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Geschrieben am (bearbeitet)

Ein wenig unglücklich schaute der Schneemann aus seinen dunklen Knopfaugen und insgesamt war er von einer stattlichen Größe doch weit entfernt. Viel zu weit! Aber der Schnee gab wieder einmal nicht mehr her. An den Kindern lag es ganz sicher nicht, denn die gaben sich viel Mühe, um den Schneemann zum Leben zu erwecken. Sie kratzten jede noch so dünne Schneeschicht zusammen, um dem Körper eine Form zu verleihen. Auch wenn die Kinder versuchten, nur sauberen und ganz weißen Schnee zu verarbeiten, wirkte der einsame Schneemann doch recht fleckig.

Als er sich seine Umgebung anschaute, wurde er sehr traurig, erwartete er doch eine weiße Welt voller Winterzauber und spielender Kinder. Stattdessen war es um ihn herum nur grün und still. Wie gerne hätte er die Schneebälle der Kinder aufgefangen, die seinen Leib auffüllten. Wie gerne hätte er sie in seinem leuchtenden Weiß angestrahlt und ihnen zugelächelt.

Die wenigen Schneeflecken, die sein Blick noch ausmachen konnte, schmolzen schnell unter einem wehvollen Klagen dahin. Er sah auch keinen anderen Schneemann oder eine Schneefrau, mit denen er sich hätte unterhalten und sein Leid teilen können. So stand er ganz allein auf einer fast grünen Wiese und Tränen aus Wasser liefen an seiner krummen Möhrennase entlang.

Ein kleines Mädchen kam herbei und wischte ihm das Wasser von der Nase „Ach du armer Schneemann, wir haben uns so viel Mühe gegeben und wir hätten dir auch so gerne eine Schneefrau gebaut, aber schau dich um, jedes Jahr fällt weniger Schnee. Oma sagt, das läg am Klimawandel. Ich find Klimawandel blöd, auch wenn ich gar nicht so recht weiß, was das ist. Weißt du Schneemann, ich hab sogar einen Schlitten, aber den konnte ich noch nie benutzen.“

Als der Schneemann das hörte, wurde ihm ganz weh um sein kleines Schneeherz, das ihm erneut kleine Wassertropfen an seiner Möhrennase entlangliefen. Das Mädchen wischte sie wieder vorsichtig ab und sammelte flink noch ein paar letzte Schneereste, um Stellen auszubessern. Dann nahm sie den Schneemann ganz vorsichtig in den Arm und gab ihm einen warmen Kuss auf seine kalte Wange.

„Weißt du Schneemann, ich bin jetzt schon ganz traurig, weil Papa gesagt hat, dass du morgen wahrscheinlich schon nicht mehr da bist. Dabei hab ich dich so gern und könnte noch ganz viel mit dir spielen. Wir könnten Schneemannfamilie spielen, wenn du magst und ich wär dann deine kleine Schneetochter oder du mein kleiner Schneebruder. Ich habe nämlich keinen. Warte, ich hab eine Idee, ich bin sofort wieder da!“ Und schon war der kleine Wirbelwind unterwegs und rannte zum Haus, das am Ende der Wiese Stand.

Der Schneemann spürte schon, wie an einigen Stellen seine Haut wässrig wurde, und wenn er auch gerade erst zum Leben erweckt wurde, schien es, dass sein Ende bereits nahte. Er hatte noch nicht einmal einen einzigen Sonnenaufgang gesehen und so wie er sich fühlte, würde er auch nie den Zauber eines Sternenhimmels erleben, denn seine Knopfaugen saßen schon locker in ihren kleinen Schneehöhlen.

Das kleine Mädchen kam zurück und hatte ihren Papa an der Hand „Da bin ich wieder kleiner Schneemann, ich kann auch nicht lang bleiben, denn es gibt jetzt gleich Essen, aber Papa macht schnell ein paar Fotos von uns beiden mit dem Handy.“ Dann nahm das kleine Mädchen den Schneemann in den Arm und ihr Vater machte mit seinem Handy fleißig Fotos. Als sie fertig waren, drückte das Mädchen noch einmal ganz vorsichtig den Schneemann “Einmal komme ich noch, aber jetzt muss ich zum Essen. Wenn ich wiederkomme, hab ich eine Überraschung für dich, aber die verrat ich noch nicht!“ Und schon waren das Mädchen und ihr Papa verschwunden.

Dem Schneemann wurde immer wärmer und als er spürte, dass es anfing zu regnen, konnte er seinen Tränen nicht mehr von den vielen Regentropfen unterscheiden. Seine porige Haut wurde immer glatter und glänzender und instinktiv wusste er, was das bedeutete. Als das kleine Mädchen mit ihrem Papa wiederkam, fühlte er sich noch kleiner, als er sowieso schon war. „Da bin ich wieder kleiner Schneemann und schau, was ich dir mitgebracht hab. Mein Papa hat unsere Bilder ausgedruckt und von jedem zwei gemacht. Eins für dich und eins für mich. Schau mal, wie toll die geworden sind.“ Und sie zeigte dem Schneemann jedes Bild und erklärte ihm genau, was darauf zu sehen war. Ihr Vater stand lächelnd im strömenden eiskalten Regen und wünschte sich so sehr, dass der kleine einsame Schneemann die Nacht noch überleben würde, damit seine Tochter auch morgen noch einmal erleben konnte, was in seiner Kindheit mit das schönste von der Welt war.


 

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Geschrieben

"Ein kleines Mädchen kam herbei und WISCHE ihm das Wasser von der Nase".

Sonst habe ich nur noch einen anderen Fehler gefunden.

Das Foto, so real, stört die Vorstellungskraft des Lesers, das Erscheinen des Mädchens in der Erzählung, ihre Worte. Sie ist eigentlich eine Fee... 

Herrlich die Sprache, ein Genuss jeden perfekt geschriebenen Absatz zu lesen.

 

  • Schön 1
Geschrieben

Wieder eine sehr schöne,  leider auch real anmutende Geschichte lieber @Freiform. Mein Enkel und ich wollten uns gestern auch daran versuchen,  aber es gelang uns nicht,  weil er zu pulvrig war.  So haben wir uns damit gegenseitig "beschneit" und beim Lesen deiner Geschichte war ich deshalb sehr berührt. Sehr gut geschrieben. Ich mag deine Geschichten einfach.  

LG Sonja 

20210111_162448.jpg

  • Gefällt mir 1
Geschrieben

Moin, lieber Freiform

Deine schöne Schneemann Geschichte werde ich beim Chatten, meinen 5-jährigen Enkel zum Trost vorlesen. Er ist im Moment etwas traurig, da es an vielen Orten in Spanien schneit. Nur leider nicht in Barcelona.

Eine sehr schöne Kindergeschichte!

Sehr gerne gelesen

HG Josina

  • Schön 1
Geschrieben

Hallo Freiform, eine schöne Geschichte, die die Welt mit Kinderaugen zeigt. Der Vater des kleinen Mädchens hofft und wünscht für seine Tochter. Er will sie glücklich sehen. In diesem Jahr haben wir wieder Schnee auch in Flachland. Da freuen sich die Kinder und auch ich, da ich die Winterlandschaft schön finde.

 

Sehr gern gelesen. Lieben Gruß Darkjuls

  • Schön 1
Geschrieben

Hallo Carlos,

danke fürs aufmerksame lesen, hab ich korrigiert und selbst noch einen Fehler gefunden. 

Du hast recht, das Bild lenkte nur ab und ich habe es entfernt. Danke für den Hinweis!

das schöne an solch einer Geschichte ist, das sie schnell Zugang zum Leser findet, weil die Situation mehr oder weniger jeder kennt. Jedenfalls da, wo es Schnee gibt oder früher mal gab...:wink:


Dankeschön! :smile:

Hallo Sonja,

vor 20 Stunden schrieb Sonja Pistracher:

o haben wir uns damit gegenseitig "beschneit"

besser als nichts, wir könne uns hier aktuell nur Sand um die Ohren hauen. Ein bisschen Schneeschüppen würde meiner Coronafigur auch schon gut tun...:whistling:

 

Dankeschön! :smile:

Hallo Josina,

vor 19 Stunden schrieb Josina:

meinen 5-jährigen Enkel zum Trost vorlesen. Er ist im Moment etwas traurig, da es an vielen Orten in Spanien schneit.

der Arme, ich kann ihn verstehen!
Ich hoffe er versteht die Geschichte auch. Ich habe sie jetzt nicht bewusst Kind oder Kleinkindgerecht geschrieben. Für ein Kleinkind müsste ich die Bilder wohl noch vereinfachen.  Danke für diese schöne Kompliment!
 

Dankeschön! :smile:

Hallo Darkjuls,

vor 12 Stunden schrieb Darkjuls:

Da freuen sich die Kinder und auch ich, da ich die Winterlandschaft schön finde.

das freut mich für euch. Genießt es, solange ihr könnt!

Dankeschön! :smile:

Einen großen und herzlichen Dank für euren Besuch und die schönen und zahlreichen Kommentare!
Dankeschön! :smile:
@Carlos@Sonja Pistracher@Josina@Darkjuls@anais@Nicolas McLenny@Gina@Sternwanderer@Berthold

 

Grüßend Freiform











 

 

Geschrieben (bearbeitet)

 

 

Moin,Freiform

Ich werde deine Geschichte, meinen Enkel, 

Kind gerecht vermitteln.

Das mache ich auch mit unseren deutschen Märchen, die ja oft stellenweise sehr gruselig sind!

HG Josina

 

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