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Eine Blume Asiens ( Teil 3 )


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Wie auf Knopfdruck hörte es plötzlich auf zu Regnen und die übrigen Gäste signalisierten dir, dass sie zahlen wollten. Die Konversation wurde ausschließlich auf Chinesisch geführt und du tratst den Beweis an, dass du nicht nur fließend Chinesisch, sondern auch in einer wahnsinnigen Geschwindigkeit sprechen konntest. Dabei veränderte sich der Klang deiner Stimme deutlich, da sich im chinesischen viele Wörter nur über eine veränderte Betonung ergeben. Weshalb sie für unmusikalische Menschen schwer zu erlernen ist. Ich lauschte fasziniert und mit jeder Silbe fühlte ich mich mehr zu dir hingezogen.

Nachdem die Gäste die Lokalität verlassen haben, waren wir nur noch allein im Gastraum und du verschwandst wieder hinter der Schwingtür. Auch wenn es nur wenige Minuten waren, konnte ich es kaum erwarten, dass du mir meinen Tee servieren würdest. „So der Herr, einmal ein frisch aufgebrühter Jasmin Tee, wie wir ihn auch zu Hause trinken!“ Und dieses „wie wir ihn…“ klang verändert, als wenn darin eine Botschaft enthalten wäre. Eine Botschaft, die mich unangenehm berührte. Fast im gleichen Augenblick betrat ein asiatischer Mann, den ich ungefähr unserem Alter zuordnete, das Etablissement und kam direkt auf dich zu „姐姐,很抱歉遲到了,但是大雨使交通陷入困境。“ Er küsste dich flüchtig auf die Wange „沒問題的兄弟。 如您所見,目前沒有任何反應。 預訂半小時不會到。 因此,您還有足夠的時間準備“ Gabst du lächelnd zurück. Er nickt mir freundlich zu und verschwand dann eiligen Fußes hinter der Schwingtür. „Ich hoffe, der Tee wird Ihnen genauso gut schmecken wie der erste!“ Richtetest du das Wort wieder an mich, um dann hinter der Schwingtür zu verschwinden.
 

Irgendwie schmeckte der Tee jetzt anders, er war nicht mehr so intensiv und meine Hochstimmung, die mich vor fünf Minuten noch beglückte, war zum Teil verschwunden. Ich schaute auf die Uhr und wenn ich auch nichts weiter vorhatte, überlegte ich, ob ich nach der Tasse nicht gehen sollte. So ganz allein im Raum fühlte ich mich auch irgendwie verloren. Der nächste Schluck brachte Gewissheit, als die Schwingtür wieder aufschwang und du lächelnd mit einem Tellerchen in der Hand an meinen Tisch kamst. „Jetzt habe ich Ihnen doch glatt unsre Glückskekse vorenthalten, die wir zu den Getränken servieren. Ich hoffe, Sie können mir meine Schusseligkeit nachsehen!“
 
„Glückskekse? Ein wenig Glück könnte nicht schaden. Dann bin ich ja mal gespannt, welche Weisheiten mir zu meinem Glück verhelfen wollen.“ Nach dem Aufbrechen fiel mir der erste Zettel in die Hand und ich las laut vor:

Wir leben nicht, um zu glauben, sondern um zu lernen. 

„Ja das kann ich unterschreiben!“ Murmelte ich vor mich hin und öffnete direkt den zweiten Keks:

Die Liebe ist das Gewürz des Lebens. Sie kann es versüßen, aber auch versalzen.

„Ja, da kann ich auch ein Lied von singen.“ Gab ich wohl etwas zu wehmütig wieder, denn deine Stimme klang anteilnehmend, als du sagtest „Noch nicht die Richtige gefunden?“ Bevor ich aber Antworten konnte, schwang die Schwingtür kraftvoll auf und ein „Kommst du bitte mal eben Li!“ Schallte durch den Raum. „Ja Bruderherz, ich komme sofort. Einen Moment bitte, ich bin sofort wieder bei Ihnen.“ Und schon warst du weg. Mir fiel ein Stein vom Herzen, das der gutaussehende Asiate nur dein Bruder war, obwohl das nichts zu bedeuten hatte, denn es war für mich einfach unvorstellbar, dass ein Juwel wie du, keinen Partner hatte. Die Männer würden sicher reihenweis bei dir anstehen.

Aus der Küche hörte ich einen ziemlich lauten Tumult, indem wenig positive Energie mitschwang. Irgendetwas schien vorgefallen zu sein. Die aufgeregte Konversation mehrerer Personen dauerte einige Minuten, bevor du mit einem verärgerten Gesicht durch die Schwingtür stürmtest. Selbst dieses Gesicht war immer noch von Schönheit geprägt und allein der Gedanke, das du verletzt worden sein könntest, weckte eine tiefe Empathie in mir. Schnurstracks gingst du auf die Eingangstür zu und drehtest das Schild geöffnet herum, nahmst einen Schlüssel aus deiner Hosentasche, um die Tür abzusperren. Dann warst du sichtlich bemüht, deinen Ärger aus deinem Gesichtsausdruck zu verbannen und legtest ein typisch asiatisches Höflichkeitslächeln auf, das alles und nichts bedeutete.

„Entschuldigen Sie vielmals, ich hoffe, sie sind nicht besorgt, weil ich abschließen musste, aber und ist ein Fauxpas in der Buchung unterlaufen. In einer halben Stunde sollte eine Gesellschaft erscheinen, die mit fünfzehn Gästen notiert war. Wir wurden eben angerufen, dass diese Gesellschaft sich aufgrund der Wetterkapriolen eine Stunde verspäten wird. Nebenbei wurde gefragt, ob das Essen für die fünfzig Gäste bereits fertig wäre. Eine Katastrophe, sag ich Ihnen! Auch wenn wir jetzt eine Stunde Zeit haben, müssen wir zusätzliche Lebensmittel besorgen, alle Tische zusammenrücken und noch festlich eindecken! Das ist eigentlich nicht zu schaffen, aber wir müssen alles versuchen. Deshalb muss ich sie leider Bitten zu gehen, natürlich könne Sie vorher ganz in Ruhe Ihren Tee zu Ende trinken. Sie brauchen den Tee auch nicht zu bezahlen! Ich lade Sie aufgrund der Unannehmlichkeiten gerne dazu ein.“
Ich konnte erst gar nicht antworten, sondern dir nur tief in die Augen schauen und als ich bemerkte, dass ich dich damit unangenehm berührte, fragte ich rasch „Darf ich Ihnen dann meine Hilfe anbieten? Ich habe früher einmal eine Zeit lang gekellnert, ich bin also nicht ganz unbedarft darin, Tische zu rücken und einzudecken!“

Du trautest deinen Ohren erst nicht und es vergingen einige Sekunden, bis dein Höflichkeitslächeln sich in ein strahlendes verwandelte „Das wäre ja großartig, dann könnte mein Bruder weiter in der Küche helfen und wir würden es in der Zeit vielleicht doch noch schaffen!“ Du wolltest schon Richtung Küche losflitzen, als du noch mal innehieltst „Das war doch ernst gemeint?“
„Mir war selten etwas ernster!“ Und wenn dir deine anerzogene asiatische Zurückhaltung auch nicht erlaubte, mir um den Hals zu fallen, war dein leichtes Kopfnicken und die dazugehörige Körpersprache ein sicheres Zeichen, das pure Erleichterung und Dankbarkeit dich durchfluteten. „Bin sofort wieder da!“

Aus der Küche ertönten wieder tumultartige Geräusche, diesmal aber schwang eindeutig positive Energie darin, und ehe ich mich versah, stand deine ganze Familie vor mir, um sich kurz vorzustellen und mir ihre Dankbarkeit zu versichern. Die Vorstellung wirkte eher zurückhaltend und war schnell vorüber. Genauso schnell wie sie auftauchen, waren alle Familienmitglieder auch wieder in der Küche verschwunden. Nur du standst noch vor mir und wirktest eine Spur nervös und angespannt, bis sich deine Angespanntheit in einer ausgestreckten Hand und einem dankbaren Lächeln löste. „Ich bin Li und wenn Sie möchten, können wir auch du zueinander sagen, wenn wir schon zusammen Tische schleppen müssen!“

„Ich bin Ben und es ist mir eine Ehre, dir und deiner Familie aushelfen zu dürfen.“
Ergriff ich vorsichtig deine Hand, in der ich mehr empfand als nur Dankbarkeit.
„Wir würden dir auch gerne etwas für deine Hilfe bezahlen…“ Und bevor du weiter ausholen konntest, fiel ich dir unhöflicher weise ins Wort „Nein, das ist wirklich nicht nötig Li! Sehe es bitte als Gegenleistung für deinen hervorragenden Service am Gast und den köstlichen Tee!“ Du wolltest erst noch etwas erwidern, entschiedest dich dann aber dazu, jegliche Höflichkeit aus deinem Lächeln zu verbannen und durch eine Spur Zuneigung zu ersetzen.

 

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Moin, lieber Freiform,

auch im dritten Teil deiner Geschichte „Eine Blume Asiens"

ist es dir wieder vom ersten bis zum letzten Satz gelungen, Spannung und Neugier zu erzeugen.

Dazu die orientalischen Klänge die uns in einer anderen Welt führen.

Sehr gerne gelesen!

Freue mich schon auf die Fortsetzung!

LG Josina

 

 

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Hallo Carlos,
ich freu mich sehr, das du meine Geschichte noch begleitest!

vor 17 Stunden schrieb Carlos:

Gegen Ende kommt "Ehe ich mich versah" zwei Mal vor...

Danke, habe ich geändert. Wieder sehr aufmerksam von dir!

Dankeschön! :smile:

Hallo Josina,

vor 16 Stunden schrieb Josina:

Freue mich schon auf die Fortsetzung!

:blume: eines der schönsten Komplimente, die man einem Schreiber auch machen kann.

Dankeschön! :smile:

Ich danke euch ganz herzlich und bin wieder sehr gespannt, wie lange es mir gelingt, euch am geschehen zu halten, ohne das ihr einschlaft.
@Carlos@Josina@Melda-Sabine Fischer@Joshua Coan@Gina

 

Grüßend Freiform


 

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Hallo @Letreo71,
ich freue mich sehr, eine weitere Blume des Forums unter meiner kleinen Geschichte begrüßen zu dürfen. :blume:
 

Am 30.12.2020 um 11:09 schrieb Letreo71:

und ich werde noch weiterlesen, sobald die Zeit es erlaubt.

Mach dir bloß keinen Stress, die Geschichte läuft nicht weg und hier gibt es ja noch mehr als genug anders lesenswertes was Beachtung verdient!

 

Dankeschön ! :smile:

Grüßend Freiform

 

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