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Lass mich ein kleines bisschen sterben!


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dein vierzeiler ist wirklich sehr weit und vielfältig interpretierbar, liebes schmuddelkind. auf den ersten blick scheint es, dass man die verse voneinander getrennt betrachten muss und sie gar keine einheit bilden, wobei das, wenn es um scherben geht, ja auch irgendwie sinn machen würde. aber dann passen sie doch irgendwie zusammen, wie bei einem zerbrochenen teller die scherbenstücke auch noch irgendwie zusammenpassen, wenn man sie aneinander hält.

 

vor 9 Stunden schrieb Schmuddelkind:

Lass mich ein kleines bisschen sterben!

Dann komme ich zurück.

Die Welt liegt sowieso in Scherben.

Doch Scherben bringen Glück.

 

bei den ersten beiden zeilen kommt mir zunächst eine beziehungskiste in den sinn, ähnlich wie carlos es schon las. lass mich ein kleines bisschen sterben könnte *übersetzt* heißen: lass mir ein paar (sexuelle) freiheiten, lass mich auch mal ein erlebnis außerhalb unserer beziehung haben, dann komme ich (zu dir) zurück. die beziehungswelt der beiden definiert das LI eh als bereits kaputt und in scherben liegend, da könnte das ein letzter versuch sein, die verbindung neu zu definieren, ohne sie ganz aufzugeben. allerdings: wenn etwas zurückkommt, obwohl es bereits gestorben ist, drängt sich mir auch der gedanke an etwas zombihaftes, unnatürlich auf. vielleicht, weil so eine beziehung dann eine basis hätte, die zumindest ungewöhnlich ist. 

 

wieso bringen scherben eigentlich glück? vielleicht, weil man, wenn etwas kaputt ging, die chance auf einen neuanfang hat und nicht mehr gezwungen ist, am alten festzuhalten.

 

und so könnte ich deine verse auch in richtung umweltschutz deuten. die menschen müssen wahrscheinlich erst ein kleines bisschen sterben, müssen mit einem fuß schon im grab stehen, bevor sie sich überwinden können, etwas an ihrem verhalten zu ändern und einen neuanfang für die welt finden.

 

toll geschrieben und gern gelesen! :thumbup:

 

liebe grüße

sofakatze  

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Vielen lieben Dank für eure zahlreichen Beiträge zum Gedicht!:smile:

 

Am 16.3.2021 um 23:42 schrieb Gina:

Lieber Schmuddi,

wir können dich doch nicht gehen lassen, du würdest ein großes Loch reißen.

Du bringst uns ohne sterben, mit deinen Gedichten Glück.

Das ist aber liebst, Gina.:grin:

Keine Sorge! Ich habe gar nicht vor, irgendwelche Löcher zu reißen, aber letztendlich hat das ja jemand anders zu bestimmen. Allerdings denke ich nicht, dass der mich in nächster Zeit um sich haben will.:wink:

 

Am 16.3.2021 um 23:49 schrieb Carlos:

Hallo Schmuddelkind,

ein geistreicher Vierzeiler.

Verschiedenartig interpretierbar, als "kleiner Tod" zum Beispiel. Oder nur so.

Und dann die weltmännische Pointe

Vielen Dank, Carlos!

 

Für dein Lob, auch bezüglich der Pointe, aber auch für den Denkanstoß! Ich muss zugeben, dass ich selbst gar nicht wirklich wusste, was ich sagen wollte, als mir das Gedicht entglitten ist, aber daraus ergeben sich ja manchmal die interessantesten Gedanken, weil sie nicht der Selbstzensur unterliegen. Wenn ich allerdings unterbewusst irgendwelche Hintergedanken beim Schreiben hatte, dann glaube ich, dass sie am ehesten in die Richtung gingen, die sofakatze gegen Ende ihres ausführlichen Kommentars aufgezeigt hat:

 

Am 17.3.2021 um 09:05 schrieb sofakatze:

und so könnte ich deine verse auch in richtung umweltschutz deuten. die menschen müssen wahrscheinlich erst ein kleines bisschen sterben, müssen mit einem fuß schon im grab stehen, bevor sie sich überwinden können, etwas an ihrem verhalten zu ändern und einen neuanfang für die welt finden.

So etwas in der Art meine ich auch in dem Gedicht zu erkennen - mir scheint es sehr auf die Außenwelt bezogen zu sein und wie Vorgänge im Außen auf das innere Befinden wirken. Danke, liebe sofakatze, dass du diese Deutungsebene zusätzlich zu den eher auf das LI bezogenen Aspekten des Gedichts beleuchtet hast.

 

Vor dem Hintergrund erkenne ich am ehesten die Corona-Krise in dem Gedicht. Die Welt ist nicht mehr wiederzuerkennen, liegt in Scherben, in völliger Unordnung, was den Einzelnen in enormer Unsicherheit zurücklässt. Da mag man sich etwas Sicherheit ersehnen, Sicherheit, die man wohl dieser Tage nur im Tod finden kann. Allerdings will das LI nur "ein kleines bisschen sterben" - vielleicht nur ein vorläufiger Tod. Der Wunsch ist vielleicht nachvollziehbar: "Lasst mich einfach nur eine Weile "weg" sein, dieser Unsicherheit entkommen!"

 

In dem Zusammenhang fand ich aber auch einen anderen Gedanken von dir spannend:

 

Am 17.3.2021 um 09:05 schrieb sofakatze:

wieso bringen scherben eigentlich glück? vielleicht, weil man, wenn etwas kaputt ging, die chance auf einen neuanfang hat und nicht mehr gezwungen ist, am alten festzuhalten.

Das ist eine kluge Schlussfolgerung und ein schöner, tröstender Gedanke. Auch dies mag vielleicht auf die Corona-Krise übertragbar sein. Irgendetwas kommt danach. Und die Welt wird gewiss eine andere sein, vielleicht in manchen Belangen eine bessere Welt. Manchmal muss man die Welt zerschlagen, um sie neu sortieren zu können. Zumindest hoffe ich, dass dies ein positiver Effekt der Krise sein kann, zumindest aber ist diese Hoffnung ein Trost inmitten der Unsicherheit.

 

Am 17.3.2021 um 09:05 schrieb sofakatze:

auf den ersten blick scheint es, dass man die verse voneinander getrennt betrachten muss und sie gar keine einheit bilden, wobei das, wenn es um scherben geht, ja auch irgendwie sinn machen würde. aber dann passen sie doch irgendwie zusammen, wie bei einem zerbrochenen teller die scherbenstücke auch noch irgendwie zusammenpassen, wenn man sie aneinander hält.

Auch für diese interessante Beobachtung möchte ich dir sehr danken. Stimmt - irgendwie ein Ganzes aus Teilen oder viele Teile eines Ganzen. Vielleicht zwingt uns ja auch die gegenwärtige Situation zu einem fragmentarischeren Denken. Auf der anderen Seite gibt die Krise uns aber auch Gelegenheit, uns zurückzuziehen und die Welt aus größerem Abstand und daher ganzheitlicher zu betrachten.

 

Am 17.3.2021 um 09:05 schrieb sofakatze:

bei den ersten beiden zeilen kommt mir zunächst eine beziehungskiste in den sinn, ähnlich wie carlos es schon las. lass mich ein kleines bisschen sterben könnte *übersetzt* heißen: lass mir ein paar (sexuelle) freiheiten, lass mich auch mal ein erlebnis außerhalb unserer beziehung haben, dann komme ich (zu dir) zurück. die beziehungswelt der beiden definiert das LI eh als bereits kaputt und in scherben liegend, da könnte das ein letzter versuch sein, die verbindung neu zu definieren, ohne sie ganz aufzugeben. allerdings: wenn etwas zurückkommt, obwohl es bereits gestorben ist, drängt sich mir auch der gedanke an etwas zombihaftes, unnatürlich auf. vielleicht, weil so eine beziehung dann eine basis hätte, die zumindest ungewöhnlich ist.

Zwar hätte ich in diese Richtung nicht unbedingt gedacht, aber auch diese Deutung, die Carlos in den Blick genommen hat und du weitergedacht hast, lässt sich auf das Gedicht übertragen. Ist schon spannend, wieviel man oft in Literatur erkennt, umso mehr, wenn man der Autor ist und einem beim Schreiben gar nicht so bewusst war, worüber man da schreibt.

 

Jedenfalls möchte ich dir ganz besonders danken, liebe sofakatze, dass du dir so viel Zeit genommen und Mühe gemacht hast, um dieses Gedicht so genau und facettenreich zu betrachten.:thumbup:

 

Am 17.3.2021 um 08:32 schrieb krampus.schatten:

Lieber @Schmuddelkind!

Ein toll gereimtes, kleines und kurzes Gedichtlein!

 

Hat sich sehr schön gereimt!

Vielen Dank, lieber Krampus!:smile:

 

Ohne Reime

bleib daheime!:wink:

 

LG

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