach: Das Schiff und jede Hoffnung brach. Metrum: xXxXxXxXxXxX xxXxXxXxX xXxxXxXxxX XxxXxXxXxxX Hier ist nur Vers 1 sauber, allerdings auch sehr viel länger als alle anderen. Sprache: Ich stolpere über den Akkusativ "ins tiefe Meer" nach "versank". Für mein Gefühl braucht es da den Dativ, also "im tiefen Meer". Außerdem ist die Wiederholung von "letzte" irgendwie too much, zumal die "Reise ohne Wiederkehr" genau das ja ohnehin ausdrückt. Ich find die Formulierung mit dem "letzten Hafen erreicht" später aber eh schöner, von daher würde ich am Anfang wohl einfach streichen. Vorschlag: Der Sturm zog fort, die See war leer, das Schiff versank im tiefen Meer. Es ankerte nun endlos leicht, der letzte Hafen war erreicht. Für mich wäre nach diesem schönen Vers von dir auch eigentlich ein guter Abschluss gekommen, aber ich verstehe auch, dass du die Verbindung zwischen Piratentochter und Vater noch abschließen willst. Die Vorschläge von mir haben den Vater nun etwas ausgeklammert, daher wirkt dieser Abschluss in meinen Vorschlägen mit dem Vater nun wohl nicht so sehr... Metrum: xXxXxXxXX xxXxXxXxxX xXxXxxXxXxX xXxxXxXxX Hier ist keiner der Verse sauber, die müssten alle nochmal bearbeitet werden. Sprache und Inhalt: das "da" ist wieder sehr reimorientiert eingeschoben, der Vers wäre ohne das ganz wunderbar und sinnvoll. Inhaltlich finde ich es problematisch, dass erst jetzt mit der Karte der eigentliche Antrieb der Piratentochter deutlich wird. Das hätte vielleicht vorher, bei Beginn der Reise kommuniziert werden sollen. So hätte diese letzte Strophe sich auch gänzlich dieser tragischen Erfüllung widmen können. Statt "kaltes" hätte ich hier auch eher auf ein "nasses" Seemannsgrab gesetzt. Da es in meiner Interpretation nun eher eine Piratenbraut ist, keine Piratentochter, werde ich auch in meinem Vorschlag nun einen etwas anderen Weg gehen. Es ist mir bei dir in der Hinsicht auch zu suizidal - als wäre sie diese Reise angetreten, um schlussendlich da zu sterben, wo es auch ihr Vater tat. Das passt für mich aber nicht zur Beschreibung, die sie ja so mutig, unerschrocken und stark dastehen lässt, zumal weiter vorne es ja auch heißt, dass das Abenteuer gar nicht enden sollte. Vorschlag: Und fährt ein Schiff in diesen Breiten erzählt man sich, nach all den Zeiten, von ihr, die selbst im Tod nicht fällt und heute noch das Steuer hält. Bitte verstehe meine Vorschläge nicht als Beleidigung oder als Aufforderung, dass du deinen Text nun so verändern sollst. Das ist nun einfach meine Interpretation deines Inhalts und soll einfach etwas handfester veranschaulichen, was ich mit einer einheitlichen formalen Gestaltung im Metrum meine. Ich denke, es würde deinem Text, oder auch deinen folgenden, gut tun, wenn du gebunden schreiben möchtest und auch darauf dann genauer schaust 🙂 LG Dali Lama
  16. Moin ferdi, das weiß ich nicht^^ Aber wenn ich keine Metrikanalysten hätte anlocken können, wäre das hier mindestens eine Selbststudie gewesen 😉 stimmt, den ersten "eindeutigen" Hinkjambus habe ich erst in Vers 3, das könnte ein Fehler gewesen sein, insbesondere weil der Reim am Anfang noch nicht hilft. Möglicherweise ist, so man da mit Reimen arbeiten will, dann wohl der Paarreim hilfreicher. Strophe 1 ist in der Tat monoton. Ich wollte da in Hinblick auf die Betonung genau das austesten. S1 hat darum 6 Verse mit XXx-Endung, S2 hat 4 Verse mit XXx-Endung und 2 Verse mit XX-Endung, S3 hat 2 Verse mit XXx-Endung und 4 Verse mit XX-Endung und S4 hat schließlich 6 Verse mit XX-Endung. Es war aber möglicherweise ein Fehler, nur en-Endungen einzusetzen, das mag den Eindruck der Betonungen verfälschen. Das habe ich nicht so gedeutet. der Jambus am Ende soll durch einen Trochäus oder einen Spondäus ersetzbar sein. Das sehe ich in den Versen mit männlichen Reimen erfüllt. Bezüglich der Zäsuren kann ich nicht folgen. Ich habe nicht überall Zäsuren gesetzt bzw. nicht immer konsequent nach der 5. oder 7. Silbe, geht es darum? Nun, die waren in der Tat auch nicht meine oberste Priorität, wie ja auch an den Endreimen erkennbar ist, wollte ich insbesondere die gebrochene Betonung am Ende ausprobieren. Es liest sich bei dir aber auch so, als würde ein Reim die Wirkung von Zäsuren per se schmälern. Das wirst du nicht gemeint haben, oder? Bezüglich der Strophenform: Ja, da wird es bei mir nichts anderes geben, ich kann nicht ohne Reime und Strophen schreiben. Daran wird der Choljambus sich gewöhnen müssen, wenn ich ihn nutzen soll^^ Ich sehe keine Notwendigkeit, ein Versmaß für eine gebundene Form zu verbieten, ganz abgesehen davon, dass unsere Übertragungen aus den antiken Originalen ohnehin etwas ganz anderes sind, gilt es doch mehr, einfach herauszufinden, wo sie funktionieren und wo nicht. Ich bin mir sicher, auch der Choljambus kann mit Reim in einer Strophe wirken - ganz ohne Ulk. Nur weil ich es hier nicht geschafft habe, sollten wir ihm seine Möglichkeiten nicht absprechen 😉 Ich war selbst überrascht, dass ich 4 Strophen a 6 Verse brauchen würde, das ist vielleicht ein wenig der Story geschuldet und nicht nur dem formalen Ausprobieren, die wollte ich dann auch vollständig aus dem Kopf haben. Damit ist dem Choljambus vielleicht nicht unmittelbar geholfen, da gebe ich dir recht. Ich danke dir. Und danke auch für deine Auseinandersetzung mit diesem Experiment, daraus sind doch durchaus die ein oder anderen Erkenntnisse für mich erwachsen. LG Dali Lama
  17. Moin Claudi, jau, deine Themen in der Humorrubrik hatte ich auch gesehen und auch in meiner Recherche wurde der Choljambus insbesondere im Kontext von Spottgedichten angesprochen - da sind dann ja auch die Doppelreime sehr passend. Ich wollte nun einmal schauen, wie der Choljambus in einem längeren Text klingt, fernab vom Humorigen (auch etwa der Paarreim, der ja oft als beschwingt beschrieben wird, kann ja im entsprechenden Kontext ganz andere Wirkungen entfalten). Wenn das Ergebnis hieraus dann sein soll, dass Reime - insbesondere nur auf der letzten Betonung, nicht wirken, dann bin ich damit auch zufrieden^^ Denn Doppelreim wollte ich auf jeden Fall bewusst vermeiden, ich konnte mir kein Szenario vorstellen, in dem das nicht ulkig rüberkommt. Vielleicht kann das Thema dem Choljambus helfen, denn auch darin beschreibe ich ja einen Bruch mit der Natur, das Verstummen des Urflüsterns, das in allem steckt, aber, je weiter es von der Natur sich entfernt, umso mehr verstummt es. Dieses "Verstummen" fand ich konsequent, auch metrisch mit dem Choljambus auszudrücken. Außerdem finde ich auch einfach, dass in dem Hebungsprall eine starke Dramatik steckt, die durch ein humoriges Gedicht so vielleicht gar nicht genutzt werden kann. Und es wäre auch einfach zu schade, wenn das ganze schöne Vokabular mit zwei betonten Silben nie verreimt würde 😄 LG Chris
  18. Dali Lama

    Windflüstern

    Windflüstern Ein wilder Wind spielt zwischen weiten Baumspitzen, sein weißes Rauschen tost beim Auf- und Absteigen. Er zupft von Ästen Blätter, tobt und kappt Zweigen den Halt und so nun auch sich selbst beim Dasitzen. Doch langsam wird sein Fallen zum Hinabgleiten, als sich dem Wind des Waldes Wunder ausbreiten. Dies ist kein Ort und keine Zeit für Windwüten. Hier ruht auf ewigweichem Moos das Urleben und feiste Schatten hängen in den Spinnweben. Da liegt ein Flüstern unter allen Pilzhüten. Der Wind versteht kaum und entreißt im Aufsteh’n das Flüstern jedem Pilz. Der Wald muss einseh’n: Er seufzt und lässt den Wind das Flüstern forttragen. Der flieht - dass niemals mehr ein Wald ihn einfängt - auf tausend Wegen, bis der letzte einlenkt. Da stehen Pfähle. Wie sie endlos hochragen, so spitz geschlagen, dass nichts Fremdes einkehrt, und - wie nun Wind und Flüstern - selbst sich aufzehrt. Was sind die beiden? Flüstern nicht und nicht Wind, ein Abschiedswort, das ungehört im Raum steht, und wie ein letzter Hauch nur noch dahingeht. Sie werden weniger bis sie dann nichts sind. Geflüster steckt dann einzig noch im Holz tief, das voll vom Wind ist, den es schon so oft rief. ________________________________ 29. Oktober 2022 | Dali Lama Das hier ist ein kleines Experiment. Ich habe den Choljambus vorher nie benutzt und wollte nun einfach wissen, wie er wirkt und ob er sich überhaupt in dieser Häufung einsetzen lässt.
  19. 😂 so hat jeder also in sich seinen ganz eigenen dunklen Teil 😄 Hehe, ja, ich hab die 7 Sünden hier ja auch zusammengewürfelt. Es sollten immer 2 Verse einer Sünde entsprechend, aber inhaltlich fließen die so ineinander, dass da auch mal ein Vers mehr passt jeweils. Bei deinem Freund fehlen nach deinen Schilderungen immerhin noch Wollust, Trägheit, Völlerei und Neid - Es gibt also noch Hoffnung 😄 Ja, sag mir gern Bescheid, ich bin da offenbar betriebsblind geworden (und geblieben^^). LG Dali Lama
  20. Moin @Anaximandala auch hier 🙂 Freut mich, dass meine Grundidee aus dem Tarot dir gefällt 🙂 Im Großen Arkana sind es ja die 22 - dementsprechend sind bei meinen 15 Texten auch einige (Pendel, Sternzug und ewige Umarmung), die aus mehreren Tarot-Archetypen bestehen. Ich wollt da aber nun auch nicht "nur" die Aspekte dieser Archetypen nachplappern sondern das wirklich nur als strukturierende Grundidee nehmen. Vor diesem Hintergrund: Ja, der Mondkönig hatte sich auch an einem Archetypen orientiert. Ich hab gerade nochmal in meine Arbeitsdatei geschaut. Es war der Wagen^^ Das hast du sehr schön interpretiert. Genau, ich hatte da auch Atlas vor Augen. Der Gegensatz zum Kugelträger war mir aber wichtig, es ist ein Antrieb aus dem Kugelträger heraus, keine von außen auferlegte Strafe. Die Vorlage des Kugelträgers war übrigens der Magier. Meinst du mit "Feuer und Flamme" den Feuermacher? Oder meinst du Rauch und Asche? Oha, ja, naja, meine Weberin webt nur mit 3 Fäden, die kann nicht mithalten 🙂 Auch die Weberin ist mir so wichtig wie der Kugelträger, freut mich, dass du auch sie nochmal hervorhebst 🙂 Für die Weberin hatte ich als Vorlage die Hohepriesterin^^ Oha, ja, das klingt in der Tat ambitioniert. 😄 Bei 64 Texten wäre die Sonettform wahrscheinlich auch irgendwann sehr ausgenudelt und fad. Dabei bietet es sich vielleicht eher an, für jedes der Hexagramme eine ganz eigene Form zu finden. Aber das klingt nach einem ganz wunderbaren Großprojekt und bietet doch eine, wie ich sie so gern mag, gute Grundstruktur, an der man sich abarbeiten kann 😄 Na und ich danke dir ganz herzlich für die lieben Worte, freut mich, dass es dir gefallen hat! LG Dali Lama
  21. Moin @Anaximandala, vielen Dank, dass du weiterhin beschäftigt bist mit meinem Kranz! 🙂 Ich muss gestehen, nachdem ich den nun fertig hatte und alle Teile hier hochgeladen waren, war ich ganz froh, dass es "endlich vorbei" ist. Aber jetzt ist es auch mal wieder an der Zeit, mich der Texte wieder anzunehmen (in Nr. 15 ist ja auch noch etwas zu ändern!). Danke daher auch für deine Korrektur, die hab ich direkt umgesetzt. In diesem Text hier wollt ich das ganze Dunkle ansprechen, das es so gibt. Vorlage dafür waren die 7 Todsünden, die ich alle hier auch unterbringen wollte. Ich hoffe daher, dass dein Freund sich doch nicht allzu sehr hiermit identifizieren lassen kann. Ansonsten drücke ich dir die Daumen, dass er lieb zu dir bleibt 😄 LG Dali Lama
  22. Moin @Ostseemoewe, vielen Dank für deinen Kommentar. Freut mich, dass meine Zeilen dir gefallen, sie markieren tatsächlich ja auch meinen Übergang von einer Forenlandschaft in die andere. Die Asche der verbrannten alten Landschaft wird wohl weiter an mir haften, aber nun bin ich hier und freue mich, mit neuen Menschen über neue Texte zu reden 🙂 So traurig bin ich über die Platzierung auch nicht, es waren ja auch unglaublich viele Texte - das kenne ich aus meinen alten Forenzeiten so auch gar nicht 😄 LG Dali Lama
  23. Moin @Kurt Knecht, ich muss da Claudi beipflichten, insbesodere die Ellipsen und Elisionen in deinem Text wirken sehr unschön. Ich weiß nicht, wer auf die Idee kam, die zu rhetorischen Stilmitteln zu erheben, in den allermeisten Fällen hören sie sich ganz schrecklich an und werden selten aktiv als Stilmittel eingesetzt, um Schrecklichkeit zu erzeugen. Auch metrisch gibt es an der ein oder anderen Stelle noch etwas glattzubügeln. Überwiegend passt das aber mit dem 4-hebigen Jambus, teils mit weiblichen Kadenzen. Reimlich nutzt du hier den Paarreim. Das erscheint mir aber aufgrund der kürzeren Verse fast schon zu beschwingt. Besonders Strophe 1 klingt überheiter, da du dort neben dem Endreim auf Sand-Land auch noch einen Innenreim mit Strand UND einen Mittelreim mit heißem-weißen setzt. Das wirkt unpassend harmonisch. Ich hätte für die Endreime wahrscheinlich einen Kreuzreim oder umarmenden Reim gewählt, um zwischen der Auflösung der Reimwörter mehr Spannung aufzuladen. Passend finde ich in diesem Text aber durchaus die unreinen Reime mit nicht-Gischt, Kontinente-könnte sowie fehlt-geht (wobei fehlt sich auf die Strophe davor reimt, also auch nicht ganz unrein 😉 ). Ich hätte mir das als konsequentes Stilmittel für jede Strophe gewünscht. So kommt es eher aus Versehen und nicht aktiv ausgewählt rüber. Folgende Stellen möchte ich inhaltlich, sprachlich oder metrisch noch als problematisch für mich hervorheben: Der Text beginnt bereits mit einer Ellipse und ich möchte doch meinen, dass das "ich" durchaus wichtig für diesen Text ist. Immerhin klagt es hier sein Leid. Je nachdem, wie sehr du am ein oder anderen Begriff hängst, kann man das aber recht leicht umschreiben. Wir könnten zum Beispiel etwas Harmonie herausnehmen und den Mittelreim mit "heißem" wegnehmen, Vorschlag: Ich grab die Füße in den Sand Der Vers ist an sich in Ordnung - ich frage mich nur, ob bei den Attributen aus dem vorigen Vers der Blick wirklich so fest ist. Bei einem gedankenschweren in die Ferne Schauen, stelle ich mir den Blick eher leer, verloren vor. Claudis Ausstiegsvers, die Elision bei "brennend" ist klar für das Metrum gesetzt, dabei lässt sich das auch anders gut umsetzen. Vorschlag: Die Sonne brennt, ich spür sie nicht, Hier bricht das Metrum mit einem anfänglichen Daktylus aus. Auch das ließe sich entsprechend anpassen, indem wir auch "ich" wieder einbringen. Vorschlag: ich fahr schon seerwärts heim zu dir. / ich fahre seewärts heim zu dir. hier fehlt ein Komma hinter "es". Auch hier fehlt ein Komma hinter "Nächte". Der Vers erschließt sich mir inhaltlich nicht als zugehörig zu dieser Strophe und zum Satz. Vielmehr würde der Vers zur Folgestrophe passen: Denn dadurch würde deutlich, in welchem Bezug das lyrische Ich zu den Nächsten steht: Es hat diese traumlösen Nächte UND die Tage nicht gezählt. Eine weitere Ellipse, ein normaler Satz fordert das "hat" ja nicht aus Spaß XD Um die Ellipse hier zu vermeiden, müssten wir aber vielleicht die beiden Nacht-Tag-Verse auch noch leicht anpassen. Vorschlag: In Nächten, als ich traumlos schlief, an all den Tagen, ungezählt, hat meine Sehnsucht mich gequält. Weiß nicht, warum du so energisch das "ich" vermeidest 😄 Du provozierst damit hier auch eine metrische Ungenauigkeit, denn das "weiß" betont sich fast stärker, mindestens gleichstark wie das "nicht". Insgesamt kommt mir dieser Vers und auch der Folgevers aber eh sehr repetitiv vor, du sagst da nichts, was du mit den schlaflosen Nächten und den ungezählten Tagen nicht eh schon ausgedrückt hast. Vorschlag gleich in Verbindung mit der letzten Strophe. "dass noch was geht" ist arg umgangssprachlich. V3 ist stark invertiert, genauso wie V4, beide für den Reim, der mit "sein-allein" nichtmal sonderlich aufregend ist. Das Gedicht schließt damit sehr verbogen und gewollt ab, das ist schade als letzter Eindruck. Vor diesem Hintergrund, nach den unnötigen Wiederholungen der vorigen Strophe und vor dem Hintergrund des wiederholten Reims mit "fehlt", wäre ich ganz radikal dafür, ganze 4 Verse zu löschen und die letzten beiden Strophen zusammenzuführen. Das würde sie auch von der etwas vorschlaghammerartig aufgedrückten "Sehnsucht" befreien. Ich stelle mir das so vor: In Nächten, als ich traumlos schlief, an all den Tagen, ungezählt, hab ich gefühlt, dass etwas fehlt. Wie lange bin ich schon allein? Ich will nur wieder bei dir sein. Das würde deinen Text natürlich stark verändern aber die Essenz ist ja drin. Und darum geht es ja irgendwie auch beim Dichten. Wir wollen ja gar nicht jeden einzelnen Gedanken Wort für Wort wiedergeben. Wir müssen nicht Sehnsucht schreiben, wir wollen sie ja im besten Fall nachfühlbar machen. Ich freue mich auf deine Gedanken dazu. LG Dali Lama
  24. Ich wünschte mir, du wärst dem Phönix gleich Die Asche regnet für mich weiter, leise. Die alten Spuren hab ich noch im Sinn. Und, ach, so lange zieh ich meine Kreise, bis ich woanders und ganz neu dann bin. Die alten Spuren hab ich noch im Sinn. Es schmerzt mich immer noch, zurückzusehen, bis ich woanders und ganz neu dann bin. Doch wird in mir die Glut nun weitergehen. Es schmerzt mich immer noch, zurückzusehen. Ich wünschte mir, du wärst dem Phönix gleich. Doch wird in mir die Glut nun weitergehen. Wenn’s auch ganz anders ist, so bleib ich reich. Ich wünschte mir, du wärst dem Phönix gleich. Und, ach, so lange zieh ich meine Kreise. Wenn’s auch ganz anders ist, so bleib ich reich. Die Asche regnet für mich weiter, leise. Dali Lama | 11. September 2022 Bevor ich es ganz verdränge, hier nun noch mein Wettbewerbstext aus der Feder des Monats #4 2022 zum Thema Veränderung. Ich habe damit zwar nur den 12. Platz geschafft, aber vielleicht taugt er ja doch noch etwas 😄
  25. Moin @Dionysos von Enno, na, so soll es sein 😄 Ja, den Rilke spürt man hier, den mag ich auch sehr gern. Ganz offensichtlich störe ich mich daran nicht 😄 So oder so ist mir alles recht, was nicht die Sprache vergewaltigt. Inhaltlich bliebe hoch zu überlegen, ob du inhaltlich hier allein auf der Kormoran-Ebene bleibst, oder ob eine symbolische Ebene darunter liegt. Ich musste dafür erstmal schauen, wer der Kormoran überhaupt ist, den kannte ich nicht. Scheint offenbar ein ziemlicher Plagegeist zu sein, weil er alle Teiche leerfrisst. Kleiner Funfact dazu: Ich habe dann auch bemerkt, dass der Kormoran offenbar als Inspiration für das Pokemon "Urgl" hergehalten hat, DAS kenne ich natürlich! Ein richtiger Gierschlund, der den Schnabel nicht voll bekommt. Das passt ja gut^^ Ansonsten geht der Vogel mythologisch offenbar von Sonnenbringer bis böses Geister-Omen einmal querbeet. Bildsprachlich passt das Beten bei dir sehr gut, seine ikonische Flügeltrocken-Pose symbolisiert das christliche Kreuz und steht offenbar für Adel und Opfer. Schauen wir noch einmal auf die konkreten Darstellungen je Strophe: Bilder und Inhalt: Ich wollte hier zunächst herauslesen, dass es hier um ein meditatives in sich Ruhen geht. Dazu passen die "Hände, die gefunden haben", die nur noch sind, genau wie der Fels und eben der Vogel selbst. Dazu passt aber nicht, der lange Hals, der sich eben doch nach etwas reckt, weil er etwas gefunden zu haben scheint, was seine Aufmerksamkeit verdient. Widersprüchlich erscheint dabei der Vers "Er ruht als könnt er sich am Winde laben" - denn hier wird das Ruhen, das Nichtstun einer durchaus aktiven Handlung, dem Laben angehängt. Dieses Durcheinander von Passivem und doch Aktivem kann ich mir gerade nicht erklären. Metrum und Reim: Ich füge hier mal die umgebrochenen Verse für die Übersichtlichkeit beim Metrum wieder zusammen: xXxXxXxXxXxXxAa xXxXxXxB xXxXxXxXxAa xXxXxXxXxXxXxB XXxC Metrisch ist das einzige "Problem" hier bei "nur noch zu sein" - die Betonung soll auf dem "noch" liegen. Das kann sich aber gegen das "nur" davor nicht wirklich durchsetzen, ich sehe eher beide betont. Ansonsten fällt eine starke Varianz in der Anzahl der Versfüße auf. Das ist aber auch wichtig. Denn es erlaubt gerade nach den sehr langen V1 und V4 ein Durchatmen und Ruhen, ansonsten wäre diese Strophe sicher sehr erschöpfend. Der abschließende sehr kurze Vers mit Reimwaise wird dadurch sehr eindrücklich - obgleich er sprachlich Vers 2 kopiert. "bestimmt" reimt unrein auf "sind", das ist rein fachlich ein wenig Schade, aber kein Drama^^ Bilder und Inhalt: Mir gefällt hier dieser Bezug auf das genetische Erbe des Vogels, sowohl auf die unmittelbare Vogelfamilie, die ja auch in S3 nochmal thematisiert wird, als auch auf die Abstammung von den Dinosauriern. Zweiteres bringt hier mit diversen Bildern durchaus eine gewisse Anspannung und Gefahr in den Text: "vogelgelbe Augen", "schreit" und "urzeitlich", da denke ich an etwas Lauerndes, Harrendes, bereit zu jagen. Das ist für den Spannungsbogen auf jeden Fall hilfreich, die erste Strophe hat ja (wenn auch teils inkonsequent) ein sehr gemütliches Bild gezeichnet. Diese Spannungslage wird aber gleich wieder aufgelöst, wiederum durch "ruhen", "still" und nochmal "still" - Die Dopplung von "still" erscheint mir unglücklich. Der Vogel ist also nicht wirklich "aufgewacht", da wird nichts "hochgehalten" und er wird gleich nicht "fliegen", diese angedeutete Energie und Aktivität verpufft als Möglichkeit (sei) - all das ist nur tief im Vogel versteckt, es kommt nicht tatsächlich heraus. Das Ruhen ist hier übermächtig, es gibt kein urzeitliches Erwachen, aber wir haben einen kurzen Blick darauf erhascht, was wäre, wenn. Ich persönlich hätte dem Urzeitlichen hier vielleicht mehr Freiraum gegeben und sämtliche Bildlichkeit des Ruhens in die erste Strophe gesetzt, damit auch dort die Konflikte von Passivität und Aktivität aufgelöst. Strophe 2 hätte sich dann ganz dem Urzeitlichen, dem Aufbäumen, einem lauten, wachen Moment des Federschüttelns und Krächzens widmen können, das die Ruhe unterbricht. Rein grafisch finde ich es in S2 schön. dass die Verse noch weiter aufgeteilt sind und die Strophe so länger ziehen. Das deutet den sich urzeitlich aufbäumenden Vogel schön an. Metrum und Reim: xXxXxXxXxXxC xXxXxXxXxXxD (aber nur weil die 3 unbetonten Silben von "urzeitliche" im Deutschen nicht möglich sind 😄 ) xXxXxXxXxXxXxXxC xXxXxXxXxXxXxXxD XxXxXxEe Metrisch hier etwas ausgeglichener, V1 und 2 sind identisch, genau wie Vers 3 und 4. Vers 5 (beginnend bei "Hochgehalten" startet wie V5 in Strophe 1 wieder mit betonter Silbe und ist stärker verkürzt, womit er wieder eine Sonderstellung erhält. Anders als S1V5, der in Strophe 2 doch noch Reimpaare erhalten hatte (und anders als der letzte Vers in S3), ist "fliegen" aber wirklich eine Waise - schade fast, die strophische Verbindung untereinander wäre im jeweils letzten Vers doch immer ganz nett gewesen. In dieser Strophe sind alle übrigen Reime diesmal auch rein. Bilder und Inhalt: Hier wird nochmal ganz klar gemacht, dass das Aufbäumen aus S2 wirklich nur eine ganz tief versteckte Idee, ein Abglanz seines Erbes ist, aber es nicht wirklich stattfindet. Er bewegt sich nicht, er steht weiter in seinem eigenen Sein nur da, wie in S1. Hier schwingt damit auch irgendwie Wehmut mit, der Bezug auf die Ahnen, die Familie aus S2 ist hier wieder Thema, wird vertieft. Gleichzeitig ist es aber vielleicht auch ein Beweinen dieses verlorenen, wilden, urzeitlichen Erbes. Das Bild des Betens (das sich in diese christliche Symbolik mit dem Kormoran, wie er da mit ausgebreiteten Flügeln wie ein Kreuz steht) passt wie gesagt sehr gut und bringt hier Aspekte von Dankbarkeit aber auch Verzweiflung und Flehen mit rein. Metrum und Reim: xXxXxXxXxCc xXxXxXxXxXxXxB xXXxxXxXxXxCc XxxXxxXxXxXxB xXxXxXxXxCc In ihrem Umfang sind alle Verse (wieder zusammengefügt) hier nun ähnlich lang. Metrische Schwierigkeiten gibt es durch "still fällt auf ihn" in V3, da "still" und "fällt" beide sehr stark betont sind, während "auf ihn" auch vor dem "eines" eher schwach sind. Auch "zeitlose Wärme wie" im zusammengefügten V4 wird daktylisch betont, das war so der größte Stolperer. Die Reime sind hier interessant, denn "Beine", "reine" sowie "weinen" sind verlängerte Reime (gibt es dafür eigentlich ein Fachwort?) von "sein", "Augenschein" und "Bein" aus den anderen Strophen. Die beiden übrigen Verse greifen ihrerseits den Reim auf "sind" bzw. unrein mit "bestimmt" aus S1 wieder auf. Das mag ich durchaus gern, denn das hypothetische Aufbäumen in Strophe 2 wird dadurch gänzlich zurückgeführt zur Ruhe der ersten Strophe. Und Ende! Nach dieser etwas detaillierteren Betrachtung finde ich es fast sträflich, dass in Strophe 2 kein tatsächliches Aufbäumen beschrieben wird. Der Vogel wird ja keinesfalls ausschließlich ruhig dasitzen. Wie gesagt, ein Flügelschlagen, ein Krächzen etc. wäre ja als Spannungsbogen ganz...spannend. Gerade vor dem angedeuteten urzeitlichen Hintergrund. Das alles trübt aber meine Begeisterung über den Stil und deinen Text als Ganzes aber auch nur bedingt. Wie gesagt, die kleinen Fehlerchen sind ärgerlich, teilweise sicher auch vermeidbar, aber erwähnt sollten sie nun des vollständigen Kommentars wegen sein 😉 Immer noch gern gelesen, LG Dali Lama
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