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Geschrieben am

align=justifyStadtlichter

 

Immer wieder zieht es mich hier her, besonders wenn es schon dunkel ist. Hinter mir nichts als Wildnis, vor mir, unter mir, die Lichter der Stadt. Wie es dort funkelt und wuselt kann ich es jedes mal nicht fassen. Die Fensterreihen stehen in Reih und Glied wie bei kleine Gefängniszellen. Aber hinter jedem der hellen Quadrate, steckt ein ganzes Menschenleben, eine Geschichte so reich an Farben, dass die Stadt eigentlich platzen müsste daran. Wie kann ein so kleiner Raum so überschäumen vor Leben? Und wie kann es sein, dass ausgerechnet dort die Augen oft so leer scheinen, als müssten sie sich verschließen vor all den anderen Leben, aus den Nachbarzellen?

Wenn ich dann so hier stehe, der Wind mir um die Ohren pfeift und mir allmählich doch ganz schön kalt wird, genieße ich das Gefühl, anders zu sein, nicht dazu zu gehören zu dem Gewusel. Mein Lichtquadrat würde hervorstechen aus diesem Meer dort unter mir. Aber wenn ich dann heimkehre, hinabsteige in die mäandernden Adern der Stadt und mich allmählich die ersten Zeichen der Zivilisation wieder umgeben, und wenn mir dann auch die ersten Menschen begegnen auf den Straßen und Wegen, dann schaue ich nicht auf. Ich grüße nicht. Meine Augen müssen wohl leer wirken dabei. Und wenn ich dann in die wohlige Wärme meines stillen Kämmerleins stapfe und dort das Licht anmache, dann brennt dort auch nur eine Lampe, die nichts von meinen inneren Farben zu erzählen weiß.

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Geschrieben

Deine eindrucksvolle "Stadtlichter" - Erzählung weckt bei mir eine Assoziation zu meinem Gedichte "Der alte Eichenbaum";

demnach wäre Dein Spirit der "Eiche" wesensverwandt. - Aber das sind nur persönliche Gedanken zu Deinem Text, dessen Protagonist

wieder und wieder Zuflucht in der Natur sucht - sei es auch eine Wildnis - letztendlich spiegelt sich darin die

Suche nach Ursprung und die Sehnsucht nach Heimat, die Du niemals in den Gefängniszellen der Stadt finden wirst,

wider. - Eine tiefe Traurigkeit hängt in den Zeilen, die zutiefst berühren.

 

Im Gesamtzusammenhang möchte ich Dir ein kleines Gedicht (werd´s noch ins Forum einstellen) von mir ans Herz legen:

 

 

Stadtlast

 

In schweren Zimmern leben,

wo langsam alle Zeit verrinnt; -

nach Zeitvertreib sie streben,

mit Augen, die erloschen sind.

 

Nur manchmal scheint dann Traurigkeit

wie unter einem Tuch heraus -,

dann tritt ein Ahnen groß und weit

in bittendes Verzeih'n hinaus.

 

Wo draußen wacht und atmet seine Erde,

verirrt sich dann und wann ein Kind -,

hält liebend Ausschau nach dem großen Erbe,

das leise streichelt wie ein Wind...

 

***

 

Herzliche Grüße,

 

Holger

Geschrieben

Hallo Holger,

 

gleich zwei Gedichte in einer Antwort - dem werde ich sicher nicht gerecht werden. Aber versuchen kann ich es ja.

 

Ich zitiere hier zur besseren Übersicht noch mal dein Gedicht, das aber nicht an dieser Stelle diskutiert werden sollte.

 

Der alte Eichenbaum

Gleich der Stille alter Kathedralen,

die wie ewig zu den Himmeln schweigt,

ragt die Eiche über allen Talen,

tiefgebeugt zum Abgrund hin geneigt.

 

Sie gleicht dem Licht eines Planeten,

das sich sanft auf starre Flächen malt,

in trübe Gassen von den Städten,

die dunkel sind, von schauriger Gestalt.

 

Nur wenn das Rauschen in dem Eichenbaum

ganz leis zur Welt zu flüstern scheint,

erfüllt ein fernes Seufzen allen Raum,

als wenn ein Schöpfer leise weint...

Was in meinem Text natürlich komplett fehlt, ist die Stille alter Kathedralen, die ja tatsächlich oft wie kleine Refugien sind im Tumult der Städte. Bei S3V1 - S3V3 sehe ich tatsächlich einige parallelen zu meinem Text, allerdings muss man dafür schon arg zwischen den Zeilen lesen und ein bisschen was mit dir ausgetauscht haben. Ich sehe auch, dass man glauben kann, dass ich mir in meinem Text einen weinenden Schöpfer vorstelle, aber das ist tatsächlich nicht so. Natürlich ist in meinem Text die von dir erwähnte Traurigkeit sehr präsent, aber eigentlich hat das LI ja gerade die Hoffnung, dass der Schein trügt:

Auch seine Augen müssen wohl leer aussehen für die anderen, obwohl sich dahinter die Farben des Lebens verbergen; auch sein Fenster sieht aus wie eine Gefängniszelle, obowohl sich dahinter ein behagliches Kämmerlein verbirgt. Daraus kann das LI die Hoffnung schöpfen, dass es bei den anderen vielleicht auch so sein muss.

Aber ich habe dieser Hoffnung keinen expliziten Ausdruck gegeben, und so ist es jedem Leser natürlich selbst überlassen, sie in dem Text zu sehen oder auch nicht - mal abgesehen davon, dass sowieso jede Interpretation gültig ist (solange man sie nicht mir in den Mund legt).

 

Deutlich mehr konnte ich mit deinem Gedicht Stadtlast anfangen, dass ich dann kommentieren werde, wenn es sein eigenes Thema hat (sonst wird es so unübersichtlich). Da stecken für mich in jeder Strophe und fast jeder Zeile sehr starke Bilder drin und gute Beobachtungen. Und vor allem ist da auch wieder "der Wind", der an hier und da immer mal wieder auftaucht.

 

Vielen Dank für das Teilen deiner beiden Gedichte. Ich finde in Ergänzung und Abgrenzung zueinander, gewinnen solche Texte noch mal an Wert und für mich ist es sowieso immer schön, Querverbindungen zu ziehen.

 

Herzliche Grüße,

A. Akke

Geschrieben

Akkes,

deine Zeilen haben mich animiert.

Ich stehe auch auf dem Hügel und schaue hinunter auf die Stadt.

Mich faszinieren die Autolichter und ich denke - jeder hat ein anderes Ziel.

Ich sehe die Fenster - hinter jedem eine anderes Schicksal.

Von hier oben nur Anonymität, die wir nicht leben wollen.

Wir gehören da "unten" dazu, wir brauchen einander, ob es uns gefällt oder nicht.

 

Deine Stadtlichter gerne gelesen.

Geschrieben
deine Zeilen haben mich animiert.

Ich stehe auch auf dem Hügel und schaue hinunter auf die Stadt.

Wow, ganz herzlichen Dank! Ich sitze hier gerade breit grinsend vor dem PC und freue mich.

 

@Sternwanderer

Jetzt tut es mir irgendwie leid, dass der Text dich bedrückt, obwohl es ja eine beabsichtigte Wirkung des Textes ist.

Aber ja, in dem Text ist das LI recht nah an mir dran und ich kann dir nur zustimmen, dass das Stadtleben mitunter bedrückend ist. Landluft tut gut! Und damit meine ich vor allem die langsamere, leisere Schrittart in weniger dicht besiedelten Landstrichen.

Geschrieben

Hallo Akke,

 

du hast mich mit deiner Beschreibung abgeholt, ganz wie du es beabsichtigt hast und das ist prima.

 

Meine Lebenstritt ist deutlich entschleunigt, zum einen durch meine idyllische ländliche Wohnlage am Waldrand, zum anderen durchs RenterDasein. Herrlich!

 

 

LG Sternwanderer

Geschrieben

Hallo @die3.Jeije,

 

da sprichst du einen guten Punkt an, wahrscheinlich sogar den wichtigsten: Man kann etwas dagegen tun.

Ich habe das auch schon selbst erlebt als ich in einem dicht bebautem Viertel in Hamburg in einer Wohnung mit schönem Balkon aber im Erdgeschoss gewohnt habe. Da kannte man sich wirklich relativ bald und auch die Leute im 12-Parteien-Haus, deren Post man ständig angenommen hat, kannte man irgendwann ein wenig und es war richtig nett im Haus.

Das hilft dann zwar vermeintlich nicht gegen die großen Massen auf den Straßen, aber ich denke auch, dass hier das Zauberwort "vermeintlich" ist.

 

Also vielen Dank für den positiven Ausblick, den du hier im Forum so zuverlässig verbreitest.

 

Liebe Grüße,

A,

Geschrieben

Hallo A.

 

man kann schnell melancholisch werden, wenn man an seinem Lieblingsplatz steht, schaut und lauscht und einen schließlich wehmütige Gefühle übermannen. Die sollten allerdings schnell wieder verfliegen, damit sie einen nicht auf Dauer runterziehen.

 

Heinz hat uns die richtige Medizin genannt, auf Menschen zugehen und ihre Gesellschaft suchen.

 

Deine Träumerei am Rande der Stadt hat mir gut gefallen.

 

LG Alces

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