Geisterschreiber

Die Blume, Sonett III Dem ich mit ganzem Herzen wollte dienen, dies war der Gott, der meine Glut entfachte, indem er die Vision der Blume brachte – noch fesselnder als singende Undinen. Ich suchte ihn im Antlitz der Ruinen des alten Hauses, da ich bei mir dachte, nur er, der mich im Traum so treu bewachte, kennt ihr Versteck (umringt von Cherubinen). Doch nirgends fand ich ihn mit seinem Bogen, den Weißgoldpfeilen, die wie Funken fallen, und musste bis zum späten Abend warten! Dann endlich hat er mich zu sich gezogen und ließ in mir das Blut wie Ströme wallen, just als sich seine Zauber offenbarten!

Hallo Sidgrani, als Liebhaber der althergebrachten Formen gefällt mir dein Sonett gleich doppelt gut! Sie sind immer noch eine willkommene Abwechslung zwischen den zunehmenden freien Formen; und nicht umsonst greifen Musiker heute noch auf das Lied als literarische Form zurück, um es zu vertonen... LG Geisterschreiber

Hallo Terrapin, ich verstehe, was du meinst. Beim nächsten sowie beim letzten Sonett wird sich allerdings ergeben, warum eine Änderung hier nicht (/so einfach) möglich ist. Aber danke für dein Feedback! LG Geisterschreiber

Hallo Dennis, erstmal danke für dein Lob! Die beiden Verse sind schon richtig so: "Sie tanzte – (das) Rot von funkelnden Rubinen / umhüllte sie! – und die Gestirne fielen." Sonst passen entweder der Endreim oder das Versmaß nicht. LG Geisterschreiber

Die Blume, Sonett II Ist mir im Traum der Liebesgott erschienen? Er ließ doch eine Blume zwischen vielen im Frühlingswind die schönsten Stücke spielen, verhangen nur durch Nebeldunstgardinen! Sie tanzte – Rot von funkelnden Rubinen umhüllte sie! – und die Gestirne fielen verzückt hinab; Cupido ließ sie zielen, damit das Pflänzchen heil blieb unter ihnen. Da wacht‘ ich auf voll Leidenschaft und suchte die Blume, um sie ewiglich zu hegen. Ich folgte Schmetterlingen, folgte Bienen. Ich folgte jedem Tier, das ich verfluchte, sobald ich sah, es führt‘ mich nicht zum Segen, dem ich mit ganzem Herzen wollte dienen.

Hallo Lennart, wären alle Menschen so ehrlich, was ihre Gefühle und Gedanken anbelangt, würde so manche gesunde Beziehung länger halten oder so manche kränkelnde eher enden. Bei den vielen Persönlichkeiten, die im LI schlummern, könnte ich mich hier allerdings gar nicht entscheiden, was zutrifft. Gern gelesen! LG Geisterschreiber

Hallo Marcel, deine Verse werfen einen interessanten Blick auf die Welt und zeigen ein offenbar immer wiederkehrendes Muster. Glücklich sind die, die ihre Jungs oder Mädchen von damals schon gefunden haben und sich nicht sehnen müssen. (Wo kämen sonst die vielen Töchter her?) Gern gelesen! LG Geisterschreiber

Hallo Stephan, mal sehen, wohin das LI geführt wird... Auch ein herrliches Bild! Ich habe allerdings die Erfahrung gemacht, dass Einsamkeit einen auch inmitten der größten Schönheit und Eintracht ergreifen kann – gerade weil sie dort weder gesehen noch erwartet wird. LG Geisterschreiber

Hallo Herbert, Mal schauen, ob wir Menschen es als eiziges "rationales" und "moralisches" Wesen schaffen, dieses Schicksal abzuwenden. Aber ... egal, ob der Mensch vergeht, die Welt wird bleiben und sich wieder erholen. Bloß schaut dann niemand mehr aus dem Fenster, um es zu sehen. Sehr gern gelesen! LG Geisterschreiber

Hallo Stephan, in der heutigen Leistungsgesellschaft, in Social Media und Co ist der gegenseitige Vergleich an der Tagesordnung. Dabei hat jeder ganz eigene Qualitäten. Fraglich, ob man diese aber noch erkennt, wenn man nur auf die anderen schaut... Danke für die Anregung zum Nachdenken! LG Geisterschreiber

Die Blume, Sonett I Als ich vor Jahren schweifte durch den Garten der Einsamkeit, da blickt‘ ich über Blüten, durchs Buschwerk (in dem stets Pirole brüten) zu Bäumen auf, die aller Zeiten harrten. Mit ihnen wollte ich auf Rosen warten, die wie ich selbst im Innersten erglühten – so malerisch, dass tausend Knospen blühten. Sanft ließen sie den Lenz des Lebens starten! Doch müde war ich von der heißen Sonne, die mich zu einem Schattenplätzchen führte als Schlafgemach aus duftenden Lupinen: So legte ich mich in die Flurenwonne und als ich Küsse eines Pfeiles spürte, ist mir im Traum der Liebesgott erschienen!

Hallo Miserabelle, eine wunderschöne Beschreibung eines eigentlich sehr traurigen Umstandes. Egal ob Sonne oder Regen; ist der Himmel nicht komplett, ist es die Welt ebensowenig ...und sei es nur unter der Stadtautobahn. LG Geisterschreiber

Hallo Vetula, deine Zeilen beschreiben perfekt die Gefühlswelt, wenn man frisch verliebt ist. Glücklich werden diejenigen, bei denen das lila Wolkenbett ein Leben lang bleibt, um sie aufzufangen... Gern gelesen! LG Geisterschreiber

Hallo Ralf, ein wirklich großartiger Text, der neben der Pointe auch ein schönes Spiegelbild der Gesellschaft vor ein paar hundert Jahren aufzeigt – nur ins Gegenteil verkehrt. Wie es wohl beim Inquisitor daheim aussah...? Gern gelesen! LG Geisterschreiber

Hallo Josina, vielen Dank für dein Lob! ...fasst es perfekt zusammen. LG Geisterschreiber

Gemeinsam mit den Geistern, die jedermann entgeistern, der’s wagt, hier einzusteigen, muss ich nun ewig steigen die Stufen hin zum Boden (wo schon der Dielenboden vom Alter ächzt) und weine. Im Schrank Burgunderweine, im Staub ein Münzenpacken, den ich mir wollte packen. Die Wand voller Gemälde – und auf einem Gemälde strahlt eine Frau mit Locken, als würde sie den locken, der grade sich vergriffen am Gold. Hat er begriffen, nachdem er unsre Stimmen gehört hat, es muss stimmen, was fürchterliche Sagen vom düst‘ren Heime sagen? Jetzt hören wir sein Klagen und antworten mit Klagen: »O hilf doch uns Geschöpfen, die neue Hoffnung schöpfen! – Oh weh! … Zu spät! … Kein Zweifeln! Du musst jetzt nicht verzweifeln! Wir wollen dich begrüßen mit unsren kalten Grüßen: ‚Willkommen hier im Haus am Meer – nun dein Zuhaus!‘«

Hallo Stephan, danke für den grammatikalischen Hinweis! Habe ich sofort angepasst. ...und ja, manchmal führen gerade die Sehnsüchte in einen Albtraum hinein. Hallo Josina, auch vielen Dank für deinen Kommentar. ..."Sünder" passt in diesem Fall gut. Ob die Strafe angemessen ist, muss dann der Leser entscheiden 😅 LG Geisterschreiber

Hallo Denios, danke für das Lob. Auch wenn die Klimax für das Lyrische Ich bereits erreicht ist, ein Teil wird noch folgen... LG Geisterschreiber

Wer…? Ich kann keinen sehen... Hab‘ ich den übersehen, der mich zu Tränen rührte, als sein Wort mich berührte? Ich renne durch die Gänge (verzweigte, stickig enge) und drehe mich in Kreisen. Lass ich den Weitblick kreisen, so schweift er nur an Wänden entlang; kann nichts abwenden! Die Stimmen aber kommen schon näher – kein Entkommen aus diesen Albtraumsinnen. Grad will ich mich besinnen, da zucken plötzlich Schatten, die alles überschatten, was kurz zuvor gewesen. Was sind das bloß für Wesen?! Kein Körper, keine Seele – ein Schrei fährt aus der Seele: »O bitte hilf mir jemand! Sag, hört mich irgendjemand? Lasst mich aus diesen Mauern, die mir den Leib einmauern! Mir schwinden schon die Kräfte, denn dieser dunklen Kräfte kann ich mich nicht erwehren – und lasse sie gewähren... So werde ich nunmehr ein Teil vom Haus am Meer!«

Hallo Kerstin, ich finde anders als Jonny – so unterschiedlich kann der Geschmack sein! – nicht, dass das Gedicht zu langatmig ist. Dass jedem Monat ein eigener Vierzeiler gewidmet ist, macht sogar den Charme des Gedichts aus. Besonders schön finde ich, dass du die idyllischen Seiten eines jeden Monats herausstellst. Gerade da wir in Deutschland ja immer etwas auszusetzen haben ...mal ist es zu warm, dann zu kalt, dann stören die Nachbarn mit den Grillpartys, dann die Kinder mit den Schneeballschlachten usw. Hat mir sehr gefallen! LG Geisterschreiber

Hallo Somnus, du behandelst in deinem Gedicht ein äußerst interessantes Thema. Für meinem Geschmack fehlt es (formal) aber etwas an Struktur, um die Inhalte spannend und kurzweilig darzustellen – also entweder ein klares Versmaß, regelmäßige Verslängen oder aber wie z. B. in Strophe 2 eine freie Variante. Gerade die Reime dieser Strophe: wirken etwas gezwungen. Da wäre die freie Variante eine echte Alternative. Aber alles nur meine bescheidene Meinung... LG Geisterschreiber

Hallo blinderflieder, selten habe ich das Stilmittel der Repetitio – hier gleich in mehrfacher Ausführung verwoben – so gut eingesetzt gesehen. Es spiegelt perfekt das Echo im Kopf des Lyrischen Ichs wieder, das du uns hier so eindringlich präsentierst. Ich hoffe nur, dass LI vergisst ob der ganzen Zweifel nicht zu leben ...auch über den nächsten 26. Mai hinaus. LG Geisterschreiber

Hallo Marvin, vielen Dank für dein Feedback. Ich habe vor kurzem ein Werk gelesen, das exakt diese Reimart verwendet hat und wollte es gern mal ausprobieren. Überraschenderweise ist es mir schwerer gefallen, als "normale" Gegenstücke für Paarreime etc. zu finden. Aber es hat großen Spaß gemacht, mal etwas anderes auszutesten. Schön, dass es dir gefallen hat! LG Geisterschreiber

Hallo Guenk, der 2. Teil wird bestimmt zeitnah folgen 👍 LG Geisterschreiber

Ich steige ein durchs Fenster, (das kleine Erkerfenster, das offen steht im Dunkel). Das Zimmer ist ganz dunkel. Drum blicke ich zur Seite und leg’ den Sack beiseite, in dem die Gegenstände – wenn nichts dagegenstände – verschwänden schon beizeiten: Ein Pfand für schlechte Zeiten! Im Haus bin ich alleine – Das ist in dem Fall eine perfekte Chance, die Räume, die ich schon bald ausräume, in Ruhe anzuschauen. Doch komm’ ich nicht zum Schauen! Von oben klingen Stimmen, die mich arg ängstlich stimmen. Im Heim, das lang verrufen, scheint’s, dass sie nach mir rufen: »O bitte hilft uns Armen, die wir mit vollen Armen Juwelen wollten stehlen und heimlich weg uns stehlen, nachdem wir den Besitzer gebracht um den Besitz; er hat nicht von uns gelassen – uns nimmer fortgelassen aus seinem Haus am Meer, befreit seitdem nie mehr!«