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Dies ist der Sommer, der die Frucht ersterben lässt

weit wirft er seine Lohe in den Herbst hinein

wenn auch der Schnitter eilig noch zur Ernte bläst

Entbehrung wird des Winters Antlitz sein.

Und doch sind Kummer und Entbehrung keine Strafe der Natur

unendlich groß und weit gewoben ist des Universums Tuch

das Übel liegt in unserm eigenen Urteil immer nur

im Zweifeln, im Verzagen liegt der Fluch.

Denn wenn der Tod in unsern Räumen

aus und eingeht, wie ein ungebetner Gast

wenn er uns hochfahrn lässt aus seichten Träumen

so zeigt er doch ganz zart

was jenseits unsres Zustands harrt

– zeigt doch wie sanft das Dasein jede Kreatur umfasst.

 

Elmar Vogel / September 2018

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Hallo Elmar,

 

du gehst vom heißen Sommer letztes Jahr aus und entwickelst deine Gedanken logisch weiter. Am Ende steht die Sanftheit der Natur, die mit uns liebevoll umgeht, obwohl wir sie zerstören, die Zärtlichkeit von uns verlangt. Unsere Lebensweise zerstört die Natur, von der wir, ob wir wollen oder nicht, bis zu einem gewissen Grad abhängig sind, denn wir leben in und mit ihr. Die langanhaltende Hitze des vergangenen Sommers hat es uns bewiesen, doch das Bibelwort "Macht euch die Erde untertan" wird von uns seit langem als Zerstörung, nicht als Gestaltung begriffen. Die kapitalistische Produktionsweise giert nach den Schätzen der Natur.

 

Mit dem Vers "im Zweifeln, im Verzagen liegt der Fluch" komme ich in Kollision. Ich bin der Ansicht, dass erst der Zweifel etwas "Fertiges" zu dem machen kann (ich denke da an das Marx-Wort "An allem ist zu zweifeln"), was es sein kann. Wenn man das einmal begriffen hat, kann man kein blind Glaubender mehr sein, dann öffnet sich eine Welt, die bisher verschlossen war, und man sieht die Wirklichkeit, wie sie ist. Dann verzagt man auch nicht, sondern packt zu, wie und wo man kann, man wird ein Handelnder, bleibt nicht auf dem Stand des Beobachters. Vielleicht aber meintest du statt "im Zweifeln" das " Verzweifeln"? Das scheint mir in diesem Zusammenhang naheliegender zu sein. Das würde Sinn geben, im Verzagen, im Verzweifeln liegt der Fluch, im Passiven.

 

Es ist ein nachdenkliches, betrachtendes Gedicht, stilistisch, wie ich finde, ausgefeilt, mit Bildern, die mir etwas geben. Ein Gedicht, das ich gern gelesen habe.

 

Angelika

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Liebe Angelika,

 

vielen Dank für Deine Gedanken und Anregungen zu meinem Gedicht, die ich sehr schätze, wie überhaupt den Austausch hier mit dir. Ja, Anlass war der vergangene heisse, lang anhaltende Sommer. Es ist mein erstes Gedicht in reimform. Allerdings ging es mir dabei nicht um Gedanken der Weltverbesserung, sondern eher der Menschenverbesserung - also der Veränderung der Betrachtungsweise den beschwerlichen Erscheinungen unseres menschlichen Daseins gegenüber. Tod, Sterben und Niedergang sind uns allgegenwärtig, sie sind ein zentrales Geschehen innerhalb des menschlichen Daseins, daher sollten diese Phänomene auch einen zentralen Platz in unserem Denken einnehmen. So wie jede Blume welken muss, muss auch unser menschliches Welken einen Sinn und eine Bedeutung erfahren, erfahren kann es dies nur durch unsere eigene Betrachtungsweise. Tut es das nicht, so verdrängen wir die Bedeutung von Tod und Sterben, was uns zu Ignoranten des Daseins macht. Als Ignoranten, stehen wir beschwerlichen und schicksalhaften Situationen verständnislos und verzweifelt gegenüber. Dahin geht die Bedeutung meines Textes in den letzten beiden Versen. Meine Texte kreisen ja fast ausschliesslich um Bilder aus der Natur und thematisieren meine eigene, persönliche Auseinandersetzung mit Spiritualität und Glaube, wobei der christliche Glaube tatsächlich das Zentrum meines Denkens bildet. Hier sehe ich mich allerdings eher als Einzelgänger, denn ich orientiere mich nicht an bestehenden Religionsgemeinschaften oder Konfessionen. Mich interessiert nur der Ursprung (Jesus) sowie zentrale Gedanken grosser Denker, bei denen ich Parallelen sehe wie; Lao-tse, Tschuang-tse, Sokrates, Platon, und Aristoteles, sowie Interpreten aus dem jüdische-christlichen Umfeld: Rabbi Hillel, Meister Eckhart, Johannes Tauler, Baruch Spinoza, um nur die mir wichtigsten zu nennen. Im Kontrast zu deiner, von Karl Marx geprägten Auffassung, steht meine christliche, die ich hier kurz mit zwei Zitaten von Baruch Spinoza um reissen möchte:

 

Jede Erscheinung beweist ihr Notwendigkeit durch ihr Dasein.

Freiheit ist Einsicht in die Notwendigkeit. Was wir seiner Notwendigkeit nach verstanden haben, das werden wir bejahen können und indem wir es bejahen ist es zu etwas geworden, dem wir frei gegenüber stehen.

 

Um keinen falschen Eindruck entstehen zu lassen: Was einen bewussten und behutsamen Umgang mit der Natur betrifft, da bin ich voll und ganz bei dir. Ich glaube nur nicht, dass der menschengemachte Niedergang gänzlich aufzuhalten ist - d . h. der Menschheit sollte in letzter Konsequenz auch eine tröstliche Antwort auf den Supergau gegeben werden können.

 

Nun geniesse den sonnigen Ostersonntag

Herzlichst

Elmar

 

PS. Ich finde diese Plattform hier übrigens sehr viel interessanter als die reinen Diskussionsforen. Da hier jeder etwas ganz Persönliches von sich preis gibt, entsteht eine behutsameres Miteinander in der Diskussion - so zumindest mein bisheriger Eindruck.

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Da hast du recht, Elmar, man gibt sehr viel preis von sich beim Schreiben. Das geht auch gar nicht anders, wenn man es nicht tut, merkt es der Leser, und dann erreicht man ihn nicht. Mich stört es nicht unbedingt, aber ich bin noch nicht dahintergekommen, wie man anders schreiben könnte. Ich glaube es war Montesquieu, der meinte: "Die Sprache ist dem Menschen gegeben, um seine Gedanken zu verbergen". Klappt bei mir einfach nicht.

 

Meinst du, dass man eine Veränderung des Menschen hin zum gebildeten Humanisten allein damit erreicht, dass man es sich wünscht, und sei es mit noch so guten Gedichten? Meine Erfahrung sagt mir, dass das nicht ausreicht, Literatur wirkt, falls sie überhaupt eine Wirkung hat, nur in der Langzeitwirkung, und das oft auch nur in Bruchstücken. Ich denke, man kann den Menschen nur zum Menschen machen, indem man die Verhältnisse ändert, unter denen er lebt. Du kennst das geläufige "Das Sein bestimmt das Bewusstsein" ganz bestimmt. Ich habe dein Gedicht allerdings eher unter dem Gesichtspunkt der Zerstörung von Landschaft und der Zerstörung des Menschen gelesen, mit einem Bezug zur Klimaveränderung. Aber wie du das interpretierst, kann ich es auch lesen. Es ist schon so: Jeder interpretiert ein Gedicht mit dem Wissen und Fühlen, das er selbst mitbringt. Du hast recht, ich bin nicht religiös, habe aber festgestellt, dass ich mit Gläubigen auch ganz gut hinkomme, vielleicht besser sogar als mit manch anderem. Letztlich geht es uns beiden um dasselbe: dass der Mensch ein Mensch werde. Nur sind die Wege dahin verschieden, und der bisherige Erfolg nicht gerade berauschend. Immerhin hatte das Christentum 2000 Jahre Zeit. Übrigens hat Marx sehr viel von Spinoza gehalten, dessen Ideen auf dem Frühmaterialismus fußten, auch wenn er ihm nicht auf allen seinen Gedankengängen folgen wollte und konnte. Und statt Freiheit als Einsicht in die Notwendigkeit kann man das auch umständlicher formulieren: Freiheit als Begreifen der objektiven Wirklichkeit. Wobei wichtig vor allem das Attribut objektiv ist. Denn damit ist nicht die sogenannte Realität gemeint, die am Ende nur Opportunisten hervorbringt, was ja letztlich auch wieder ein Leben im Gefängnis ist. Aber ich will nicht herumphilosophieren, mir hat dein Gedicht gefallen, und das musste ich dir unbedingt schreiben. Ein gutes Gedicht kann ich nicht übersehen, obwohl ich etwas irritiert bin, wenn du von obigem Gedicht als deinem ersten Reimgedicht sprichst.

 

Danke für deine Wünsche zum Osterfest, ich wünsche dir dasselbe.

 

Herzlich, Angelika

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