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abertausend sternensplitter
funkeln blendend auf dem rasen
mitleidlose winde blasen
durch die lüfte silberglitter

auch die äste dieser linde
sind schon lange weißgeeist
sonnenlichtgebadet gleißt
heut sogar die graue rinde

zwischen zweigen, kaum zu sehen
hockt erstarrt ein stiller gast
seine krallen tief im ast
stumm erträgt er alles wehen

sein herz schlägt gleich dem lahmen flügel: langsam, schwer und kalt
er träumt sich weg, weit weg vom winter, träumt sich einen halt:

in der wolkenlosen bläue
fliegt er hin zu sommertagen
sanften strömen, die ihn tragen
anvertraut, ganz ohne reue

durch der linde sattes grün
flammt am stamm ein warmes blitzen
loht bis in die flügelspitzen
lässt ihm herz und federn glühn

aus dem schnabel in rosé
dringt sein zwitschern zu den bäumen
außerhalb von schönen träumen
liegt ein vogel tot im schnee

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Liebe @sofakatze - Da nicht sehr viel von dir (leider) hier zu lesen ist, habe ich mich sehr gefreut über diese Zeilen.

Wenn der Winter mit all seiner Allmacht über das Land fegt, dann ist es vor allem für Vögel, die dem Frühling schon geneigter sind, eine unerwartete und äußerst herausfordende Zeit, sich diesem nochmals zu ergeben. Ergeben zu müssen. Darum verstehe ich den Traum des kleinen Vogels so gut, der angeeist noch gegen Wind und Wetter kämpft, während er bereits im Kopf die Wärme und Geborgenheit des erblühenden Frühlings in sich trägt.

Tut richtig weh, wenn man dann zu deiner letzten Zeile kommt, die einem die Willkür der Natur vor Augen führt, der sich die Lebewesen unterordnen müssen. Ob sie wollen oder nicht. Vor allem so zarte Wesen.

Ganz besonders von dir in Worte gebunden. Sehr schön, doch auch sehr traurig.

Gute Nacht!

Sonja

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Hallo sofakatze,


ein trauriges Gedicht, so wie du es geschrieben hattest, jedoch auch ein
schönes.

Der Kampf Goliath Frost gegen David Spatz (Natur gegen Kreatur) endet eben
doch recht häufig mit einem Sieg für Goliath. Die Beschreibung der Kälte und
des vereisten Baumes finde ich großartig. 


Die zwei (ast?)langen Verse leiten über zu einer neuen Perspektive und haben
ihren eigenen Rhythmus.
Den 'Bläue-Reue'-Reim verstehe ich nicht so recht bzw. ich frage mich, wieso du
hier den Aspekt der 'Reue' etablierst?
("Gast", "Traum", "Reue." Anstelle des Vögelchens könnte hier natürlich auch ein
älterer, leicht übergewichtiger Herr kauern, der sich mühsam und verbissen an
den Ast des Lebens klammert. Hm?) :wink:


Die Vogeltraum-Strophen insgesamt finde ich auch sehr schön, lasse mich
unwillkürlich mittragen von den lichten, warmen Versen und werde in dem
Schlussvers abrupt in die kalte und traurige Realität zurückgeholt.


Ein schönes und emotionales Gedicht, wie ich finde. ☺️
Ich habe es sehr gern gelesen.


LG, Berthold 
 

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  • 4 Wochen später...

ihr lieben, vielen dank für eure antworten und entschuldigt bitte meine lange abwesenheit :hammer:

 

liebe sonja,

 

danke für deine schöne betrachtungsweise des gedichtes. der vogel im gedicht hat ja leider durch seinen gebrochenen flügel keine chance, dem winter zu entkommen. anders als wir menschen kann er nicht um hilfe bitten und ist dem wetter gnadenlos ausgesetzt, auch wenn die vogelarten hierzulande, die keine zugvögel sind, schon recht gut mit den temperaturen umgehen können. verletzte tiere haben aber meist keine chance.

 

mir ging es vor allem darum, darzustellen, dass dieses weiße wunderland, welches uns menschen gern mal verzaubert und in schwärmerei geraten lässt (meistens vom warmen sofa aus betrachtet) für tiere eine echte herausforderung darstellt, die diese zeit der nahrungsknappheit und kälte irgendwie überleben wollen.

 

gleichzeitig könnte man das gedicht auch als methapher betrachten. wenn man seine träume nicht lebt, kann es irgendwann vorbei sein (und darauf haben wir meistens nicht mal einfluss). danke nochmal, liebe sonja. :biggrin:

 

--------------------

 

liebe josina,

 

danke, dass du den emotionen im gedicht so folgen konntest. :grin:

 

-------------------

 

hallo freiform,

 

wenns keine poesie wäre, hätte es hier wohl auch nichts verloren. :wink: danke, dass du das gedicht so wertschätzt! :biggrin:  

 

-------------------

 

hallo berthold,

 

Am 9.2.2021 um 16:09 schrieb Berthold:

ein trauriges Gedicht, so wie du es geschrieben hattest, jedoch auch ein
schönes.

 

bei unserem letzten austausch hatte ich eigentlich ein anderes trauriges gedicht (über eine uhr) gemeint, welches ich noch nicht gepostet habe. kommt noch.  aber erstmal vielen dank für deinen ausführlichen kommentar und das gefallen am gedicht. :smile:

 

Am 9.2.2021 um 16:09 schrieb Berthold:

Den 'Bläue-Reue'-Reim verstehe ich nicht so recht bzw. ich frage mich, wieso du
hier den Aspekt der 'Reue' etablierst?
("Gast", "Traum", "Reue." Anstelle des Vögelchens könnte hier natürlich auch ein
älterer, leicht übergewichtiger Herr kauern, der sich mühsam und verbissen an
den Ast des Lebens klammert. Hm?) :wink:

  

das hast du wunderbar erkannt, berthold. :thumbup: das gedicht ist auch im übertragenen sinne zu sehen. vielleicht nicht zwingend mit dem älteren, leicht übergewichtigen herrn besetzt :wink:, aber die reue ist durchaus ein punkt, der beachtenswert ist. es gibt befragungen von leuten in ihrer sterbestunde, ob sie etwas bereuen und dann sind es oft u. a. die nichtumsetzung von träumen, die bereut werden oder die unterlassung von handlungen, die das leben vermutlich anders (und vielleicht sogar glücklicher) gestaltet hätten. der vogel träumt sich davon in den sommer, reuelos. vielleicht hätte er aber im hier und jetzt bleiben müssen, um sich retten zu können. vielleicht hätte er eher wegfliegen sollen, als er noch die chance dazu hatte. so eine traumflucht heraus aus der realität - menschen machen das u. a. mit alkohol oder anderen suchtmitteln. 

 

 

danke nochmal an alle für eure tollen kommentare und likes :thumbsup:

 

liebe grüße

sofakatze

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