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Geschrieben am

Trittbrettfahrer
 

Durch die Schlieren der Zuckerwatte
und mit weißverklebtem Mund
sah sie, dass er Klasse hatte,
gespornte Cowboystiefel und

den Ruch, den man als Mann so braucht,
wenn man Trittbrettfahrer ist.
Den Duft der weiten Welt verraucht
und meistens nur im Freien pisst.

 

Die Watte wurde ihr zum Schleier,
als er ihren Chip kassierte.
Vom Kinderkarussell die Leier
spielte, als er sie verführte

 

zum ersten Kuss dort zwischen Pferden
und stinkenden Urinkabinen.
Sie war die Glücklichste auf Erden
am Mittwoch bei den Zugmaschinen

von der Himalayabahn. Wolkenberge
schienen wirklich leis zu lachen
unterm Blick der Sieben Zwerge:
Dort ließ sie ein Kind sich machen.

 

Selbst ist sie nun Zugmaschine
nach zehn Monden (keinem mehr!).
Tuckert mit dem Kind Sabine
jedes Volksfest wieder her.

 

Sie sucht den, der Klasse hatte,
während sie ihr Kind fest hält.
Und die beiden schlecken Watte
zum dritten Bier im Lieblingszelt.

 

Hinter süßer Zuckerwatte
gerinnt Erinn'rung bitterzart
an den Mann, der Klasse hatte
doch Trittbrett nun woanders fahrt.

  • Gefällt mir 2
  • Danke 1
Geschrieben

Hallo Sternenherz,
Ich denke, ein "leichtes" Mädchen war das LI nicht, eher etwas naiv, aber das kommt vor, wenn einem die "Zuckerwatte" der Liebe die Sinne vernebelt. 😉
Bleibt nur zu hoffen, dass es die Sehnsucht nach diesem "Trittbrettfahrer" bald los wird und sich für ihr Kind dem Leben stellt.
Genug der "neunmal klugen" Worte, ich habe mich gern an die unbeschwerte Zeit am Autoscooter etc. erinnert.
LG
Perry

  • Danke 1
Geschrieben

Liebes Sternenherz,

 

du hast  eine so fantastische, tiefe atmosphärische und zugleich tieftraurige Geschichte erfunden und geschrieben, und so tolle Metaphern gefunden, dass ich heulen könnte, weil du sie  in dieses zwangsgereimte metrisch gewürgte  Korsett gezwängt hast.

Ich weiß ja nach meiner kurzen Verweildauer im Forum, dass die meisten der  Leser hier  das nicht stört, weil sie nur den Inhalt bewerten und weniger die Form. Was ich einfach nicht kapieren kann ist; wenn ich mich schon freiwillig diesem Zwang unterwerfe, einen Text in ein Format zu pressen, weshalb sollte es dann nicht au passen? Weshalb sagt man dann, dass es nach dem Bauchgefühl schon ginge, man müsse nur richtig betonen?  Nein, es geht eben nicht. Der Leser weiß nicht, wie der Autor es sich im stillen Kämmerlein vorgesungen hat. Er muss dem Versmaß vertrauen, das der Autor ihm vorgegeben hat. Also gerät er ständig ins Stolpern, versucht, wieder reinzukommen und ärgert sich dann noch über solch furchtbaren Zwangseime wie:

 

Selbst ist sie nun Zugmaschine
Tuckert mit dem Kind Sabine

 

oder wie:

 


gerinnt Erinn'rung bitterzart
an den Mann, der Klasse hatte
doch Trittbrett nun woanders fahrt.

 

 

Was müsste ich tun, um dich davon zu überzeugen, dass gerade dieser Text in freier Form geschrieben, ein Juwel sein könnte?  So ein wunderbares Stück.

 

VG, Marvin

 


 

 

 

  • wow... 1
Geschrieben

Lieber Herbert Kaiser, lieber Perry, lieber Marvin,

 

Danke für Euren Besuch auf dem Rummel und diese kleine tragische Geschichte, wie sie sich wohl tausendfach ähnlich beständig ereignet.

 

LIeber Herbert ,

in Wien war ich noch nicht - werde dies aber noch nachholen. Schön , wenn meine Zeilen Dich an den Prater erinnern können. Gestern habe ich darüber nachgedacht, warum es leichte Mädchen und schwere Jungs gibt 😉 . Die Frau aus der Geschichte war kein leichtes Mädchen - auch wenn es so scheint.

 

Hallo Perry
- ja, die Zuckerwatte zählt zusammen mit der rosaroten Brille u.a. zu den Accessoires, die eineN benebeln können.

Wovon war die junge Frau in dem Gedicht so getriggert - denn die Sporen und das Rauchen der Peter Stuyvesant waren es wohl eher nicht? Vermutlich stand ihr der Mann synonym für Freiheit.

Und frei war er ja nach dem Abenteuer auch. Während er weiterzog, hatte die junge Frau ein Kind für den Rest ihres Lebens.


Ja - Autoscooter waren mithin das Schönste auf den Dulten, Gäubodenfesten und Plärrern und wie sie alle geheißen haben mögen.

Was mich persönlich dem Gedicht noch mehr verbindet, ist es, dass eine meiner Tanten einen Schausteller geheiratet hat und ich so in den - fragwürdigen - Genuß kam, als Teenager Karten an der Himalayabahn zu verkaufen und das Leben des "fahrenden Volkes" sozusagen von innen erleben konnte. Ein hartes Brot!

Lieber Marvin,

 

vielen Dank für diese Würdigung!

 

Am 16.3.2023 um 18:23 schrieb Marvin:

du hast  eine so fantastische, tiefe atmosphärische und zugleich tieftraurige Geschichte erfunden und geschrieben, und so tolle Metaphern gefunden, dass ich heulen könnte, weil du sie  in dieses zwangsgereimte metrisch gewürgte  Korsett gezwängt hast.


Ja, es stimmt, da ist viel Zwangsgereimtes drinnen - Deine Beispiele zeigen es auf.

Da ich in einige Reime recht vernarrt bin, würde es vllt. schwer, dies Werk umzuschreiben.
Vllt. wird das noch .

 

liebe Grüße

 

Sternenherz

 

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