Vom Leben und Sterben
Eine ganze Menge Feuerwehrautos fährt an mir vorbei. Mit lauten Sirenen und blinkenden Lichtern. Alles schaut auf. Verfolgt die Autos mit ihren Blicken. Was denken wohl die anderen, frage ich mich. Ein kleiner Junge lacht, sein Vater lächelt. Der Junge freut sich über die Lichter und die lauten Geräusche der Autos. Klar, ein zukünftiger Feuerwehrmann. Für ihn sind diese Autos etwas tolles, etwas ganz besonderes. Für ihn sind sie in diesem Moment alles, während ich einen dicken Kloß im Hals habe. Wohin fahren diese ganzen Fahrzeuge? Welche Familie, welche Menschen hat just in diesem Moment ein schlimmes Schicksal ereilt?
Zwei Krankenwagen kommen. Rasen den Feuerwehrautos hinterher. Der Kloß in meinem Hals wird größer, der Junge lacht lauter. Er denkt nicht daran, dass Feuerwehrautos und Krankenwagen selten bis nie etwas Gutes bedeuten. Natürlich nicht. Für ihn ist die Welt neu. Ganz spannend und Negativität hat kaum einen Platz in seinem Leben.
Doch ich muss daran denken, dass Menschen sterben. Jeden Tag. Sie sterben, weil sie umgebracht werden. Weil sie krank sind. Einen Unfall hatten. Weil es brennt oder sie sonst wie aus dem Leben gerissen werden. Was hinterlassen sie? Ein klaffendes Loch. Vielleicht nicht in mir oder in dir, aber sie hinterlassen ein Loch bei den Menschen, die weitermachen müssen. Die funktionieren müssen. Die sie geliebt haben. Auf der anderen Seite steht das Leben. Der kleine Junge, der exploriert, der alles entdeckt, bis er irgendwann an genau der gleichen Stelle steht wie wir. Die, die die Leichtigkeit verloren haben. Die nur daran denken zu funktionieren. Die an den Tod denken, als wäre er etwas, das sie nicht betrifft - wenn sie überhaupt darüber nachdenken.
Wieso ist uns so wenig bewusst, wie wertvoll dieses Leben ist? Wie viel wir anderen Menschen, unabhängig von dem, was wir leisten oder wo wir arbeiten, mitgeben können? Wie können wir jeden Tag überleben, ohne zu leben? Ist es das, was dieses Leben ist? Ein täglicher Überlebenskampf?
Nein. Daran will ich nicht glauben.
Ich will daran glauben, dass wir unser Leben selbst gestalten können. Dass wir für uns entdecken, was wir brauchen, um das Leben so zu leben, wie wir es uns wünsche würden. Doch was wollen wir?
Nun, ich glaube, hierbei würde ich mich in der Frage über den Sinn des Lebens verlieren. Was ist unser Auftrag? Gibt es überhaupt einen? Geht es vielleicht auch einfach nur darum, das bestmögliche und glücklichste Leben zu führen?
Ich möchte mehr als das Leben, das ich gerade führe. Ich möchte frei sein. Ich möchte mich entwickeln, mich all den Herausforderungen stellen, die mir das Leben jeden Tag stellt ohne davonzulaufen. Ich möchte anderen Menschen etwas geben, auch wenn sie mir vielleicht nichts zurückgeben können. Ich möchte mit einem Lächeln durchs Leben gehen können, weil ich die alltäglichen Kleinigkeiten wahrnehme, die trotz all des Leids um mich herum zu finden sind. Ich möchte die beste Version meiner Selbst werden.
Vielleicht geht es wirklich nur darum. Die schlimmen Seiten zu sehen und nicht zu verdrängen und dennoch den Tanz auf dem Drahtseil zu meistern, der einen davor bewahrt, in die Dunkelheit zu stürzen. Ich glaube, das Leben ist ein Tanz und wir selbst entscheiden, zu welcher Musik und mit wem wir tanzen.