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Digitaler Segen


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Ich sitze mal wieder vor meinem Computer und warte darauf, dass dieser endlich hochfährt und sich irgendwann dazu bereit erklärt, mir auch die Anmeldemaske freizugeben. Dieses tägliche Ritual nutze ich dazu, mal richtig durchzuatmen. Mit so viel Sauerstoff im Kappes, kommen einem dann schon mal die seltsamsten Gedanken, für die man sonst im digitalen Stress einfach keine Zeit mehr findet. Dabei wird uns doch permanent versprochen, dass wir durch die Digitalisierung mehr Freizeit hätten! Ist das so?

 

Früher konnte ich zum Beispiel in jedes beliebige Auto einsteigen, den Sitz und die Spiegel einstellen und ab ging die Post. Heute brauche ich einen zwei Tage Lehrgang, bevor ich überhaupt den ersten Meter fahren kann. Nachts bekomme ich inzwischen Albträume, weil ich Angst habe, dass mein Auto irgendwann alleine eine Spritztour unternimmt und ich auf meinem Handy nur noch eine Nachricht vorfinde „Tschüss Alter, ich bin dann mal weg.“

Oder vom Nachbarn mal eben das Auto ausleihen, Pustekuchen, außer er fährt das gleiche Modell wie du. Wenn du mal mit dem Zug irgendwo hinfahren möchtest, musst du mindestens einen halben Tag zusätzlich einplanen! Den brauchst du nämlich, bis du begriffen hast, wie der Fahrkartenautomat funktioniert und du die falsch gezogenen Fahrkarten am Bahnhof mit Verlust wieder versteigert hast.

 

Na ja Peanuts, wenn man bedenkt, wie viel Zeit man anderswo durch die Digitalisierung spart. Zum Beispiel brauchst du nicht mehr jede Woche die zehn Minuten zum Briefkasten rennen, um deine Briefe einzuwerfen. Das geht per E-Mail ratzfatz! Du hast kaum auf „Senden“ gedrückt, da kommt schon die erste beleidigende Antwort zurück. Ganz davon abgesehen, dass du jeden Tag zwanzig Minuten brauchst, um deinen E-Mail Account vom Spam zu befreien. Da fällt es auch kaum ins Gewicht, dass du jeden dritten Tag dicke Luft zu Hause hast, weil du deinem Partner erklären musst, warum du auf einmal Werbung von Dr. Müllers Sexshop bekommst, obwohl im Bett seit Jahren nichts mehr läuft!

 

Schwamm drüber, ist schon ein riesiger Fortschritt die Digitalisierung. Ich kenne zum Beispiel gar keine Langeweile mehr. Einen Samstag im Monat brauche ich, um alle Rechner im Haushalt zu aktualisieren und zu sichern. Zwischendurch immer wieder Forschen, warum das Internet schon wieder nicht funktioniert und stundenlang bei der Telekom in der Warteschleife hängen, während die Kinder mich terrorisieren, warum das nicht schneller geht. Jedes neu angeschaffte elektronische Gerät im Haushalt, kostet mich ein Wochenende, bis es einigermaßen funktioniert, da der Radiowecker inzwischen auch toasten kann und der Toaster staubsaugen, obwohl das kein Mensch braucht und will, aber bezahlen musst du es trotzdem.

 

Ich muss jetzt leider Schluss machen, in der Zwischenzeit sind wider Dutzende von Nachrichten reingekommen, von Leuten, die nichts mit ihrer Freizeit anzufangen wissen und die mir das unbedingt mitteilen möchten, mit der dazugehörigen Frage, was ich den gerade machen würde, obwohl sie das einen feuchten Kehricht angeht. Ich möchte euch auch gar nicht zu lange aufhalten, ihr habt sicher auch noch unzählige Werbemails zu lesen und whatsapp Nachrichten zu beantworten, die euch eigentlich gar nicht interessieren, aber eure kostbare Lebenszeit auffressen.

 

PS.

Einen Rat habe ich noch für euch, kauft euch möglichst keinen neuen Fernseher mehr. Um den in Betrieb zu nehmen, musst du nämlich inzwischen studieren!

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Hallo zoe,

entschuldige, dass ich dir jetzt erst antworte, aber als ich gestern Abend eine Antwort verfassen wollte, ereilte mich ein blue screen of death!

Anscheinend hat mein Desktopcomputer deinen Nicknamen zoe als potenzielle Bedrohung interpretiert und sofort die weiße Flagge gehisst, beziehungsweisen mir den gehobenen Mittelfinger gezeigt: „So nicht User!“

 

Ich habe zuerst versucht, das Problem selbst zu lösen, da mein Denkapparat aber noch mechanisch arbeitet……… tick, tick, tick…… war ich etwas überfordert. Ich musste wohl oder übel die Hotline anrufen. Die Dame war allerdings nach 30 Minuten mit mir am Telefon schon fix und fertig und hat einfach aufgelegt. Dabei hatte ich ihr nur versucht zu erklären, dass sie mit mir wie mit einem normalen Menschen reden soll und ihr Fachchinesisch doch bitte zu übersetzen hat.

 

Guter Rat war jetzt teuer, was tun sprach Zeus? Ich habe dann erst mal Muttern angerufen! Das war sehr hilfreich, da ich sofort mit den aktuellsten Backrezepten versorgt wurde, die meinen PC aber leider nicht die Bohne interessiert haben. Inzwischen völlig verzweifelt, schaute ich in den Kaufunterlagen des Computers nach und wurde dort tatsächlich fündig! Ich hatte damals schlauerweise den 24 Stunden Austausch Service mitgekauft.

 

Schnell den Kundendienst angerufen, der allerdings wenig begeistert davon war, dass ich ihn nachts um zwei aus dem Tiefschlaf geholt habe. Der wurde doch glatt patzig, was ich allerdings nicht auf mir sitzen lassen habe. Freundlich habe ich ihm mitgeteilt, dass er sich doch bitte einen Job suchen soll, dem er gewachsen wäre, wenn er beim ersten Notfall schon so reagiert. Etwas zurückhaltender wurde ich erst, als er durchs Telefon brüllte, dass mein Kaufvertrag mit 24 Stunden Service schon seit 10 Jahren abgelaufen ist.

 

Na ja, ich habe mir dann erst mal einen Kaffee gemacht und bin dann zu der Überzeugung gekommen, dass es doch das Einfachste wäre, das ich einfach mein Notebook aufklappe und mich darüber im Forum anmelde um dir Antworten zu können. Da bin ich also, und hoffe inständig, dass du Verständnis für meine verspätete Antwort hast, für die ich ja nun wirklich nichts kann!

 

vollkommen übernächtigt grüßend Freiform

 

 

 

PS.

Einen herzlichen Dank für deinen schönen Kommentar und das Lesen meiner Kurzgeschichte. Es freut mich sehr, dass es mir gelungen ist dir ein schmunzeln abzuringen. ^^

 

grüßend Freiform

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Hallo Freiform,

 

ja, da hast du recht: Um die Bequemlichkeit und Zeitersparnis digitaler Segnungen zu nutzen, müssen wir vorab oftmals viel zeit- und nervenaufreibende Arbeit an und mit diesen Gerätschaften erledigen.

 

Ich schildere dir meine Gedanken zu deiner Geschichte, die du natürlich entspannt ignorieren kannst.

 

Dabei wird uns doch permanent versprochen, dass wir durch die Digitalisierung mehr Freizeit hätten! Ist das so?

Dieser Satz liest sich wie eine Begründung bzw. Einleitung für diese Geschichte. Aber die ist mE überflüssig. Du könntest diesen Satz weglassen. - Was der Autor hier thematisiert, lässt sich problemlos aus dem Folgetext herauslesen.

 

und ich auf meinem Handy nur noch eine Nachricht vorfinde „Tschüss Alter, ich bin dann mal weg.“

Logelei:

Ich meine, wenn dein Handy 'dann mal weg' ist, kannst du diese Nachricht auf deinem Handy auch nicht lesen. Dein Handy müsste diese Nachricht, ganz klassisch, auf ein Stück Papier schreiben und dir auf den Küchentisch legen ... oder so ähnlich.

 

Schwamm drüber, ist schon ein Riesen Fortschritt die Digitalisierung.

Eher: Riesenfortschritt oder riesiger Fortschritt

 

in der Zwischenzeit sind wider Dutzende von Nachrichten rein gekommen

Eher: reingekommen

 

Mein Fazit: Eine gut und kurzweilig geschriebene Geschichte.

 

Gern gelesen, gern geschmunzelt.

 

LG

Berthold

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Hallo Berthold,

vielen, vielen Dank für das aufmerksame Lesen meines Textes. Du hast Recht, den Satz könnte man auch problemlos entfernen, ohne dass es auffallen würde.

 

Die Nachricht ist vom Auto, die es an das Handy gesendet hat, bevor es sich selbstständig vom Acker gemacht hat.

 

Die Stellen habe ich direkt korrigiert. Mir rutscht leider zu viel durch, da meine Rechtschreibung zu wünschen übrig lässt!

 

Ich freu mich sehr, dass auch du für den Text ein positives Fazit ausgeben konntest!

 

grüßend Freiform

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