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liebes schmuddelkind!

 

hey, was für ein spannendes gedicht!  es kommt so unschuldig und einfach daher, indem hier von zwei tropfen die rede ist, die dem wasserkreislauf folgen. aber durch die letzten beiden verse bekommt das ganze gedicht eine tiefe weisheit. gefällt mir sehr gut!

 

zuerst spielst du mit dem gedanken, dass zwei einzelne tropfen in einem meer von wasser völlig bedeutungslos erscheinen. das implizierst du nicht nur mit der menge, sondern auch mit den kurzen zeitspannen, in denen die tropfen verschwinden bzw. für ihren fall, also im großen und ganzen doch eher unbedeutende zeiträume im gegensatz zur unendlichkeit eines meeres. und doch bedeutet ihr verschmelzen mit dem meer einen beitrag zur schaffung einer mächtigen und kraftvollen einheit, der die tropfen nun angehören. damit gewinnen auch die beiden tropfen an bedeutung, denn letztlich gäbe es kein meer, wenn es nicht jeden einzelnen tropfen davon gäbe. übertragen: auch wir menschen fühlen uns oftmals unbedeutend und schwach, wenn wir allein sind, aber gemeinsam mit anderen menschen, zusammen mit unseren freunden, können wir oft viel mehr erreichen und fühlen uns stärker.

 

das kleine kind, welches innerhalb dieser zeitspanne die wunder zählt, die entstehen, symbolisiert hier für mich die menschheit, die der natur und ihren wundern staunend gegenübersteht, sie zu verstehen versucht. zuerst empfand ich diese zeilen als sehr liebevoll und positiv, da das kind in diesem simplen vorgang wunder finden kann.

 

doch dann kam mir ein anderer gedanke: das kind steht nicht nur einfach da und beobachtet die wunder und erfreut sich daran, sondern zählt sie. ja, so sind wir menschen wohl, wir neigen dazu, alles zu messen und zu zählen, wissenschaftlich erklären zu wollen und in uns vertrauten größenordnungen zu erfassen, damit wir mit wundern leichter umgehen können. so könnte es auch sein, dass das kind hier gar keine wunder mehr sieht. es zählt dann also null. vielleicht, weil schon alle wunder erforscht, hinterfragt und aufgeklärt und alle mystik, alle geheimnisse der natur gelüftet sind. vielleicht hat das kind auch den blick für wunder verloren, weil es nur auf das zählen ausgerichtet ist. was wirklich irgendwie traurig wäre. so kann ich also die letzten zwei zeilen positiv oder eher pessimistisch lesen und dem gedicht damit jeweils eine andere bedeutung geben. sehr raffiniert gemacht, liebes schmuddelkind. :thumbup:

 

liebe grüße

sofakatze

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  • 1 Monat später...

Vielen Dank, ihr Lieben, für eure Gedanken zum Gedicht!:smile:

 

Ein besonders dickes Dankeschön dabei an sofakatze für deinen ausführlichen Kommentar, der mehr zum Gedicht beiträgt, als wohl meine Gedanken.:scared:

 

Am 13.1.2021 um 16:42 schrieb Sonja Pistracher:

Echt schön - das sind wirklich Gedanken, die man sich einprägen möchte.

Danke, Sonja.:smile:

Deinen Kommentar werde ich auch so schnell nicht vergessen.:grin:

 

Am 13.1.2021 um 19:38 schrieb Darkjuls:

Klasse Schmuddelkind!

Auch dir lieben Dank, Darkjuls!:smile:

 

Am 14.1.2021 um 21:29 schrieb sofakatze:

es kommt so unschuldig und einfach daher, indem hier von zwei tropfen die rede ist, die dem wasserkreislauf folgen. aber durch die letzten beiden verse bekommt das ganze gedicht eine tiefe weisheit. gefällt mir sehr gut!

Unschuldig und einfach komme ich ohnehin gerne daher; Weisheiten werden dabei aber höchst selten produziert - wenn, dann wohl eher aus Versehen. Schön, dass du in dem Gedicht eine solche Weisheit aufgespürt hast, liebe sofakatze.:grin:

 

Am 14.1.2021 um 21:29 schrieb sofakatze:

zuerst spielst du mit dem gedanken, dass zwei einzelne tropfen in einem meer von wasser völlig bedeutungslos erscheinen. das implizierst du nicht nur mit der menge, sondern auch mit den kurzen zeitspannen, in denen die tropfen verschwinden bzw. für ihren fall, also im großen und ganzen doch eher unbedeutende zeiträume im gegensatz zur unendlichkeit eines meeres.

Schön, wie du die scheinbare Bedeutungslosigkeit des Vorgangs herausgestellt hast und ja - diese sprachlichen Mittel standen mir dabei zur Verfügung und da musste ich sie nutzen. Denke auch, dass in dem Gedicht die Reihenfolge eine große Rolle spielt. Ich erzähle den Vorgang ja quasi "rückwärts", sodass in der ersten Strophe nur die unscheinbare Konsequenz eines größeren Ganzen zu sehen ist.

 

Ich fühle mich generell oft zu Geschichten und Gedichten hingezogen, in denen jemand mehr hinter dem Unscheinbaren sieht - oft sind es Kinder, wohl nicht ganz zufällig, weil sie einen viel "reineren", von Interessen, Werten und Annahmen der Vergesellschaftung ausgenommenen Blick auf die Welt haben. Daher kann ich auch durchaus dem Ausspruch Jesu Einiges abgewinnen: "Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen."

 

Am 14.1.2021 um 21:29 schrieb sofakatze:

und doch bedeutet ihr verschmelzen mit dem meer einen beitrag zur schaffung einer mächtigen und kraftvollen einheit, der die tropfen nun angehören. damit gewinnen auch die beiden tropfen an bedeutung, denn letztlich gäbe es kein meer, wenn es nicht jeden einzelnen tropfen davon gäbe. übertragen: auch wir menschen fühlen uns oftmals unbedeutend und schwach, wenn wir allein sind, aber gemeinsam mit anderen menschen, zusammen mit unseren freunden, können wir oft viel mehr erreichen und fühlen uns stärker.

Wow! Was du alles in dem Text findest! Macht durchaus Sinn, deine Übertragung des Bildes auf das Leben: Einer Gemeinschaft anzugehören, die einem Kontext, Sinn und ein Gefühl der Zugehörigkeit gibt, stärkt auch den Einzelnen. Man darf nur nicht aufpassen, dass man dabei komplett in der Gesellschaft verschwindet - so gesehen wäre vielleicht das Bild mit den Tropfen ein wenig schief, weil sie ja im Meer nicht mehr wahrnehmbar sind. Andererseits bedeutet diese mangelnde Wahrnehmbarkeit ja nicht die Auflösung des Individuums. Der Tropfen ist ja nur von außen nicht mehr wahrzunehmen. Hätte er ein Bewusstsein, würde er wohl immernoch sagen: "Ich bin hier."

 

Am 14.1.2021 um 21:29 schrieb sofakatze:

das kleine kind, welches innerhalb dieser zeitspanne die wunder zählt, die entstehen, symbolisiert hier für mich die menschheit, die der natur und ihren wundern staunend gegenübersteht, sie zu verstehen versucht.

Schöne Symbolik, die du da aufspannst. Ja, Kinder haben eben noch diesen ungeheuren Wissensdurst, der leider nicht selten in der Schule abhanden kommt. Insofern könnte man vielleicht auch sagen, dass das Kind diesen Drang, die Welt zu verstehen ebenso repräsentiert, wie die Entwertung des Wissens durch den Pragmatismus unserer Gesellschaft, der Wissen immer nur im Kontext von Anwendbarkeit sieht, statt das Lernen selbst als ein freudvolles und nicht zuletzt auch ästhetisches Erlebnis zu begreifen.

 

Am 14.1.2021 um 21:29 schrieb sofakatze:

das kind steht nicht nur einfach da und beobachtet die wunder und erfreut sich daran, sondern zählt sie. ja, so sind wir menschen wohl, wir neigen dazu, alles zu messen und zu zählen, wissenschaftlich erklären zu wollen und in uns vertrauten größenordnungen zu erfassen, damit wir mit wundern leichter umgehen können.

Das würde dann wohl noch weiter in diese Richtung gehen. Wenn alles, was in der Welt von Bedeutungs sein soll, als messbar erklärt wird, welchen Platz haben dann unmittelbare Formen des Wissens wie Poesie, Liebe und Staunen noch?

 

Am 14.1.2021 um 21:29 schrieb sofakatze:

es zählt dann also null. vielleicht, weil schon alle wunder erforscht, hinterfragt und aufgeklärt und alle mystik, alle geheimnisse der natur gelüftet sind. vielleicht hat das kind auch den blick für wunder verloren, weil es nur auf das zählen ausgerichtet ist.

Wenn das Kind bereits zur Schule gegangen ist, kann man wohl leider fast schon davon ausgehen. :sad:

 

Am 14.1.2021 um 21:29 schrieb sofakatze:

sehr raffiniert gemacht, liebes schmuddelkind.

Raffiniert? Ich wuchs in einer Ölraffinerie auf - da lernt man die Tiefen der Lyrik kennen.:wink:

 

LG

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