Sonja Pistracher
Autorin
Brief an das Christkind
„Liebes Christkind!
Bin mir sicher, dass du mich kennst – ich bin es, die Maria von der Familie Berger.
Heuer bin ich leider etwas traurig und darum schreibe ich noch lieber an dich, weil gerade du mich wahrscheinlich am besten verstehst:
Mein Opa ist vor ein paar Wochen zum lieben Gott in den Himmel gegangen. Einfach so und ohne vorher etwas zu sagen. Dabei habe ich meinen Opa so gern und vermisse ihn. Er war immer für mich da und hat mir immer die tollsten Geschichten erzählt. Auch Süßigkeiten – sind die im Himmel eigentlich verboten – habe ich von Opa bekommen. Wenn ich ihm etwas erzählt habe, dann hat er immer lächelnd zugehört. Nein, er hat nicht gelächelt, weil ihm dabei fad war – er hat gelächelt, weil er mich einfach verstanden hat. Seine Augen haben mich so toll angeschaut und die Falten haben mich überhaupt nicht gestört. Er hat schon alt ausgeschaut, manchmal müde, aber immer echt lieb. Nicht verraten: Er war mit der Liebste von allen. Ich bin sehr traurig, dass Opa weggegangen ist. Mama sagt, dass er jetzt glücklich ist im Himmel, aber das glaube ich nicht – ich bin ja auch nicht glücklich und er hat immer so gefühlt wie ich.
Liebes Christkind! Darum habe ich heuer nur einen wirklichen Wunsch: Ein einziges Mal mit dem Handy ganz geheim den Opa anrufen. Wahrscheinlich hätte er das eh schon getan, aber er mochte Handys nicht. Jetzt tut es ihm wahrscheinlich leid. Nicht einmal meine Nummer hat er sich merken wollen – dabei ist sie so einfach: 0676/450 22 66. Ich muss direkt lachen, wenn ich daran denke, wie er sich immer geschreckt hat, wenn es plötzlich geläutet hat und immer lauter geworden ist. Dann war es ihm auch zu klein, um darauf tippen zu können. Opa hatte starke große Hände, Hände zum Auffangen und Tragen. Ich bin mir aber sicher, dass Opa mit mir reden will, wenn du die Nummer für ihn wählst. Nach dem Essen, nach dem Geschenke auspacken und dem Spielen gehe ich sofort schlafen und lege mich unter die Bettdecke. Dann warte ich auf deinen Anruf. Ich verrate dich auch nicht und verspreche auch, nicht zu lange zu telefonieren. Weiß schon, dass du jetzt sparen musst. Vielleicht schickst du mir mit Opa gemeinsam ein SMS, das wäre billiger! Du kennst doch ein SMS“? – aber Blödsinn, du bist es ja, die Computer, Gameboys und Handys verschenkt.
Bitte gib dem Opa gleich jetzt ein dickes Busserl von mir und sag ihm: „Ich hab ihn lieb – ganz egal, wo er gerade ist!
Dann habe ich noch eine kleine Frage:
Bist du wirklich auch ein Kind – so wie ich? Ganz verstehen tu ich das nämlich nicht. In der Schule hat die Frau Lehrerin gesagt, dass das Christuskind in der Weihnachtsnacht zur Welt kommt. Wie kannst du dann schon jetzt herumfliegen und Geschenke verteilen? Heißt du eigentlich „Jesus“ oder „Christkind“ oder gibt es euch Beide? In der Schule beten wir immer das „Vater unser im Himmel.......“. Ist da Jesus oder der liebe Gott gemeint. Oder ist dein Papa der liebe Gott. Wenn Jesus aber dein Papa ist, dann ist der liebe Gott doch dein Großpapa. Dann verstehst du mich und meinen Wunsch ganz sicher noch besser. Ich frage Opa einfach alles, wenn er mich anruft.
Deine Maria“
In der Weihnachtsnacht wundern sich die Eltern, als Maria fast drauf drängt, ins Bett gehen zu dürfen. Die Mutter macht sich gleich Sorgen: „Hoffentlich wird Maria nicht krank, gerade jetzt in den Ferien“! Maria putzt sich schnell die Zähne, flugs wird das Nachthemd angezogen, allen ein Busserl gegeben und schon schlupft sie mit großen erwartungsvollen Augen unter die Decke. In der Hand – ganz geheim – hält sie fest und voller Hoffnung ihr Handy........
Die Zeit vergeht, Marias Augen sind quälend müde und drohen zuzufallen, doch plötzlich passiert es: Tatsächlich, es läutet, es läutet wieder und wieder und wieder....
Maria findet den Knopf nicht, sie richtet sich auf und sucht und drückt – da merkt sie ........, dass sie schwebt. Mit dem noch läutenden Handy in der Hand macht sie eine Reise in den Himmel. Der liebe Gott mit langem weißen Bart und denselben gutmütigen Augen wie Großpapa steht vor ihr. Maria stottert: „Mein Opa, das Telefon – der Knopf – im Finstern – ich konnte nicht..!“ Liebevoll legt der liebe Gott die Hand auf Marias Kopf und geht mit ihr in das nächste wunderschöne Himmelszimmer. Dort sitzt Opa, lächelnd wie immer, streckt die Arme aus und Maria läuft geradewegs in diese Arme hinein. Opa drückt sie ganz fest, sodass ihr fast die Luft wegbleibt und flüstert ihr ins Ohr: „Ich liebe dich mein Mariechen, egal wo ich bin – ich bin immer bei dir!“ Maria schluchzt vor Freude auf, ist glücklich, dass sie so sicher festgehalten wird, dann schaut sie lange und glücklich in die so vertrauten liebevollen Augen von Opa............ von Opa?
Denn jetzt sind es plötzlich Papas Augen, mit dem gleichen Glanz und der Wärme. Dieser sagt: „Mein Schatz, dein Handy, es hat geläutet und geläutet und geläutet, es wollte gar nicht mehr aufhören!“
Marias Augen glänzen, sie umarmt ihren Papa ganz fest und weiß, dass sie jetzt gerade viel mehr erlebt hat als er ahnt: „Opa ist glücklich im Himmel und er ist jetzt auch in Papas Augen. Danke liebes Christkind!“
„Liebes Christkind!
Bin mir sicher, dass du mich kennst – ich bin es, die Maria von der Familie Berger.
Heuer bin ich leider etwas traurig und darum schreibe ich noch lieber an dich, weil gerade du mich wahrscheinlich am besten verstehst:
Mein Opa ist vor ein paar Wochen zum lieben Gott in den Himmel gegangen. Einfach so und ohne vorher etwas zu sagen. Dabei habe ich meinen Opa so gern und vermisse ihn. Er war immer für mich da und hat mir immer die tollsten Geschichten erzählt. Auch Süßigkeiten – sind die im Himmel eigentlich verboten – habe ich von Opa bekommen. Wenn ich ihm etwas erzählt habe, dann hat er immer lächelnd zugehört. Nein, er hat nicht gelächelt, weil ihm dabei fad war – er hat gelächelt, weil er mich einfach verstanden hat. Seine Augen haben mich so toll angeschaut und die Falten haben mich überhaupt nicht gestört. Er hat schon alt ausgeschaut, manchmal müde, aber immer echt lieb. Nicht verraten: Er war mit der Liebste von allen. Ich bin sehr traurig, dass Opa weggegangen ist. Mama sagt, dass er jetzt glücklich ist im Himmel, aber das glaube ich nicht – ich bin ja auch nicht glücklich und er hat immer so gefühlt wie ich.
Liebes Christkind! Darum habe ich heuer nur einen wirklichen Wunsch: Ein einziges Mal mit dem Handy ganz geheim den Opa anrufen. Wahrscheinlich hätte er das eh schon getan, aber er mochte Handys nicht. Jetzt tut es ihm wahrscheinlich leid. Nicht einmal meine Nummer hat er sich merken wollen – dabei ist sie so einfach: 0676/450 22 66. Ich muss direkt lachen, wenn ich daran denke, wie er sich immer geschreckt hat, wenn es plötzlich geläutet hat und immer lauter geworden ist. Dann war es ihm auch zu klein, um darauf tippen zu können. Opa hatte starke große Hände, Hände zum Auffangen und Tragen. Ich bin mir aber sicher, dass Opa mit mir reden will, wenn du die Nummer für ihn wählst. Nach dem Essen, nach dem Geschenke auspacken und dem Spielen gehe ich sofort schlafen und lege mich unter die Bettdecke. Dann warte ich auf deinen Anruf. Ich verrate dich auch nicht und verspreche auch, nicht zu lange zu telefonieren. Weiß schon, dass du jetzt sparen musst. Vielleicht schickst du mir mit Opa gemeinsam ein SMS, das wäre billiger! Du kennst doch ein SMS“? – aber Blödsinn, du bist es ja, die Computer, Gameboys und Handys verschenkt.
Bitte gib dem Opa gleich jetzt ein dickes Busserl von mir und sag ihm: „Ich hab ihn lieb – ganz egal, wo er gerade ist!
Dann habe ich noch eine kleine Frage:
Bist du wirklich auch ein Kind – so wie ich? Ganz verstehen tu ich das nämlich nicht. In der Schule hat die Frau Lehrerin gesagt, dass das Christuskind in der Weihnachtsnacht zur Welt kommt. Wie kannst du dann schon jetzt herumfliegen und Geschenke verteilen? Heißt du eigentlich „Jesus“ oder „Christkind“ oder gibt es euch Beide? In der Schule beten wir immer das „Vater unser im Himmel.......“. Ist da Jesus oder der liebe Gott gemeint. Oder ist dein Papa der liebe Gott. Wenn Jesus aber dein Papa ist, dann ist der liebe Gott doch dein Großpapa. Dann verstehst du mich und meinen Wunsch ganz sicher noch besser. Ich frage Opa einfach alles, wenn er mich anruft.
Deine Maria“
In der Weihnachtsnacht wundern sich die Eltern, als Maria fast drauf drängt, ins Bett gehen zu dürfen. Die Mutter macht sich gleich Sorgen: „Hoffentlich wird Maria nicht krank, gerade jetzt in den Ferien“! Maria putzt sich schnell die Zähne, flugs wird das Nachthemd angezogen, allen ein Busserl gegeben und schon schlupft sie mit großen erwartungsvollen Augen unter die Decke. In der Hand – ganz geheim – hält sie fest und voller Hoffnung ihr Handy........
Die Zeit vergeht, Marias Augen sind quälend müde und drohen zuzufallen, doch plötzlich passiert es: Tatsächlich, es läutet, es läutet wieder und wieder und wieder....
Maria findet den Knopf nicht, sie richtet sich auf und sucht und drückt – da merkt sie ........, dass sie schwebt. Mit dem noch läutenden Handy in der Hand macht sie eine Reise in den Himmel. Der liebe Gott mit langem weißen Bart und denselben gutmütigen Augen wie Großpapa steht vor ihr. Maria stottert: „Mein Opa, das Telefon – der Knopf – im Finstern – ich konnte nicht..!“ Liebevoll legt der liebe Gott die Hand auf Marias Kopf und geht mit ihr in das nächste wunderschöne Himmelszimmer. Dort sitzt Opa, lächelnd wie immer, streckt die Arme aus und Maria läuft geradewegs in diese Arme hinein. Opa drückt sie ganz fest, sodass ihr fast die Luft wegbleibt und flüstert ihr ins Ohr: „Ich liebe dich mein Mariechen, egal wo ich bin – ich bin immer bei dir!“ Maria schluchzt vor Freude auf, ist glücklich, dass sie so sicher festgehalten wird, dann schaut sie lange und glücklich in die so vertrauten liebevollen Augen von Opa............ von Opa?
Denn jetzt sind es plötzlich Papas Augen, mit dem gleichen Glanz und der Wärme. Dieser sagt: „Mein Schatz, dein Handy, es hat geläutet und geläutet und geläutet, es wollte gar nicht mehr aufhören!“
Marias Augen glänzen, sie umarmt ihren Papa ganz fest und weiß, dass sie jetzt gerade viel mehr erlebt hat als er ahnt: „Opa ist glücklich im Himmel und er ist jetzt auch in Papas Augen. Danke liebes Christkind!“