J.W.Waldeck
Autor
Das Schlaraffenland
Vierter Akt
und mitten in der größten Not
füllt sich mit Wohlgefühl der Tod
und alles Elend, fein weggewischt
kommt vermehrt hervor gezischt
es ist soweit! kiebitzt der Zaunkönig
vernahm’s am Kellerloch unterm Naschtempel
viele süßliche Stuben glänzen ölig
bespringen erste Schwärmer Lebersemmel
aus Brunnschächten krochen die Kolonnen
empor zu reichen Nachbarländern
durch süße Abfälle erbrochen
beriechen saftige Leichenlenden
noch schließt der Kranz das würd’ge Antlitz
schlingern unter Totenlidern
auf aalglatten Augen
paar Übermütige zu Ehren der Königin Oschmieris
indes sie alles Hoffen schmausten
darauf der Blumensträuße fromme Banderolen
zarte Knabenchöre vom kleinen Jesukinde
das herabsteigt, alle Lichtblicke zu hohlen
wuselt es bereits unter der weißen Binde
Tante Agathe krisch, erst stumm
wie’n Karpfenfisch, bis die Pharao-Ameisen
aufhörten, aus Nasenlöchern zu beißen
aus deren Tribüne sie lauschten, genießerisch
plötzlich fingen die Ritzen an zu wandern
manch Wasserhahn
wichste sie ins freie Mekka
im Arzneischrank, mitten der teuren Sachen
gaben sie sich Kopfschüsse
mit Psychopharmaka
hinter Fliesen, Schrankfugen und Steckdosen
lassen Frechdachse runter die Hosen
furchtbar neugierig, weshalb hier alle liegen
und darauf warten, sie zu lieben
vollbesetzte Krankenzimmer
erfüllt sie mit Lobpreis, samt Leichenhalle
an den einzigen Gott
denn seine gütige Hand sorgt für alle
und Glaubenskrieger
nehmen ihn beim Wort
den Durchbruch schafft die Sandmannfraktion
denn kürzlich Verstorbene duften schon
im Eiter noch frischer Wundverbände
locken Vergnügungscenter
und sanfte Strände…
auch Onkel Dietmar, ein Hinterbänkler
der sonst ständig stänkert, wimmert auf
rutschen durch den Infusionsschlauch
paar besonders fette Exemplare
in seinen nimmersatten Beamtenbauch
vergeblich brüllt er Verbote in den Raum
das Ameisenvolk kümmert’s kaum
wer zeitlebens auf Kleinere tritt
verdaut auch einen winzigen Biss
eitles Geschwür gelangt in kleine Kröpfe
von Hautkranken wie Frischoperierten;
davor wanderten sie über Toiletten
wie Spitzenköche ihr Menü
mit allen Extras inspizieren
im unterirdischen Nest
tobt das Jahrtausendfest
würgt man köstliches zu den Maden
dürfen Schmisslinge auch baden
die von morschem Gewebe nagen
in der hübschen Lagerhalle
bewegen sich die Toten wieder
manch einem tropft hernach die Galle
im Schlaraffenland der Mit…Glieder
der Mensch, von Verfall gekrönt
hat das Unbekannte verhöhnt
und alle unsichtbaren Sprachen und Wesen
fegte er gern
mit dem Intelligenzbesen
doch Verstand ist Wackelpudding hier
und groß die Rache der unterirdischen Heere
ergießen sich gleich wilder Meere
Kurzsichtige und Krabbel-Kabbler
ins runde Spalier
was nun folgt, ist recht farbenfroh
doch weniger prächtig
als menschlich gewollt
endlich in einvernehmlichem Lob
wird neues Leben innig aufgerollt
und glücklich lebten sie fortan
im Paradiese welches nimmer endet
folgt Nachschub bald
selbst wenn die Wahrheit ausblendet
worin auch eitler Wille gipfeln mag
er mündet stets in einen Sarg
und macht man ruhig den Deckel zu
kommt er noch lange nicht
zur Ruh‘
es folgt Teil V:
Die Wurzeln des Bösen
© j.w.waldeck 2006
