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I

 

Stille wars und dunkle Nacht,

aus der Ecke hat´s gelacht

und ein jeder hat gedacht:

da wurd´ jemand umgebracht.

 

Niemand aber ward geseh´n,

nur ein einz´ger Schatten steh´n,

nur ein einz´ger Mensch langgeh´n,

das war gar nicht zu versteh´n.

 

Eine kleine alte Dame,

Bernadette war ihr Name,

schlich alleine durch die Straße,

stellte sich dieselbe Frage,

 

ob das Lachen, das da tönte,

das ihr an die Ohren dröhnte,

wahrlich auch ein Schrei sein könnte,

dass ein kleines Mädchen stöhnte?

 

Dieses schreckenvolle Lachen

hört man erst ganz leise rascheln,

danach um die Ecke krachen,

und sie fragt sich: wird sie´s schaffen,

 

kann sie noch ihr Heim erreichen,

hinten an den großen Teichen,

schließlich aber muss sie zweifeln,

kann nicht diesen Schrei begreifen.

 

Plözlich wird das Lachen lauter,

wird nun etwas mehr genauer,

und die Stimme wird vertrauter,

endlich packt sie nun ein Schauder;

 

gräulich schallt es durch die Straßen,

wie ein Heulen, wie ein Klagen,

überall sind plötzlich Schatten,

überall da heulen Ratten;

 

und nach einer kurzen Weile

hört sie nur noch laute Schreie,

und aus einer Bibel Teile

betet sie noch eine Zeile,

 

bis sie sich so sehr erschrickt,

dass sie nicht mehr richtig tickt,

nur noch furchtsam um sich blickt,

endlich auf die Kniee knickt

und dann umfällt und erstickt.

 

II

 

Durch die Straßen läuft ein Herr

und auch er beeilt sich sehr,

letztlich aber fällt´s ihm schwer:

"Wenn nur nicht dies Lachen wär"!

 

Und auch er hört diese Stimmen,

die ganz tief in ihn eindringen,

"Klingt es, wie ein schiefes Singen?",

und auch ihn wird es umbringen.

 

Seine Schritte werden schneller,

das Gelächter wird nun heller,

dringt hervor, und immer greller,

irgendwo aus einem Keller.

 

Ja wie er so schnelle rennt,

ist´s, dass er dies Lachen kennt,

oder ist er so gelähmt,

dass er seinen Lauf nicht zähmt;

 

konnt´ es sein, dass er doch dachte,

dass er wusste, wer da lachte,

dass es seine Seele packte,

dass ihn alles dies umbrachte?

 

Seine Blicke auf der Suche

nach der Stimme, die da rufe,

die ihn immerzu besuche,

die ihn schon wieder verfluche,

 

rannte er, ihr zu entkommen,

doch die Zeit ward schon zerronnen,

wurd´ das Leben ihm genommen,

ehe er es noch gewonnen.

 

Wohin er sich denn auch drehte,

seine Schritte hinbewegte,

überall die Stimme schwebte,

überall der Wind rumfegte;

 

ja die Töne, die vordrangen,

die ihm so vertraute klangen,

hörten sich jetzt an wie Schlangen,

die an Tannen um ihn hangen.

 

Er bleibt steh´n, hält sich das Herz,

leidet dabei größten Schmerz,

letztlich ging´s für ihn abwärts,

mittendrin, im frühen März.

 

Endlich fällt er auf die Knie,

aufsteh´n tut er nunmehr nie,

und die Blume die gedieh,

wo er auf die Kniee fiel,

fraß derletzt das liebe Vieh.

 

III

 

In dem Dunkel, in den Straßen,

sieht man einen kleinen Schatten,

sieht ihn neben all den Ratten,

die wir vorhin schon mal hatten;

 

sieht man einen Jungen springen,

hört ihn frohe Lieder singen,

sieht man ihn den Berg erklimmen,

hört man seine Stimme klingen,

 

sieht man deutlich, wie er lacht,

wie ihm´s Spielen Freude macht,

und man hätte nicht gedacht,

dass er jemand umgebracht.

 

Geht man in den Straßen weiter,

ist die Stimme erst noch heiter,

langsam wird das Lachen breiter,

langsam wird es nicht mehr greifbar;

 

und dadurch des Lichtes Schein,

ist der Schatten erst noch klein,

klingt die Stimme erst noch fein

und das Echo ist noch rein.

 

So nach etwa hundert Schritten,

ganz normalen Fußes Tritten,

denkt man: da wird doch gestritten,

da hat jemand derb gelitten;

 

hört man kein Gelächter mehr,

werden dann die Töne schwer,

klingt es wie beim Militär,

wie ein Schuss mit dem Gewehr;

 

und der Schatten, der wird größer,

breiter, dicker und auch höher,

überzieht den ganzen Körper,

und der leidet immer derber.

 

So beraubt des Lichtes Wärme,

von dem Klange nun im Lärme,

ist es nicht, dass man noch schwärme,

dass man auf der Welt sein dürfe,

 

fängt man plötzlich an zu frieren,

seine Sinne zu verlieren,

fängt an sich zu ruinieren,

endlich zu eleminieren;

 

sieht man dann sein Spiegelbild,

wie es so in sich zerfällt:

so, wie du das kind gequält,

so siehst du dich dann entstellt,

 

siehst du keinen kleinen Jungen,

wie er einst so froh gesprungen,

ins Gelände vorgedrungen,

und der dabei schön gesungen,

 

siehst kein Kind mehr spiel´n und lachen,

keine lust´gen Faxen machen,

überall sind plötzlich Drachen,

immerzu musst du dann wachen:

sie woll´n dir den Garaus machen.

 

RS

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