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Die Tropfen kullerten meine kalte Wange hinunter und platschten gegen den nassen Asphalt der Straße. Wo hin sollte ich nun? In eines der unzähligen Hotels, die mit ihren Neonschildern die zahllosen Haltlosen anlockten um sie zu verschlingen? Nein, ich musste hier einfach weg. Frische Luft bekommen, um hier nicht zu ersticken. Ich konnte es kaum noch einen weiteren Moment hier aushalten.

Ich wollte weg, also lief ich weiter und weiter. Vorbei an Büschen die ihr einst so farbenfrohes Laub verloren hatten, vorbei an den unzähligen Raststätten und vorbei an den Straßenpfosten, die jedes Autolicht in mein Gesicht blendeten. Ja ich war ziellos, doch ich wurde vom Fernweh gepackt. Ich war voller Angst und zugleich voll von Zuversicht. Ich könnte endlich einen Laden aufmachen. Dort würde ich nun endlich bestimmen können was ich wie mache. Niemand der mir etwas vorschreibt, niemand der mir Regeln macht. Der Regen ließ meinen Körper beinahe erstarren und ich fühlte mich sich wohlig warm, wie ich es eine lange Zeit nicht mehr gefühlt hatte. Die Straße hatte ich nun endlich hinter mir gelassen und die Autolichter wurden immer kleiner, immer dunkler. Ich wischte mir über mein Gesicht um das Wasser loszuwerden. Ob es vom Regen kam oder meine Tränen waren, war mir egal. Ich hatte es geschafft ich war weg. Meine Zukunft war ungewiss. Das war richtig. Doch ich war frei, frei von allen Verpflichtungen. Ich fühlte mich für alles bereit, egal was es war. Ich fühlte mich nicht mehr benachteiligt, ich fühlte mich nicht mehr unterlegen. Ich fühlte mich gut. Und es war unglaublich. Ich wusste, dass mein Weg nun noch lang und steinig werden würde, doch ich wusste ich würde ankommen. Der nasse Rasen streifte an meiner Jeans und feuchtete sie dabei an. Das Regenwasser floss durch deren Stoff in meine Schuhe und ließ sie quietschen. Da war ich nun mit meinen vollgetrieften und quietschenden Schuhen inmitten der Natur ohne Zukunft, ohne Zuversicht. Als lief ich immer den Wind entlang und ließ mich von nichts aufhalten. Weder die spitzen Äste noch die beißende Kälte konnte mich stoppen. Die Bäumen knackten, wie als würde sie mir zujubeln. Ich lief und lief, bis das Knacken der Bäume verschwand.

Ich war in der Stadt angekommen. Plötzlich fühlte ich mich nicht mehr voller Hoffnung erfasst. Denn all die Menschen mit ihren verschwommenen Gesichtern, nassen Regelmänteln und Regenschirmen kamen mir unbekannt, gar so fremd vor. Wo sollte ich denn hin wenn, wenn nicht wieder zurück? Zuhause war es nicht immer leicht, doch ich wusste was mich erwartet. Hier war ich so verloren. Kein Wind sauste mehr, der mich hätte führen können, keine einsame Straße mehr, der ich hätte folgen können. Nur die etlichen Seitengassen und Straßen die in so viele unzählige Richtungen führten. Doch welche sollte ich nehmen. Die lauten Geräusche um mich herum verschwammen in ein undeutliches Grundgeräusches.

Ich fühlte mich so unsicher. Also drehte ich um. Zurück also. Zurück in das Bekannte und weg vom Unbekannten. Wieder hinein in eine Welt voller Regeln und weg von der Freiheit. Wer würde schon Freiheit brauchen, wenn er Sicherheit hat? Ich ging durch den Wald, die Wiesen und an der Straße entlang. Nun war ich also zurück. Schniefend zog ich meine bunten Klettverschlüsse fest und zog meinen Regenmantel zurecht. Dann klingelte ich. Danach herrschte Stille. Dieser Moment schien mir wie eine Ewigkeit. Dann öffnete sie die Tür und ich stampfte vollgenässt und beleidigt an ihr vorbei in das Haus. „Ich will doch nicht abhauen! Ich muss morgen immerhin wieder zur Grundschule!“ schnauzte ich.   

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