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Feedback jeder Art 15 Minuten

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  • gummibaum
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Einmal ging ihr der Sohn verloren, er war 7 Jahre alt. Für 15 Minuten dachte sie, er wäre für immer fort.
-
Ein Sommertag. Ein Stadtteilfest im Szeneviertel der Stadt. Die Kapelle spielt Klezmer. Tanzen und lachen gemeinsam, nebeneinander. Durcheinander.
Der alte Fußball zwischen schnellen staubigen Kinderschuhen - hin und her. Auf engem Raum vor der Bühne das hart erkämpfte Spielfeld, mitten zwischen den tanzenden Erwachsenen. Hitzige Rufe aus kleinen Kehlen, auf den Stimmbruch wartend.
Der Sohn der einzig 
blonde 
Lockenkopf.
Daher gut zu erkennen, auch aus der Ferne.
Und doch.
Er ist plötzlich weg und die anderen spielen ohne ihn weiter, als wäre nichts geschehen.
 
Die Angst einer Mutter - Das Kind verloren zu 
haben -
Nein nicht auszudenken, geschweige denn zu ertragen.
Da der stinkende Kanal. Dort die laute vierspurige Verbindungsstraße. Hier die schwarzen Limousinen der Zuhälter mit ihren verdunkelten Scheiben. Dahinter: offene Hauseingänge heruntergekommener Altbauten in denen die Ratten 
lauern.
Und überall -
Menschen.
 
Nur der eine 
- kleine - 
nicht.
 
Sie sucht zunächst stumm. Ungläubig ihrem verlorenen Blick nicht trauen wollend.
Irgendwo wird er schon sein
Bitte Bitte nicht im Kanal
Dann ruft sie seinen Namen. Bahnt sich einen Weg durch die Menge.
Zur Bühne zum Kanal zur Straße zum Ausgangspunkt zurück.
Die kleine Tochter der Freundin in Obhut übergeben.
Suchend.
Herz klopfend.
Atmung eingeschnürt.
Panische Übelkeit.
Schiere Angst.
Dazu der Vorwurf.
Und der Gedanke an den Vater der Kinder.
Seine Vorwürfe.
Ihre Schuld.
Als ihre Kehle die ersten erstickten Schluchzer hervor drückt, steht er plötzlich da.
Hat sie gefunden.
Entrüstet
Aufgeregt
Und sie schließt ihn in ihre Arme.
Hört ihm zu, weil er erzählen muss:
Der andere Junge
Die Tankstelle
Die Schokoriegel
Das fehlende Geld
Die andere Mutter -
„Und dann hat sie ihm voll eine gescheuert weil sie ihn schon gesucht hat, Mama, aber das darf sie doch gar nicht!“
Sie vergräbt ihre Nase in seinen klebrig nassen Locken. Hört auf seine kleine bebende Stimme. Fühlt sein kleines pochendes Herz in ihrer Hand.
Und möchte ihn wirbeln.
Hochwerfen.
Jubeln und schreien.
Ihm fünf Schokoriegel kaufen gehen. Mindestens. 
Jetzt sofort.
 
Hallo @Missgunbar,
 
ich kann mich Teddybärs Worten nur anschließen. Sehr berührend. Ich hatte einen Kloß im Hals.
 
Wenn das geliebte Kind plötzlich verschwunden ist, verliert man den Boden unter den Füßen. 1000 Sachen gehen einem durch den Kopf. Ich kann mich da sehr gut hinein versetzten.
Das Glücksgefühl, wenn das Kind unbeschadet wieder da ist - dieses Glücksgefühl ist unbeschreiblich.  :heart:
 
Sehr gerne gelesen und mitgelitten.
 
LG
Moni
 
Guten Morgen @Teddybär und @Moni,
lieben Dank für eure Rückmeldungen. 
Die Thematik ist bestimmt vielen Eltern ein Begriff und ich freue mich, wenn ihr mitfühlen und fiebern konntet. 
Mir war allerdings wichtig, dem Leser von vornherein klar zu machen, dass das Kind wieder auftaucht.  Auch, weil ich es als Mutter selbst nur schwer ertragen kann, von einem möglicherweise endgültigen Verlust zu lesen. 
Ich wünsche euch einen schönen Morgen, lieben Dank auch für die Likes an @Zorri, @Stavanger, @Jutta S, @Vetula, @Darkjuls@Ralf T.
@Ponorist, @Donna, @Liara
 
Hallo @Missgunbar,
 
diese 15 Minuten möchte kein Mensch erleben müssen. 
Das Lesen des Textes hat mich so in die Angst und Verzweiflung mitgerissen, das mir ein wenig übel wurde
was nicht zuletzt der Formatierung geschuldet ist, die dir hier besonders gut gelungen ist.
Dadurch wurden execellent die Phasen der emotionalen Suche dar gestellt. 
 
Für mich ein toller Text, der von einem kleinen Wimperschlag lang dauernden unaufmerksamen Moment berichtet.
Ich habe immer noch Gänsehaut.
 
 
MfG
Monolith
 
Liebe Monolith,
 
 ich habe gehofft, dass die Einleitung diese Angst zumindest den Leser:innen ein wenig nimmt, so doch klar ist, das Kind taucht wieder auf. Aber ok, es ist ja gut, dass der Text fesselt. 
Absicht somit erreicht. 
Ich danke dir für die tolle Rückmeldung, sie bedeutet mir viel.
LG Missgunbar 
 
Liebe Missgunbar,
 
hier kommt ausnahmsweise einmal ein zweiter Kommentar zu ein und demselben Thema von mir.
Es ist ja hinreichend bekannt, dass Monolith nie viele Worte macht.
 
Es geht gar nicht mal um die Angst, die durch den Einleitungssatz weggenommen werden soll
denn gerade dieser Satz hat es in sich - aus meiner Sicht des Lesers.
Ich weiß, dass alles gut ausgehen wird und begebe mich mit diesem Wissen auf die Reise durch
die kleine fesselnde und Emotionen schürende Erzählung und jeder der Mutter oder Vater oder Grosseltern ist leidet mit, trotz des guten Ausgangs. Und DAS macht deinen Text der für mich der beste überhaupt von dir ist, so unheimlich gut.
 
MfG
Monolith
 
Hallo @Missgunbar,
 
Ich muß meinen Vorrednern unumwunden beipflichten! Diese kleine Geschichte rührt an Urängste von Eltern. 
Die Spannung wurde hier sehr gut eingefangen. Und mit jeder Zeile der Beschreibung steigt sie ins unermessliche. Ich möchte so was nie erleben müssen.
Richtig schön finde ich auch die Entrüstung des Kleinen über die Reaktion  der anderen Mutter..., so gar nicht verstehend warum eine Mutter so zu ihrem Kinde sein kann...
 
Wirklich ein schönes Stück. 
 
Lieber Dieter,
es freut mich, dass der Text dir so gefallen hat. Und ja, der
Sohn meines LI hat einen tiefen Sinn für Gerechtigkeit. Er ist wohl ein kleines Wunder - wie jedes Kind aller Eltern.♥️
 
  • gummibaum
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