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20.04.1981

Zahn der Zeit

 

Was ist das nur für eine Zeit?

Sie ist nicht hinter mir,

Ich sitze in ihr fest.

Und der mächtigste Teil steht noch bevor!

 

Am Anfang war die Zeit ein bunter Traum,

Umspielte mich wie ihren Liebsten.

Und ich? Ich wollte mehr, viel mehr!

Ich konnte nie genug von ihr bekommen.

 

Die Zeit ist eine Droge.

Sie hat mich betrogen, bitterlich betrogen!

Jetzt bin ich süchtig

Und sie schlägt plötzlich auf mich ein.

 

Auf einmal wacht sie auf, die Zeit,

Und reißt mich mit in ihrem Strudel,

In diesem Teufelskreis,

Der ins Verderben führt.

 

Aber warum? Ich flehe, ich schreie sie an.

Doch die Zeit bleibt kalt.

Ich mache einen Schlag ins Wasser,

Sie einen in mein Gesicht.

 

Ich suche einen Ausweg, nur – wo find ich ihn?

Die Zeit wird immer wilder und brutaler.

Mich packen und zerreißen Angst und Wut

Und, mich übermannend, blinder Zorn.

 

Da sehe ich ein Messer, wie es in der Sonne blinkt.

Ich packe es! Ich steche ein auf diese Zeit!

Ein gellender Schrei entfährt meiner Kehle.

Mein Atem wird ruhig und tief.

 

Mein Leben beginnt – ich erwache.

 

S. Athmos Welakis

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hallo athmos,

 

scheint so, als wäre die zeit eine ziemlich narzisstische bitch. vielleicht auch noch borderlinerin. dein gedicht klingt wie ein wirrer traum, aus dem das LI nur erwacht, indem es ihn aktiv beendet. dies geschieht durch selbsttötung, um den klauen der zeit entkommen und im wirklichen leben erwachen zu können. ein interessanter gedanke.

 

gern gelesen und mitgeträumt. :grin:

 

liebe grüße

sofakatze

 

ps: oder das LI hat einfach nur einen sonnenstich erlitten ... :wink:

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@sofakatze

 

Liebe sofakatze,

 

Du bringst den Inhalt gnadenlos auf den Punkt:

vor 23 Minuten schrieb sofakatze:

scheint so, als wäre die zeit eine ziemlich narzistische bitch. vielleicht auch noch borderlinerin.

Das ist eine sehr klare und zutreffende Charakterisierung. 👍 Sehr gut formuliert.

 

Allerdings beschreibe ich eine wirre Realität, und die Zeit hat nur überlebt, weil der Akt ihrer Tötung auf die lyrische Ebene beschränkt war ...

"Zahn der Zeit" ist das dritte Gedicht eines kleinen Roten Fadens, den ich gerade spanne, und der mit "Menschenkein" und "GEWALT" begonnen hat. Die damalige symbolische Abschlachtung der (vergangenen) Zeit eröffnete mir eine Art Neubeginn.

 

Das ist mein erstes Gedicht und ich freue mich, dass es Dir gefallen konnte,

vor 23 Minuten schrieb sofakatze:

ein interessanter gedanke

ist.

 

Liebe Grüße,

Athmos

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Lieber Athmos 

Ich hatte auch schon das Gefühl die Zeit zerrinnt mir zwischen den Fingern.

Alt werden ist nichts für Anfänger, hard core.

Als Jugendliche fühlten wir uns unsterblich und unbesiegbar, irgendwann wird man dann leider mit dem Tod konfrontiert.

Was für ein Glück, dass wir an jedem einzelnen Tag neu anfangen und das JETZT erleben und genießen können.

Vergangenheit und Zukunft existieren nicht, nur in unseren Köpfen. 

Der Schluss Deines Gedichtes macht dann auch wieder Mut, "ich erwache" trifft es genau. 

LG Jan 

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Lieber Athmos, ich selbst empfinde die Zeit als gnadenlos, wenn sie mir zu lang wird, ich in einer schwierigen Situation bin. Sie scheint sich auszuweiten und ich suche nach einer Möglichkeit, sie voranzutreiben, denn ich möchte, dass sie schnell vergeht. Doch sie schreitet bedächtig und unbeeindruckt voran. Als Kind war die Zeit mein Freund und ich war in ihr unbeschwert unterwegs, sah gespannt jedem neuen Tag entgegen. Als Jugendliche konnte mir die Zeit schon lang werden und ich fieberte dem Erwachsensein entgegen. Wer glücklich ist, dem schlägt ja bekanntlich keine Stunde. Im Erwachsenenalter empfinde ich die Zeit nicht mehr als Freund. Sie scheint mir wegzulaufen. In Deinem Gedicht kehrt sich die Situation um und die Zeit wird zum Feindbild. Das LI sticht letztlich auf den Feind ein. Ich lese heraus, dass das LI auf sich selbst einsticht. Denn nach dem Stich entfährt ein greller Schrei der Kehle des LI. Das Messer scheint der Ausweg zu sein, ein Wink des Schicksals. Letztlich ist die Zeit immer dieselbe und sie schreitet im gleichen Tempo voran, wie immer. Wir betrachten sie nur aus verschiedenen Blickwinkeln. Wenn uns klar wird, dass wir es sind, die unsere Lebenszeit bewusst ausfüllen können, stehen wir mit der Zeit nicht mehr auf dem Kriegsfuß. Wir haben alle nur ein Leben und begrenzte Zeit, doch wie wir unser Leben gestalten, liegt bei uns. Der Kampf, den wir gegen uns selber führen, hat ein Ende, sobald wir uns dessen bewusst sind. Jeder Moment will gelebt werden. Wer immer nur der Zeit nachrennt, verschwendet sein Leben. Der Zahn der Zeit, er nagt an uns, wir werden älter, erfahrener und vor allem gelassener. Jedes Alter hat seine Vorzüge. Die Zeiten ändern sich. Es kommt immer auf unsere Sicht auf die Dinge an. Wenn uns früher etwas nicht schnell genug ging, haben wir heute die nötige Gelassenheit und Ruhe. Alles hat seine Zeit. Ich denke nicht, dass die Zeit bösartig oder schlecht ist. Es ist, was der Mensch daraus macht. Wenn also eine neue Zeit für uns anbricht, ändert sich Grundlegendes in unserer Sichtweise, aber nichts an dem Lauf der Zeit. Ich erwache, bedeutet meiner Meinung nach, dass das LI erkannt hat, dass es entscheidend ist, die kostbare Zeit sinnvoll zu nutzen. 

 

Dein Gedicht gibt mir Gelegenheit, auch über mein Leben und die Sichtweise im Bezug auf das Fortschreiten der Zeit nachzudenken. 

 

Herzlichst Juls

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@Darkjuls, @Jan Fischer

 

Lieber Jan,

danke für die positiven Aspekte, die Du siehst.

vor 45 Minuten schrieb Jan Fischer:

Vergangenheit und Zukunft existieren nicht, nur in unseren Köpfen.

Wohl dem der das wirklich umsetzen kann.

 

Liebe Julie,

in der Zeit erkennst Du nicht Täter und Opfer, sondern den Überbringer, der im Gedicht für seine Nachricht abgestochen wird. Allerdings lässt sie auch das kalt ...

Die Zeit ist hier die Stellvertreterin für alle Ereignisse in ihr.

 

Liebe Grüße,

Athmos

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