Hera Klit
Autor
Glaube mir, die Zeit scheint manchmal still zu stehn,
dann greife ich in den Lauf der Welt nicht mehr ein.
Ich lasse dann einfach alles vorüberziehn
und fühle mich weder groß noch klein.
Ich lasse nur alles sein, was mir mal wichtig schien
und denke und lenke gar nichts mehr.
Dann seh ich am Straßenrand die Rentnerin,
sie schiebt ihren Rollator vor sich hin,
der ihr erlaubt noch ein Stück des Wegs allein zu gehn.
Sie war einmal ein frohes Kind mit Zehn,
bald ein Backfisch und später eine Braut.
Ich möcht leiden und weinen mit ihr.
Aber ich muss doch gar nicht traurig sein,
fällt eine hin, steht eine andre auf,
das ist der Welten Lauf.
Lass fahren, ruft es tief in mir drin,
du verleihst dem Ganzen doch keinen Sinn.
Was der Mensch heute so zu denken meint,
ist schon morgen längst wieder überholt.
Der Mechanismus, der dies alles zu treiben scheint,
ist überdies für Menschen viel zu hoch.
So will ichs lassen, nichts fassen, einfach sein.
Ein anderer ist mit neunzig felsenfest,
ans Bett geschmiedet und hält am Leben fest.
Dann kommt die Nachricht vom Tod der Enkelin,
so plötzlich und unerwartet, das rafft ihn hin.
So eine Welt ertrug er dann doch nicht mehr,
dann gab er sein eigenes Leben ganz schnell her.
Doch wir müssen leben und streben immer mehr.
Aber ich muss doch gar nicht traurig sein,
fällt einer hin, steht ein andrer auf,
das ist der Welten Lauf.