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Hoffnungsschimmer


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„Es ist witzig und traurig zugleich…“, sagte sie schmunzelnd, während sie die Muttermale an seinem Unterarm zu zählen schien. „Was?“ „Na, wie bedeutend man sich fühlt. So als würde sich das Weltgeschehen, ach was…das kosmische Geschehen nur um seinen selbst drehen und dabei dreht sich alles weiter auch ohne dich…“, erwiderte sie mit kindlicher Erkenntnisfreude. „Mensch, das fällt dir aber früh auf!“, bemerkte er sarkastisch und fuhr ihr durch’s zerzauste Haar. Sie rümpfte ihre Nase und schaute verträumt in den sommerlichen Himmel. „Nein du Blödmann, ich meine, dass wir Menschen glauben unglaublich wichtig zu sein und alles zu wissen oder zumindest erkennen zu können, aber in Wirklichkeit kennen wir nicht einmal uns selbst so richtig, weißt du?“ Er nickte verhalten. Tatsächlich mochte er es nicht unheimlich gerne, wenn sie begann tiefgründige Gespräche mit ihm zu führen, aber er liebte das Glänzen in ihren Augen, wenn sie über Dinge sprach, die sie begeisterten. „Dein ganzes Leben lang versuchst du erfolgreich und bedeutend zu sein und selbst wenn es dir gelingt. Selbst wenn du in die Geschichtsbücher eingehst, was bedeutet all das noch, wenn wir erst mal alle Tod sind, also wenn die menschliche Rasse ausgestorben ist?“ „Jetzt hör aber auf so viel nachzudenken und schau dir den wolkenlosen Himmel an!“, sagte er liebevoll, doch nachdrücklich. Sie schwieg für einen kurzen Moment, doch er sah das Funkeln in ihren Augen wieder und wieder aufblitzen, während sie angestrengt nachzudenken schien. Wie sie so auf seinen Beinen lag umgeben von leuchtendem Gras und den gerade erblühten Gänseblümchen war sie mehr als liebenswert. Er beobachtete akribisch jedes Zucken ihrer Mundwinkel, jede Bewegung ihrer Augen und jedes Rümpfen ihrer Nase und verliebte sich mehr und mehr mit jedem Blick. „Ich liebe sie“, ging es wieder und wieder durch seinen Kopf, doch er konnte es nicht aussprechen. Zu groß war die Angst oder die beinahe Gewissheit, dass seine Gefühle nicht erwidert wurden. „Du?“, fragte sie forsch und ein dezentes Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. „Hmm?“, erwiderte er nüchtern, doch innerlich voller Erwartungen. „Was wäre wenn..jedes Atom dieser Welt ein ganzes Universum einer anderen Welt beherbergen würde?“ Er seufzte leicht enttäuscht, aber nahm sich rasch ihrer Frage an. „Dann würden wir auch nicht anders leben als zuvor oder wärst du dann ganz vorsichtig mit jedem Atom dieser Welt?“ „Du bist blöd… Aber dann wären wir ja sozusagen deren Götter und wüssten nicht mal etwas davon. Was wenn unser Gott auch nicht weiß, dass es uns gibt? Glaubst du an Gott?“ „Ich glaube an eine höhere Macht, die mehr oder weniger die Kontrolle über uns hat, aber ob sie uns nun positiv, negativ oder neutral gegenüber steht..Wer weiß das schon?“ „Also ich mag die Vorstellung von Gott, aber vielleicht brauchen wir Menschen auch nur etwas, wovon wir uns letztendlich abhängig fühlen. Vielleicht sehnen wir uns nach einer Lösung und Erlösung zugleich…“ „Vielleicht“

Der Himmel hatte sich schlagartig verdunkelt und wie aus dem Nichts begann ein gewaltiges Gewitter. Sie sprang auf wie ein erschrockenes Reh, nahm seine Hand und rannte in Richtung Heimat.

 

 

„Liebe ist auch sowas“, begann sie als sie sich zuhause auf dem Sofa unter eine Decke geflüchtet hatten. Er zuckte zusammen - wie sollte er auch anders, wenn sie in seiner Gegenwart über Liebe sprach. „Sowas Unerklärliches. Ich meine, ich weiß nicht einmal, ob ich schonmal verleibt war. Wie fühlt sich das an?“ Ihre Worte versetzten ihm einen Stich in die Brust, aber dennoch fragte er sich, ob sie vielleicht verliebt war ohne es überhaupt zu wissen. „Es ist ganz komisch. Also ich glaube, du merkt schon in den ersten Sekunden, dass die Person, die dir gegenüber steht, die Person sein wird, in die du dich verliebst und dann geht das alles ganz schnell. Ein paar Blicke, ein paar Worte und vielleicht auch ein paar zurückhaltende Berührungen und wenn du sie siehst, riechst, hörst und spürst, aber selbst, wenn du nur an sie denkst, weißt du: Das ist die Richtige, die Eine. Du siehst Perfektion, wo andere nur Makel sehen. Du siehst Besonderheit, wo andere nur Banalität sehen. Du spürst intensiv, wo andere nur oberflächlich spüren. Du liebst.“ Sie sah ihn bewundernd an, gefesselt von seinen emotionalen Worten. Nach einer Weile erwiderte sie mit gesenktem Blick und betroffener Stimme: „Dann war ich wohl noch nie verliebt…Ist das komisch? Und dabei will ich so gerne einmal verliebt sein. Es hört sich so schön an, wie du es beschreibst…“ „Liebe ist aber nicht nur schön“, bemerkte er seufzend. „Liebe kann weh tun - tut sie meistens.“ Sie ergriff erschüttert seine Hand. „Aber so ein schönes Gefühl muss doch stärker sein als jeder Schmerz!“ „Liebe und Leid liegen so nah beisammen. Da kann man meist gar nicht unterscheiden“ „Sag sowas nicht. Sonst will ich mich doch nicht verlieben!“ Er schwieg bewusst für eine lange Zeit und als sie sich vertraut in seine offenen Arme legte, schöpfte er erneut Hoffnung. Hoffnung darauf, dass sie und er einmal „wir“ werden könnten.

 

 

© Finja Körber

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